7. Die Vorläufer der römischen Gärten | ||||
In die römische Gartenkunst flossen die Einflüsse aus drei Kulturbereichen ein, die alle ein Teil des römischen Weltreiches geworden waren:
7.1. Zu den vorderasiatischen Garteneinflüssen:
(Orient = der östliche Teil der antiken Welt)
Der Ruhm der alten orientalischen Gärten bestimmt noch heute unser Denken. Die Vertreibung aus dem Garten Eden, dem Paradies steht am Anfang unseres in der Bibel beschriebenen Menschseins. Dieser Urtraum beschreibt den Gegensatz zu einem von der Sonne verbrannten Land und der dort bestehenden Lebenshärte. Auf diesem Hintergrund wurde das Paradies zum Wunschbild all unserer Träume und Sehnsüchte. Archäologisch lassen sich heute mesopotamische Gärten kaum noch nachweisen. Und die wenigen Flachreliefs, die solche andeuten könnten, erlauben verschiedenste Interpretationen. Aus den wenigen schriftlichen Quellen lässt sich ableiten:
Der einzige archäologische gesicherte Garten Mesopotamiens aus dem 1. Jahrtausend v.Chr. umgibt das "Festhaus" des Gottes Assur in Assur. Man vermutet dort eine Gesamtanlage von 2000 Bäumen, bei denen für jeden einzelnen die Lebensvoraussetzungen im harten Boden erst geschaffen werden mussten. Von vielen assyrischen Königen wissen wir, dass sie Gärten liebten. So ließ Sanherib für deren Bewässerung bei Ninive einen 70 km langen Kanal bauen und bei Assur einen botanischen Garten anlegen. Zu der Mythenwelt orientalischer Gärten gehören auch die hängenden Gärten von Babylon (der Semiramis). Sie sollen von Nebukadnezar II. (um 500 v.Chr.) für seine Gemahlin errichtet worden sein, die sich nach den Wäldern ihrer heimatlichen Berge gesehnt haben soll. Die Berichte über sie wurden ein halbes Jahrtausend später von verschiedenen Autoren geschrieben. Archäologen, die bereits vor dem 1. Weltkrieg gezielt nach ihnen suchten, konnten keine Gebäude finden, auf die die relativ genauen historischen Maßangaben zutrafen. Bis heute besitzt dieser Garten nur den Charakter eines Mythos. Über einem Terrassengebäude von 25 m Höhe und 120 m Seitenlänge soll sich ein prächtiger Garten erhoben haben, mit Palmen bewachsen zum Schutz der niederen Obstgehölze und mit Zypressen, Kiefern, Kletterpflanzen und Blumen. Seit dem 7. Jh.v.Chr. beherrschten die Perser das Gebiet des westlichen Irans. Ihre Gärten sind es, die uns heute an geborgene Innenhöfe, plätschernde Brunnen und duftende Blumen denken lassen. Der "persische Garten" war ein Garten der Sinne, für die spätere persische Dichtung ein Symbol der Liebe und der Freuden und seit dem 19. Jh. wird er unterschwellig gleichgesetzt mit dem Paradies. Wahrscheinlich schufen die Achämeniden (persische Dynastie, die der Lehre des Zarathustras anhing) die ersten dieser Gärten. In Pasargadae konnte der älteste von ihnen ausgegraben werden. Er besaß bereits die Form des klassischen vierteiligen Gartens, des Chahar bagh. Am Eingang stand ein Pavillon, dessen Vorbild vielleicht die Tore früherer Tempelgärten waren. Der Garten besaß ein Wasserbecken und Kanäle. Die Hauptstadt der Achämeniden war Persepolis. Es wird vermutet, dass ihre Paläste in Gärten gelegen haben. Sie wurden nach den Siegen Alexander d.Gr. über Dareios von den makedonischen Herrschern übernommen, die griechische Pflanzenarten in sie einfügten. Später schufen die Sassaniden (ca. 200-600 n.Chr.) in diesem Gebiet große Jagdparks (persisch pardis, griechisch paradeisos, christlich-islamisch Paradies) . Sie waren von hohen Lehmmauern umgeben und besaßen eine Quelle. Es wird vermutet, dass es bereits zu Zeiten der Achämeniden solche Anlagen gegeben hat und sie bereits damals zur Demonstration ihrer Macht gedient haben. Später übernahmen die islamischen Herrscher die persischen Gärten, achämenidischen Parks und sassanidischen Jagdreviere und bauten sie in die Symbolwelt ihrer Religion ein. Die Hauptmerkmale der altorientalischen Gärten sind:
7.2. Zu den ägyptischen Garteneinflüssen:
Von den ersten Gartenkunstwerken wissen wir aus Ägypten. Seine Kultur entwickelte sich im Nildelta. Durch die jährlichen Überschwemmungen wurde das Land mit Nährstoffen aus dem Nilschlamm versorgt. Künstlich zu wässernde Bäume konnte es deshalb nur an erhöhten Talrändern geben. Wälder kannte man nicht. Das alte Ägypten war eine reine Agrargesellschaft. Für die Fruchtbarkeit des Bodens und die Gesetzmäßigkeiten in der Natur waren die Götter zuständig. Gärten spielten deshalb im religiösen Leben und dem damit in Verbindung stehenden Totenkult eine wichtige Rolle. Sie besaßen immer auch einen religiösen Aspekt, und man muss sie als eine andere Form von Tempel ansehen. Das Wasser und die Bäume in ihnen galten als Symbole des Lebens. In den Bäumen lebten die Götter. Bestimmte Baumarten standen sogar in einer besonderen Beziehung zu einzelnen von ihnen (z.B. die Weinrebe zu Osiris). Im Alten und Mittleren Reich kennt man aus Grabdarstellungen nur Nutzgärten. Sie bestanden aus drei Teilen:
Die Elemente des Lustgartens waren:
Die Tempel galten als Wohnstätten der Götter. Jeder der 42 ägyptischen Gaue besaß einen solchen. Sie waren von Gärten umgeben, aus denen man die täglichen Opfergaben, die kultischen Gebrauchsgegenstände und die Nahrungsmittel für die Priesterschaft und ihre Bediensteten gewann. Zum Tempel führte ein Prozessionsweg (Dromos), der gegenüber der Außenwelt durch Mauern abgegrenzt und beidseitig durch Shingen geschützt war. Bepflanzt war er mit den dem jeweiligen Gott zugesprochenen Bäumen und geschmückt mit Blumen. An den beiden Eingangsseiten stand ein Baumpaar, dessen Art auch die Pforten zum Jenseits schützte. Dem Glauben nach stand am Anfang und am Ende des Himmelszeltes eine Sykomore. Den eigentlichen Tempelgarten bildete ein heiliger Hain innerhalb der Umfassungsmauer. Er hatte die Aufgabe, für den verehrten Gott einen angenehmen Aufenthaltsort zu bieten. In seiner Mitte lag der heilige See. Er war mit Papyrus und blauen Lotos bepflanzt und von Bäumen und Blumen umgeben. Gärten an Gräbern hatten die Aufgabe, den Toten nach ihrer Wiedergeburt eine angenehme Umwelt zu sichern. Ihrem Schutz dienten Bäume, weil sich in ihnen die Götter befanden. Da sich nur der Pharao einen tatsächlichen Garten am Grab leisten konnte, schuf man ihn sich in den Gräbern in Form von Grabzeichnungen. Manche von ihnen wurden vollständig als Garten ausgemalt. Man kann die Gärten der alten Ägypter nur verstehen, wenn man von der engen Verflechtung ihres Lebens mit der Religion ausgeht, ihrem unmittelbaren Ausgesetzsein gegenüber den Kräften der Natur. Zunächst war ein Nutzgarten für sie ihre Existenzbasis. Gleichzeitig bot er ihnen im Gegensatz zur feindlichen Wüste Annehmlichkeiten und Geborgenheit, Wasser und Schatten. Durch das Leben, das sich in ihm entfalten konnte, war er zugleich auch der Wohnort der Götter, die über dem Leben dieser Menschen standen. Alles Bedeutende in ihrem Dasein verbanden sie mit ihm. Dabei spielten Blumen als Ausdruck der Lebensfreude eine besondere Rolle. Ramses III. soll in seinem Leben 19.130032 Blumensträuße verschenkt haben. Die unwirkliche natürliche Situation führte in Ägypten schon sehr früh zu einer hoch stehenden Gartenkultur. Man suchte in den Gärten Schatten, den Duft der Blumen und Wasser. Ein Garten vereinte in sich Nutzbarkeit, Symmetrie und Eleganz. Die Hauptmerkmale des ägyptischen Gartens waren:
7.3. Zu den griechischen Garteneinflüssen:
Ihrer langen Entwicklungszeit wegen kann man die griechischen Kultur in fünf Zeitabschnitte einteilen:
In den Nutzgärten wurde Obst und Gemüse angebaut, Blumen nur zu kultischen Zwecken, allerdings in großem Umfang. Besonders beliebt waren Rosen, Lilien, Veilchen und Blumen, die in Kränzen und Girlanden verwendet werden konnten. Dabei wurden verschiedene Blumen besonderen Göttern zugesprochen (z.B. Myrte der Aphrodite). Weiter gehörte zu jeder landwirtschaftlichen Besitzung (ca. 3,6- 5,3 ha groß) ein Weingarten. Bedeutung erlangten die griechischen Gärten nur über den kultischen Bereich. Sie wurden bereits von Homer als heilige Stätten in zweierlei Form für die archaische Zeit genannt:
Für die kultischen Handlungen wurden die Ausübenden gekränzt. Zu den stattfindenden Bräuchen gehörten auch Wettkämpfe. Für letztere wurden Übungsanlagen geschaffen, die Gymnasien. Die Gärten dieser Gymnasien bildeten den Ausgangspunkt der römischen und später der europäischen Gartenkunst. Aus der Kultstätte für den Heros Hekademos ist z.B. später die Akademie hervorgegangen, der bedeutendsten unter den griechischen Gymnasien. Athen besaß vier solcher Schulen. Entstanden waren diese Ausbildungsstätten noch in einer Zeit als in Griechenland der Adel herrschte. Kraft und Tapferkeit galten als die höchsten Tugenden. Dafür galt es den Körper zu stählen. Die dort unterrichtete Kunst war die Gymnastik (im heutigen Verständnis: Sport). Die fünf gymnastischen Hauptübungen waren: Laufen, Springen, Ringen, Speerwerfen und Diskus. In der klassischen Zeit entwickelten sich dann zwei Grundformen der Polis
Die drei berühmtesten Gymnasien (gymnos = nackt) im antiken Griechenland befanden sich in den Vororten Athens. Dies waren ursprünglich sakrale Bauten umgeben von Sportstätten in einem natürlichen Waldbestand gewesen. Seit dem 5. Jh. wurden die Anlagen durch zusätzliche Baumpflanzungen ergänzt (die Akademie z.B. durch Platanen, Ulmen, Pappeln und Oliven). Wege erschlossen die Flächen. Diese Anlagen hatten mit unseren heutigen Grünflächen nichts gemein, da sie nicht der Erholung der Bevölkerung dienten. Bei einem Vergleich mit unserer heutigen Vorstellungswelt müsste man sie eher als Kasernen mit einem religiösen Hintergrund ansehen. Seit dem 4. Jh. gründeten mehrere Lehrer (Philosophen) ihre Schulen, oft neben den Gymnasien. Zu ihrer Ausstattung gehörten neben den Schulgebäuden durch Wege erschlossene Gärten und Statuen. Platon vererbte später seine Schule dem daneben liegendem Gymnasium, von dem sie dann ihren Namen Akademie erhielt. (In Florenz wurde während der Renaissance am Hof der Medici dieser Name wieder aufgenommen). Mit dem Hellenismus verlor die überschaubare Polis ihre Bedeutung. An ihre Stelle trat ein großräumiger Staat mit einer zentralen Ordnung. In ihm wurden die geistigen Errungenschaften der klassischen Zeit in den riesigen Herrschaftsbereich hinausgetragen (Aristoteles war der Lehrer Alexander d.Gr.). Die griechische Nationalkultur wurde zur bestimmenden Bildungsgrundlage aller Eliten der damaligen Welt. Der griechische Geist bestimmte die geistige Haltung der Menschen und deren Teilhabe an der Kultur. Wer nicht so dachte, war ein Barbar. Die Armee bestand jetzt weitgehend aus Berufssoldaten. Der Einfluss des Einzelnen am politischen Geschehen wurde geringer. Er zog sich verstärkt in seine private Welt zurück. Zum kosmopolitischen Denken und der zunehmenden beruflichen Spezialisierung entwickelte sich zunehmend der Individualismus. Der Einzelne und der Staat rückten auseinander. Da er für das Ganze immer weniger an Verantwortung zu übernehmen brauchte, gewann er Zeit für seine private Welt. Das Philosophieren wurde zum Ideal. Die Gedanken um den Bereich der Humanität entstanden. Nach 250 v.Chr. übernahmen die Römer die hellenistische Kultur. Sie lernten sie zunächst durch ihre Eroberungen in Süditalien und Sizilien kennen. Später intensiver durch ihre Haussklaven, die als Lehrer tätig waren, durch Händler und direkt an griechischen Schulen. Durch die Übernahme der griechischen Götterwelt verschmolzen sich sogar ihre Religionen. Durch die Vereinigung der griechischen und der römischen Kultur wurden die Grundlagen für die europäische gelegt. Cicero (um 50 v.Chr.) formulierte an ihren Anfängen als erster deren humanistisches Bildungsideal. Die Verbesserung des sittlichen Niveaus der Menschheit sollte durch eine Förderung der Tugenden des Einzelnen und die zweckmäßige Gestaltung des Gemeinschaftslebens erreicht werden. Um 300 v.Chr. wurde es Mode, dass die Reichen ihren Wohlstand durch eine Palästra zur Schau stellten. Aus der ehemaligen Ringerschule mit offenem Innenhof war ein hellenistischer Peristylhof geworden, aus dem sich später das Atrium und der klösterliche Kreuzgang entwickelten und aus dem Repräsentationsgebäude der Palast, der bis ins 18. Jh. hinein neben der Kirche zum wichtigsten Ausdruck der jeweiligen Geisteshaltung und Kultur wurde. Während der hellenistischen Zeit verloren die früheren Innenhöfe ihre Schlichtheit. Die Fußböden erhielten teilweise einen Mosaikbelag, wurden teilweise von Säulen umgeben und manchmal auch mit Statuen. Aber auch sie kannten keine privaten Lustgärten. Orientalische Einflüsse führten dann zur
Einen sakralen Hintergrund besaßen auch die Adonisfeiern, bei denen Frauen auf den Hausdächern Samen in Töpfen zum Austrieb brachten, der danach bald verwelkte (sogenannte Adonisgärten). Sie sollten den frühen Tod und die Wiedererweckung des Adonis symbolisieren (als sinnbildliche Wiederholung der sterbenden Frühlingsvegetation in der heißen Sommersonne). Griechische Einflüsse in römischen Gärten:
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