48. Der Stadtpark (Bürgerpark, Volkspark, Freizeitpark) |
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Mit der Industrialisierung veränderte sich das soziale Gefüge in der Gesellschaft. Zunächst gewann das Bürgertum an Bedeutung und dann seit der zweiten Hälfte des 19. Jh. die Arbeiterschaft. Schon früh hatten beide Gruppen die Bedeutung des bis dahin weitgehend feudalen Gartenwesens erkannt. Als erster hatte Hirschberg öffentliche Anlagen gefordert
" Eine ansehnliche Stadt muss in ihrem Umfang eine oder mehrere große offene Plätze haben, wo sich das Volk in gewissen Zeitpunkten der Freude oder der Not versammeln und sich ausbreiten kann, wo eine freie und gesunde Luft atmet und die Schönheit des Himmels und der Landschaft sich wieder zum Genuss eröffnet". Für ihn sollten sie hauptsächlich ein Erziehungsmittel zur öffentlichen Ordnung sein: " ... denn sie erquicken ihn (den Stadtbewohner) nicht allein nach der Mühe des Tages mit anmutigen Bildern und Empfindungen, sie ziehen ihn auch, in dem sie ihn auf die Schauplätze der Natur locken, unmerklich von den unedlen und kostbaren Arten der städtischen Zeitverkürzung ab, und gewöhnen ihn allmählich an das wohlfeile Vergnügen, an die sanfte Geselligkeit, an ein gesprächiges und umgängliches Wesen". Sckell hatte ähnliche Vorstellungen: "Ihre (der Volksparks) Zwecke bestehen vorzüglich darin, dass sie den Menschen zur Bewegung und Geschäftserholung; zum Genuss der freien und gesunden Lebensluft, und zu traulichem, und geselligem Umgang und Annäherung aller Stände dienen, die sich hier im Schoße der Natur erquicken, und in ihrem einfachen Genusse, manche andere minder wohltätig-städtische-Ergötzlichkeiten entbehren lernen". Seine Vorstellung war, dass der Besucher in ihm neue Körper- und Geisteskräfte gewänne und "diese dem Staat lange erhalte". Der erste Volkspark in Deutschland war der Englische Garten in München (Baubeginn 1787; ab 1804 unter Sckell). Insgesamt kann man in der Geschichte des Stadtparks mehrere Zeitabschnitte beobachten:
Schon in Wörlitz hatte es erzieherische Programme gegeben. Später erwartete man von den Gärten, dass sie
Schon Hirschberg hatte Nationalgärten gefordert. Sie sollten "Bildungsstätten der Nation" sein. In der Bewegung zur Landesverschönerung, die den Gartenkünstlern sehr nahe stand, sprach man sogar dem Garten die Bedeutung zu, ein Mittel zur Einigung Deutschlands zu werden. Man sah die Gartenkunst als eine nationale Kunst an. Nach der französischen Gartenkunst und dem englischen Landschaftsgarten suchte man nach einem "deutschen" Garten. Bereits Hirschfeld hatte die Lösung in einem Mittelweg zwischen formalen und landschaftlichen Stilelementen gesehen. Den Kompromiss fand man im "gemischten" Stil.. Eine besondere nationale Komponente in den Gärten wurden Denkmäler. In den frühen Landschaftsgärten dienten sie zunächst nur der stimmungsvollen Hinführung zu literarischen Motiven. Später, mit individueller Ausrichtung, ehrte man mit ihrer Hilfe um das Vaterland verdiente Persönlichkeiten. So wollte man bereits 1807 im Englischen Garten die "Walhalla" errichten als nationales Denkmal für "alle Stämme deutscher Sprache". Die ersten Bürgergärten entstanden bereits vor 1848, dann aber besonders in den 60iger Jahren. Während der Zeit der Restauration wandten sich die Bürger verstärkt der Verschönerung und Verbesserung der hygienischen Verhältnisse ihrer Städte zu. Angesprochen wurde in ihnen der lustwandelnde Bürger mit einem ästhetischen Naturverständnis. Die Volksparkbewegung ging von England aus. Hier waren die sozialen Probleme in den Arbeiterstädten besonders groß. Auch glaubte man, dass die Gartenkunst ein geeignetes Mittel zur Verbesserung der Arbeitsmoral bei den Arbeitern sei (besonders Loudon verbreitete diese Meinung). Paxton schuf 1843 mit "Birkenhead Park" in Liverpool dann die erste auf die Wohnverhältnisse der Arbeiterschaft bezogene Anlage. In ihr verbanden sich die Möglichkeiten der körperlichen Ertüchtigung noch mit ästhetischen Gesichtspunkten. Diese Anlage wurde zum Vorbild vieler öffentlicher Gärten , u.a. für den Central Park in New York. Für Olmsted, seinem Erbauer, wurde die Grünplanung zum Teil einer systematischen Umweltplanung, orientiert an Entwicklungsprognosen. Mit der Reichsgründung kam es in Deutschland zu einem explosionsartigem Wachstum der Industrie. Die Städte wuchsen sprunghaft. Krankheiten brachen aus (besonders stark 1892 in Hamburg die Cholera). Die Jugendlichen waren immer weniger tauglich für den Militärdienst. Der Erholungsbedarf der Bevölkerung stieg sprunghaft. Um die Unruhen zu begrenzen, wurden
Die Wende kam 1907 mit dem Schillerpark in Berlin-Wedding für dessen Entwurf Friedrich Bauer in einem Wettbewerb den ersten Preis gewonnen hatte. Damit begann sich der reformerische, funktionale Gartenstil in der Parkgestaltung durchzusetzen. Die bestimmenden Gartenteile waren jetzt eine Spiel- und Bürgerwiese von je 3,5 ha. Die Wege wurden auf ein Minimum reduziert. Das berühmteste Beispiel für einen Volkspark in Deutschland ist der Hamburger Stadtpark. 1908 wurde für ihn ein Wettbewerb ausgeschrieben. Eingereicht wurden Entwürfe im Sinne der "Deutschen Gartenkunst", d.h. im Sinne des gemischten Stils und neuartige architektonische. Da man sich auf keinen von ihnen einigen konnte, wurde der Leiter des Hochbauwesens Fritz Schumacher mit einem neuen Entwurf beauftragt. Er orientierte sich dabei hauptsächlich am Wettbewerbsentwurf von Laeuger. Seine Merkmale sind ein symmetrischer Grundaufbau mit einer zentralen Achse zwischen einem Volkshaus und einem Wasserturm (als Point de Vue) und vielfältige Betätigungsmöglichkeiten an den Seiten. Während der bürgerliche Park das "landschaftliche Genießen" als Hauptziel besaß, war es jetzt dessen Inbesitznahme durch Betätigung. Große Wiesen dienten dem Versammeln größerer Menschenmengen und dem Betätigen im Freien. Spiel, Sport, Musik und Tanz sollten gefördert werden. Die Freiluftbewegung nahm einen großen Aufschwung, als bekannt wurde, dass für die Verbreitung der Tuberkulose entscheidend die Ernährung und die körperliche Befindlichkeit seien und deren Heilung durch UV-Strahlen gefördert würde. Die Reaktion darauf war, dass man möglichst viele Betätigungen in den außerhäuslichen Bereich verlagerte und dies so, dass der Körper dabei möglichst viel den heilenden Sonnenstrahlen ausgesetzt war. In den Parkgaststätten wurde für die Gesundheit Milch ausgeschenkt. In den Gärten entstanden formale Teile wie im Barock, doch jetzt mit einer anderen sozialen Funktion. (Das Bürgertum selber entdeckte in dieser Zeit für sich als Erholungsraum den eigenen Garten und die Badeorte. In den Volksparks wollte die Masse der Bevölkerung deren Vergnügungen nachvollziehen). Nach dem Krieg 1918 setzte ein regelrechter Bauboom bei der Errichtung der Volksgärten ein. Zuvor militärisch genutzte Ländereien (Exerzier- und Schießübungsplätze, Kasernenhöfe) standen zur Verfügung und Arbeitsbeschaffungsprogramme sollten das "revolutionäre Potential" der Bevölkerung aus den städtischen Zentren bringen. Durch die Arbeitsintensität der Grünanlagen konnten große Menschenmengen beschäftigt werden. Da sich unter ihnen kaum Gärtner befanden, benutzte man die Pflanzen nur als Raumbildner und kaum als Schmuckelement. Man benutzte in dieser Zeit die Grünpolitik zur Stabilisierung der bestehenden politischen Verhältnisse. Der geistig und künstlerisch getragene Volksparkgedanke wurde schnell von den gärtnerischen Pragmatikern übernommen. An die Stelle des Gesamtkunstwerkes mit seinem sozialen Programm wurden nun
Nach 1945 war der Wiederaufbau das vorrangige Ziel der Städte. Einen Leitcharakter bekamen dabei die Bundesgartenschauen. Sie waren hervorgegangen
Der aktuelle Park für die Bevölkerung ist der Freizeitpark. Dies sind oft privat betriebene, sehr aufwendige Anlagen, in denen der Besucher von einem genau festgelegten Tätigkeitsprogramm zum nächsten geführt wird. Es geht hier nicht um eine Entfaltung der menschlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten, sondern vorrangig um den Gewinn seiner kommerziellen Betreiber. Bedingt durch den Wettbewerb der Angebote und die wissenschaftliche Erfassung der psychischen Verhaltensweisen der Menschen werden hier die oft über die Medien gezielt gelenkten Bedürfnisse befriedigt und andererseits neue geschaffen. Sie sind ein Ausdruck der Entmündigung in einer Massenkultur. |