58. Internationale Entwicklungen in der Gartenkunst | ||||
Anders als in Deutschland wird die Gartengestaltung auch heute noch in allen anderen bedeutenden Staaten zu den Künsten gezählt und gibt es in verschiedenen Ländern an den Kunstakademien eigene Lehrstühle für sie. In Deutschland war die Entwicklung nach dem Kriege zunächst nur rückwärtsgerichtet oder mit Hilfe der Wissenschaften kompensierend. Dies führte zwar zu einem hohen Niveau des Ingenieurbereichs aber auch zu einer weitgehenden Vernachlässigung des Ästhetischen.
Die Entwicklung in den USA wurde zunächst als nicht übertragbar auf die deutschen Verhältnisse hingestellt, obwohl ihr wichtigster geistiger Vater Walter Gropius war. Über seine Schüler (Kiley, Rose, Church und Eckbo) erschloss er der amerikanischen Kunst in der Gartengestaltung neue Welten. Ab 1938 war er Leiter der Architekturfakultät an der Havard Universität gewesen. Er und seine Schüler stellten die Verbindung der Gartengestaltung zur modernen Kunst her. Wesentlich wurden bei ihnen die Raumbeziehungen innerhalb ihrer Planungsobjekte. Gropius verlangt
Weitere Einflüsse kamen von Frank Lloyd Wright, seiner Einbindung von Architektur in die Landschaft und von Christopher Tunnard (Engländer, ab 1939 Lehrer in Havard, später in Yale). Er schuf die Verbindung zur europäischen Gartenkunst der 30iger Jahre. Er verlangte von einem Garten, dass er
In den 40iger und 50iger Jahren war Kalifornien zu einer beliebten Wohnlandschaft geworden. Es wurde zur Heimat des modernen amerikanischen Gartens. Man spricht von einer "Kalifornischen Schule" mit Garrett Eckbo (1910- 19 ) und Thomas Church (1902-1978) als deren Hauptvertreter. Eckbo veröffentlichte 1950 sein Buch "Landscape for Living" und wurde damit für viele Landschaftsgestalter der nächsten Generation beispielhaft. Er verband das Funktionale mit der modernen Kunst. Für ihn stand die Gartengestaltung der Bildhauerei näher als der Architektur. Seine Forderungen waren
Während in der ersten Jahrhunderthälfte in den USA besonders Einflüsse des englischen Landschaftsgartens und eine Pflanzenverwendung im Sinne von Robinson und Jekyll in Verbindung mit japanischen Einflüssen zum Tragen kamen, waren es in der zweiten Hälfte die des Bauhauses und der modernen Kunst:
Auf eine breite Ablehnung, aber auch ein breites Interesse stoßen die Arbeiten seiner Schülerin und jetzigen Frau Martha Schwartz. Zugunsten der Kunst bricht sie radikal mit traditionellen Gartenvorstellungen. Konservativer Landschaftsarchitekten sind oft schockiert. Ihre Kritiker sprechen sogar von einem Plastik-Design. Sie dagegen kritisiert die verschleierte Naturromantik der Städter und deren tatsächliche Geringschätzung der Natur. Ihre künstlerischen Wurzeln hat sie in der Pop Art der 60iger Jahre und setzt bewusst Plastik und extreme grelle Farben dort ein, wo keine echte Landschaft möglich ist, Kunden nicht bereit sind, für sie Verantwortung zu übernehmen und gelegentlich auch, um provozieren zu können. Ihre Gärten sind wie Pop Art-Bilder zu sehen, manchmal als zeitlich begrenzte, radikale Experimente. Die Kalifornische Schule hat eine weltweite Ausstrahlung gehabt. Ihren größten Einfluss in den letzten Jahrzehnten erreichte sie vielleicht in den Plätzen und Gartenanlagen von Barcelona (z.B. bei Bet Figueras). Weitere bedeutsame amerikanische Gartenkünstler waren, bzw. sind:
Eine große Ausstrahlungskraft nach dem Kriege auf die deutsche Gartengestaltung hatte auch der Italiener Pietro Porcinai (1910-1986) mit seinen toskanisch geprägten Gärten. Er liebte klare geometrische Formen (Quadrate, Rechtecke), die er asymmetrisch einsetzte. Seine Anlagen zeichneten sich durch ihre hervorragenden Proportionsverhältnisse aus. Sein moderner Nachfolger ist der Spanier Fernando Caruncho. Die Ästhetik seines Minimalismus ist kaum zu überbieten. Er arbeitet nur mit wenigen Gartenelementen und dem Kontrastreichtum des mediteranen Lichts. Von ihm wird gesagt, dass sich in seinen Gärten im Wenigen das Universum widerspiegelt. Ein Zentrum der aktuellen europäischen Landschaftsarchitektur ist Barcelona. Bet Figueras hat u.a. in Berkeley studiert. Enric Batlle und Joan Roig sind Architekten, die Gropius und Mies van der Rohe nahe stehen. Auch für sie sind Proportionen und klare Formen kennzeichnend. Bekannte Arbeiten sind der "Neue Boanische Garten" (Figueras) und der "Parc Trinitat" (Batllle i Roig). Ein zweites aktuelles Zentrum der Gartenkunst ist Paris mit seinen beiden Grünanlagen "Parc Citroen" und "Parc de la Vilette" Sie machten die Gestaltung von Grünanlagen für die Architektur wieder zu einem Thema. Für den "Parc de la Vilette " hatte Bernhard Tschumi (Leiter der Architekturfakultät der Columbia University) 1983 einen Wettbewerb gewonnen. Es handelte sich dabei um eine Rekultivierungsfläche von 70 ha in einem Vorort von Paris. Hier wurde eine architektonische Form gefunden, in der nicht mehr auf die traditionellen Kompositionsregeln zurückgegriffen wurde. Durch seine architektonischen Brüche stellt sich die Anlage nicht als eine Einheit, sondern als ein fantastisch geordnetes Chaos dar und steht damit der dekonstruktivistischen Architekturtheorie nahe. In Frage gestellt werden
Ein bekannter französischer Gartenkünstler ist Bernard Lassus. Er hat bei Fernand Léger Malerei studiert und sagt:
"Kunst und Landschaftsarchitektur sind für mich das gleiche. Es gibt keinen Unterschied. Das große Problem
vieler Landschaftsarchitekten ist ihre fehlende ästhetische Ausbildung".
Eine enge Beziehung zur deutschen Landschaftsarchitektur hat es immer bei den Niederländern gegeben. Während früher diese Einflüsse überwiegend von Deutschland ausgingen, war es in der zweiten Hälfte des 20. Jhrdts. umgekehrt gewesen. Zuerst waren es die Gedanken von Migge, Lange und Foerster, die in Holland Anregungen geliefert haben und dann die von Mien Ruys, der Naturgartenbewegung (Le Roy) und dem Maler Ton ter Linden, die in Deutschland stark beachtet wurden. Der z.Z. absolute Landschaftsarchitekturstar in Holland ist Adriaan Geuze. Mit minimalistischen Mitteln und historischen Anleihen schafft er viel beachtete postmoderne Gärten. Viel diskutiert wurden seine Anlagen in Problemzonen (Osterschelde-Wehr, 1991 und Flughafen Schiphol, Amsterdam, 1994/96). Sie galten als beispielhafte Symbiosen von Kunst, Ökologie und Landschaftsarchitektur. Geuze lehnt romantisch verklärte Naturbilder ab. Seine Anlagen sollen ästhetisch und funktional sein. Der moderne Mensch bekommt über sie ein Angebot zur Selbstdarstellung. Er will nicht heilen, sondern gestalten. Er sieht sich als Landschaftskünstler, nicht als Landschaftsingenieur. Wichtig für ihn sind die Ästhetik einer Massenkultur im Non-Design. Anders als der bisherige Bericht vermuten lässt, gilt für die Mehrzahl der deutschen Gartenliebhaber England als das Mekka der Gartenkunst. Für einen passionierten Gärtner gibt es kaum etwas Schöneres. Und im gewissen Sinne trifft dieses Klischee auch zu. Besonders die Frauenbewegung hat viel zu diesem Bild englischer Gärten beigetragen. In keiner anderen Kunstdisziplin waren in England im letzten Jahrhundert so viele Frauen erfolgreich, wie gerade in der Gartenkunst. Selbst die feinste Lady war sich nicht zu fein, sich selbst aktiv um ihren Garten zu kümmern. Diese hohe soziale Akzeptanz, verbunden mit der starken Einbindung in die englischen Traditionen ergaben allerdings auch einen Nachteil. Sie verhinderten eine mögliche Öffnung zur Moderne. Die beiden führenden Gartengestalter Geoffrey Jellecoe und Russel Page blieben dem Nostalgischem verhaftet. Die Rückgriffe auf bewährte Gestaltungselemente machte sie beliebt. Dies gilt aus heutiger Sicht auch für Hidcote und für Sissinghurst. Nur "Little Sparta", der Dichtergarten des Schriftstellers und Bildhauers Ian Hamilton Finlay macht auf diesem Hintergrund eine Ausnahme. Zwar nutzt auch er alte Traditionen, um mit ihrer Hilfe gegen den allgemeinen Werteverfall Widerstand zu leisten, doch schafft er mit Hilfe von Textzitaten Spannungsfelder zwischen Kultur und Natur, Möglichkeiten kritischer Reflexionen. Dabei spricht er mit Hilfe belasteter Symbole auch soziale Problembereiche an (z.B. mit Symbolen der französischen Revolution, von Kriegen, der NS-Zeit). Seine Arbeit geht vom gegebenen Standort aus, bevor in ihn gärtnerisch eingegriffen wird. Er schafft mit Hilfe von Texten und Symbolen literarische, lyrische Gärten. In Deutschland hat er u.a. gemeinsam mit Hans Luz den Garten des Max-Planck- Instituts für Festkörperkultur (1975) in Stuttgart und neun Arbeiten für den Schlosspark von Grevenbroich (1995) geschaffen. |