21. Gartenfeste | ||||
Um den architektonischen Garten vor dem 19. Jh. zu verstehen, muss man ihn sich als eine große Bühne fürstlicher Selbstdarstellung verstellen und seit dem Barock auch als den wichtigsten Rahmen der damaliger Feste.
Die Entwicklung zeichnete sich bereits im späten Mittelalter ab, als man die festlichen Einzüge eines Fürsten in eine Stadt und die ritterlichen Turniere zu einer Einheit verschmolz. Daraus entwickelte sich bis zum 16. Jh. eine feste Programmfolge mit
Die besondere Bedeutung des Gartens für diese Feste war dadurch gegeben, dass die Burgschlösser oder damaligen Zeit noch sehr beengt, kalt und feucht waren und man froh war, dass man sich mit dem Frühling vermehrt im Freien aufhalten konnte. Das gestaltete Freie, das dabei nicht dem Nahrungserwerb diente, war der Lustgarten. Außerdem waren hier die sozialen Vorschriften weniger streng und die allgemeine Atmosphäre lockerer (oft durfte man z.B. hier in der Gegenwart eines Fürsten sitzen). Später waren die Feste so groß angelegt, dass die Gebäude die Zahl der Besucher gar nicht fassen konnten, bzw. man den Garten zum Ergehen benutzte, während die aufgehobene Tafel abgeräumt wurde. Im Garten besaß man mehr Platz, die Veranstaltungen konnten in den perspektivisch angelegten Räumen eindrucksvoller dargeboten werden und die Bühnen und Festbeleuchtungen schneller und leichter errichtet werden. Über die Probleme, die durch schlechtes Wetter entstanden, liest man selten etwas. Der Hofgarten gehörte zu jeder Residenz. Er war der Rahmen der Gartenfeste, für die eine Kammerordnung den Ablauf, die Zahl und den Rang der Gäste ordnete. Die Feste unterlagen zwar nach außen einem festen Zeremoniell, waren aber oft innerhalb ihres Ablaufs so zwanglos, dass es für die vielen aus ihnen hervorgegangenen unehelichen Kinder einen festen Begriff gab, die "Bankerts". Spätmittelalterliche Gartendarstellungen waren oft verbunden mit dem Genuss von Speis und Trank, Musizieren, Spiel und erotischen Anspielungen. Noch im 18. Jh. traf sich der deutsche Adel im Sommer mindestens zweimal in der Woche in seinen Hofgärten (z.B. in München am Sonntag, Dienstag und Donnerstag jeweils am Abend. Es wurden bei Musik Getränke und Konfekt gereicht, als Getränk bis 1740 in der Regel Wein, danach Kaffee und Tee). Die Aufgabe dieser Feste war es, die soziale Stellung eines Fürsten hervorzuheben, seinen Machtanspruch zu demonstrieren und zu legitimieren. Gleichzeitig wurde dabei der kleine Adel unterhalten und ruhig gestellt. Durch seine Teilnahme wurde ihm das Bewusstsein einer exklusiven Sonderstellung vermittelt. Zwischen den Fürsten waren die Feste auch der Ausdruck ihres Konkurrenzkampfes. So können die Versailler Feste von 1660- 1680 auch als eine Reaktion Ludwig XIV.auf die Gartenfeste Fouquets gesehen werden. Berühmt wurden in dieser Beziehung auch die beiden Hochzeiten von 1719 in Dresden und München, als die Erbprinzen der beiden Kurfürsten eine Kaisertochter heirateten. Der Zweck dieser Feste war immer eine Verherrlichung des Fürsten. Immer wieder musste bei den Veranstaltungen symbolisch auf sie eingegangen werden (oder auf die Geschichte ihrer ruhmreichen Familie). Dabei war oft nicht der Anlass des Festes das Entscheidende, sondern dessen künstlerische Ausgestaltung. Als Anlass benutzte man die Geburts- oder Namenstage eines Familienmitgliedes, ein politisches Ereignis, den Besuch eines anderen Fürsten oder etwas Ähnliches. Unser heutiges Wissen über diese Feste ist oft stark geschönt, da die Fürsten die Informationen über sie oft im Sinne der gewünschten Selbstdarstellung beeinflussten. Besonders die Gartenfeste Ludwig XIV. haben in Europa Maßstäbe gesetzt. Tausende von Hilfskräften und die besten Künstler des Landes waren an ihren Vorbereitungen beteiligt. Schon lange vor dem Ausbau des Versailler Schlosses wurde der Garten für sie angelegt und benutzt. Berühmt wurden die drei Feste "Les plaisir de l'Isle enchantée" von 1664,1668 und 1674. Solche Feste konnten mehrere Tage, aber auch mehrere Wochen dauern. Zwischen dicht gedrängten Veranstaltungstagen gab es Ruhezeiten (u.a. zur Vorbereitung neuer Höhepunkte). Sie wurden durch zwanglosere Veranstaltungen wie Wettspiele, Jagden, Bootsfahrten oder Schlendern durch die Gartenanlagen überbrückt. Die Darbietungen steigerten sich von Höhepunkt zu Höhepunkt und endeten in der Regel mit einem Feuerwerk. Die Veranstaltungen in Versailles begannen in den frühen Abendstunden mit einem musikbegleiteten Abendessen in einem der Bosketts. Danach folgte eine große Veranstaltung (Theateraufführung, Konzert, ein Ball o.ä.). Dabei waren die Mitglieder der Gesellschaft zugleich Mitakteure der Darbietungen wie auch Zuschauer. Für jeweils einen Abend stand ein anderer Gartenteil im Mittelpunkt der Darbietungen. Die einzelnen Bosketträume wurden so jeweils zu Festsälen mit einer mehr oder minder festen Grundausstattung und schnell errichtbaren Ergänzungskulissen. Dies galt besonders für die dekorativen Teile wie Wappen, Girlanden u.ä.. Besonders Versailles war dafür berühmt, dass sich der Park zu jedem seiner Feste durch Umbauten oder Ergänzungen ständig veränderte. Der Garten diente einerseits als Rahmen für diese Feste, andererseits waren es aber die Feste, die ihm erst zu seinem höchsten Glanz verhalfen. Da diese höfischen Lustbarkeiten hauptsächlich repräsentativen und politischen Zwecken dienten, beteiligten sich die Fürsten (besonders August d. St.) an den Vorbereitungen oft selber, indem sie die dazu gehörenden Programme, Dekorationen und Kostüme entwarfen. Große Feste wurden zu einem wichtigen Bestandteil der Gartenkunstgeschichte, ja der Kunstgeschichte überhaupt:
Am Anfang stellten die Gartenfeste eine lockere Folge oder ein Nebeneinander verschiedenster Veranstaltungen dar, die zunehmend sich einen festen Programmthema unterwarfen und im Barock sich als inszenierter Teil eines Gesamtkunstwerkes darstellten, an dem der ganze Hof zugleich aktiv und passiv beteiligt war. Der vorgegebene Teil dieser Inszenierungen war der Garten. Ohne das Wissen um diese "Feste" lässt er sich nicht verstehen. Sie waren für die Fürsten zum wichtigsten Teil ihrer Selbstdarstellung geworden. Alle Künste standen im doppelten Sinn in ihrem Dienst (dem der Fürsten und dem der Feste). Ein erstes Ende der mit den Gartenfesten verbundenen Gartenkultur stellt der Dresdener Zwinger dar, der heute nicht mehr als Garten sondern als Architektur verstanden wird. In ihm vereinten sich alle Funktionen des Barockgartens aus der Sicht der Festkultur. Die sonst üblichen Bosketträume und Treillagen umgaben jetzt den Festraum als Pavillons und Galerien. Nach Pöppelmann sollten auf den Dächern und vor den Fenstern der Galerien Orangenkübel stehen. Die Architektur sollte als eine Vereinigung von Bauwerk und Pflanze verstanden werden. Das sollte auch durch den verbindenden plastischen Schmuck deutlich werden: August d.St. trägt als Herkules das Himmelsgewölbe (damit Atlas ihm die goldenen Äpfel der Hesperiden, die Orangen holen kann). An vielen Stellen sind die mythologischen Verbindungen zu den Orangen angedeutet. Im Zwinger vereinigten sich die historischen Gartenelemente Turnierplatz, Bühne, Orangerie, Grotte. Pöppelmann sagte von seiner Planung, die er selber als einen Garten ansieht:
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