50. Reformansätze in England (Robinson und Jekyll) | ||||
Mit William Robinsons (1838-1935) Kampf gegen die Teppichbeete begann 1878 die zweite englische Gartenrevolution. Ab 1861 hatte er als Gärtner die Staudenbeete der Royal Botanic Society betreut. Zu seinem Verantwortungsbereich gehörte auch das Sammeln englischer Wildblumen. Später war er ein erfolgreicher Fachschriftsteller geworden und machte mehrere größere Reisen. Zu seiner Zeit bestimmte der viktorianische Garten mit seinen farbintensiven Blumenbeeten, der Fülle exotischer Pflanzen, den historisierenden, besonders italienischen formalen Stilanteilen und den Glasbauten die englische Gartenkultur. Diesem Typ sagte er den Kampf an. Statt der bisherigen Wechselbepflanzung setzte er sich für eine Dauerbepflanzung ein aus Massen sich verwildernder Blumenzwiebeln und ein natürliches Bild wiedergebender Stauden. Durch ihn wurden in England die Steingärten als Standort alpiner Pflanzen beliebt. Wichtig für ihn war besonders deren natürliche Gruppierung. Der einzelne Gartenbesitzer sollte seinen persönlichen Neigungen folgen und sich seine persönliche "Wildnis" schaffen.
Mit Robinson beginnt unsere heutige Gartenkultur. Sein Buch "The Englisch Flower Garden" wurde zum erfolgreichsten Gartenbuch überhaupt. Erst durch ihn kamen wieder Rosen, Lilien und Clematis in unsere Gärten zurück, die er als Sommerblüher bevorzugt in die Nähe des Hauses pflanzte, während die Frühjahrsblumen mehr in der nahen Umgebung standen. Seine Lieblingszwiebeln waren Narzissen, die er gerne mit Veilchen und Primeln vergesellschafte. Ästhetische Gesichtspunkte hatten für ihn einen hohen Stellenwert. Er stand der "Arts-and-Crafts-Bewegung" nahe und beeinflusste u.a. Gertrude Jekyll, indem er sie bei der Gestaltung ihres Gartens in Munstead Wood beriet. Durch das Sehen von Haus und Garten als eine Einheit erlangten auch die Architekten über die Arts-and-Crafts-Bewegung wieder einen großen Einfluss. Der große Gegenspieler von Robinson wurde der Architekt Reginald Blomfield (1856-1942), der dessen naturnahe Gestaltung ablehnte und einen architektonischen Garten propagierte, im Sinne einer Rückbesinnung auf die formalen Gärten des Mittelalters. Er schrieb mit Inigo Thomas das Buch "The Formal Garden in England" (1892), der bedeutendsten theoretischen Grundlage des architektonischen Gartens im nächsten Jahrhundert. Für ihn war der Garten eine logische Erweiterung des Hauses und dessen Räume eine Abfolge seiner verschiedenen Funktionen. Aus der Vereinigung des naturnahen Gartens Robinsons und des formalen Gartens Blomfields entstand der neue englische Garten, deren Hauptvertreter dann Gertrude Jekyll und Edwin Lutyens wurden. Lutyens entwarf als Architekt die Gebäude und die Grundstruktur des Gartens, Jekyll mit größtem Stilempfinden dessen Bepflanzung und das Gesamtbild. Gemeinsam schufen sie etwa hundert Anlagen. Gertrude Jekyll (1843-1932) war die dritte große Persönlichkeit des englischen Reformgartens. Zunächst von Beruf Malerin, wandte sie sich ab 1878 wegen des Nachlasses ihrer Sehkraft ganz der Gartenkunst zu. Durch sie wurde das einzelne Staudenbeet zu einem farblichen Kunstwerk. Nichts in ihnen ist dem Zufall überlassen. Pflanzensoziologische Gesichtspunkte interessierten sie dabei kaum. Berühmt und viel nachgeahmt wurden ihre pastellfarbenen Beete. Sie konnte dabei ihre großen farbtheoretischen Kenntnisse voll einsetzen. Ihr hoher Kunstanspruch ist heute kaum noch zu leisten (auch wegen dem Pflegeaufwand ihrer Beete): " Die Bepflanzung teilt sich in verschiedene Farbthemen auf. An beiden Enden ist eine Grundstruktur von silbrigem Laub - Stachys, Santolina, Cineraria maritima und Crambe maritima; In der Mitte ist dunkleres, aber immer noch bläuliches Laub, wie Yucca, Clematis recta und Ruta. Am Beetanfang, dem westlichen Ende, sind die Blüten von klarem Blau, Graublau, Weiß, Blassgelb und Zartrosa, die Farben sind teilweise in getrennten Gruppen und zum Teil gemischt. Die Färbung geht dann über zu kräftigem Gelb, Orange und Rot. Das mittlere Teil des Beets besteht aus starken und prachtvollen Farben, aber ist trotzdem harmonisch und nicht grell. Dann nimmt die Stärke der Farben in umgekehrter Ordnung wieder ab, von Orange und Tiefgelb zu Blassgelb, Weiß und Zartrosa; wiederum zusammen mit blaugrauem Laub. Am östlichen Ende des Beets allerdings haben wir anstelle von klarem Blau Purpur und Lila". (Zu einem Staudenbeet in Coombend bei Oxford, nach Schoenaich) Sowohl Robinson wie auch Jekyll standen der Arts-and-Crafts-Bewegung nahe, einer Gegenbewegung zur damaligen Massenproduktion. Ihr Ziel war eine handwerklich-künstlerische Erneuerung der Lebensumwelt, die Wiederbelebung des traditionellen Kunsthandwerks. Zu ihrem Programm hinsichtlich des Gartens ergaben sich folgende Ziele:
Das Landleben gehörte für die Vertreter der Arts-and-Crafts-Bewegung zum Lebensideal. Durch Eisenbahnverbindungen konnten die Städter schnell aufs Land gelangen und der Arbeitswelt entfliehen. Viele bauten sich ein Landhaus mit einem größeren Garten (da das Land billig war). Die Zeitschriften "Country Life" und "The Studio" verbreiteten durch ihre Publikationen die Bilder der neuen Architektur und deren Gärten und machten sie populär. Viele Grundformen entnahm man den italienischen Renaissance- und den maurischen Gärten als den Ausgangsformen der europäischen Gartenkultur. Von ihnen leitete man den Gedanken ab, der Garten sei eine Abfolge von Räumen mit unterschiedlichen Funktionen, die durch Hecken oder Mauern von einander getrennt werden. Dieser englische Gartentyp wurde für viele deutsche Gartenliebhaber zum Vorbild. Noch heute ist England für sie deshalb das Mekka der Gartenkunst. Muthesius verbreitete dessen Ideen ab 1904 in Berlin. Wichtig ist dabei zu wissen, dass dieser "Reformgarten" bereits von seinen Ansätzen her einen architektonischen und einen pflanzlichen Aspekt hatte. Im architektonischen wurden die gestalterischen Probleme gelöst, die in einem Landschaftsgarten entstanden, wenn er kleinräumig war und malerisch gestaltet werden sollte. Im pflanzlichen Bereich zeigte Gertrude Jekyll eine echte künstlerische Möglichkeit für den Umgang mit der Farbe in einem Garten auf. Damit wurde der Weg zum "englischen Garten" des 20. Jahrhunderts aufgestoßen. |