59. Ausblicke | ||||
Die Mehrzahl unserer heutigen Gärten soll dekorativ, repräsentativ und pflegeleicht sein. Die Menschen sprechen zwar ständig von der Natur, sie ist ihnen in der Regel aber völlig fremd. Eine Folge davon ist, dass sie ihr gegenüber auch keine geistige Haltung besitzen oder diese nur oberflächlich mit Schlagworten besetzt ist. Eine Folge davon wiederum ist, dass ihre Gärten zwar modische Zeitausdrücke sein können, aber fast nie Gartenkunst repräsentieren. Ohne eine innere Haltung einem Objekt gegenüber, kann man dieses nicht im Sinne einer inhaltlichen und ästhetischen Steigerung bearbeiten. Unsere Gärten sind stark auf eine Außenwirkung ausgerichtet, besitzen einen Sitzplatz mit einem dekorativen Blickfang, einen Naturteich mit Kois, je nach Bekanntenkreis englische Staudenbeete oder solche mit impressionistischen Bildern und sind mit Rosenkugeln zur Farbsteigerung aufgewertet.
Der Wertewandel infolge der Industrialisierung hat unsere Gärten kaum erreicht. Es stellt sich deshalb die Frage, wie unser Naturumfeld für einen psychisch gesunden Menschen überhaupt aussehen muss. Die geringe Akzeptanz moderner Kunst kann in diesem Widerspruch vielleicht ihre Ursachen haben. Ein kulturbedingtes Arbeiten gegen die biologischen Bedürfnisse des Menschen wird zum Misserfolg verurteilt sein müssen. Bedingt durch die Beendigung des kalten Krieges und die neuen Medien erleben wir seit etwa 1990 eine Internationalisierung der Gartenkunst einerseits und eine zunehmende Richtungslosigkeit und den Mangel an Gehalt bei den anderen Künsten. Die Documenta wird nicht mehr wegen ihrer ausgestellten Objekte besucht sondern als gesellschaftliches Ereignis. Auf diesem Hintergrund könnte die Gartenkunst wieder zu einer der bedeutendsten Künste werden, da sie zielgerichteter als die übrigen Künste arbeiten muss und auch ein Ausdruck des Reflektierens unserer Existenz in unserer Kultur sein kann. Der Garten wird zu einem konkreten Raum in dem Natur und Kultur menschliche Grundbefindlichkeiten und soziale Vorgaben vereinen können. Er ist einerseits eine Vereinfachung von Natur (und damit eine kulturelle Leistung) und andererseits deren Veränderung (und damit. auch wiederum eine kulturelle Leistung). Grundsätzlich bleibt sie einem inneren Bild vom Paradies verpflichtet. Dabei ermöglicht sie konkrete, authentische Erfahrungen. Es wird für die Zukunft bedeutsam sein, dass ihre tatsächliche, vollständige Erfahrung hier nicht virtuell ist. (Was nicht bedeutet, dass die neuen Medien ihre Bedeutung im Bewusstsein der Öffentlichkeit nicht erheblich steigern können). In der Architektur werden z.Z. die bedeutendsten Arbeiten von den Dekonstruktivisten geschaffen, der Folgebewegung zum Konstruktivismus (keine Gegenbewegung). Letzterer war das Ergebnis der Technikbegeisterung zu Beginn des 20. Jhrdts und der idealistischen Bereitschaft, damalige soziale Probleme mit Hilfe der Architektur zu lösen. Das Bauhaus vertrat ihn mit seiner Forderung nach Einheit von Form und Funktion. Damit wurde der Rationalismus des "internationalen Styles" zur bedeutendsten Kunstform im Baubereich. Der Dekonstruktivismus hat auch dessen geometrische Gestaltungsformen,
Grundsätzlich wird es wahrscheinlich auch in der Zukunft in der Gartenkunst zwei Strömungen geben:
Nach der Klärung der Bedeutung eines Ortes und den verbindlichen Vorgaben (u.a. Funktionserwartungen) wird die nächste Aufgabe das zu schaffende Raumgefüge sein. In ihm wird weitgehend der Dialog von Natur und Kultur stattfinden, werden die ästhetischen Gesichtspunkte zum Tragen gebracht und neue Materialien zum Spiegel ihrer Zeit. Noch nie besaßen die Gartengestalter so viele technische Möglichkeiten, wie es heute der Fall ist. Skulpturen werden eine besondere Bedeutung erlangen. Manchmal direkt von der Natur inspiriert, manchmal reduziert auf einzelne Pflanzen als skulpturales Element, manchmal minimalistisch herausgestellt in Verbindung mit dem Boden oder der Sinnlichkeit des Wassers. Alte archetypische Symbole dürften dabei erneut eine Bedeutung bekommen (z.B. Ruinen, Labyrinthe, Spiralen, Schlangenlinien). Durch die erneute künstlerische Beachtung des Gartens dürfte auch der historische japanische Garten wieder eine stärkere Beachtung erhalten. Immer wird ein Garten aber eine geschaffene Utopie auf die Bedürfnisse von Menschen sein. Getragen wird er von tief in ihm schlummernden Sehnsüchten, die über eine Idee zum Ausdruck gebracht werden. Burle Marx sagte einmal:
"Ein guter Garten muss ein Kunstwerk sein. Es ist sehr wichtig, dass man die Grundprinzipien von
Kontrast, Textur, Dimension und Proportion versteht. Am wichtigsten jedoch ist die Idee".
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