14. Deutsche Renaissancegärten der Bürger | ||||
Hinter dem Renaissancebegriff verbergen sich zwei verschiedene Inhalte, die nur begrenzt etwas miteinander zu tun haben und besonders in Deutschland deshalb häufig zu Missverständnissen führen. Im italienischen Sinne ist sie zunächst einmal eine Rückbesinnung auf die Antike mit ihren ausgewogenen Proportionen und klassischen Details. Sie ist dort vorrangig inhaltlich fundiert. Die deutsche Renaissance dagegen meint einfach den Zeitabschnitt zwischen der Gotik und dem Barock, das im Umbruch sich befindende Spätmittelalter. Sie ist vorwiegend handwerklich orientiert und besitzt kaum einen geistigen Hintergrund. Sie ist eigentlich eine bürgerliche, dekorative Weiterentwicklung der Spätgotik. Dies gilt auch weitgehend für die Gärten der damaligen Zeit.
In Deutschland bleibt vieles beim Alten, wenn man von wenigen Ausnahmen absieht (z.B. der Fuggerkapelle in Augsburg, der Residenz in Landshut). Beim spätmittelalterlichem Giebelhaus lockert man den Zusammenhang zwischen den einzelnen Baugliedern und hebt sie dekorativ hervor (Portal, Erker, Giebel). Je nach Landschaft entstehen dabei mehr oder weniger eigenständige Stile, die als Renaissance bezeichnet werden (z.B. Weser-Renaissance). Das Fachwerk behält dabei oft seine alte landschaftsprägende Bedeutung. Als Frührenaissance sieht man in Deutschland an (15. - Mitte 16. Jh.):
Die Gärten der Stadtbevölkerung lagen aus Platzgründen weitgehend vor den Mauern der Stadt und dienten hauptsächlich dem Nahrungserwerb. Die ihrer Vornehmen waren größer und besser ausgestattet, d.h., es gehörten zu ihnen:
Seit dem Ende des 14. Jhs. übernahm die bürgerliche Oberschicht (Patrizier) höfische Lebensformen. Seit Mitte des 16. Jhs. entwickelte sie auch eine eigene Gartenkultur. Sie verband darin mittelalterliche Traditionen mit Anregungen aus Italien. Deutlich wird dies bei den Grundrissen, den Skulpturen, Grotten und Brunnen, den Pavillons und vor allem den großen Pflanzensammlungen. Berühmt waren die Gärten in Augsburg, in Nürnberg, Frankfurt und Breslau. In Italien begann die Renaissance mit der Rückerinnerung an die Leistungen der Antike. Dazu gehörte auch das Lesen der antiken Philosophen. In Anlehnung an die Athener Akademie gründete Cosimo Medici erneut eine Akademie, in der er sich mit seinen Freunden traf, eine gemeinsame Mahrzeit einnahm und dann über antike Lebensideale diskutierte. Der Hauptort dieser Zusammenkünfte war seine Villa Careggi mit ihrem Garten. Schon vorher hatte Petrarca ein neues Naturgefühl entdeckt und zum Bereich seiner geistigen Tätigkeit gemacht. Ein Ergebnis dieser Entwicklung waren die Humanistengärten, die in Deutschland einerseits noch den mittelalterlichen Traditionen verpflichtet blieben, andererseits antike Anregungen aufzunehmen versuchten. Für das Bürgertum wurde die Bildung (neben dem Geld) zum wichtigsten Auslesekriterium. Dieser Umstand förderte die Naturwissenschaften und damit die Botanik. Das neue Naturgefühl war realitätsbezogener und weniger symbolgetragen. Die Sammlung von Pflanzen erfolgte zunächst aus medizinischen Gründen. Für die italienischen Humanisten sollten dabei Schönheit und Wissen zusammenkommen. In ihren Gärten gab es oft große Pflanzensammlungen (z.B. in der Villa Careggi des Lorenzo Medici). Daneben besaßen aber auch die dortigen Universitäten, die Studenten aus ganz Europa anzogen, botanische Gärten. In Deutschland hatten sich viele Ärzte, die oft in Italien ausgebildet worden waren, Apotheker, aber auch Kaufleute große Pflanzensammlungen. Diese Entwicklung wurde stark durch die Einfuhr neuer Pflanzen, besonders aus Kleinasien und Amerika, gefördert. Zum Inhalt humanistischer Sammelleidenschaften in Italien gehörten auch Skulpturen. Sie begründeten oft den Ruhm mancher Gärten. In Deutschland waren die Gärten der Fugger (Augsburg) wegen ihrer Statuen berühmt. Das Sammeln von Raritäten führte zur Schaffung von "Kunstkammern", Menagerien, Volieren und Fischbecken. Sie alle sollten als Summe ein Abbild des Kosmos wiederspiegeln. Der Garten wurde zum Hauptort ihrer Aufstellung. (So dienten die Grotten oft der Zurschaustellung mineralischer Seltenheiten). An die Stelle des mittelalterlichen naiven Naturgefühls trat ein rational-sentimentales. Der Garten wurde zu einem Ort der Natursuche und damit zum Ausdruck der beginnenden Neuzeit. Einen Höhepunkt der bürgerlichen Gärten bildeten die der Fugger in Augsburg. Sie wurden mit denen der französischen Könige in Tours und Blois verglichen und höher bewertet (Beatus Rhenanus). Bewundert wurden in ihnen die Laubengänge, Brunnen, die vielen Statuen und Pflanzensammlungen. Die Gärten der Fugger erreichten eine solche Ausdehnung, dass sich die Bürger durch sie beengt fühlten und beschwerten. An ihren Gärten wird deutlich, dass wir bisher über die bürgerlichen Gärten im Mittelalter noch zu wenig wissen und sie durch unsere italienischen Renaissancekriterien falsch bewerten. Dies mag am Beispiel von Hans Fugger anschaulich werden. Hans Fugger (1531-1598) war der zweite Sohn von Anton Fugger und erhielt die bestmögliche Ausbildung der damaligen Zeit, u.a. am kaiserlichen und bayrischen Hof. Zu dieser Ausbildung gehörten auch lange Reisen in Begleitung bedeutender Erzieher, u.a. nach Italien, Frankreich und Spanien. Sein Vater versuchte seinen Söhnen ein großes Verständnis für Kunst und Wissenschaft vermitteln zu lassen. Sein Kunstgeschmack war ganz italienisch ausgerichtet. Er kannte auch die italienischen und französischen Gärten der damaligen Zeit. Kein anderer Privatmann gab damals so viel Geld für Kunst aus wie er. Er war es, der in seinem Garten an der Schmelzerbrücke (nach 1581) allein 775 Rosenstöcke (damals Strauchrosen), 325 Quittenstöcke und viele botanische Seltenheiten (u.a. Tulpen aus Konstantinopel) stehen hatte. Bedeutsam dabei für uns ist, dass dieser hochgebildete und garteninteressierte Mann seinen Gärtner zur Ausbildung für vier Jahre nach Holland und nicht nach Italien geschickt hat, ein Mann der von den deutschen Künstlern der damaligen Zeit wenig hielt. Man wird anscheinend bei der allgemeinen Abwertung der damaligen deutschen Gartenkunst im Vergleich zur zeitgleichen italienischen, der holländisch-deutschen in ihrem Anderssein nicht gerecht. Kennzeichnend für die Gartenkunst des deutschen Bürgertums in der Renaissance war:
In diesen Gärten wurde gefeiert und repräsentiert. Bei Scholz in Breslau begannen diese Feste z.B. mit einem Rundgang durch den Garten, begleitet von Spielen . Sie endeten mit einem Festessen bei dem Reden gehalten wurden. |