Der Begriff "Staffage" kommt aus der Malerei und meint dort Beiwerk, Füllwerk. Menschen- oder Tierfiguren dienten dabei in den Landschafts- und Architekturbildern zur Belebung von Szenen und der Verdeutlichung von Raumtiefen und Größenverhältnissen. Für die eigentliche Bildaussage waren sie unwichtig. In der Gartenkunst ist dies völlig anders. Zunächst als Scheinarchitektur in das dreidimensionale Bild Landschaftsgarten eingebracht, geben sie den verschiedenen Szenen erst ihren geistigen Gehalt.
Gebäude oder Bauteile im Garten hat es immer gegeben. Sie hatten dort zunächst eine soziale Funktion und dienten hauptsächlich der Geselligkeit. In der Zeit des Rokoko wurden sie gerne errichtet, um einen Besucher zu täuschen. Im Landschaftsgarten nun sollten sie im Betrachter bestimmte Stimmungen wecken. Zunächst sollten die Gefühle angesprochen und dann darüber reflektiert werden. Diese Gefühle weckten z.B. nach Home Empfindungen der Größe, Heiterkeit, Melancholie, Wildheit u.a., nach Hirschfeld des Angenehmen, Heiteren, Sanftmelancholischen, Romantischen und Feierlichen.
Sogar das Schloss verlor seine alte Stellung. Während der Garten zuvor vom Gebäude her aufgebaut worden war, ordnete es sich jetzt in den Garten ein. Es war nicht mehr der zentrale Mittelpunkt, sondern Teil eines Bildes, eine Staffage.
Allgemein waren diese Staffagen sehr modeabhängig und konnten abhängig von den Absichten ihrer Erbauer sehr stark variieren. Hilfsweise kann man sie grob in sechs Gruppen einteilen:
- antike Staffagen:
Sie bezogen sich auf antike Tempel, Grotten, Personen oder Geschehnisse und sollten
die Erinnerungen an diese, bzw. an Italienerlebnisse aufrecht erhalten. Symbolisch
standen sie für den Traum von Arkadien und die antike Wertwelt. Sie waren Teil der
Vorstellungen über antike Landschaften und wurden selbst bei sonstiger Ablehnung
von Staffagebauten akzeptiert (z.B. von Sckell im Englischen Garten in München
oder Goethe in Weimar). Hier wirkte sich besonders der Einfluss Poussins auf den
frühen Landschaftsgarten aus.
- gotische Staffagen:
Erst mit der Romantik wurde die Gotik als ein positiver Kunststil angesehen.
In der Renaissance galt sie als die Kunst der Barbaren, der "Goten". Während sie
im Mittelalter besonders im Kirchenbau geistig die irdische Erfahrungswelt mit Hilfe
einer "Entmassung" und "Durchlichtung" zu übersteigern versuchte, galt sie in der
"Neugotik" als ein Ausdruck der mittelalterlichen bürgerlichen Tugenden und der
positiven nationalen Kräfte. Erst durch die Architektur des Historismus, in der verschiedene ältere Stile nachgeahmt und miteinander kombiniert wurden, erhielt sie
ihren noch heute negativen Ruf. Um der Neugotik gerecht zu werden, muss man sich
davon befreien. In Wörlitz wurde bereits 1773 bewusst außer dem ersten klassizistischem Schloß in Deutschland auch das "Gotische Haus" gebaut. Besonders das
Landhaus "Strawberry Hill" von Horace Walpole und in Deutschland die Planungen
Schinkels übten einen großen Einfluss aus. Um diesem Stil gerecht zu werden, muss
man ihn als Gegenkraft zur Klassik ansehen.
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Klassik
- geht von antiken Vorbildern aus,
- betont die geistige Vorherrschaft des Menschen, (u.a. auf seine Fragen richtige Antworten zu finden).
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Romantik (Neugotik)
- geht vom Gefühl aus,
- akzeptiert das Geheimnisvolle, Übernatürliche.
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In den gotischen Staffagen spiegeln sich die Sehnsüchte der Menschen nach dem
Mittelalter (berühmt dafür die Löwenburg auf der Wilhelmshöhe).
- esoterisch-religiöse Staffagen:
So weit wie der esoterisch-religiöse Bereich ist, so weit ist auch diese
Staffagengruppe. Sie konzentriert sich aber hauptsächlich auf drei Themenbereiche:
- Vergänglichkeit:
Hierher gehören die vielen Ruinenbauten. Ursprünglich durch die
Einbeziehung bestehender Ruinen, später bei deren Ermangelung
durch den Bau neuer. Besonders gerne wurden antike oder
gotische Bauten als solche errichtet, manchmal verbunden mit
komfortabelster Innenausstattung.
- Eremitagen:
Schon in der Renaissance zog man sich gerne, - religiös motiviert -,
in eine solche zurück (berühmt Karl V). Im Barock wurde sie zu
einem geschützten Intimbereich vor der starren Hofetikette, im
Rokoko zum Bauwerk spielerischer Abwechslung und während
Romantik ein malerisches Detail im Garten, errichtet aus groben
Materialien (z.B. Wurzelwerk) und Möbeln. Es wurden sogar
hoch bezahlte "Eremiten" für sie eingestellt, und als man niemanden dafür fand, sogar ausgestopfte.
- freimaurerische Motive:
Da viele Gartenbesitzer im 18 Jh. Freimaurer waren,
gestalteten sie den "Rundweg" als Ritualweg, als einen Weg zur
Reifung und Erleuchtung (ähnlich dem Inhalt von Mozarts
"Zauberflöte"). Da das Gedankengut und dessen gestalterische
Umsetzung nicht allgemein bekannt waren und sind, weiß man
darüber sehr wenig. Man kann aber davon ausgehen, dass bei
einer bewussten Einbeziehung der Elemente Feuer, Wasser, Erde
Luft, der Einbeziehung maurerischer Werkzeuge als Schmuck-Elemente, der Verwendung von geometrischen Grundformen
(Pyramiden) und Ruinen, es sich um freimaurerische Anlagen
handelt. Dies gilt vom Sanssouci Friedrich des Großen bis
Machern (bei Leipzig). Wahrscheinlich kann man davon ausgehen, dass die Mehrzahl der frühen Landschaftsgärten freimaurerisch beeinflusst sind (von manchen Wissenschaftlern
bestritten, da auch nicht "eingeweihte" Gartenbesitzer modisch
deren Motive als Staffagen verwendet haben).
- exotische Staffagen:
Auf der Suche nach Abwechslung ("variété") im Barock, leiteten sie die Abkehr vom
strengen Hofzeremoniell ein, indem sie Rückzugsmöglichkeiten boten. Als erstes
entsprechende Gebäude dürfte das "Trianon de Porcelaine" in Versailles anzusehen sein
(das später vom Grand Trianon abgelöst wurde, ein Sommerhaus, Zufluchtsstätte oder
Eremitage). Das Gebäude sollte mit seiner blau-weißen Kachelverkleidung an ein
chinesisches Teehaus erinnern. Berichte von Missionaren und von den Handelsgesellschaften vertieften die Kenntnisse über China. Besonders die Schriften William
Chambers sorgten für deren Verbreitung in den Landschaftsgärten. So wurden seine
chinesischen Bauten in Kew Garden beispielgebend. In Frankreich galt der englische
Landschaftsgarten als ein unmittelbarer Ausdruck der allgemeinen Chinamode (deshalb
"Jardin chinois-anglais "). Später umfasste sie alle Bauten aus dem gesamten ost-asiatischen und türkisch-arabischen Raum und die Nachbauten von Behausungen der
Naturvölker (häufig nach Berichten der Forsters von ihrer Reise mit James Cook). Nach
ihrer Rückzugsfunktion besonders im Rokoko erfüllten sie im Landschaftsgarten die
Möglichkeit sentimentaler Projektionen in eine unbekannte Welt, die man als paradiesisch verklärte.
(berühmt in Deutschland: 1716 Pagodenburg (Nymphenburg); 1722 Pagodenburg
(Rastatt); 1723 Pillnitz; Chinesenhaus in Rheinsberg u. Sanssouci; 1778 Moschee
(Schwetzingen)).
- literarische Staffagen:
Hierher zählen die vielen Vasen, Säulen, Büsten und vergleichbare Erzeugnisse, die
Erinnerungen, Empfindungen wecken und zum Nachdenken anregen sollten. Oft
wurden sie mit schriftlichen Ergänzungen versehen , damit der Betrachter sich empfindungsmässig oder geistig auch in eine bestimmte Richtung bewegte.
- pädagogische Staffagen:
In manchen Gartenanlagen besaßen die Staffagen auch eine erzieherische Funktion.
Berühmt ist das Brückenprogramm im Wörlitzer Park, in dem vom Fürsten den
Landeskindern die technische Entwicklung des Brückenbaus von einer primitiven
Knüppelbrücke hin zur modernen Stahlbrücke dargestellt wurde und damit die Geschichte im Sinne eines positiven Fortschritts interpretiert wurde.
Der frühe Landschaftsgarten verliert ohne seine Staffagen seine wichtigsten Verständnisgeber.