40. Der "reife" Landschaftsgarten in Deutschland | ||||
Der "reife" Landschaftsgarten wird gewöhnlich als "klassisch" bezeichnet. Es ist der Garten von Lancelot Brown. In reiner Form gibt es ihn in Deutschland nicht. Wir zählen dazu die Gärten, die allein auf naturbezogene Gestaltungselemente bauen, d.h. die Gärten, in denen man wegen eines intensiven Naturbezuges die Staffagen ausräumte oder auf sie verzichtete. Allein das Natürliche wird zur eigentlichen Gestaltungsabsicht. Dazu gehören die Wilhelmshöhe in Kassel und die Arbeiten des älteren Sckells ("Münchener Periode"). Dazu gehören in unserem Verständnis nicht die Gärten Lennés und Pücklers, die in der Regel dazu gezählt werden, um die drei großen deutschen Gartengestalter Sckell, Lenné und Pückler als eine Einheit sehen zu können. Man kann diese Einheit aber nur untergrößten Mühen aufrecht erhalten, da es schwer fällt, die Schüler von Meistern späterer Epochen (Thouin und Repton) stilmäßig noch vor ihren Lehrern zu datieren.
Am Anfang dieser Entwicklung kann der Weimarer Park genannt werden. Unter dem Eindruck von Wörlitz, den Schriften Hirschfelds und dem Tod einer jungen Frau in Verbindung mit der damaligen "Werther-Romantik" errichtete Goethe (teilweise eigenhändig) für letztere eine naturnahe Gedächtnisstätte (1778, die "Felsentreppe"). Goethe schrieb an Frau von Stein: "Ich fand ein seltsam Plätzchen, wo das Andenken der armen Christel verborgen stehen wird. Das war, was mir heute noch an meiner Idee misfiel, dass es so am Weg wäre, wo man weder hintreten und beten, noch lieben soll. Ich hab mit Jentschen (Weimarer Hofgärtner) ein gut Stück Felsen ausgehöhlt, man übersieht von da, in höchster Abgeschiedenheit, ihre letzte Pfade und den Ort ihres Tods. Wir haben bis in die Nacht gearbeitet, zuletzt noch ich allein bis in ihre Todesstunde, es war eben so ein Abend. ....". Noch im gleichen Jahr wurde in Anlehnung an eine alte Mauer eine Einsiedelei (das "Luisenkloster", zur Feier des Namenstages der Herzogin Luise) und später, unter Aufsicht des Fürsten, noch weitere Gartenszenen geschaffen. Ab 1783 wurde dann das Ilmtal als Ganzes durchgestaltet, d.h. für die einzelnen Szenen ein gemeinsamer Rahmen geschaffen. Nach seiner Italienreise 1786 stand Goethe dem sentimentalen Staffagengarten sehr kritisch gegenüber und er beteiligte sich auch kaum noch am weiteren Parkausbau (u.a. noch am "Römischen Haus" und am "Tempelherrenhaus"). Der Garten wurde zunehmend "klassisch". Sowohl Gothein wie auch Hoffmann sehen im Weimarer Park "den reinsten Ausdruck des Gartengedankens jener Zeit". Mit dem Park Wilhelmshöhe (Kassel) gelingt in Deutschland der Durchbruch zum "reifen" Landschaftsgarten. Erreicht wurde dies durch eine weitreichende Befreiung des Gartens von Staffagebauten und eine Betonung von natürlichen Elementen:
Der Park hatte mehrere Entwicklungsphasen durchgemacht. Nach 1785 wurde er von seinen literarischen Staffagen weitgehend befreit. Die verbliebenen Bauwerke waren
Der eigentliche Stimmungsträger des Parks ist das Wasser und dies in einer Intensität, wie sie kein anderer Park der Welt sonst besitzt. Die Speicherbecken sind als Naturseen gestaltet. Danach werden die Ausdrucksmöglichkeiten des Wassers in allen seinen Variationen durchgespielt. Alle Sinne sollen angesprochen werden. Für das bewegte Wasser stehen besonders die Bäche und Kaskaden (das der Jussowkaskade z.B. hell und heiter, während das an der Teufelsbrücke unheimlich und düster tönt), für das ruhende die Seen und Teiche. Dabei diente der "Lac" als gesellschaftlicher Treffpunkt, während der "Ach" den stillen Waldsee repräsentiert. Neben dem Wasser waren das Oktogon mit dem Herkules (auf der Höhe) und die Löwenburg wichtige Stimmungsträger. Über das pflanzliche Parkbild weiß man relativ wenig. Die schlossfernen Bereiche waren bewaldet, während die schlossnahen locker mit Einzelbäumen und Baumgruppen bepflanzt waren. Um die gewünschten Stimmungen in den verschiedenen Szenenbesser auszudrücken, nutzte man das Formen- und Farbenspiel auch vieler importierter Gehölze. Eine Kleinteilung der Räume hat man geschickt vermieden. |