37. Frühe Landschaftsgärten in Deutschland | ||||
Die ersten Landschaftsgärten waren sehr gefühlsbetont (sentimental) oder leiteten ihren Inhalt aus einem literarischen Programm ab. Für die erste Gruppe stand das "Seifersdorfer Tal" (bei Dresden), für die andere die frühen Anlagen von Hohenheim (bei Stuttgart).
Im Seifersdorfer Tal errichtete das Grafenpaar Brühl ab 1781 seinen berühmten Park, der zum Musterbeispiel für eine sentimentale Anlage wurde. Die Vorgabe war ein etwa 2,5 km langes Flusstal, in dem an seinen schönsten Stellen nach Bedarf Hütten und Denkmäler errichtet wurden. Eine Verbindung zum Schloß bestand nicht. Das größte Bauwerk war eine Mühle. Die verschiedenen Staffagen sollten zum Empfinden und Nachdenken führen und wollten einzeln erfasst werden. Die ganze Anlage bestand aus einer Vielzahl einfacher Szenen ohne einen übergeordneten Gedanken. Mit Hilfe von Kontrasten sollten die geistigen Vorstellungen besonders herausgestellt werden: z.B.
Die individuelle "Beschränkheit auf das Rührselig-Sentimentale lässt Seifersdorf als den sinnfälligsten Ausdruck der Vorstellungen von einer durch Kunst verschönerten Natur deuten, wie sie die empfindsame Zeit um 1800 verfolgt hat. ..... (Sie) ist ..... einzig vom Seicht-Sentimentalen bewegt, das mit seinem letztlich Unbildlichen eine Tendenz aufnimmt, die wohl keine weitere künstlerische Entwicklungsmöglichkeit in sich trägt." (Rave und Hoffmann). Hohenheim leitete seine Gestaltung von einer literarischen Idee ab. Ab 1774 errichtete sich der Fürst Eugen von Württemberg ein luxuriöses Dorf aus antiken und mittelalterlichen Ruinenbauten (davon acht nach Zeichnungen Piranesis, nicht deckungsgleich), in dem er mit seiner Hofgesellschaft Schäferspiele lebte. Es gab dort auch verschiedene Einzelgärten, u.a. einen mit allen Wildpflanzen Württembergs und einen "Amerikanischen Garten" mit der umfangreichsten Sammlung ausländischer Gehölze in Deutschland (1783 über 1250 Arten ohne Abarten). Durch die geschlungenen Wege waren die Teilflächen unregelmäßig. Die ganze Anlage war auf Überraschungen angelegt. Hirschfeld war von ihr begeistert. Schiller schrieb über sie:
"Es ist eine mit Geist beseelte und durch Kunst exaltierte (überspannte) Natur, die .... nicht bloß
den einfachen, sondern selbst den durch Kultur verwöhnten Menschen befriedigt und, indem sie
den ersteren zum Denken reizt, den letzteren zur Empfindung zurückführt".
Der Garten wurde inhaltlich von seinen Staffagen getragen und war ganz auf Abwechslung ausgerichtet. Nach Schiller vereinigten sich hier ländliche Einfachheit mit versunkener städtischer Herrlichkeit, den beiden äußersten Zuständen der Gesellschaft. Goethe konnte dies allerdings nicht nachempfinden und vermerkte, dass "viele kleine Dinge noch kein Großes machen". In einem literarischen Garten bestimmte eine Idee seinen Inhalt, für den dann beispielhaft ein Gegenstand oder Abbild stand. Ein Original galt zwar als wertvoller, aber auch eine Kopie konnte für ihn stehen. Dabei spielte es keine Rolle, dass die Kopie (z.B. als Ruine) nur eine Fassade darstellte, während im Gebäude sich prächtigste Räume befanden. Im Gegenteil, man empfand diesen Widerspruch sogar als einen effektvollen Kontrast. Nicht das vom Auge Wahrgenommene war entscheidend, sondern die im Geist davon gewonnene Vorstellung. Eine Voraussetzung dafür aber war eine inhaltliche Kenntnis des Dargestellten und seiner Bezüge. Ein Umstand, der uns heute das Erleben dieser Gärten so schwer nachvollziehbar macht. Man glaubte damals allgemein, dass durch die Nachahmung der Natur allein noch keine Kunst geschaffen werden kann. Hohenheim hat auf die Gartenkunst in Deutschland keinen weiteren Einfluss gehabt. Wahrscheinlich, weil es nicht aus einem aufklärerischen Geist heraus entstanden ist, sondern allein zum Vergnügen eines Fürsten. Heute gibt es die alte Anlage nicht mehr. Übrig geblieben sind nur noch botanischen Sammlungen und eine der Ruinen. |