52. Der Reformgarten nach dem Kriege (der Gärtner) (Der "kommende Garten", "moderne Garten", die "bodenständige Gartenkunst") |
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In der Nachkriegszeit bestand in Deutschland oft eine sehr große Armut. In der Gartenkunst kamen jetzt die Ansätze zur Reife, die sich bereits vor dem Kriege angekündigt hatten. Es gab weiterhin eine gärtnerisch betonte Strömung, deren Leitfiguren Karl Foerster und Hermann Mattern wurden und eine architektonisch ausgerichtete für die Leberecht Migge und Harry Maasz standen.
Von dem großen Glanz der Architektur konnte die Gartenkunst nur wenig nutzen. Das Bauhaus war zur bedeutendsten Kunstschule geworden. Es war im Sinne mittelalterlicher Bauhütten organisiert gewesen und verschaffte in einem "Vorkurs" den späteren Handwerkern und Künstlern die gleiche Vorbildung. Eine Fachklasse für Gartenkunst war geplant, wurde aber nie eingeführt. Man schloss an die Gedanken von Morris an. Zunächst 1906 als Kunstgewerbeschule gegründet, verlagerte sich ihre Interesse nach dem Krieg stark zum Industriedesign und zur Architektur. Zunächst in Weimar wurde in ihr der Jugendstil vertreten (Leiter: van de Velde), dann später nach ihrem Umzug nach Dessau der "Bauhausstil" (Leiter: Gropius). Er vereinigte in dieser Ausdrucksweise die wesentlichen Elemente des "Internationalen Stils", hervorgegangen aus
In der Gartenkunst hatte es nur wenige Kontakte zum Bauhaus gegeben. 1924 war Mattern bei Gropius Gasthörer gewesen und Heinz Wichmann hatte dort ganz studiert. Innerhalb der Auseinandersetzung der Berufsverbände um die künstlerische Ausbildung der Gartenarchitekten, zogen die einen das Hochschulstudium, die anderen ein solches neben den anderen bildenden Künsten an den Kunstgewerbeschulen vor. Die DGfGK versuchte ein solches am Bauhaus zu etablieren. Außer in den wenigen Arbeiten Wichmanns sind keine Bauhausentwürfe aus dem Bereich der Gartenkunst bekannt. Als nach 1945 man in ihr wieder einen Anschluss an die unbelasteten Arbeiten vor dem Kriege erreichen wollte, berief man sich gerne auf das Bauhaus. Jede funktionale Gestaltung wurde mit der Bauhaustradition begründet. Ein fehlendes Hintergrundwissen ließ es die Zuhörer hinnehmen. Die Leitfiguren der gärtnerischen Strömung waren Karl Foerster und Hermann Mattern. Karl Foerster (1874-1970, beeinflusst von Willy Lange) war einer der erfolgreichsten Staudenzüchter und gärtnerischen Fachautoren gewesen. Seine gartenkünstlerische Bedeutung liegt in seinen Anregungen zur Pflanzenverwendung und zur Gartenarchitektur. An der Reformdiskussion beteiligte er sich nicht, sondern versuchte wie Gertrude Jekyll in England zwischen dem architektonischen und dem naturnahen Gartenstil zu vermitteln. Seine Ausgangsbasis waren die natürlichen Wachstumsansprüche der Pflanzen. Die in ihrer Wuchsart nicht behinderte Pflanzen verbanden Haus und Garten. Unter seinen Stauden befanden sich viele mit Wildpflanzencharakter. Über die "Schönheit" der Pflanze wollte er ein Gleichgewicht zwischen Natur und Kultur herstellen, über den Garten die psychische und geistige Befreiung des Menschen erreichen. Mit Hilfe der Pflanzen sollten "Stimmungseinheiten" entstehen, lebendige Farbbilder, Farbmelodien. Als Material achtete er bei ihnen auf die Farbe, Textur (Oberflächenbeschaffenheit) und Wesen, bei ihrer Verarbeitung auf Harmonie, Rhythmus, aber auch auf Raumbildung (Farbabstufungen) und Fernwirkung. Problematisch war seine Nähe zu den Nationalsozialisten (er trat in die NSDAP ein, obwohl man seinem pazifistischem Bruder zeitgleich die deutsche Staatsbürgerschaft abgesprochen hatte), sein Antisemitismus und seine Ablehnung des Expressionismus als "Kunst mit jüdischer Wurzel". Von vielen wird auch seine leidenschaftliche, romantisch-schwärmerische Schreibweise abgelehnt. Andererseits beschäftigte er in seinem Planungsbüro die KPD-Mitglieder Mattern und Funke. Der um ihn bestehende "Bornimer Kreis" galt als "links". Auch lehnte er die "bodenständige Gartenkunst" der Nationalsozialisten ab. Wahrscheinlich gibt es heute in Deutschland kaum einen Garten, in dem nicht direkt oder indirekt sich eine Beziehung zu Foerster herstellen lässt. " Die Maßstäblichkeit des ganzen Gartenwesens hat sich verwandelt und hiermit die Bedeutsamkeit gartenkünstlerischer Unterscheidungen. ..... Welch neuer, ungeheurer Spielraum hat sich im Garten, auch im kleinen Garten, für unseren Drang nach schöpferischer, künstlerischer Betätigung, nach Faulheit und ruhevoller Betrachtung aufgetan. ...... Das Pflanzenreich der Gärten ist um neue Gewächsarten bereichert worden. ..... Eine unabsehbare Fülle von großen und kleinen Stauden, mittleren, kleineren und zwergigen Gehölzen ist herangeschafft und veredelt worden, wodurch es möglich wird, in kleinen und mittleren Gartenräumen ganz neue Reiche von Schönheit aufzubauen. ..... Durch das ergänzende und durchdringende Nebeneinander dieser beiden Kunstwelten ("des regelmässig-architektonischen und des natürlich stilisierten"), die für immer gleichwertig sind, wird das Gartenwesen von aller Unklarheit und Einseitigkeit erlöst und wendet sich nun mit gleicher Macht an den beschaulichen ..... Menschen, an den Weltmann ..... in uns. ..... Die alten, in falscher Weise imponierenden Dinge des Gartens, die Gartenfreunde von der Mitarbeit hinwegscheuchten (sind) im Verschwinden begriffen. Man hat angefangen das ganze Gartenreich zu entkrampfen". 1927 hatte Foerster den noch jungen Hermann Mattern (1902-1971) für sein Planungsbüro eingestellt. In seiner geistigen Grundhaltung war dieser zwar konservativ, aber zugleich offen gegenüber neuen sozialen und progressiven Planungsansätzen (z.B. 1924 Gasthörer im Bauhaus). 1933 trat er aus Protest gegen Hitler in die KPD ein! Durch die Fürsprache von Seifert durfte er aber auch während der nationalsozialistischen Zeit weiterarbeiten. Mit seiner Frau Herta Hammerbacher und Foerster entwickelte er den "Bornimer Stil".
Matterns bekanntesten Arbeiten waren 1939 der "Killesberg" (Stuttgart, Reichsgartenschau), die Bundesgartenschau 1955 (Kassel) und die Außenanlagen für die Bonner Regierungsgebäude. Er errichtete 1949 die Abteilung Landeskultur an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Kassel und war ein Gründungsmitglied der "Documenta". In seinem Berliner Werkverzeichnis werden die Entwürfe für 349 Hausgärten, 61 öffentliche Anlagen, 98 städtebauliche und landschaftliche Planungen und 48 Häuser aufgeführt. Er konnte sich aber nach dem Kriege gegen den technisch orientierten Hannoverschen Funktionalismus nicht durchsetzen. Die Nachfolger des architektonischen Jugendstilklassizismus nach dem Kriege waren Leberecht Migge und Harry Maasz. Für Leberecht Migge (1881-1935, Gartenarchitekt) war jede "Gartenkultur" das Ergebnis einer bestimmten Gesellschaft. Jede tatsächliche Kunst würde "im Zusammenhang mit den ethischen Erlebnissen der eigenen Zeit entstehen". Da dies im Bereich der Gartenkunst zur Zeit nicht der Fall sei, ist sie tot. Der Gartenarchitekt solle im Sinne seines Auftraggebers die Gartenräume und Grundpflanzungen schaffen, der Laie (besonders die Frauen) ihn praktisch vollenden.
Ästhetische Gesichtspunkte stehen bei Migge im Hintergrund. Ein Garten soll zunächst nach sachlichen Überlegungen geschaffen werden. Er wird dann von alleine in seine Gartenschönheit hineinwachsen. Er forderte einen "Garten für Jedermann", in dem in allen Bereichen die Sonnenenergie optimal genutzt wird. Der "kommende Garten" ist für ihn ein "Arbeitsgarten". Es gibt für ihn keinen Unterschied zwischen einem Nutz- und einem Lustgarten. "Der Eigenwert einer Gartenkunst kann ..... nicht im Bau, er muss in der Pflanze gesucht werden. In dem, was das Wesen der Pflanze ausmacht, liegt auch das Wesen der Gartenkunst als selbständige Kunst begründet. Hier allein". Die konstruktive Vegetation schafft bei ihm die Räume, die "funktionäre" dessen Inhalt. Über seine Parkanlagen setzte er sich auch mit Fragen der Hygiene und der Volksgesundheit auseinander, doch ließ er sich wegen seiner sozialreformerischen Gedanken nicht von den Nationalsozialisten vereinnahmen. Nach dem Kriege folgte man zwar seinem Funktionalismus, aber ohne dessen geistiger und sozialer Tiefe. Die Gedanken von Migge wurden von Harry Maasz (1880-1946, Lübecker Gartenarchitekt weiterentwickelt. Er propagierte den zweckorientierten, auf körperliche Tätigkeit ausgerichteten Wohngarten. In seiner ganzen Arbeit sah er sich als Künstler (Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in Magdeburg). Nützliches und Schönes müsse in einem Garten in Einklang gebracht werden. Die Kunst sei, dies zu erreichen. Die Gartenplanung selber sei, "eine ganz nüchterne Sache". Die Gartenkunst solle sie "durchgeistigen", zeitgemäße Gartenbilder erzeugen. Nur ein Gartenkünstler sei in der Lage, ein modernes "organisches Kunstwerk" zu schaffen. Gärten waren für Maasz freie Kunstwerke. Angeregt durch formale Gärten des 18. Jh. aus dem Emsland setzte er sich für einen heimatverbundenen Garten in einer bodenständigen, deutschen Kultur ein. Einen besonderen Wert legte er auf dessen Nutzung durch Kinder und durch die Hausfrau. Einerseits sollte er pflegeleicht sein, andererseits aus gesundheitlichen Gründen eine körperliche Betätigung fördern. Luft- und Sonnenbäder sollten dabei helfen. Beliebt waren bei ihm Hecken, regelmäßig bepflanzte Rabatten, bepflanzte Natursteinmauern und viele Sportgeräte. Gerne verwandte er auch Sicht - und Windschutzwände aus strukturiertem Glas. In seinen öffentlichen Anlagen versuchte Maasz soziale Prozesse gärtnerisch umzusetzen. Deshalb und wegen seiner nüchternen Gestaltungsweise wurde er zu einem Vorbild der modernen Gartengestaltung. Allerdings ist er auch ein gutes Beispiel dafür, dass ein zeitgemäßer Funktionalismus nicht geistlos sein muss. Wegen seiner nationalen Aussagen und seiner Zugehörigkeit zur SS bezog man sich nach 1945 nur noch ungern auf ihn. Bereits während der Weimarer Zeit hatten die Gartenarchitekten dem "Reichsverband bildender Künstler" angehört. In Berlin gehörten Pniower, in Nordwestdeutschland Koenig derem Vorstand an. Sie wurden demnach von den anderen künstlerischen Berufen als Künstler anerkannt. Später, während der nationalsozialistischen Zeit, waren die Gartenarchitekten Mitglieder der "Reichskammer der bildenden Künste". Seit der Weimarer Zeit hatte man Überlegungen über ein Hochschulstudium der künftigen Gartenarchitekten angestellt. Gefördert wurden diese Überlegungen durch ein neues Städtebaugesetz (1925), die Erschließung neuer Aufgabenbereiche in der Landschaft und im Straßenwesen (später durch Seifert im Autobahnbereich). Der BDGA hatte dabei eine Hochschulausbildung abgelehnt, weil sie zu Lasten der Kunst gehen würde. Die Kunst sei eine Angelegenheit von Intuition und Begabung und mit der Wissenschaft unvereinbar.
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