15. Deutsche Renaissancegärten der Fürsten | ||||
Im Laufe der Renaissance übernahm der Adel vom Bürgertum dessen wirtschaftliches Denken und Bildungsstreben. Damit stellte er an seine Besitzungen neue Maßstäbe. Zu den Neuerungen gehörten:
Das Leben an den deutschen Höfen war vorher relativ derb gewesen, auf oberflächliche Vergnügungen und repräsentative Pracht ausgerichtet. Es gab allerdings auch Landesfürsten, die für wissenschaftliche und künstlerische Fragen aufgeschlossen waren. Sie legten im Rahmen ihrer Interessen große Sammlungen an. Besonders beliebt war das Zusammentragen verschiedener Pflanzen, Tiere und Skulpturen, drei Bereiche, die bereits seit der Antike gepflegt wurden und auch auf die Gestaltung von Gärten Einfluss genommen haben. In diesem Rahmen wurden von ihnen bedeutende Botaniker beschäftigt: z.B.
Im 16. Jh. konnte man an den Adelssitzen noch ihre Herkunft von den mittelalterlichen Burgen erkennen. Ihr Aussehen wurde weitgehend von der eigenen Bautradition bestimmt. Selten folgte man dem französischen Vorbild und baute Dreiflügelanlagen (Ausnahme: oft in Schleswig-Holstein). Nach ihrem Standort kann man die Adelssitze einteilen in
(Erläutert am Beispiel Breitenbach in Schleswig-Holstein): Die dreiflügelige Schlossanlage lag auf einer
Insel. Der dazu gehörende Garten besaß keine Beziehung zum Schloss. Die Quartiere lagen in Reihen
neben einander. In den Ecken der Beete standen Statuen. Den Abschluss bildeten zwei lange Teiche.
Schloss und Garten gehörten dem dänischen Statthalter Heinrich Rantzau (um 1550), hochgebildet und
gut vertraut mit der italienischen und französischen Gartenkunst. Später wurde dieser Gartentyp
zunehmend repräsentativer, bis der Garten die Schlossinsel völlig umgab (z.B. in Köthen). Die additive
Zuordnung der Gartenteile wurde noch lange beibehalten.
Zu den Gärten an Bergschlössern:
Hier wurden drei kaiserlich-habsburger Gärten für die deutschen Fürsten zum Vorbild (2. Hälfte des
16. Jh.):
Diese Gärten übten auf die deutschen Fürsten eine großen Einfluss aus. Während ihre ersten Gärten zunächst noch mit denen der Patrizier verglichen werden konnten, folgte man jetzt bei der Errichtung der eigenen Residenzen dem kaiserlichen Beispiel. Die für uns heute wichtigen Gärten waren:
Kassel (nach1567): Der Lustgarten lag auf der Spitze einer Fuldainsel (heute Karlsaue). Um einen Rundtempel
standen zwölf Blumenpartimente. Daneben war ein zerlegbares Orangeriegebäude für
die Kübel mit Mittelmeergehölzen (Pomeranzen, Zitronen, Feigen, Granatäpfel).
Hinter einem Fischteich lag das Lusthaus und der Baumgarten.
Stuttgart: Nach 1550 begann die Neugestaltung eines bereits lange bestehenden Lustgartens. Um 1570 galt er als
der schönste in Deutschland, "Paradies" genannt. Das Lusthaus selber wurde für die
spätere Gartenarchitektur beispielhaft, indem sich hier deren bisherige Schwere
aufzulösen begann und sich eine beginnende Bereitschaft zur "Außenwendigkeit"
abzeichnete. Zum Garten gehörten noch ein Ballhaus, ein Pomeranzenhaus (hier wurde
in Deutschland die erste Orangerie gebaut, 1626 das erste fahrbare "Rollhaus"), eine
Wassergrotte u.a.. Die einzelnen Gartenelemente waren kaum aufeinander bezogen
(für die damalige Zeit kennzeichnend).
München: Schon zu Beginn des 16. Jh. hatte es in München einen italienischen Garten gegeben. In der 2.
Jahrhunderthälfte entstanden dann an der Residenz der "Grottenhof", der einem
mittelalterlichen Kreuzgang ähnelte und der "Große Residenzgarten" mit acht
"partimenti", einem Laubengang, Brunnen, Fischteich und vielen Skulpturen.
Wolfenbüttel (Lustgarten zu Hessem, um 1610): Zwischen 1613-18 entstand unter Herzog Maximilian, dem katholischen Gegenspieler von Friedrich v.d. Pfalz der Hofgarten (438 x 234 m). In der Mitte eines Parterregartens (nach vorne versetzt) stand ein Pavillon mit einem Brunnen und einer Dianafigur als Bavaria. Längs-, Quer- und Diagonalwege strebten auf ihn zu. Der Garten stand an der Grenze zur künftigen Gartenentwicklung. In ihm kamen viele Anregungen zusammen: Traditionell waren noch (hier bereits manieristisch):
Der Garten wurde durch einen Wall vom Wasserschloss
getrennt. Die anderen drei Seiten waren von einem Laubengang umgeben. Seine
zwölf Quartiere besaßen verschieden gestaltete Beete ( teilweise an Hans Vredemann
de Vries orientiert) und waren unterschiedlich ausgestattet. Auf den Hecken befanden
sich die verschiedensten Schnittfiguren, wie sie in Holland sehr beliebt gewesen waren.
(1999 gab es einen Förderverein, der sich für die Rekonstruktion des Parks einsetzte!).
Anhalt-Köthen (nach 1603): Der Lustgarten in Köthen wurde von Ludwig von Anhalt-Köthen selbst entworfen. Er hatte lange Zeit am Hofe der Medici, des Kaisers in Prag, des Prinzen von Oranien und des Königs von Frankreich gelebt und war ein hochgebildeter Mann. Der Fürst vereinigte in diesem Garten alle für ihn bedeutsamen Motive, die er auf seinen Reisen kennengelernt hatte. In der Mitte der Anlage befand sich das Wasserschloss, um dieses herum, die verschieden gestalteten Gärten. Traditionell waren hier noch:
Im Laufe des 16. Jh. war der Garten zu einem wichtigen repräsentativen Ort der Fürsten geworden. Ihre festen Bauten hätten gar nicht den nötigen Platz für deren großen gesellschaftlichen Auftritte gehabt, ihre repräsentative Feste. Nur so lässt sich ihre schnell wachsende Bedeutung erklären. Zunehmend dienten die Gärten der Verherrlichung des Fürsten. Sie wurden zu einem Mittel seiner Selbstdarstellung. Sie waren gleichzeitig Kulisse und Zuschauerraum für die am Hof agierenden Personen geworden, je nach den erhobenen Ansprüchen das eine Mal die große Bühne und das andere Mal der intime Rückzugsbereich.
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