Oft wird behauptet, dass es schwer sei, einen eigenständigen holländischen Stil zu erkennen. Dabei ist er für die deutsche Gartenkunst besonders wichtig, weil er im 16. Jh. mit dem norddeutschen vergleichbar war und in der gleichen Tradition stand.
Holland war im 17. Jh. eines der reichsten Länder Europas. Durch seine Lage zum Meer war es ständig gezwungen, große Wassermassen über schachbrettartige Kanalsysteme abzuleiten. Sie dienten zur Regulierung des Wasserstandes, als Verkehrswege und zur Abgrenzung zum Nachbarn. Ein Hanggarten im Sinne der italienischen Renaissance war dadurch nicht möglich und ein französischer Barockgarten nur sehr schwer durch eine andere Landnutzung.
Der französische Einfluss wird in der Regel überschätzt, weil Holland, anders als das übrige Europa, auch weiterhin in einer bürgerlichen Tradition stand. Er hatte zweimal stattgefunden (und auch diese Einflüsse erhielten eine nationale Ausprägung):
- schon früh beim Parterre durch die Tätigkeit André Mollets (ab 1621),
- später, nach 1670 in der Abfolge der Gartenteile, der Boskettgestaltung und der Anlagerung von Waldstücken (die kunstinteressierten Statthalter sahen französische Pläne vorwiegend mit englischen Augen).
Unterschiede zwischen französischem und holländischem Garten:
Merkmale
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französischer Garten
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holländischer Garten
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Geistige Grundhaltung
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absolutistisch
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bürgerlich Folge: Grundstücke und innere Quartiere
Lagen gleichberechtigt neben einander.
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Gut ausgebildetes Verständnis für klassische Grundformen (dorisch, ionisch usw.).
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Geringes Verständnis für klassische Grundformen. Ursache: Fehlen eines gebildeten Adels und
geeigneten Steinmaterials.
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Garten versteht sich als eine Einheit.
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Garten besteht aus einer Gruppe lose zu sammenhängender Teilgärten.
Garten konzentriert sich auf das "Innere".
Betonung der Längsachse (durch das
Fehlen einer seitlichen Ausdehnung).
Streben nach Nutzen, Ertrag auch inmitten
Der Lustgärten (Obstbosketts und Gemüse-Quartiere.
(später in Deutschland oft übernommen,
besonders im Rokoko).
geeigneten Steinmaterials.
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Landestypische Vorgaben
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1. Zwang die Gärten in die Strukturformen
gaben einer intensiven Landnutzung einzuordnen. Dadurch
2. räumliche Begrenztheit,
3. Neigung, sie nach außen durch Kanäle
(u. Pflanzungen) abzuschließen.
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Größe
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sehr groß
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räumlich stark begrenzt
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Geländemodellierung
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Verzicht auf eine plastische Gliederung des
Geländes.
Keine besondere Terrassierung.
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Perspektiven
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gestalterisches Hauptelement
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Keine bewussten weiten Perspektiven
(man brauchte sie nicht wegen der
Behinderung durch die enge Besiedlung).
Keine besondere Terrassierung.
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Hauptmotiv
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der umlaufende Kanal (begleitet von
mehrreihigen Alleen).
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Kanal
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betont in der Gartenmitte die Perspektive (fest umrissen und geschlossen)
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dreiseitige Außenbegrenzung (Schmuckfunktion nur am Rande, dient in erster Linie der Entwässerung und als Verkehrsweg)
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Schloss
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Gesamtgestaltung bezieht sich auf das Schloss.
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Das Schloss erhielt keine besondere herausgehobene Stellung.
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Parterre
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Aufwendige Gestaltung, die an feinste Spitzenstickerei erinnert.
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Den Parterreentwürfen fehlt die Beschwingtheit und Fantasie der französischen Entwürfe.
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Will von einem erhöhten Standort aus betrachtet werden.
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Fehlen erhöhter Standorte.
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Als holländisch galt ein Parterre mit zwei
tryptochonartigen Seiten und einer quadratischen Mitte. Es war in der Mitte des
17. Jh. in Mittel- und Nordeuropa verbreitet.
("Holländisch" wegen der bedeutenden
Stellung des Hauses Oranje-Nassau in den
protestantischen Ländern).
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Boskett
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Aufbereitung der Bosketts war weniger
fantasievoll. Dabei
- Tendenz zur Breitlagerung durch die
Betonung der Querachsen.
- Nebeneinander der Quartiere wertete die
Hauptachse ab. Sie führte kaum über die
Grenze des Grundstücks.
Quartiere hatten oft noch quadratische
Grundrisse.
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Wege
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Dienten am Kanal hauptsächlich zur optischen Perspektivverstärkung.
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Dienten hauptsächlich als Spazierwege.
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Die bürgerlichen Gärten des 17. Jh. sind weitgehend aus Verkleinerungen des fürstlichen Schlossparterres hervorgegangen. Für Holland bedeutete dies:
- Der relativ kleine Garten war an drei Seiten von Kanälen umgeben.
- Die Innenfläche bestand aus einem offenen Parterre mit einem Brunnen in der Mitte.
- Um den persönlichen Wohlstand zu zeigen, wurde der Garten reichlich mit Statuen und kleinen Pavillons angefüllt.
- Blumen waren sehr beliebt (anders als in Frankreich und England). Dies führte zu einer starken Buntheit und einer gewissen Steifheit der Beete.
- Da die Blüte der Blumenzwiebeln weitgehend auf den Frühling beschränkt war, man aber weiterhin einen farbigen Garten haben wollte, überfüllte man ihn mit zusätzlichen farbigen Zierrat (Accessoirs).
- Weil die Gärten klein waren, man aber viele Einzelteile in sie hineinstellen wollte, verkleinerte man zusätzlich deren Format und versuchte der Zeitforderung nach Abwechslung auch noch durch mechanische Bewegungen und Töne gerecht zu werden.
- Bei Skulpturen wählte man keine klassischen Motive sondern Gestalten aus der eigenen Umwelt.
- Besonders beliebt waren geschnittene Gehölzfiguren (Topiary).
- Oft penible Sauberkeit.
All diese Bemühungen machten ihn später oft zur Zielscheibe des Spotts, besonders den der Freunde des Landschaftsgartens.
Der holländische Einfluss auf die deutsche Gartenkunst ist nur schwer festzulegen. Oft ist er selber durchsetzt von französischen oder englischen Einflüssen. Uneingeschränkte Einwirkungen bestanden immer im Bereich der Wasserbautechnik (z.B. Trockenlegung feuchter Gebiete), bei der Anzucht von Pflanzen und im handwerklichen Bereich. Besonders nach dem 30jährigen Krieg ist er sehr groß gewesen durch
- familiären Beziehungen (drei Oranierprinzessinen heirateten nach Deutschland. Ergebnisse
davon waren u.a. die Gärten in:
- Oranienburg (bei Berlin),
- Oranienbaum (bei Dessau),
- Oranienstein (bei Dietz an der Lahn),
Kurfürstin Sophie von Hannover:
- religiöse Beziehungen (im protestantischem Bereich),
- wirtschaftlich-politische Beziehungen (traditionelle Geschäftsbeziehungen).