Die wichtigsten Verbindungselemente zwischen Natur und Kultur waren neben den architektonischen Bauten Skulpturen. Sie haben deshalb in der ganzen Geschichte der europäischen Gartenkunst eine bedeutende Rolle gespielt. Ohne sie wäre das Gesamtkunstwerk Garten kaum denkbar.
Bereits in den griechischen Hainen der Gymnasien spielten Statuen eine wichtige Rolle in den religiös motivierten Götter- und Heroenkulten. Zu den zu ihren Ehren stattfindenden Festen wurden diese geschmückt. Auch von den jeweiligen Wettkampfsiegern wurden Skulpturen aufgestellt. Später in Rom war es dann zu einer Mode geworden, diese Statuen in den Gärten zu zeigen. Einerseits waren sie der Ausdruck einer griechisch geprägten Bildung, andererseits der eines großen Wohlstandes. Wir kennen den damaligen plastischen Schmuck noch von den Ausgrabungen in Pompeji, aber auch noch aus der Hadrianvilla in Tivoli.
Als Alberti (1404?- 1472) mit seinem Rückgriff auf die Antike die Renaissance in der Architektur mit einleitete, sah er Haus und Garten als eine Einheit und duldete ausdrücklich komische Gartenfiguren. Seit dem Anfang des 15.Jhs. hatte man angefangen, die in den antiken Ruinen reichlich vorkommenden Skulpturen zu sammeln. Es entstanden regelrechte Gartenmuseen. Das Sammeln wurde zur Mode. Eine der bedeutendsten Sammlungen besaß der Humanist Poggio, der seine Skulpturen 1483 in seinem Garten aufstellte. Später übernahmen die Medici seine Sammlung. Sie bildete den Grundstock der ihren. Bereits Cosimo der Alte (1389-1464) hatte in seinem Garten in Carregi Antiken aufgestellt. Sein Enkel Lorenzo der Prächtige (1449-1492) versammelte hier später seine Freunde in der "Platonischen Akademie". Er selber stellte seine Sammlung im Garten des Kasinos an der Piazza San Marco auf (in deren angeschlossenen Zeichenschule Michaelangelo zum Bildhauer wurde).
In Rom hatte der spätere Papst Julius II. bereits als Kardinal Antiken gesammelt und sie später im Hof der Villa des Belvederes aufgestellt (1523 gehörten dazu 8 Gruppen und Einzelfiguren, u.a. die Laokoongruppe). Andere Kardinäle versuchten ihm bald zu folgen.
In Florenz baute sich der Herzog Cosimo I. (reg. 1537-74) nach der Sicherung seiner Herrschaft seinen Lieblingssitz Castello aus. Sein Hofarchitekt war der Bildhauer Tribolo, der auch den dazu gehörenden Garten anlegte. Der ganze Garten (besonders die Nischen der Futtermauern) waren reich mit Statuen ausgestattet, alle zusammengestellt unter dem Thema "zum Ruhme der Familie Medici". Herausgestellt wurden ihre Tugenden und ihr Einsatz für die Künste und Wissenschaften. Von hier aus nahmen die großen Skulpturenprogramme des Barocks zu Ehren der Fürsten ihren Ausgang. Eine andere Medici-Villa wurde auf dem Monte Pincio in Rom errichtet (Kauf durch Kardinal Francisco Medici 1580). Die Gartenfassade des Palastes soll die vollendetste der Renaissance sein. Sie war ganz mit antiken Reliefs bedeckt gewesen. Auch der Garten war voller antiker Statuen (die später von der Familie nach Florenz geholt wurden).
Im Barock war dann die große Zeit der Skulpturenprogramme. Vier große Themenkreise standen in ihrem Vordergrund:
- die Verherrlichung des Fürsten:
Es entstand eine regelrechte Herrscherikonographie (Symbolsprache). Herkules und seine Taten spielten darin eine besondere Rolle.
- kosmologische Figurenprogramme:
In ihnen sollte die Welt als ein festes Ordnungsgefüge zum
Ausdruck kommen. Der Mensch war in ihre Kräfte eingebunden. Oft unterlagen die
Figurengruppen einer mittelalterlichen Zahlenmystik (gerne hatte man die "Viererzahl):
z.B.
- vier Elemente (Feuer, Wasser, Erde, Luft),
- vier Jahreszeiten,
- vier Winde,
- Monatsbilder (oft auf Gottheiten bezogen, z.B. März auf Mars),
- sieben Planeten (Apoll (Sonne), Diana (Mond), Venus, Mars, Jupiter,
Saturn und Merkur; im Barock wurden ihnen gerne zugeordnet:
Wochentage, Künste, Metalle, Tugenden und Laster, Sternzeichen
oder Elemente),
- sieben freie Künste:
Trivium: Grammatik, Rhetorik, Dialektik,
Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie.
- vier Weltenherrscher (Nimrod, Cyros, Alexander, Augustus),
- vier Weltalter,
- vier Erdteile (ohne Australien),
- fünf Sinne,
- sieben Tugenden (zwölf nach Thomas von Aquin):
vier Kardinaltugenden (nach Platon): Weisheit, Besonnenheit,
Tapferkeit, Gerechtigkeit,
drei christliche Tugenden (seit dem Mittelalter): Liebe, Glaube,
Hoffnung,
- sieben Todsünden (Laster, wurden oft den Tugenden gegenübergestellt; selten
in der Gartenkunst).
- der Garten als Paradies:
Benutzt wurden dafür Bilder aus der antiken Mythologie.
- der Garten als Ort der Muße und des Vergnügens:
Besonders in der zweiten Hälfte des 18. Jh. Übertragung der Themen der "Fète galante" von der Malerei auf die Skulptur.
Alle diese Darstellungen besaßen ihre eigenen Symbole und konnten je nach den Absichten der Fürsten zu einer eigenen Aussage zusammengestellt werden, in der Regel zu einer ihn verherrlichenden. Ohne eine Kenntnis dieser Sprache kann man diese Gärten heute nur noch oberflächlich verstehen. Eine zusätzliche Erschwernis ist, dass die alten Programme heute nicht mehr vollständig sind, bzw. dass Skulpturenprogramme inzwischen nach anderen Gesichtspunkten umgestellt und ergänzt wurden. Den Höhepunkt eines solchen Skulpturenprogramms bildete wahrscheinlich Versailles, das auch Themen aus der Literatur und der Geschichte eingebaut hatte.
Im Rokoko wurden gerne vergnügliche Szenen gezeigt, groteske Figuren, Komödianten, Musikanten, Figuren der "Fète galante", Schäfer und Schäferinnen, Putten. Veitshöchheim ist dafür ein gutes Beispiel. Im 18. Jh. reduzierte man dann die bisherige Figurenfülle. Naturnahe Themen wurden modern, Naturgötter, Pan, die Nymphen und die Jagdgöttin Diana. Während des Klassizismus (ausgehende 18. Jh.) beschränkten sich die Skulpturenprogramme auf das Wecken von Gefühlen und Erinnerungen. Es wurden Büsten von Dichtern und Denkern aufgestellt, Verkörperungen der Tugenden und literarische Programme oft in Verbindung mit klassizistisch-antiken Programmen. Im 19. Jh. löste sich dann die Gartenplastik von ihren mythologischen und kosmologischen Beziehungen. Zur moralischen Ausrichtung wurden nun politische und bürgerliche Denkmäler gezeigt. Mit dem 20. Jh. kamen dann auch abstrakte Skulpturen in die Gärten. Vor dem Laub der Pflanzen standen sie als akzentuierende Solitärs. Seit den 50iger Jahren entstanden im öffentlichen Bereich sogar regelrechte Skulpturgärten, manchmal in Verbindung mit großen Ausstellungen (Documenta, Gartenschauen) und Künstlergärten, wie Garavicchio der Niki de Saint Phalle und die Gärten des Isamu Noguchi.
Den meisten historischen Gärten fehlt heute ihr früherer Figurenschmuck. Er gliederte die Gärten, gab den Räumen bestimmte Inhalte und setzte sie zu einander in Beziehung. Die Skulpturen verstärkten die senkrechten Linien in ihnen und zählten zu den wichtigsten Statussymbolen. Daneben erfreuten sie die Betrachter. Durch ihre Zusammenstellung konnten sie für den Wissenden eine gewünschte Aussage über den Besitzer machen. Dazu gehörte in der Regel ein Leitthema, in Versailles z.B. Apoll als Sonnengott (symbolisch für Ludwig XIV.). Diesem Vorbild folgten viele andere Gärten. In Deutschland war oft Herkules die Leitfigur (z.B. im Zwinger, auf der Wilhelmshöhe und in Weikersheim).
In Weikersheim ist das Figurenprogramm auch heute noch fast vollständig erhalten. Fast alle Figuren wurden von Johann Jakob Sommer und seinen Söhnen geschaffen. Im Garten wurden drei Bedeutungsebenen dargestellt:
- die Verherrlichung des Herrschers (im Sinne des Barocks),
- der Garten als Sinnbild des Kosmos;
- der Garten als eine bildliche Darstellung (Allegorie) der Grafschaft.
Gang durch den Garten von Weikersheim:
- Gleich am Eingangstor stehen Jupiter und Herkules als herrschaftliche Symbole für die Kraft und
die Weisheit des Herrschers.
- Auf der Balustrade am Gartenrand ist dann der Hofstaat aufgestellt (zusammengeschrumpft auf
Zwergenformat).
- Im Parterre steht dann die Götterwelt:
- an den Ecken die vier Winde,
- am Anfang und Ende der Mittelachse die vier Elemente,
- an den Außenseiten der Querachse die vier Jahreszeiten,
- in der Mitte des Gartens der Herkulesbrunnen (Herkules galt als ein Symbol dafür, dass
ein Sterblicher Unsterblichkeit erlangen konnte. Hier war er im Kampf mit
dem Drachen Ladon dargestellt, der die Äpfel der Hesperiden bewacht. Seine
11.Tat. Die Äpfel wurden im Barock den Orangen gleichgesetzt, die als ein
Symbol für das ewige Leben galten, weil sie gleichzeitig blühten und
fruchteten).
- um den Mittelbrunnen die sieben Planetengötter (später ergänzt um Neptun, den man als
Planet erst 1846 entdeckte. Sie standen einmal für die ewige Ordnung im
Kosmos und dessen nie endendes Werden und Vergehen und zum anderen
für den lokalen Bezug des Gartens. Sonne, Mond und Merkur waren
Bestandteile des Weikersheimers Stadtwappens).
- den Abschluss des Programms bildete der Orangeriebereich (als Garten der Hesperiden;
an den Gebäuden befanden sich überall Hinweise auf das Herrscherpaar:
- am Ostflügel Minerva und Diana als Symbole der Kriegskunst, Weisheit
und Jagd (den Lieblingstätigkeiten des Grafen),
- am Westflügel Juno und Venus als Symbole der Treue und Schönheit,
- auf der Orangerie Kugeln und Obelisken als Zeichen des Ruhmes und
der Weisheit,
- im Kolonnadengang auf der Ostseite Nimrod und Alexander als Bezugsfiguren für den Krieg und auf der Westseite Augustus und Cyrus für den
Frieden,
- im architektonischen Halbrund der Orangeriehälften befand sich das
teilweise vergoldete Reiterstandbild des Grafen,
- als Abschluss standen auf dem Hauptsims der Orangerie noch einmal
Götterreihen (u.a. Jupiter, Neptun, Vulkan und Äolus für die vier
Elemente, die damit den kosmischen Gedanken noch einmal aufgriffen).
In der Regel legten die Herrscher die ikonographischen Programme ihrer Gärten selber fest. Die Künstler machten dann dazu ihre Entwürfe und führten sie bei Gefallen aus. Auf die Bildprogramme selber hatten sie nur sehr selten einen Einfluss. Oft fehlte ihnen dafür das notwendige theoretische Wissen. Während im Barock die Motive immer wiederkehrten und nach einer strengen Symbolsprache ausgeführt wurden, lockerten sich im Rokoko die Regeln und die Bedeutungsträger wurden zunehmend persönlich beeinflusst. Schwetzingen ist dafür ein gutes Beispiel. Der ganze Garten ist als ein Eintritt in eine Welt der Kunst und der Wissenschaften zu verstehen, in eine Welt der Musik und des Theaters.
Ein dritter bekannter Rokokogarten ist der Garten von Veitshöchheim. Seine Skulpturen wurden überwiegend von Ferdinand Tietz (1708-77) dem bedeutendsten deutschen Gartenbildhauer des Rokokos geschaffen. Wie kaum ein anderer vermochte er auf das Zusammenspiel von Natur und Kunst einzugehen. Selber aus der Schule des böhmischen Hochbarocks kommend, waren seine Arbeiten feingliedriger und beschwingter. Sie passten sich sehr gut in den Garten ein, konnten dabei aber immer noch ihre Eigenständigkeit behaupten und einen starken Stimmungsgehalt ausstrahlen. Seine antiken Figuren stellten auf eine naive Weise gesteigerte Bilder der Gegenwart dar, während die Arbeiten seines Nachfolgers in Veitshöchheim (1772-76) Johann Peter Alexander Wagner bereits dem klassischem Ideal verpflichtet waren und vom Leben abgehobene Idealbilder zeigten (im östlichen Randbereich). Insgesamt stehen heute im Veitshöchheim etwa 320 Figurengruppen, Einzelfiguren u.a. Bildhauerarbeiten (in der Regel als Abgusskopien).
Die Skulpturen geben dem Schlossbereich und den drei Gartenregionen von Veitshöchheim ihr eigenes Gesicht:
- Schlossbereich mit Parterre, Treppen und Futtermauern.
- Seenregion: großräumig, hell, mit Darstellungen aus der antiken Sündflutsage (Ovid) und dem
Triumph der Götter. Eine neue Weltordnung nimmt von dem aus dem Wasser
aufsteigenden Musenberg Parnass ihren Ausgang. Seeungeheuer fliehen. Das
Dichterross steigt zum Olymp auf, umgeben von Apoll und den neun Musen (hier eine
Variation der Sonnensymbolik barocker Fürsten; so auch in Versailles).
- Laubenregion (u. Lindenallee): Die heutigen Heckengänge bestanden früher aus Gerüsten mit
Schlinggewächsen. Kavaliere, Hofdamen und Kinder sind als Festteilnehmer dargestellt
(mit Tanz und Maskerade).
- Waldregion mit dem Theater, dem Festplatzbereich mit seine Quartieren und Fabeldarstellungen
nach Lafontaine und dem Labyrinth und Lindensaal.
Die drei Regionen sollten symbolisch die drei Grundformen des Lebens ausdrücken: das naturhafte Dasein, die kulturell-gesellschaftliche Entfaltung und den geistigen Aufstieg. Das Dichterross Pegasus (ursprünglich vergoldet) war das Symbol für den ganzen Garten.
Gartenskulpturen waren seit der Antike ein wesentliches Gartenelement. Die bedeutendsten waren:
- Statuen und Figurengruppen,
- Hermen (Pfeiler mit einem Kopf) und Büsten,
- plastischer Zierrat (Kugeln, Obelisken),
- skulptierte Vasen,
- Bänke.
Gearbeitet wurden sie aus den verschiedensten Materialien: Bronze (witterungsbeständig), Stein (Sandstein, Marmor), Holz und Terrakotta. Mit der Erfindung des Zinkgusses im 19. Jh. wurde eine preiswerte, serielle Produktion möglich.
In der Regel waren die Skulpturen früher weiß gestrichen. Dies steigerte ihre Wirkung und schützte sie vor der Witterung. Besondere Attribute, Hinweise wurden zusätzlich vergoldet. Seit dem 19. Jh. wurde es dann Mode, die Figuren ohne einen Anstrich aufzustellen. Damit verloren sie ihr ursprüngliches Aussehen und ihren Schutz.
Eine besondere Rolle im Bereich der Gartenskulpturen nahmen ein:
- Grotten:
Ursprünglich Nachbildungen von Höhlen. In Italien waren sie im Sommer beliebte, kühle
Aufenthaltsräume. Für ihre Ausgestaltung benutzte man Tuffstein, Muscheln, Mineralien
und bevölkerte sie mit allerlei Figuren (in der Grotte des Boboligartens standen z.B.
ursprünglich die "Sklaven" von Michelangelo). Beliebt waren in ihnen mechanische
Automaten. Berühmte Grotten befanden sich in Pratolino (bei Florenz), Versailles (Thetis-Grotte), Twickenham, Stourhead, d.h. in fast allen Stilepochen der Gartenkunst.
- Brunnen:
Wegen der Bewässerung schon seit der Antike das wichtigste Gartenelement. Auch im
Garten des Albertus Magnus stand er in der Mitte des Gartens. In der Renaissance und im
Barock war Wasser das wichtigste Gestaltungsmittel (Nymphäen, Kaskaden, Fontänen).
Ganze Gärten wurden vom Brunnen ausgehend geschaffen (z.B. von den Bildhauern
Tribolo, Ammanati). Skulpturen dienten ihnen als Schmuck. Ganze mythologische
Szenen konnten um die Becken aufgebaut werden.
- Gartenzwerge:
Schon in der kaiserlichen Hofmanufaktur in Wien wurden die ersten Gartenzwerge
hergestellt (zwischen 1744-50). Danach auch von anderen Herstellern. Nach ihrem
Verschwinden aus den Barockgärten kamen sie erneut in den bürgerlichen Gärten auf.
Sogar Loudon (um 1850) hat sie für die Gärten empfohlen.
Eine besondere Rolle spielten bereits am Anfang des 17. Jhs. die Callotzwerge. Das
waren Gartenfiguren, die das Alltags- und Volksleben der Menschen in Zwergengestalt
wiedergaben (benannt nach einer Produktionsserie von 1616 von Jacques Callot). Sie
wurden zu einem festen Begriff im spätbarocken Figurenprogramm (z.B. Weikersheim
1709).
- Fabrique:
Eigentlich Gartengebäude, die aber nicht mehr als Lusthäuser dienten, sondern beim
Betrachter Stimmungen wecken sollten (z.B. Ruinen). Ihre Wirkung ging von ihrer
äußeren Gestalt aus. Sie übernahmen damit Aufgaben, die früher allein die Skulpturen
besaßen.