Teppichbeete gelten bei vielen Fachleuten in Deutschland allgemein als ein Ausdruck größter Geschmacksverirrung. Doch kann man mit dieser Haltung den gartenkünstlerischen Bemühungen des späten Landschaftsgartens nur noch begrenzt gerecht werden. Fälschlich wird oft Pückler als ihr Erfinder angegeben. Aber sowohl er wie auch Lenné orientierten sich bereits an den Entwürfen Reptons. Ihre Verurteilung setzte um 1900 ein, als eine neue Gartenbewegung neue Wertmaßstäbe betonte und die Künstlichkeit dieser Beete verurteilte. Nicht mehr ihre abgelehnte Form sollte eine Gartenfläche bestimmen, sondern alleine die Pflanze. An die Stelle der Kunst, im späteren Verständnis das Gekünstelte sollte allein das Gärtnerische stehen. Dabei waren es gerade die Teppichbeete, die neben neuen Parterreformen die zeitgemäße Antwort auf das Vordergrundproblem im Landschaftsgarten waren. Gerade ihre Verwendung durch Pückler sollte ein Anlass zum Nachdenken sein.
Wimmer unterschied 1991 bei ihnen fünf Entwicklungsphasen:
- Beete des frühen 19. Jh.:
Sie bestanden aus einfachen geometrischen Formen (beliebt waren Kreise
und Ellipsen) im Rasen, mit deren Hilfe man durch deren Zusammenrükken additative Ornamente bildete (= Figurenbeete) oder die man ornamental in sich unterteilte (= Teppichbeete). Bepflanzt wurden sie jeweils mit
einer Pflanzenart, manchmal noch eingefasst von einem besonderen Pflanzenrand.
- Spätestens um 1830 werden die Beetränder komplizierter:
Sie stehen, - untereinander in einem formalen Zusammenhang -, weiter im Rasen. Gerne werden sie mit Hilfe von
Kantensteinen erhöht. Die ersten Entwürfe stammten bereits von Repton
für Ashridge (1813), ihm folgte Loudon, von dem dann M'Intosh sie in
viktorianischen Beetstil überführte. In Deutschland entwarf Lenné (1822)
die ersten Beete für das Parterre am Neuen Palais. Sein Schüler Legeler
entwickelte aus dem Kreis häufig nachgebaute Sechser-Ornamente. Besonders im Umfeld der Lenné-Meyerschen Schule waren sie sehr beliebt. Die
Bepflanzung erfolgte zunächst bevorzugt durch niedere Blattgewächse, ab
1850 durch Blumenteppiche.
- Komplizierte Beetkombinationen getrennt durch Kiesstreifen (ca. 1850-1875):
Teilweise orientierte
man sich an barocken Broderien (deren farbliche Mineralien und Kiese
innerhalb der Buchseinfassungen wurden durch Blumen ersetzt). Beliebt
waren u.a. Mäander, Spiralen vor klassischen Gebäuden und Rosetten vor
neugotischen.
- (Eigentliche) Teppichbeete (ca. 1860-1900):
Sie standen für sich alleine und waren unabhängig von
Rasen- und Kiesstreifen. Sie verstanden sich als plastische Zierkörper. Der
Rand stand ca. 20 cm über dem Rasen. Zur Mitte war das Beet erhöht
(Höhe = ein Fünftel des Durchmessers). Zunächst als rundes Blumenbeet,
das in sich mehrere Blumenkränze in verschiedenen Farben besaß, später
näherten sich letztere einer Sternform an. Um 1870 gab es regelrechte
Wettbewerbe um Teppichbeete. Zu mehreren zusammengestellt, entstanden
ganze Blumen-, bzw. Teppichparterres. Gerne wurden sie zu figürlichen
Formen zusammengestellt. Gemäß den geschichtsbezogenen Bauten im
Historismus erlaubten sie neugotische (= altdeutsche), renaissanceartige
u.a. Entwürfe.
- Jugendstilbeete (1900- etwa 1914):
Rückkehr zu Beetflächen im Rasen. Oft standen in der Mitte eine
hervorgehobene Blumengruppe und an den Rändern Teppichpflanzen.
Die Hauptvoraussetzungen für Teppichbeete waren ihre Nähe zu einer Architektur, das Vorhandensein eines kurz geschorenen Rasens und die Möglichkeit sie als Ganzes überblicken zu können(evtl. vertieft). Ihre Größe schwankte meistens zwischen 2 - 10 m (gewöhnlich 5 m). Gestalterisch war für sie die Farbauswahl entscheidend (in Deutschland nach der Farbenlehre Goethes, in Frankreich nach der Chevreuls). Gewünscht waren angenehme Farbkontraste. Im Frühjahr pflanzte man wie heute bunte Tulpen, Narzissen, Hyazinthen, Krokuse, Stiefmütterchen u.ä., im Sommer in der Mitte etwas Höheres wie Canna und Rizinus und an den Rändern buntlaubige Pflanzen, Lobelien, Echeverien, Petunien u.ä.. Es gab sogar spezifische Nur-Teppichpflanzen wie Alternanthera (Papageienblatt) und Iresinen. Gewünscht waren niedrige Pflanzen mit einem buschigen und ausbreitenden Wuchs. Die verschiedenen Pflanzungen waren in ihrer Pflanzenauswahl sehr zeitabhängig. Die Eisbegonien kamen z.B. in Deutschland erst ab 1900 auf. Oft konnten Beete der verschiedenen Entwicklungsphasen in einem Garten neben einander stehen (z.B. bei Pückler).
Das Anlegen von Teppichbeeten war eine Kunst für sich. Berühmt dafür waren die Brüder Siesmeyer im Frankfurter Raum. Heute liegt ihre historische Bedeutung nur noch in drei entscheidenen Bezügen:
- Ihrem entscheidenden Anteil in der Hinführung unserer Gärten vom Baum- zum Blumengarten
(d.h. auch zur allgemeinen Vergärtnerung der Gartenkunst. Sie waren die ersten rein gärtnerischen
Beiträge zur "Kunst").
- Als Vorläufer unserer Blumenbeete. Dabei folgen fast alle unsere heutigen Beete unserem jetzigen Geschmack (Auch die in historischen Gärten! Teilweise aus Unkenntnis, teilweise weil es für das Publikum "gefälliger" ist und auch weil die entsprechenden historischen Pflanzen fehlen).
- Am unmittelbarsten in den farbintensiven Beeten der Kuranlagen. Es wäre eine stilistische Vergewaltigung, wenn man z.B. Jugendstilanlagen mit Hilfe unseres heutigen Zeitgeschmacks über die Umgestaltung der Außenbereiche "modernisierte". Wenn man nicht voreingenommen ist, dann behalten die viktorianischen Blumenbeete auch heute noch ihren Flair.
"Ein Teppichbeet muss zunächst ein in sich selbst abgeschlossenes Ganzes bilden, das in jeder Hinsicht einen harmonischen Eindruck macht, aber auch das Einzelne muss, wenn das Auge in dieses sich versenken will, klar und verständlich sich ablösen, wie die einzelnen Blumen eines wohlgeordneten Bouquets, die, jede für sich deutlich erkennbar, doch erst in ihrer Zusammenstellung beabsichtigt war. So sprechen auch die Details eines symmetrisch angelegten Teppichbeetes für sich selber nicht allein, sondern setzen auch das Ganze in allen seinen Teilen in das rechte Licht" (W.A.C. Niemann, 1870).
Genauso wie die Teppichbeete ein bedeutender Ausdruck einer historischen gärtnerischen Situation waren, so ist auch deren Verdammung nur als eine solche zu sehen. Als Robinson 1878 seine Angriffe gegen sie startete, leitete er damit die gärtnerische Seite der Reformbewegung ein.