41. Der "Englische Garten" in München | ||||
Die verschiedenen Stilphasen des Landschaftsgartens von einander zu trennen, ist manchmal sehr schwer. Oft wurden die Anlagen während der Bauzeit allein schon durch deren Dauer erweitert, verändert (durch den wechselnden Zeitgeschmack), umgearbeitet und "verbessert". Man ist allgemein gewohnt, Stile als ein zeitliches Nacheinander zu verstehen. In der Gartenkunst bestehen sie aber manchmal gleichzeitig nebeneinander oder überschneiden sich.
Die Entwicklung zum reifen Landschaftsgarten begann in Deutschland nach 1780. Ab 1800 spricht man von der klassischen Phase, weil von diesem Zeitpunkt fast alle bedeutenden Gärten klassisch geprägt waren. Es ist die Periode der großen Angleichung des Gartens an die Idee des Natürlichen. Die Gestaltung konzentrierte sich auf wenige Elemente: Bodenbewegung, Rasen, Wasser, Gehölze und einen Rundweg. Mit Hilfe von Perspektiven und dem Wechselspiel von Licht und Schatten wurden harmonische Bilder geschaffen. Den einsamen Höhepunkt dieser Entwicklung bildet in Deutschland Friedrich von Sckell (1750-1823) in seiner zweiten Schaffensperiode in München. Seine Entwicklung vom frühen zum reifen Landschaftsgärtner hatte er bereits in Schwetzingen durchlaufen. Nach Le Nôtre gilt er als der schöpferischte Gartengestalter auf dem Kontinent. Sein Biograph Hallbaum sagt über ihn: " Dass sein Schaffen bahnbrechend war, dass er zu den Ersten in Deutschland gehörte, die sich zum englischen Gartenstil bekannten, und dass er diesem eine spezifisch deutsche Ausprägung zu geben gewusst hat, war als Leistung bedeutend, aber im ganzen doch geschichtlich zu erwarten. Der Wandel lag in der Luft. Höher wird man es schätzen, wenn es ihm gelang, die seither recht handwerkliche Übung des Gartenbaues vergeistigt und zu einer vollwertigen Kunst erhoben zu haben, deren Schöpfung die stilistischen Merkmale der übrigen Künste an sich tragen. Sein Werk ist die Gestaltung des Landschaftsgartens als Ausdruck des deutschen Geistes und als Ausdruck klassischen Geistes. Es gelingt ihm: Den Einklang von Idee und Wirklichkeit durch die Mittel der Gestaltung, die aus der Vielheit des Natürlichen gerade das zur Nachahmung heranzieht, was dem "inneren Wesen" der Dinge entspricht, das also, was Goethe als den "Stil" natürlicher Gestaltung zu bezeichnen pflegte. Die Aufgabe des Landschaftsgartens, "die natürliche Landschaft, das Landschaftsideal und das Gartenideal" in Einklang zu bringen, wird durch Sckell einer im klassischen Sinne vollendeten Lösung entgegen geführt". Sckells bedeutendste Arbeiten während seiner Münchener Zeit waren der "Englische Garten" und der Umbau des Nymphenburger Parks. Für den Ausbau des "Englischen Gartens" war er erst ab 1804 voll verantwortlich, seit 1787 war er aber bereits beratend für ihn tätig gewesen. Die Anlage war von Anbeginn als "Volksgarten", d.h. für den öffentlichen Zugang bestimmt gewesen. Es handelte sich dabei um einen schmalen Streifen nordwestlich der Residenz, der entlang den Isarauen bis in die freie Landschaft führte (ca. 5 km lang). Der erste Bauabschnitt betraf den Hirschberger Wald und war von Sckells Vorgänger mit Staffagen vollgestellt worden. Sie wurden unter Sckells Aufsicht dann weitgehend fortgeräumt. Als Zielsetzung für den Garten galt: "Bewegung und Geschäftserholung, geselliger Umgang und Annäherung aller Stände". Die gesamte Anlage bestand weitgehend aus einer Raumfolge von Wiesen und Gehölzpartien, die stimmungsmäßig durch Wasserläufe ergänzt wurden. Sie bestimmten die Bildkompositionen (d.h. die eigentlichen künstlerischen Ziele). Erreicht wurde dies durch:
Die Pflanzungen wurden den natürlichen Gegebenheiten angepasst und umfassten großzügige Wiesenflächen, beziehungsweise Gartenräume. Weil Sckell weitgehend nur einheimische Gehölze verwandte, wurden seinen Anlagen später eine gewisse Monotonie vorgeworfen (andere Betrachter rühmten allerdings genau darin die "Ruhe" seiner großen Bilder). Durch die Sichtachsen wurden die verschiedenen Gartenteile miteinander verbunden. Staffagen lehnte Sckell gewöhnlich ab, wenn sie nicht "Charakter" besaßen. Er verstand darunter antikisierende Formen an einer hervorgehobenen Stelle (z.B. den Monopteros, dessen Errichtung allerdings erst nach seinem Tode erfolgte). In Nymphenburg wird Sckells Gestaltungsstärke im Bereich der großen Formen, Bilder besonders deutlich. Hier wurde ein Barockgarten in einen Landschaftsgarten umgebaut. Die früheren Achsen wurden zu Schneisen, diese wiederum zu den Hauptmotiven der Gestaltung, weite Wiesen mit bewegten Gehölzrändern. Dabei wurde die "Badenburger Schneise" heroisch komponiert, während sich das "Padenburger Tal" lieblich darstellte. Auch die jeweils dazu gehörenden Seen waren einmal dunkel, dicht und ernst und das andere Mal hell und überschaubar. Sckells klassische Ausdrucksformen werden von "ruhigen" Bildern bestimmt. Sie gehören zum Großartigsten, was im Landschaftsgarten möglich ist (in kleineren Bildern verloren sie ihre Ausdruckskraft). |