10. Die biologischen Vorgaben der Kunst | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Während man heute im Kunstbetrieb alles zur Kunst erklären kann, wenn man ihm einen entsprechenden Rahmen schafft, gibt es zunehmend den Versuch, diesen Zustand zu beenden. Man hofft dadurch, ihr neben ihrer heutigen Event-Bedeutung auch wieder einen inhaltlichen Orientierungswert zurückgeben zu können. Die Ansatzpunkte dafür sind einmal die kunstbezogenen biologischen Vorgaben des Menschen und zum anderen die Kompensation seiner phylogenetischen Schäden durch unsere Zivilisation. Sie sagen relativ klar, was zum Kunstbereich gezählt werden kann und was hier in unserem Verständnis nicht hergehört. Für die kunstbezogenen biologischen Vorgaben gibt es zurzeit drei Forschungsansätze:
1. Die phylogenetischen Schönheitsorientierungen im Menschen Ob wir es wollen oder nicht, scheint der Bezug zur Ästhetik im Menschen tief angelegt zu sein. Über die Schönheit versuchen wir die Aufmerksamkeit eines Gegenübers, bzw. unserer Umwelt zu erringen. Sie ist immer auf eine Wahrnehmung hin angelegt. Bereits Darwin hatte in ihr den Ausdruck einer evolutionsbiologischen, sexuellen Strategie gesehen. Überall in der Natur können wir sie in diesem Zusammenhang beobachten. Über die Schönheit der Farben (als Zeichen von Gesundheit), der Eleganz beim Imponiergehabe und dem Zurschaustellen der Kraft wird versucht, einen möglichen Partner zu beeindrucken und damit die Voraussetzungen für eine Nachkommenschaft zu steigern. Seit Urzeiten ist deshalb die Schönheit der zentrale sexuelle Orientierungsinhalt zwischen den Lebewesen und damit auch den Menschen. Als biologisches Selektionsmerkmal steht sie an erster Stelle. Auch die Kraft ist in diesem Zusammenhang nur einer ihrer Ausdrücke. Schon Kant sagte, dass bei unserer Freude am Schönen, alle unsere "Vermögen" zuammenwirken, unsere sinnlichen Wahrnehmungen, Gefühle, rationalen Folgerungen und die darauf folgenden Handlungskonsequenzen. Darwin entdeckte dann, dass bei fast allen sexuellen Lebewesen die Partnerwahl von ästhetischen Kriterien bestimmt wurde. Ihre Merkmale entsprachen jeweils dem Geschmack des anderen Geschlechts und beruhten auf der Verstärkung der sekundären Geschlechtsmerkmale. Ihre Funktion war die Reizverstärkung. Diese archaischen Vorgaben werden heute durch die Kosmetik, die Kleidung und zunehmend die Schönheitsoperation verstärkt, d.h. zielgerichtete Manipulationsformen, um die eigene Attraktivität zu steigern. Für Freud war dann später der Begriff des Schönen mit dem sexuell Reizenden verbunden und die Freude am Schönen "sublimierte" Lust (die Umsetzung eines unbefriedigten Geschlechtstriebes in eine kulturelle Leistung). D.h., für Freud war die Kunst ein Ausdruck der Verdrängung des Sexuellen, seine Kompensation. Stendhal sah dagegen in der Schönheit einfach das, was die meisten Menschen in ihr sehen, ein Versprechen, das wir mit dem Positiven verbinden, - Stendhal mit dem Glück. Nach Darwin entstand die menschliche Kunst durch eine Verlagerung des Körperschönen auf die Objektwelt und die seines Balzverhaltens auf symbolische Handlungen (Gesang, Tanz u.ä.). Je nach Kultur und Gruppenzugehörigkeit kann dabei das Schönheitsideal völlig verschieden sein. Universell vorgegeben ist nur die Wahrnehmung der Schönheit als solcher, für deren persönliche Erlangung dann oft kein Aufwand an Zeit, Geld oder auch Schmerzen zu groß sein kann. Mit der Wahrnehmung des Schönen ist immer zugleich auch eine Wertung verbunden. Ästhetische Urteile werden innerhalb von Bruchteilen von Sekunden gefällt. Bereits drei Monate alte Säuglinge scheinen sich als Versuchspersonen mehr für ein attraktiveres Gesicht zu interessieren als für ein unattraktives. Alexander von Humboldt hatte während seiner Südamerikareise erkannt, dass verschiedene Ornamentierungen unterschiedlich vorhandene Merkmale verstärken sollten. Mit ihrer Hilfe wurde geworben und gekämpft. Dabei ist das jeweils "schöne" Geschlecht das Werbende und das Unscheinbare das Umworbene. Beim Menschen können beide Geschlechter ornamentiert sein. Das bedeutet, dass beide ihre Partner wählen können. Durch seine Zivilisation bleibt ihm die ästhetisch-sexuelle Evolution weitgehend erspart. An ihre Stelle trat die intellektuelle. Verblieben ist ihm nur der Sinn für Schönheit als eine Reizempfindlichkeit und dessen Sublimation in seinen Kulturleistungen -und hier besonders in der Kunst. Dabei bleibt ihre Qualität, ihre objektive Bewertung relativ unklar. Bei einem ästhetischen Urteil wird nach einem Totaleindruck aus einer riesigen Informationsflut mit Hilfe eines Positiv-Negativ-Gefühls ein nichtverbales Urteil gefällt. Damit wird es für den Betreffenden zu einer Orientierungsrealität. Da es immer rückgekoppelt ist an das Selbstwertgefühl des Betroffenen, kann es auf ihn einen starken Anpassungsdruck ausüben. Das Sonderbare an der "tatsächlichen" Schönheit beim Menschen ist, dass sie nicht nur mit "positiven" Eigenschaften verbunden ist. Sie stellt letztlich eine Orientierung an einem idealen Mittelmaß dar. Positive Verschiebungen dazu gibt es kaum. Individuelle Merkmale in ihrer Verbindung wirken in der Regel störend. Man will sie zwar haben, sie macht aber auch zugleich unnahbar. Man erwartet sie, empfindet ihre Perfektion aber als kalt. Seit der Romantik wurde die Ästhetik in der Kunst ständig durch andere Werte ergänzt (z.B. das Neue, Interessante, Groteske). Dadurch konnte sie in alle unsere Lebensbereiche eindringen. Ein Ergebnis davon war, dass sich die "schönen Künste" von dieser ihrer Basis zu trennen versuchten. So wurde die Schönheit zwar zu einem wesentlichen Kommunikationsinhalt unserer Alltagskultur, zugleich aber auch auf ein Oberflächenattribut reduziert. Während sie im Idealismus noch als Ausdruck der "absoluten Identität" eines Objektes galt, ist sie heute zu einem beliebigen modischen Orientierungskriterium in einer inhaltlich entleerten Massenkultur geworden. v Weiter kann man an der Schönheit beobachten, dass sie ständig auf Aufmerksamkeit angewiesen ist. Da sie in einer engen Beziehung zum Selbstwertgefühl des Menschen steht, besitzt sie einen großen Einfluss auf dessen Selbstachtung und sein persönliches Glücksgefühl. Andererseits engt sie den persönlichen Freiheitsrahmen eines Menschen erheblich ein. Sie kann geradezu im Widerspruch zu ihm stehen (z.B. dem gelegentlichen Widerspruch zwischen modischen Forderungen und einem gesunden Verhalten). Da zur Zeit die Religionen und die Philosophie nur noch begrenzt in der Lage sind, die metaphysischen Bedürfnisse des Menschen abzudecken, ist es die Kunst als Sublimations- produkt unserer Emotionalität, die über das Ansprechen der Sinne, das Berühren der Gefühle und über deren (ästhetische) Urteile - sowohl die positiven wie auch die negativen -, uns zu neuen, quasi-ethischen Erkenntnissen führen kann. Damit vermag sie dem Leben einen Sinn, bzw. eine Perspektive zu geben. Welche Möglichkeiten dabei der Gartenkunst zukommen können, ist zu untersuchen. 2. Ästhetische Gemeinsamkeiten im Kulturenvergleich (nach Eibl-Eibesfeld und Sütterlin) Man geht heute davon aus, dass die archaischen Schönheitsmuster in der Form ästhetischer Ornamente vererbt werden. Seit der Frühzeit der Menschen scheint ihnen ein zwingender (Gebrauchs-) Zweck zu fehlen. Mit der Kunst scheint dem Menschen eine Sprache zur Verfügung zu stehen, die losgelöst von seinem Körper in ihrem Kern in allen Kulturen bestehen kann. Man findet sie bereits bei den ersten altsteinzeitlichen Sammlern und Jägern, wenn sie ihre Umwelt mit ihren parallelen Linien (z.B. auf Knochen) in einem uns heute unbekannten Sinn zu gestalten versuchten. Schon bei den ersten Menschen spiegelte die Kunst deren Bedürfnisse, Freuden und Ängste. Über die ästhetische Wahrnehmung aktivierte sie sein Gefühlsleben und wurde darüber wiederum in seine Rituale eingebunden. Sie erlaubte die Inszenierung des eigenen Körpers, die Pflege der Gemeinschaften (mit Hilfe einer gemeinsamen Symbolsprache) und über ihre vielen sinnlichen Möglichkeiten auch die Veranschaulichung der jeweiligen Vorstellungen des Göttlichen. Schon früh nutzte man die Kunst als Statussymbol und zur Annäherung an die metaphysische Welt (dabei war sie aufgrund ihres starken sinnlichen Bezuges den Religionen bei der Beantwortung der Fragen nach dem Sinn des Seins überlegen). Die Kunst konnte diesen Inhalt überrational mit Hilfe der Sinne erlebbar machen. Seit den ersten Menschen stellt sie deren Verständnis der Welt dar, deren Interpretation der Wirklichkeit. Weniger kulturabhängig als die Schrift, erlaubt die Kunst oft eine schnelle unmittelbare Verständigung, bzw. Abgrenzung. Sie wendet sich an den Menschen über dessen Sinne. Mit Hilfe ihrer ästhetischen Fähigkeiten verstärkt sie seine emotionalen Reize. Sie werden von ihm bewertet und dann über seine Reaktionen beantwortet. Über den sozialen Selektionsprozess werden sie zu einem Teil seiner Kultur. Die ersten Menschen versuchten mit Hilfe von Zeichen und Symbolen mit den elementaren Kräften der Natur, bzw. imaginären Erscheinungen, die sie nicht erklären konnten, in eine Verbindung einzutreten, versuchsweise zu kommunizieren. Dies erfolgte, indem man die Gegenseite mit Hilfe eines Schmuckes positiv einzustellen versuchte. Der Ästhetik kam dabei eine besondere Bedeutung zu. Die erste Kunst war einfach ein Bedeutungsträger für Inhalte, die man anders nicht veranschaulichen konnte. Wir kennen heute ihren früheren Sinn nicht mehr. Sie diente zunächst nur der Verständigung (z.B. der Markierung eines Besitzes) und wurde dann schnell zur Bedeutungsträgerin materiell nicht fassbarer Inhalte (z.B. der übersinnlichen Kräfte). Symbolisch erlaubte sie, mit diesen in ein Gespräch zu gelangen. Schon bei den Tieren lässt sich ein ästhetischer Sinn beobachten. So ließen sich z.B. in gemeinsamen Ausstellungen die Arbeiten von Schimpansen und "modernen Künstlern" nicht unterscheiden. Sehr tief im Menschen verankerte Ansätze scheinen zu sein:
Auch bei der Entwicklung des einzelnen Menschen können wir eine bestimmte ästhetische Phasenentwicklung beobachten:
Es besteht der Eindruck, dass der Mensch von den für ihn phylogenetisch wichtigen Lebenserscheinungen eine Art Urbild in sich besitzt. So ähneln sich die ersten Menschendarstellungen von Kindern, denen der Angehörigen der verschiedenen Naturvölker (unabhängig von ihrer jeweiligen Kultur) und denen der Menschen der Frühzeit. So reihen sie um eine figurale Längsachse (ähnlich Strichmännchen) schematisch die für sie jeweils wichtigen Körpermerkmale. Vereinfachend kann man sagen: Die ersten künstlerischen Arbeiten sind gekennzeichnet Durch
Kunst:
Sie ist an ein Werk gebunden und ein Mittel der Kommunikation. Über ihre
Beziehung zum Schönen ist sie Teil der menschlichen phylogenetischen
Beziehung zur Umwelt und seiner Sinnsuche.
Ästhetik: Sie umfasst alle menschlichen Sinnesempfindungen und kann nach den
verschiedensten Kriterien bewertet werden.
Schönheit: Sie steht immer in einer Beziehung zu einem Objekt (und muss nicht an die
Kunst gebunden sein: z.B. das Naturschöne). Die Kunst kann auf dieses
hinweisen, es uns bewusst machen. Da die Schönheit selber vergänglich ist,
kann sie durch die Kunst besser erfasst werden, bzw. Dauer verliehen
bekommen. In vielen Kulturen war sie ein Ausdruck des Göttlichen. Heute
hat sich zwar ihre Verbindung zur Kunst gelockert, da aber das Bedürfnis
nach ihr im Menschen wahrnehmungsmäßig verankert ist, lässt sie sich auch
langfristig nicht aus ihm verdrängen. Sie bleibt der große Inhalt seiner
Sehnsüchte. Im menschlichen Gehirn scheint es Bereiche zu geben, die für das Schöne und das Unheimliche besonders empfänglich sind und über die Botenstoffe Dopamin und Serotin mit einem besonderen Belohnungssystem verbunden sind. Hier befindet sich auch eine Differenzierung zwischen der Kunst und der Schönheit. Während bei der Kunst der Dopaminspiegel im Blut angehoben wird, sie dadurch anregend wirkt, kommt es bei der Schönheit zu einer verstärkten Serotinausschüttung, die beruhigend wirkt. Andere Überlegungen sehen beide Stoffe eher als eine Einheit, die dann auch für die Flüchtigkeit des Glücks verantwortlich ist. Die Schönheit ist ein Wert, der einem Gegenstand je nach Kultur beigegeben wird. Bei den Naturvölkern wird sie oft gleichgesetzt mit Symmetrie und einem Gleichgewicht (z.B. der Balance zwischen hell und dunkel). Ihr Schmuck ist gekennzeichnet durch geometrische Ornamente. Da eine "schönere" Gestaltung einen höheren Aufwand erfordert, besitzt sie einen höheren Wert, und dieser höhere Wert verleiht dann seinem Besitzer einen höheren Status. Das Empfinden für Schönheit scheint im Menschen tief angelegt zu sein und als genetisches Signal ursprünglich für Gesundheit, Stärke und damit wertvollere Nachkommen zu stehen. Sie hebt bei dem einzelnen, über dessen allgemeine Schätzung, sein Selbstwertgefühl und damit seinen Lebenswillen und seine Lebensfreude. Ihr scheint ein inneres System von Ordnungsregeln zugrunde zu liegen. Das bedeutet, dass unsere Suche nach dem Schönen auf einer phylogenetischen Vorgabe beruht. Kulturell scheint das "Schöne als solches" verschieden gesehen zu werden und damit relativ zu sein. Wegen seines früheren Missbrauchs (seine häufige Bindung an bestimmte Wertsysteme: religiöse, politische) ist es in der modernen Kunst in Misskredit geraten. Von Barnett Newmann stammt die Aussage: "Das Verlangen, das Schöne zu zerstören, war die Triebkraft der modernen Kunst". Der Schönheit wurde vorgeworfen, dass sie eine nicht fassbare Dimension sei und immer subjektiv bliebe. Das Problem, das sich nach dieser Kritik ergab, bestand und besteht in dem Umstand, dass eine solche Sichtweise die Schönheit weitgehend aus dem Bereich der Kommunikation löst. Man setzte dann zwar an ihre Stelle das "Essentielle". Dies schuf aber nur eine eigene "Wahrheit", einen spezifischen perspektivischen Blick. Die Schönheit wird heute gerne nur noch als ein Oberflächenwert gesehen. Früher vertrat sie das "Vollkommene" hinter dem natürlich Gegebenen, das der Künstler mit seiner Arbeit freilegte (Aristoteles). Mit ihrer Ablehnung durch die moderne Kunst, hat sie sich aus ihrer ureigenen Funktion im Menschen gelöst. Sie verlor ihre einst integrierende Kraft und blieb nur noch als "Hülle" zurück. Man trennte den Inhalt von der Form, obwohl die Schönheit archaisch für alles Positive, alle Sehnsüchte des Menschen steht. Man verlagerte sie auf die Bewusstseinsebene des Scheins, so dass sie ihre frühere Funktion individueller Rückschlüsse auf das Sein verlor. Es lässt sich mit ihrer Hilfe nicht mehr das Unsichtbare hinter dem Sichtbaren erahnen. Große Teile der modernen Kunst wurden dadurch weitgehend unbestimmbar, austauschbar, kaum noch mitteilbar und damit eigentlich verzichtbar. 3. Die moderne Hirnforschung Schon Kant wusste, dass unsere Umweltbezüge nur zum Teil die Ergebnisse unserer persönlichen Erfahrungen sind. Und seit Haeckel wissen wir, dass jeder von uns ein apriorisches Wissen besitzt, dass sich allmählich phylogenetisch durch Anpassung und Vererbung im Menschen entwickelt hat. Bereits bei unserer Wahrnehmung sprechen wir den Objekten Eigenschaften zu, auf die zu sehen wir zuvor genetisch oder kulturell programmiert worden sind. Dazu gehört auch unser Schönheitsempfinden. Der Mensch ist in erster Linie ein emotionales Wesen. Nicht unser Denken bestimmt unser Bewusstsein, sondern dass Fühlen. Während unsere Sinne in der Sekunde etwa 11 Millionen Bits (digitale Maßeinheit) verarbeiten, kann unser Verstand in der gleichen Zeit nur 50 verwerten. Unsere existentielle Grundorientierung wird von unseren Gefühlen bestimmt. Sie bringen das Gehirn in eine Grundstimmung, - eine Grundschaltung bestimmter Neuronenkombinationen, die dann unsere Gedanken lenken. Je nach Gefühl sehen wir die Welt immer anders, - immer in einem anderen "Licht". Damit werden sie auch zum Motor unseres schöpferischen, künstlerischen Denkens. Die Schwäche des Verstandes liegt in seiner beschränkten Reaktionsfähigkeit. Unser Auge kann pro Sekunde mehr als 10 Millionen Bits empfangen, unsere Haut etwa 1 Mio., die Ohren und der Geruchssinn jeweils etwa 100.000 und der Geschmackssinn etwa 100 Bits, von denen dann allerdings nur wenige unser Bewusstsein erreichen. Eine Folge dieser Tatsache ist, dass die meisten unserer Entscheidungen im Unterbewussten (im "Bauch") gefällt werden. Sie werden blitzschnell entschieden und entziehen sich dabei letztlich unserer Kontrolle. Da unser Verstand weitgehend an die Sprache gebunden ist, kann er nur bestimmte Informationen verarbeiten. Nonverbale werden von ihm kaum berücksichtigt. Das bedeutet, dass er für die Bewertung komplexer Informationsinhalte relativ ungeeignet ist. Dies gilt damit auch für Kunstwerke. Die Gartenkunst wurde z.B. manchmal aus der Welt der Künste ausgeschlossen, weil sie unter den Künsten durch ihre Integration von lebenden Elementen und ihrem archaischen Bezug zur menschlichen Gefühlswelt die komplexeste ist und damit die Ordnungssysteme mancher Philosophen überforderte. Unser Verstand hilft uns beim Sammeln der Informationen, die Entscheidungen werden aber weitgehend aus dem Unbewussten getroffen. Es filtert die für uns wichtigen Daten heraus und steuert dann unser Verhalten wie ein Autopilot (ob wir es wollen oder nicht). Wir sind die Träger eines großen Vorwissens, gewonnen in unserer Evolution, das wir dann unbewusst instinktiv nutzen. Eine menschliche Persönlichkeit baut sich aus verschiedenen Schichten auf. Sein bewusstes Ich trifft die rationalen Entscheidungen, sein unbewusstes wird von ererbten Vorgaben und frühen Prägungen bestimmt. Mit unserem Verstand verankern wir uns in der Realität, mit unserem Gefühl in einer Welt des Kreativen. Über sie leben wir aktiv in die Lösung unserer Probleme hinein. Die Gefühle stehen am Anfang unseres Menschseins und sind der Hintergrund unserer nicht-rationalen Kommunikation. Alle diese Prägungen wurden von der Natur der menschlichen Umwelt und dem menschlichen Willen zum Fortbestehen bestimmt. Ihren kreativen Ausdruck können sie deshalb umfassend nur in einer naturbezogenen Raumkunst, d.h. letztlich der Gartenkunst finden. Als die drei existentiellen Orientierungsmotive des Menschen sieht man heute oft die Leistung, die Bindung (Intimität) und die Macht. Auf irgendeine Weise werden alle unsere Bedürfnisse und Handlungen von ihnen berührt. Unser Problem dabei ist, dass wir sie in unserer komplexen Welt nur auf eine Weise leben können, die nicht im Einklang mit unseren biologischen Vorgaben, u.a. der Programmierung unseres Umweltbezuges steht. Die Folge davon ist, dass unser Stoffwechsel dadurch aus seinem Gleichgewicht gerät und wir eher oder später psychisch oder physisch krank werden. Auch hier ist die einzige Möglichkeit, diesem Umstand entgegenzuwirken, ein möglichst umfangreiches Aussetzen unserer Person der Reizwelt der Natur. Für die Mehrzahl der Menschen gibt es dabei keine bessere Möglichkeit als den tätigen Aufenthalt in einem Garten. Es gibt keinen anderen Bereich der menschlichen Umwelt, in dem seine biologischen Bedürfnisse und kreativen (bereits phylogenetisch vorbestimmten) Möglichkeiten sich derart vereinen. Die Wahrnehmung (allgemein) Die menschliche Gefühlswelt ist weitgehend angeboren. Sie wird von den zentralnervösen Strukturen im Gehirn bestimmt. Erblich festgelegt sind:
Die Kunst wendet sich an unsere Gefühle, bzw. bringt sie zum Ausdruck. Alles spricht dafür, dass es in unserem Zentralnervensystem für die Wahrnehmung der Sinne eine gemeinsame interpretierende Instanz gibt. So können z.B. Freude und Trauer sowohl über das Auge wie auch über das Gehör vermittelt werden. Dabei ist die Kunst ein vom Körper losgelöster Kommunikationsträger. Wahrscheinlich bestand sie zunächst aus künstlichen Organen zur Verstärkung der Selbstdarstellung (z.B. Schmuck, Masken), um dann, befreit von Nebensächlichkeiten, stilisiert eine eigene Aussagekraft zu erhalten. Das im Menschen vorhandene ererbte Potential erhält durch die verschiedenen kulturellen Einflüsse eine unterschiedliche Ausgestaltung. Erst sie schafft die soziale Verständigungsbasis für eine Kommunikation. Unsere Sinne sind für sich genommen nur "selektionsgeprüfte Hypothesen", die einst allein auf die Existenzsicherung ausgerichtet gewesen waren. Ihre Wahrnehmungen erfolgen zunächst selektiv und enden in einer emotionalen Bewertung. Wir können zwar nur mit ihnen zu einer Vorstellung gelangen, rational erfassen können wir dann die Welt aber nur begrifflich. Die menschliche Wahrnehmung erfolgt nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten (Sie sortiert die empfangenen Informationen nach bestimmten Regeln). Unter anderem
Unser Gehirn bestimmt unsere Vorstellungen von der Welt und diese sind wiederum über die Art und die Möglichkeiten unserer Sinneswahrnehmung biologisch festgelegt. Diese Begrenzung ist das Ergebnis unserer Evolution, die einst diejenigen Strukturen im Gehirn förderte, die das jeweilige Überleben zu sichern halfen. Wir sind sozusagen seine Gefangenen. Unser heutiges Problem dabei ist, dass unser Gehirn sich für eine Welt entwickelt hat, die zu unserer jetzigen kaum noch einen Bezug hat und damit verstärkt Fehlentwicklungen möglich sind. Fehlentwicklungen, weil sie sich am biologischen Menschen vorbei verändern. Es besteht der Eindruck, dass auch in vielen Bereichen der modernen Kunst dies der Fall ist. Das gilt besonders für ihre heutige Intellektualisierung. Ihre oft fehlende Kommunikationsfähigkeit mag dafür ein Indiz sein. Es gibt in der Kunst Zeichen, die in allen Kulturen von den Menschen ähnlich wahrgenommen werden. Darüber hinaus gibt es kulturspezifische Codierungen, bei denen Zeichen mit bestimmten Inhalten in Verbindung gebracht werden, die nur für die Mitglieder bestimmter Gruppen lesbar sind und gelernt werden müssen. An jedes dieser Symbole ist ein kulturelles Wissen gebunden. Alle diese Wahrnehmungen können wir nur wertend verarbeiten. (Es gibt keine bedeutungsfreie Wahrnehmung, unabhängig davon, dass viele abstrakte Künstler sie zu propagieren versuchten). Wo wir keine Inhalte finden, sehen wir sie in das Wahrgenommene hinein. Ein besonderer Hinweis dafür sind Kürzel (z.B. Schemagesichter, radikale Vereinfachungen). Die moderne Kunst lebt teilweise davon. Kulturspezifische Zeichen dienen u.a. der kulturellen Abgrenzung. Man erzielt sie z.B.
Zu den archaischen Wahrnehmungsfestlegungen im Menschen gehört sein Naturbezug. Lange Zeit galt für ihn die Wildnis als das Bedrohende. Heute wird mit der Natur allgemein das Gute und Schöne in Verbindung gebracht. So lange es sie ausreichend gab, war man auf ihren Ersatz nicht angewiesen. Mit der Verstädterung begann auch die Entdeckung ihrer positiven Seiten - zunächst in China und dann, seit der Renaissance auch in Europa. Um 1600 entdeckten, entwickelten Maler in Rom die zeitlose "Ideallandschaft". Aus diesem Kreis wurde Lorrain berühmt. Ihre Vorstellungen bestimmen noch heute unsere Auseinandersetzungen mit der Natur (sowohl zustimmend wie auch ablehnend). Die Merkmale dieser Ideallandschaft waren (sie hätten einem Lehrbuch für den Landschaftsgarten entnommen sein können):
Die allgemeine Wahrnehmung des Menschen wird zunächst von den Möglichkeiten seiner Sinne bestimmt. Ihre einzelne Bedeutung hängt jeweils von den von ihnen zu lösenden Aufgaben ab. Das Auge Das Sehen gilt allgemein als unser wichtigster Sinn. Wir nehmen unsere Umwelt in der Regel optisch wahr. Etwa 60 % unserer Großhirnrinde sind mit der Verarbeitung der so gewonnenen Informationen beschäftigt. Erst über das Sehen verbinden sich Licht, Farbe und Struktur zu einer Einheit. Unsere Sehfähigkeit wird vom Licht bestimmt, d.h. einer bestimmten Energiestrahlung. Im sichtbaren Bereich setzt es sich aus überlagernden Lichtwellen von 380 (blau) bis 729 (rot) Nanometern zusammen (1 Nanometer = 1 Millionstel eines Millimeters). Durch die verschiedenen Wellenlängen nehmen wir die verschiedenen Farben wahr. In der Natur kann man dieses Phänomen gut an einem Regenbogen beobachten, wenn sich das Sonnenlicht in den schwebenden Wassertropfen bricht und das Licht nach seinen Wellenlängen gestreut wird: violettblau - cyanblau - grün - gelb - orangerot. Der Sehsinn nimmt seine Welt über das Auge wahr. Was dabei geschieht, bis wir ein "Bild" in unserem Bewusstsein erhalten, ist noch nicht ganz geklärt. Das Licht dringt durch die Hornhaut ein, wird von ihrer Linse gebündelt und trifft dann auf der Rückwand des Auges auf die Netzhaut mit ihren Rezeptorenzellen (die Stäbchen für die Helligkeitsunterschiede und die Zäpfchen für die Farben). Für das Farbsehen gibt es drei verschiedene Zäpfchenrezeptoren, die auf die einzelnen Wellenlängen unterschiedlich reagieren (den Blau-, den Grün-Gelb- und den Orange-Rot-Bereich). Der dabei erfolgende Filterprozess bestimmt unser Farbempfinden. Man geht davon aus, dass das menschliche Auge auf die vier Grundfarben Blau - Gelb - Rot - grün programmiert ist (die anderen Farben ergeben sich aus ihnen als Mischfarben). Sie sind für unser Empfinden nicht reduzierbar. Unser Auge nimmt die Wellen als Farben auf, die der Gegenstand, auf den die Lichtwellen treffen, zurückwirft und nicht schluckt, reflektiert und nicht absorbiert. Wichtig ist aber auch, dass die Konstanz der Farben von uns in einem noch unbekannten Umfang psychisch-physisch wahrgenommen wird. D.h., dass unser Sehen nicht nur eine physikalische Dimension besitzt, sondern über den Einfluss des Lichts auch unseren Stoffwechsel, unsere gesamte Befindlichkeit steuert. Die Informationen unseres Auges treffen über Zwischenstationen auf den visuellen Kortex, der in die Regionen V1 - V5 eingeteilt wird:
Unser Sehen ist ein hochkomplizierter Vorgang, über den wir nur sehr wenig wissen. Über den rein physikalischen Bereich haben wir anfängliche Vorstellungen, über die Verbindungen zum Psychischen kaum welche und über die stoffwechselbezogenen so gut wie keine. Aber besonders die beiden letzten Bereiche werden für die Einschätzung der Bedeutung eines Gartens von entscheidender Bedeutung werden. Dabei haben neben unserem sichtbaren Licht auch die anderen Lichtwellen eine große Bedeutung, da unser Körper in seinem Feinstoffwechsel auf sie angewiesen ist, bzw. sie in einer bestimmten Menge benötigt. Das Licht steuert in uns über Zwischenstationen unseren Hormonhaushalt, verschiedene Arbeiten unserer Organe und ist eine Kontrollgröße für unseren Gleichgewichtssinn. (In einem Büro haben wir höchstens 400 Lux, unter freiem Himmel selbst bei Regenwolken 10.000. Der moderne Mensch bekommt in seiner Zivilisation zu wenig natürliches Licht). Auf diesem Hintergrund bekommt der Naturraum Garten eine Bedeutung, wie sie kein anderes Kunstwerk besitzen kann. Unser Schönheitsempfinden hängt dabei vom Gleichgewicht im Ruhebild ab (= Sehbereich, der mit einem Blick erfasst wird; "Blickfeld"). Die wahrgenommenen Bilder setzen sich aus Strukturen und Farben zu Zeichensystemen zusammen, die dann unser visuelles Erleben, bzw. unsere Emotionen oder Erkenntnisse bestimmen. Bereits Lichtwark (u.a. Schöpfer des Liebermann-Gartens in Berlin) hatte in Hamburg, als er dort Direktor der Kunsthalle geworden war, ein Bildungsprogramm geschaffen, das als eine Schule des Sehens für die Formschönheiten in Natur und Kunst, den Alltag überhaupt angesehen werden kann. Zunächst ging es ihm um eine Erziehung des Farbsinnes. Darüber hinaus wollte er die Kreativität, Sensibilität und Genussfähigkeit des einzelnen gegenüber der Kunst fördern. Das Auge sollte sich an der Natur schulen und dabei seine Unabhängigkeit gewinnen. Schon in der Antike stellt die Sonnenstrahlung und damit das Licht in den Gärten ein wichtiges Gestaltungselement dar. Zum einen suchte man den Schatten als Schutz vor der sengenden Sonne, zum anderen spielte man mit diesem bei der Errichtung der Säulengänge. In unserer Klimazone sind dafür die Kontraste zu gering. Heute versucht man oft mit Hilfe der Ausleuchtung in den Gärten Stimmungen zu erzeugen, gelegentlich als ganze Lichtkonzepte. Man arbeitet dann mit verschiedenen Lichtquellen, Anstrahlungen und Spiegeleffekten. Die Farben Farben entstehen erst durch einen komplizierten Vorgang in unserem Gehirn. Darum ist nicht nur das Auge, sondern im entscheidenden Maße auch das Sehzentrum in unserem Gehirn daran beteiligt, denn erst dort werden die verschiedenen Sehreize zu einer Farbvorstellung zusammengesetzt. Sie sind Kinder des Lichts. Ohne Licht bleibt unsere Welt schwarz. Über das Wesen der Farben wird seit der Antike gestritten. Dabei beschäftigte man sich auch mit ihren Beziehungen untereinander. Für eine Hierarchie unter ihnen gibt es in der Natur keine Vorbilder, so dass alle Farbordnungen künstlich sind. Das Auge kann die Farben nur nach drei Merkmalen unterscheiden:
Goethe lehnte Newtons Theorie ab, da sie nicht seiner Erfahrung entsprach. Er vermutete den Entstehungsort der Farben im Auge der Menschen (vom Sehzentrum des Gehirns konnte er noch nichts wissen). Er beobachtete den Wechsel von Licht und Finsternis, d.h., wenn die Sonne sank. Um 1810 entwickelte er seinen Farbkreis. Seine Grund- und deren Simultanfarben waren
Bedeutsam wurden dann die Arbeiten von Michel-Eugène Chevreul (1786-1889) in Paris. 1839 veröffentlichte er sein Hauptwerk "Die Farbenharmonie in ihrer Anwendung", in dem er auch auf die Gartenkunst einging. Ausgehend von dem Gesetz des Simultankontrastes entwickelte er eine Farbharmonie für alle künstlerischen Bereiche. Nach ihm veränderten sich zwei nebeneinander liegenden Farben so, dass sie ihren Kontrast verstärken (danach erscheinen z.B. zwei nebeneinander liegende Farben mit einer ungleichen Helligkeit so, dass die hellere Farbe noch heller und die dunklere noch dunkler empfunden wird). In seinen Farbzusammenstellungen betonte er besonders die Harmonie zwischen den Komplementärfarben. Er hatte einen großen Einfluss auf die gesamte französische Malerei der Folgezeit (u.a. Delacroix, van Gogh, Seurat). Aufbauend auf die Farbenlehren Goethes und Chevreuls wurde eine Vielzahl von Farbsystemen entwickelt. In Deutschland am bekanntesten wurden diejenigen der Bauhaus-Lehrer Johannes Itten und Paul Klee. Johannes Itten entwickelte für seinen Unterricht einen Farbkreis mit 12 Farben, in dem sich die Grundfarben Rot, Gelb und Blau gegenüberlagen. Dazwischen befanden sich jeweils die Sekundärfarben Orange, Grün und Violett und dann noch einmal die Zwischentöne zwischen den Grund- und den Sekundärfarben. Die auf diese Weise entstandenen Farben waren:
Dieser Farbkreis hatte u.a. den Nachteil, dass er verschiedene Helligkeitsstufen nicht berücksichtigte. Im Gegensatz zu den bisher statischen Modellen versuchte Klee eine farbliche Bewegungswelt aufzuzeigen. Aus seinen Überlegungen ging sein "Elementarstern" hervor. Er besteht aus einem fünfseitigen Stern mit den Kantenfarben rot -gelb -blau -weiß -schwarz, innerhalb dessen er dann die verschiedenen Mischfarben entwickelte. Für Staudenbeete dürften dabei die fünf inneren Farbsterne besonders interessant sein. Farben können
Farbe-an-sich-Kontrast (FASK): Der einfachste Farbkontrast, Farbkontrast der Volkskunst.
Er erfordert mindestens drei ungetrübte Farben in ihrer stärksten
Leuchtkraft und ergibt bunte Bilder mit einer starken Farbintensität.
Den stärksten Kontrast liefern die Farben Blau, Rot und Gelb. Hell-Dunkel-Kontrast (HDK): Er entsteht durch die unterschiedliche Farbhelligkeit zweier
Farben, die Abstufungen von Hell und Dunkel, den sogenannten
Tonwerten. Gleiche Helligkeiten schaffen "Farbverwandtschaften",
starke Kontraste Plastizität (helle Farben drängen nach vorne, dunkle
treten zurück). In der Kunst wurden dadurch Konturen verstärkt,
Formen herausgestellt und Licht-Schatten-Bereiche getrennt. Der HDK
kann Spannungen in eine Komposition bringen. Für Itten war er der
Ausgangspunkt jeder Farbharmonie. Kalt-Warm-Kontrast: Das Empfinden der "Farbtemperaturen" ist subjektiv und wird stark
von den Nachbarfarben beeinflusst. Die beiden Extremwerte sind:
Komplementärkontrast (KK): Er entsteht durch den subjektiven Eindruck zwischen zwei
komplementären Farben. Im Farbkreis (Chevreul, Itten) stehen sich die
Komplementärfarben diagonal gegenüber. Angewendet, verstärken sie
ihre Leuchtkraft gegenseitig. Klassische Kontraste sind (in ihren Hell-
Dunkel-Abstufungen):
Simultankontrast: Grundlage der modernen Malerei. Er nutzt die Kontrastwirkung
gleichzeitig (simultan) wahrgenommener Farben. Sie werden in
verschiedenem Rahmen unterschiedlich wahrgenommen, weil sie sich
gegenseitig beeinflussen (eine weiße Fläche in einem roten Rahmen
erscheint z.B. schwach rötlich). Qualitätskontrast (Intensitätskontrast): Er bezieht sich auf den Sättigungsgrad einer Farbe
(von leuchtend zu matt). In der Malerei Änderung der Farbqualität
durch das Beimischen von Weiß, Schwarz, Grau oder einer
Komplementärfarbe. Der Qualitätskontrast wird stark von den
Nachbarfarben beeinflusst. Er verstärkt den Raumeindruck (leuchtende
Farben betonen den Vordergrund) und die Raumatmosphäre. Quantitätskontrast: Gegenüberstellung der Farbproportionen (Leuchtkraft und
Flächengröße). Bestimmte Farbverhältnisse werden optisch als
harmonisch empfunden. Allgemein kann man sagen, dass ein
Flächenanteil in einem umgekehrten Verhältnis zur Helligkeit einer
Farbe steht. Ausgewogene Verhältnisse nach Goethes Farbenlehre sind:
Alle Farberfahrungen sind weitgehend subjektiv bestimmt. Man kann sie zwar schulen, aber nie objektiv erklären. Als erster beschäftigte sich Goethe intensiv mit den Farbharmonien. Itten hat dann dessen Erkenntnisse zu einer Harmonietheorie ausgebaut. Harmonisch wirken nach ihm:
die mit Hilfe der deutschen Sprache nur selten benannt werden können (in anderen Sprachen ist dies anders. So kennen die bolivianischen Indianer allein 200 Namen für Grün-Töne). Der Handel orientiert sich deshalb weitgehend mit metrischen Farbordnungen (z.B. DIN - RAL - Farbsysteme) oder Substanznamen (z.B. Chromoxidhydratgrün für Smaragdgrün). Eine besondere Beachtung verdient die symbolische Bedeutung der Farben. Sie entstand weitgehend aus deren sinnlicher Wirkung auf den Menschen. So beeinflussen Farben stark unsere Gefühlswelt und die Reaktionen des Organismus. Man macht sich das in der Medizin (Farbentherapie), Arbeitswelt, aber auch im Verkehr zunutze. Der Hintergrund der sinnlichen Wirkung hat sowohl phylogenetische wie auch kulturgeschichtliche Hintergründe. Phylogenetisch beeinflusst:
- Rot: Verengt die Blutgefässe, erhöht den Pulsschlag und die Atemtätigkeit, lässt
den Blutdruck unregelmäßig werden (Farbe des Feuers).
- Blau: Beruhigt, steigert die Konzentration (Farbe des Wassers).
- Grün: Wirkt entspannend und beruhigend (Farbe der Natur).
(Demenzkranke Menschen bevorzugen bei ihren Malaktivitäten instinktiv bei einer
- positiven Grundstimmung : gelb, blau, orange, helle Farbtöne.
- traurigen Grundstimmung: feuerrot, dunkle Farben.
- aggressiven Grundstimmung: giftgrün).
Kulturspezifisch beeinflusst:
- Weiß: In Europa Farbe der Unschuld, der Reinheit, in Asien Farbe der Trauer.
- Gelb: In Europa Schadfarbe (im Mittelalter, Farbe der Ketzer), in China Farbe der Glückseligkeit.
Im Mittelalter besaßen die Farben in der Malerei eine festgelegte symbolische Bedeutung: - Gold: Symbol für das Göttliche,
- Blau: Symbol für den Himmel oder etwas sehr Kostbares (z.B. Mantel der Maria:
Die Herstellung der Farbe aus Lapislazuli war sehr aufwendig),
- Rot: Symbol für das irdische Leben, Feuer, Blut,
- Purpur: Symbol für den König und die göttliche Dreieinigkeit,
- Grün: Symbol für das irdische Paradies.
- Gelb: Symbol für das Böse (z.B. Judas im gelben Mantel).
(Erst Giotto überwand diese symbolische Farbzuordnung zugunsten eines neuen Realbezuges. Später haben andere Künstler dann für sich neue Farbsymboliken geschaffen (z.B. Franz Marc: Gelb steht für das Weibliche, Blau für das Männliche usw.). In einem Garten gestaltend mit Farben zu arbeiten, ist sehr schwer, wenn man über ein harmonisches Bild hinaus mit ihrer Hilfe nuancierte Räume und Stimmungen erzeugen möchte. In der Regel nutzt man dafür neben einigen Gehölzakkorden (Rhododendron, Rosen) Stauden und Sommerblumen. Das Problem liegt neben einer großen Pflanzenkenntnis und den Farbgesetzen in der relativ schlechten Vorherbestimmbarkeit einer Farbe durch den Einfluss der Umweltfaktoren (z.B. des pH-Wertes, der Auswirkung des Nährstoffgehaltes im Boden und der Auswirkung der Sonnenstrahlung). Gerne weicht man deshalb auf klassische Pflanzenzusammenstellungen aus, über die Erfahrungen vorliegen oder arbeitet Ton in Ton (z.B. "Weiße Garten"). Es scheint Menschen zu geben, die ihre Kreativität besonders über die Farbe zum Ausdruck bringen können (in Garten vielleicht die Frauen; andere Menschen eher über die Form). Der Geruchsinn Über unseren Geruchsinn wissen wir sehr wenig. Er ist der älteste, unmittelbarste und unheimlichste unserer Sinne. Man ist ihm wie keinem anderen Sinnesorgan schutzlos ausgeliefert. Er steuert, - oft unbemerkt -, unser Denken, Fühlen und Handeln und ist die Grundlage der chemischen Kommunikation der Lebewesen. Schon die primitiven Einzeller orientieren sich mit seiner Hilfe. Alle Säugetiere orientieren sich mit Hilfe von Duftstoffen. Diese geben u.a. Auskunft über das Geschlecht, die sexuelle Bereitschaft, das Alter, die soziale Stellung und die Befindlichkeiten (z.B. Angst). Alle anderen Sinne im Menschen sind später entstanden und besitzen nicht dessen unmittelbaren Einfluss. Bereits die männlichen Spermien folgen dem Maiglöckchenduft (Bourgeonal) des weiblichen Eileiters. Später beeinflussen männliche Pheromone (Duftstoffe) unbewusst die Partnerwahl. So weiß man z.B., dass unterschiedliche Schweißdüfte sie fördern und ähnliche eher zu Scheidungen führen. Düfte beeinflussen unsere Stimmungen und unser Kaufverhalten. Badezusätze regen die Sinne an und bereiten ein angenehmes Grundgefühl. Im alten Ägypten salbte man die Toten mit wohlriechenden Ölen. Schon früh sprachen die Menschen über den Duft im Rauch verbrennender harziger Hölzer mit den Göttern (Wort "Parfüm" = abgeleitet vom lat. "per fumum" = "durch den Rauch"). Nach arabischen Vorstellungen bringt der Duft die Menschen dem Göttlichen näher. Beim Riechvorgang strömen die Duftmoleküle zunächst in die Nasenhöhlen. Dort befinden sich die Riechzellen mit ihren auf bestimmte Duftstoffe hin spezialisierten Rezeptoren (beim Menschen etwa 30 Millionen Riechzellen und etwa 350 verschiedene Rezeptoren; beim Hund etwa 200 Mio. Riechzellen und etwa 1000 verschiedene Rezeptoren. Der Hund benötigt etwa 1000 Moleküle für ein Geruchsignal, während der Mensch dafür etwa 10 - 100 Millionen von geruchsaktiven Substanzen benötigt. Männliche Schmetterlinge können den Duft eines Weibchens Kilometer entfernt wahrnehmen). Werden die Riechzellen gereizt, entsteht ein elektrisches Signal, das über Nervenzellen an den Riechkolben weitergegeben wird. Von dort gelangt der Reiz über einen längeren Weg zum Großhirn, wo er mit anderen Sinneseindrücken zu einem Gesamteindruck zusammengesetzt wird. Gleichzeitig gelangen die Informationen aber auch zum Hypothalamus (eine der ältesten Hirnstrukturen; zentrale Schaltstelle des limbischen Systems), von dem aus das Hormonsystem gesteuert wird und zur Amygdala (Mandelkern; Störungen führen zu einer Vielzahl von Krankheiten: u.a. Autismus, Depressionen, Phobien, Gedächtnisverluste), die den Duft mit Emotionen verbindet und so zu seiner Bewertung beiträgt. Deshalb sind Düfte nie neutral. Sie werden immer mit verschiedenen Assoziationen verbunden. Sie hängen stark von unseren frühen Lebenserfahrungen ab. Sie sind ein Teil unseres instinktiven Gedächtnisses. Da ihre Informationen direkt ins limbische System, dem Urhirn gelangen, hat das Großhirn auf ihre Auswertung zunächst keinen Einfluss. Über das Stammhirn beeinflussen Düfte auch unsere vegetativen Grundfunktionen (z.B. den Herzschlag und Blutdruck). Unser Geruchsinn hat einen direkten Zugang zu den Bereichen des Unbewussten. Mit seinen ca. 350 verschiedenen Duftrezeptoren kann der Mensch etwa 10.000 verschiedene Düfte unterscheiden. Sein Geruchsinn ist auf das Engste mit seinem Lustempfinden verbunden (Essen, Sex). Kein anderer Sinn weckt so starke Emotionen und hat einen so tiefen Zugang zum Unbewussten des Menschen. Schon früh setzte man deshalb Düfte für die tägliche Körperpflege, zu medizinischen Zwecken (viele Kräuter haben daneben auch eine desinfizierende Wirkung) und als Verbindungsmittel zur Welt der Götter ein. Duftstoffe gehörten deshalb auch zu den ersten bedeutenden Handelswaren. Ein Duft setzt sich aus verschiedenen Duftmolekülen zusammen (z.B. das Vanillearoma aus ca. 40, der Orangenduft aus 20 verschiedenen Duftmolekülen und der Duft des Rosenöls aus mehr als 400). Geschulte Dufttester können über 10.000 Duftnoten erkennen. Angenehme Aromen sind mit positiven Gefühlen verbunden. Auch unser Geschmack wird weitgehend vom Duft bestimmt. Da es nur fünf Grundgeschmacksrichtungen gibt (salzig, bitter, süß, sauer, scharf; gelegentlich werden auch mehr wahrgenommen) muss die weitere Orientierung über das Aroma erfolgen und das wiederum wird zu 90 % vom Duft bestimmt. Dabei ist es wichtig, ob die entsprechenden Moleküle über die Nase oder den Mund aufgenommen werden (Käse über die Nase aufgenommen kann stinken, über den Rachen kann angenehme Gefühle wecken). In der Medizin wird zunehmend der Geruchssinn für Heilzwecke eingesetzt, obwohl hier die tatsächlichen Zusammenhänge noch völlig unbekannt sind. Man weiß, dass es über ihn Einflussmöglichkeiten auf einen Körper gibt, aber man besitzt keine gesicherten wissenschaftlichen Orientierungspunkte. Eine Folge davon ist, dass sich in diesem Bereich eine Vielzahl von Esoterikern und Heilpraktikern tummeln, deren Erfolge wahrscheinlich nur auf der Grundlage von Gesprächen und den Selbstheilungskräften der Menschen (Placebo-Effekten) beruhen. Hierher gehören z.B. ihre Aromatherapien. Man weiß, dass man ohne eine Genussfähigkeit, eine gewisse Sensibilität der Sinne, leichter krank wird. Hier setzen aber auch verschiedene Kliniken für Neurologie und Psychiatrie an und versuchen mit Hilfe chemischer Geruchsreize die Heilungskräfte ihrer Patienten zu aktivieren. In der Gartenkunst ist der Duft von zentraler Bedeutung. Für den Garten des Islams steht er im Mittelpunkt der Sinnenfreude. In keinem anderen Garten kann man sich emotional dem Paradies so nahe fühlen, wie in einem abendlichen Innenhof im Mittelmeerbereich mit einem plätschernden Brunnen und der Luft voller Düfte. Noch im Mittelalter besaß der Pflanzenduft auch bei uns den höchsten Stellenwert bei einer Pflanzung (heute ist es die Farbe). Es gibt keinen Grund, warum dies in der Zukunft nicht wieder sein kann. Ohne Duft verliert der Garten eine wesentliche, sinnliche Dimension. Es ist nicht einzusehen, weshalb man sich z.B. bei ca. 40.000 Rosensorten nicht weitgehend nur auf die duftenden konzentriert. Es bleibt auch dann immer noch eine unübersehbare Vielfalt. Ein Duft ist etwas Unberechenbares. Er verändert sich ständig und ist deshalb nur schwer planbar. Auch wird er unterschiedlich intensiv oder angenehm empfunden. Düfte erzeugen Stimmungen, wecken Emotionen und tiefe Sehnsüchte. Sie können beruhigen (Lavendel) oder anregen (Rosmarin, Thymian). Sie berauschen an einem Tag oder in einer Nacht, im Sommer oder im Winter, spontan oder nur bei einer Berührung. Es gibt keinen Gartenplatz, der atmosphärisch nicht von Düften bestimmt werden könnte (evtl. von Brugmansien-Kübeln oder Nelken-Töpfen). Düfte können verführerisch süß oder herb-würzig sein. Kaum eine andere Garteneigenschaft verbleibt so in den Erinnerungen: Der Garten der Mutter mit ihren .... (Duftpflanzen). Kaum eine andere Eigenschaft kann derart berauschen, keine andere wird derart vernachlässigt. Dabei ist u.a. sie es, die die Gartenkunst einzigartig machen kann. Als archaisches Mittel der Urkommunikation steht dem Gärtner hier ein Gestaltungselement zur Verfügung, über das keine andere Disziplin verfügt. Aber auch hier ist die gestalterische Arbeit sehr schwer. Um mit Düften komponieren zu können, muss man eine Auswahl treffen, die Pflanznähe berücksichtigen (manche Düfte werden in der Nähe als unangenehm empfunden). Da sie aus ätherischen Ölen bestehen, die als solche flüchtig sind, ist deren Entwicklung nur schwer vorhersehbar. Auch die Farbgestaltung muss dann anderen Orientierungswerten folgen. Allgemein kann man sagen, dass je mehr Farbpigmente eine Blüte besitzt, sie umso weniger duftet. Deshalb riechen weiße Blumen oft am stärksten und orange/rote am wenigsten. Ein Duftgarten verweist immer auf einen guten Pflanzenkenner. So bedeutsam die Düfte sind, so wenig weiß man über sie eigentlich, weder über ihre chemische Zusammensetzung, ihre eigentliche Funktion und die Art ihrer Duftabgabe. Bis jetzt haben sie sich weitgehend der züchterischen Bearbeitung entzogen. Dabei bestimmen sie entscheidend die Qualität unseres Lebensraumes.
Das Gehör Auf den ersten Blick gibt es zwischen dem Gehör und der Gartenkunst keine Beziehungen. Doch hat es in ihrer Geschichte zwei bedeutsame Verbindungsebenen gegeben,
Beim Hören von Musik aktivieren wir unser limbisches Selbstbelohnungssystem. Die Klänge erreichen unser Ohr. Der Gehörnerv leitet die Information an den Gehirnstamm. Die Signale werden gefiltert und in verschiedenen Hirnbereichen verarbeitet. Die Musik z.B. in einem sehr frühen Stadium. Man nimmt an, dass die rechte Hirnhälfte zunächst deren Grobstruktur erfasst, während die linke (primäre Hirnrinde) deren Feinanalyse vornimmt, die eine Rinde eher für das Tempo, den Rhythmus der Informationen zuständig ist, während die andere die Klangfarbe (Harmonie) registriert. Wahrscheinlich half die Musik am Anfang der Menschheitsgeschichte das Gemeinschaftsleben zu organisieren. Die geschaffenen Emotionen wurden dabei von dem jeweiligen kulturellen Hintergrund stark beeinflusst. Nur wenige andere Anlässe können im Gehirn so stark reizen wie die Musik (Therapeuten nutzen diesen Umstand gerne bei der Behandlung von Hirnschäden). Sie fördert die räumliche Vorstellungskraft, die mathematischen Fähigkeiten, die Sprachgewandtheit und damit den Intelligenzquotienten. Musik ist eine Art nonverbaler Kommunikation, deren Verarbeitungsgesetze im Menschen tief angelegt sind. So machen Dur-Weisen fröhlich, Moll-Weisen verbunden mit einem langsamen Tempo eher traurig und mit einem schnellen Tempo eher aggressiv. Eine Musik weckt in uns Freude, Trauer, Ärger oder beruhigt uns. Sie löst in uns einen Reiz zum Mitsingen, Mittanzen, Mitklatschen oder Mitempfinden aus. Man kann sie als eine Droge ohne Nebenwirkungen sehen. Allerdings als eine Droge, deren Wahrnehmung stark von individuellen Faktoren abhängig ist, wie Hörerfahrungen, musikalischen Vorkenntnissen, dem persönlichen Geschmack und dem Hörtyp - individuelle Faktoren, die beim architektonischen Erleben wegen mangelnder Förderung weitgehend verkümmert sind. Dabei gehört das Wissen um die engen Beziehungen zwischen Musik und Architektur seit der Antike zu unserem klassischen Kulturwissen. Musik und Architektur bauen beide auf mathematischen Gesetzmäßigkeiten. Bereits in den frühen chinesischen, indischen und ägyptischen Schöpfungsmythen wird die Entstehung der Welt als eine "Stofflichwerdung" eines ursprünglichen Klanges beschrieben. Die Pythagoräer (5. Jh. v. Chr.) glaubten in den Prinzipien der Mathematik die Prinzipien allen Seins gefunden zu haben. Über die Zahl offenbarte sich für sie der Kosmos. Der Ausgang ihrer Überlegungen war ihre Entdeckung von Gesetzmäßigkeiten in der Musik. Sie fanden die Intervalle einer
Vitruv (84 - 27 v. Chr., ?) verlangte von einem Baumeister, dass er sich in der Musik auskenne. Über sie bekäme er ein Verständnis für Harmonie, Proportionen und das Gleichmaß (Eurythmie). Er schrieb (im 3. Buch über Architektur): "Proportion besteht darin, dass in jedem Falle sowohl für die Teile eines Gebäudes als
auch für das Gänze eine bestimmte Maßeinheit gilt, wodurch das System der
Symmetrie in Kraft tritt. Denn ohne Symmetrie und Proportion kann kein Tempel
einen ordentlichen Plan haben; das heißt, er bedarf einer genauen Proportion nach Art
eines wohlgeformten menschlichen Körpers". Für Augustinus (354 - 430 n. Chr.) stellte dann die Architektur ein Abbild der ewigen Harmonien dar, die als "musica mundana" das Weltall durchwanderten. In der Renaissance entstand dann eine enge Verbindung von Musik und Architektur. Besonders für Alberti (1404 - 1472 n. Chr.) stimmte die Schönheit der Proportionen in der Architektur mit dem Zahlensystem der Musik überein. Er verlangte für die Schönheit eines Bauwerkes:
(Es gab auch den umgekehrten Weg, dass die Proportionen der Architektur als Notenwerte auf die Musik übertragen wurden. So bei der Motette "Nuper rosarum flores (1436, Guilleaume Dufay), die für die Einweihung des Florentiner Doms dessen Proportionen aufnahm). Diese "kosmischen Gesetzmäßigkeiten" verkümmerten später zu einem starren System von Proportionsregeln (ausgehend von den Vitruvschen Säulenordnungen, die dieser vom menschlichen Körper abgeleitet hatte). Aber immer wieder hat es Vergleiche zwischen den Strukturen von Musikwerken und der Architektur gegeben. Besonders oft beim Werk von Bach (z.B. der "Kunst der Fuge"). Erst mit Beginn des 18. Jhs. wendet sich die Architekturtheorie auch anderen Kunstdisziplinen zu. In den Klassifikationsmodellen der Kunst in der Philosophie des deutschen Idealismus kannte man zwei Kunstsysteme. Das eine Mal ging man von einem "Organismusmodell" (u.a. Schelling) aus, bei dem alle anderen Künste aus der Architektur und der Musik hervorgingen (die Musik stand darin für das Subjektive, Flüchtige, die Architektur für das Objektive, Bleibende), das andere Mal von einem "teleologischen Modell" (u.a. Hegel, Schopenhauer), in dem die Künste sich von einem Roh-Materiellen zu einem Geistig-Immateriellen entwickelten. Am Ende des deutschen Idealismus wird die Architektur dann als Raumkunst gesehen. Der neue Bezugspunkt zur Musik wird der Rhythmus der Raumgebilde (bzw. für die Musik deren architektonischer Aufbau). Über das Verhältnis von Musik und Architektur haben viele Künstler und Philosophen nachgedacht:
Neben der sinnlichen (hörbaren) Erfahrung der Musik, gibt es auch eine mentale. Sie besteht nur auf einer geistigen Ebene. Ihre räumlichen Aspekte werden hier von mentalen Vorstellungsräumen bestimmt. Sie spielen bewusst erst seit etwa 1900 in der "Neuen Musik" eine Rolle. Die Musik ist hier nicht mehr allein eine Abfolge von Noten, sondern eine schwingende Materie im Raum, ein Klanggeschehen (Sie ist nicht mehr eine Musik im Sinne der traditionellen Harmonielehre). Ein Raum muss mehrere Dimensionen haben. In der Regel gelten für die Verräumlichung der Musik sechs Eigenschaften. Dadurch besitzen musikalische Räume immer etwas Diffuses. Gewöhnlich werden zugeordnet:
Darüber hinaus spielen noch die Klangfarbe, Prägnanz und Harmonik eine Rolle. Das Problem mentaler Vorstellungsräume ist, dass sie immer nur individuell erlebt werden können. Immer, wenn man sich mit der Beziehung von Musik und Architektur beschäftigt, stößt man auf die Frage, wie sich etwas zunächst Gehörtes visualisieren lässt, nicht sichtbare Musik in sichtbare Architektur umgesetzt werden kann. Es gibt ernsthafte Bemühungen, für die Musik ein dreidimensionales "Formen"-System festzulegen, das als Grundlage für Architekturentwürfe genutzt werden kann (siehe Dermietzel). Früher glaubte man, mit Hilfe der Musik die Harmonie der Welt hörbar machen zu können, bzw. mit Hilfe von Proportionen sie in der Architektur visualisieren zu können. Die moderne Kunst wendet sich gegen solche Vorgaben. Dabei kann sie die phylogenetischen Begrenzungen des Menschen nicht leugnen. Sie kann nicht umhin, ihre Grenzen in den vorgegebenen Grenzen des Menschen zu akzeptieren, die ihn immer wieder auf sein archaisches Sehnsuchtmotiv, das Paradies, zurückführen. Und mit dem Paradies rücken wieder alle Aspekte der Schönheit in sein Blickfeld. Ihrem Wesen nach ist die Gartenkunst damit eine konservative Kunstdisziplin. Über die Musik ist das Ohr das Tor zur Seele. Wie kaum eine andere Wahrnehmung kann sie uns tief in unserem Inneren berühren. Sie kann uns mit Glücksgefühlen überfluten oder trösten, unsere Lebensfreude zum Ausdruck bringen oder unser Alleinsein bereichern. Kein anderes Sinnesorgan kann so heftige Emotionen auslösen. Mit bestimmten Klangmustern lassen sich deshalb Gefühle ansprechen (in einem Kino zielen die Bilder hauptsächlich auf das Denken, die Geräusche auf das Gefühl). Bereits bei den Naturvölkern nutzt man die Musik für Heilzwecke (Schamanen, Heilerinnen), um mit ihrer Hilfe psychische oder körperliche Leiden zu heilen. Im Mittelalter gehörte zum Studium der Medizin auch das Studium der Musik. Im Osmanenreich gab es spezielle Musikkrankenhäuser in denen organische Leiden mit spezieller Musik geheilt wurden. Mozart und Händel schrieben Musik auch für kranke Auftraggeber (u.a.. Migräne, Depressionen). Heute nutzt man sie in Krankenhäusern zur Entspannung bei Operationen, aber auch in der Musiktherapie (z.B. beim Abbau von Stress und Angst oder dem Zurückdrängen von Schmerzen). Geräusche scheinen den Zugang zu blockierten Hirnregionen zu öffnen. Über die tatsächlichen Wirkungszusammenhänge von Klängen, bzw. von Musik wissen wir noch wenig. Sie scheinen aber ein wichtiger Schlüssel zum Unterbewusstsein zu sein. Sie regen die gleichen Hirnregionen an wie Freude, Belohnungen oder Rauschgifte. In unserer Zivilisation sind wir vielen Geräuschen ausgesetzt, die nicht unserer phylogenetischen Programmierung entsprechen und uns in Stress versetzen können, einem Stress, der uns langfristig krank machen kann. Dabei empfinden wir Naturtöne in der Regel als entspannend, bzw. erholsam; bei einer geringeren Lautstärke sogar als Stille. Zu ihnen gehören z.B. das Rauschen eines Blätterdaches, das Plätschern eines Baches, das Auftreffen der Regentropen oder das Zwitschern der Vögel. Wir empfinden sie als etwas Wertvolles. - Und in Verbindung mit sanften Körperbewegungen als etwas sehr Wohltuendes. Sie können der Hintergrund unserer eigenen Gesundheit werden. Es ist die Welt des Gartens. In Spanien gestalteten die Araber ihre Gärten abwechslungsreich mit den Geräuschen des Wassers. Zum einen hatte es für sie als Wüstensöhne einen paradiesischen Charakter und zum anderen fanden sie seinen Klang als besonders wohltuend. Der Tastsinn Auch über den Tastsinn wissen wir noch sehr wenig. Er gehört zu unseren komplexesten und am wenigsten verstandenen Sinnessystemen. In der Regel sind wir uns seiner Tätigkeit nicht bewusst, doch reagiert er auf alles, was wir erleben. Er lässt uns u.a. Druck, Temperaturen und Schmerzen wahrnehmen und koordiniert unsere Bewegungen. Über 10 Millionen taktile (den Tastsinn betreffende) Sensoren melden dem Gehirn ständig, was im Körper vorgeht. Ohne sie könnten wir nicht fühlen und damit auch nicht leben. Wir hätten kein Empfinden für uns selbst. Sich oder die Berührung anderer zu spüren ist lebenswichtig. Massagen oder das einfache Handauflegen gehören zu den ältesten Heilmethoden. Seit je sind das Kneten, Reiben und Drücken beliebt. Immer wenn Haut auf Haut trifft, schüttet der Körper u.a. Oxytocin (Hormon) aus. Dies erfolgt besonders bei intensiven Berührungen, z.B. bei Verliebten. Gleichzeitig werden Endorphine (Glückshormone) ausgeschüttet. Im limbischen System (Gefühlszentrum) werden die jeweiligen Wahrnehmungen bewertet. Es schüttet danach die Substanzen aus, die unser Nervensystem reagieren lassen. Die Erfahrungen werden in seinem "Archiv" gespeichert und sind danach die Grundlage unserer "Bauchentscheidungen". Gefühlsarbeit ist deshalb zunächst immer Körperarbeit. Tägliche Aktivitäten beeinflussen unser körperliches Wohlbefinden sehr positiv. Sie senken gleichzeitig das Risiko für Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Schlaganfall, Diabetes, Depressionen und Demenz und wirken dem biologischen Alterungsprozess entgegen. Man fühlt sich frischer und wacher. Es ist allgemein bekannt, dass Gartenarbeit entspannend wirkt und Stress abbaut. Der Mensch findet bei ihrer Ausübung wieder leichter zu seiner inneren Mitte. Sie harmonisiert seinen energetischen Haushalt. Es gibt keinen anderen Lebensbereich, der in unserer Kultur seine Selbstheilungskräfte ganzheitlich gesehen besser unterstützt. In der Gartengestaltung wird auf den Tastbereich relativ wenig eingegangen, - evtl. bei einigen Sondergärten wie den Blindengärten, bewusst verschieden gewählten Bodenbelägen, der Einbeziehung der Feldenkrais-Methode oder verschiedenen Therapieformen verpflichteten Gärten. Auch hier steht die Gartenkunst erst am Anfang ihrer Möglichkeiten. Die Wahrnehmung Die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung bestimmen entscheidend auch die Grenzen einer Kunst. Dabei lassen sich nur wenige Funktionen auf eine einfache Reiz-Bewußtsein-Beziehung zurückführen. In der Regel handelt es sich bei ihr um sehr komplexe Prozesse (die wir noch gar nicht durchschauen). Z.Z. versucht man, mit verbesserten neurologischen Analysemethoden, sie wenigstens in ihren Ansätzen zu entschlüsseln. Ihre augenblicklichen Ergebnisse hängen stark von ihren verschiedenen Hintergrundannahmen ab. Ein Forschungsgegenstand ist die ästhetische Wahrnehmung. In der Antike unterschied man zwischen der allgemeinen Wahrnehmung und der Wahrnehmung des Schönen. Kant differenzierte dann zwischen einer "sinnlichen" und einer "ästhetischen" Wahrnehmung. Seine Argumente für die Autonomie der ästhetischen Erkenntnis bildeten die Voraussetzungen für die Entwicklung einer Philosophie des Schönen. Heute sehen wir sie als eine von unserer subjektiven Erfahrung abhängigen Wirklichkeit. Ihre Voraussetzung ist eine bestimmte Einstellung unseres Bewusstseins. Diskutiert wird:
In der Geschichte galt die Wahrnehmung als ein Erkenntnismedium. Heute sehen wir sie nur noch als eine Erlebnisqualität. Dabei erwarten wir von einer ästhetischen Wahrnehmung die Befriedigung unserer Erwartungen und Bedürfnisse. Unsere Verbindung zur Welt läuft über unsere Sinne. Erst was wir wahrnehmen, wird uns bewusst (doch wird dieses Bewusste von unserem Unterbewusstsein gesteuert). Dieser Prozess wird in uns von einem genetischen Programm gelenkt, auf das wir nur vordergründig einen Einfluss haben. Er schafft in unserem Gehirn unsere Welt und damit auch unsere Welt des Schönen. Unsere "Wirklichkeit" ist das Ergebnis einer neuronalen Konstruktion. Dabei sind nicht die Wahrnehmungen das Entscheidende, sondern deren Verarbeitung. Während unserer "Wahrnehmung" konstruiert unser Gehirn sich aus seinen Reizeindrücken seine Welt. Entgegen unserem Glauben haben wir keinen direkten Kontakt zu ihr. Unsere Wirklichkeit entspricht nicht dem, was wir sehen, hören oder fühlen. Unsere Wirklichkeit ist eine Auswahl und Deutung von Sinneseindrücken durch unser Gehirn. Unsere Sinnesorgane übersetzen die empfangenen, wahrgenommenen Reize in bioelektrische Ereignisse und schaffen so für das Gehirn eine neuronale "Einheitssprache". Erst durch diese können die völlig unterschiedlich gearteten Wahrnehmungen dann im Gehirn zu einer Leistung vereint werden. Für uns stellt dann diese Leistung unsere Realität, unsere Welt dar. Dabei ist dieses Gehirn kein offenes, sondern ein in sich geschlossenes System. Dafür sind ihm evolutionäre und soziale Lernprozesse vorausgegangen. Bestimmte Reize haben zu bestimmten neuronalen Verknüpfungen geführt, auf die später zu reagieren sich als sinnvoll erwiesen hat. Das bedeutet, dass wir unsere Welt jeweils nur durch unser "Gedächtnis", dem Filter unserer Erfahrungen sehen, dass wir uns die Welt, wie wir sie sehen, in unserem Gehirn selber bauen. Unsere tatsächliche Wirklichkeit ist das für uns offene, nur über das Gehirn subjektiv Zugängliche. Kommunikativ umgehen mit ihr können wir nur über die Kultur. Wenn wir davon ausgehen, dass unsere nicht tatsächlich fassbare Wirklichkeit, die Natur (in einem weiten Verständnis) um und in uns ist, dann ist es unsere Kultur, über die wir diese als Objekt zu erfassen versuchen. Und innerhalb dieser Kultur gibt es die verschiedensten Ansätze mit ihr umzugehen, sehr nah, wie in der Landwirtschaft, dem Gartenbau usw. oder weiter entfernt, wie in den vielen Kulturtechniken, die Naturgesetzen folgen. Der umfassendste kreative Bereich ist die Gartenkunst. Sie begegnet ihr aufs intensivste als Raum, als Material und als psychisches Bedürfnis durch die verschiedenen persönlichen phylogenetischen Anlagemuster im Subjekt. In unserer Hochkultur ist sie zum Luxus jenseits einer primären Bedürfnisbefriedigung geworden. Dass wir die Gartenkunst in breiten Bevölkerungskreisen nicht als Kunstdisziplin sehen, liegt an dem Umstand, dass wir in unserer Kultur dafür in unseren Gehirnen keine Wahrnehmungsmuster ausgebildet haben. Z.Z. werden diese von den Künsten gestellt, für die es einen "Markt" gibt, die einen - wie auch immer gearteten - kommerziellen Gewinn versprechen. Da die Gartenkunst den einzelnen Menschen in seinen Bedürfnissen zunächst auf sich selbst zurückwirft, spielt sie z.Z. in der Öffentlichkeit zwar keine Rolle, für das einzelne Individuum kann sie aber im Zentrum seiner Beschäftigung und Auseinandersetzung mit sich selbst stehen. Die Ausbildung der neuronalen Muster in unserem Gehirn ist die wichtigste Aufgabe der Erziehung. Sie helfen uns bei unserer Orientierung in unserer Umwelt und der Befriedigung unserer Bedürfnisse. Das geringe aktuelle Ansehen der Gartenkunst als Kunstdisziplin führte dazu, dass solche Muster sich gar nicht erst entwickeln können. Unsere "Realität" ist die für uns von unserem Gehirn geordnete Welt. Wir werden in sie hineingeboren und dann auf sie hin sozialisiert, geformt. Dabei verinnerlichen wir unsere Kultur und denken, fühlen und kommunizieren durch sie. Sie ist sozusagen unser "Realitätsmodell", das wir nach der Geburt in unserem Gehirn übernehmen und an dem wir innerlich unsere Kultur mitgestalten. Sie ist der Filter, durch den wir unsere Welt sehen. In den letzten 500 Jahren hat sich die Wahrnehmung unserer Umwelt radikal verändert. Während früher z.B. die Natur unser Zeitempfinden bestimmte, ist es heute die Uhr. Während früher die (auch von Göttern) belebte Natur unseren Raumbezug bestimmte, ist es heute der abstrakte Kulturraum, sei es als kultivierte Landschaft oder urbanisierte Architektur. Als moderne Menschen können wir uns aus dieser Dimensionsverschiebung nicht befreien. Es ist aber eine Frage, wie diese Veränderungen auf den phylogenetisch nicht veränderten Menschen sich auswirken, auf einen Menschen, der biologisch für eine ganz andere Umwelt geschaffen wurde. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Einflussnahme nicht stattfindet und damit, dass diese aus einer biologisch für ihn fremden Reizwelt nicht auf seinen Feinstoffwechsel erfolgt und damit der Hintergrund vieler seiner psychischen Störungen ist. Jedes Ich-Bewusstsein ist an die Grenzen seines Körpers gebunden und sein Außenbezug auf die in ihm sich befindenden Wahrnehmungsgrenzen. Das Ergebnis ist das Erleben und die Erfahrung einer individuellen Umwelt. Dazu gehören das persönliche Wahrnehmen von Reizen und die Reaktion darauf. Dieses Erleben nimmt wiederum auf uns Einfluss. Es löst in uns biologische Vorgänge aus, die uns dann wiederum verändern, in der Regel zunächst kaum bemerkbar, im Laufe der Zeit aber in Richtung einer positiven (oder evtl. negativen) Tendenz in unseren Körpervorgängen. Jedes Erleben hat einen biologischen Hintergrund und wirkt sich biologisch aus. So z.B. auch die Gartenarbeit. Heute erleben wir die Natur nur noch weitgehend über die Medien und setzen uns für sie im Sinne unserer digital erfahrenen Bildwirklichkeiten ein. Die natürliche Welt, die tatsächlich lebende Natur ist uns dabei völlig fremd geworden. Wir kennen nur noch eine in die Kultur überführte Natur und sind voller Sehnsucht nach einer uns biologisch entsprechenden. Tief in uns brauchen wir für sie kein kulturelles Erklärungsmodell, wie wir es sonst für alle Bereiche unserer Zivilisation benötigen. Die tatsächliche Natur kann man nur über die "Situation" erleben, wie sie in einem Garten der Fall sein kann (für den dann abstrakt auch nur ein Blumentopf zu stehen braucht). Wir beziehen heute unsere Utopien hauptsächlich aus zwei Bereichen. Einerseits liefern uns dafür die Medien die Hintergründe, die Nahrung für unsere Träume. Dabei führt die zunehmende Durchdringung der Welt mit Elementen des Virtuellen zu Wirklichkeitsverlusten, zu einem geträumten Leben als Wirklichkeit. Verbunden damit ist gleichzeitig der Verlust an existentiell wichtigen Kontakten nicht nur mit der Natur, sondern auch zu Menschen und realen Objekten unserer Umwelt. Wir schaffen uns einen persönlichen digitalen Kerker. Über seine neuronalen Folgen wissen wir noch nichts. Andererseits entstehen unsere Utopien aus unserem körperlichen Mangelbewusstsein, aus den kulturell überdeckten Sehnsüchten unseres phylogenetischen Hintergrundes, aus unseren archetypischen Träumen. Und die haben in allen Kulturen immer das Bild eines Paradieses vor Augen gehabt. Und der Ausdruck für dieses Paradies war immer ein Garten. Geistige Bilder entsprechen einer bestimmten Kombination von Nervenzellen. Bei bestimmten Erregungsmustern werden Erinnerungsmuster abgerufen oder durch gemeinsame elektrische Aktivität der Nervenzellen Muster in unserem Gehirn angelegt, bzw. durch deren Wiederholung verstärkt. Diese Wiederholungen können die Vernetzung der Neuronen derart vermehren, dass sie sich nach einer gewissen Zeit auf diese Muster festlegen, d.h. sich in Hinblick auf bestimmte Reize selber organisieren. Selbst wenn jetzt einige Neuronen aus dem Muster absterben, ergänzen die übrigen die fehlenden Informationen. Das bedeutet, dass eine dauerhafte Gartentätigkeit in unserem Gehirn nicht nur vorhandene Muster aus den Anfängen der Evolution in uns als lebenswichtigen Anreger aktiviert, sondern auch, dass sie tiefe Muster in uns anlegt, die unserem persönlichen Reizbedürfnis entsprechen. Es spricht alles dafür, dass, wenn unser Bewusstsein von Neuronenmustern bestimmt wird, diese Muster nach dem Umfang vorangegangener Neuronenreizungen zum einen unterschiedlich groß sind und zum anderen sich mit Anlagen aus dem Stamm- und dem Zwischenhirn verbinden. Diese Großmuster (z.B. unsere verinnerlichten Religionen oder ein Nationalbewusstsein) bestimmen unsere Lebensorientierung. Ein Bezug auf die Natur gleicht wahrscheinlich deren Extreme aus. Ein Garten als bestimmendes Großmuster für einen Menschen kann zu dessen Lebensinhalt werden und kann alle seine Kräfte auf diesen fixieren. Bewusstsein und Gefühl Im Gegensatz zum bisherigen Glauben können die menschlichen Fähigkeiten in der Regel nicht einer bestimmten Hirnregion zugeordnet werden. Wie das Zusammenspiel der verschiedenen Zellgruppen vor sich geht, ist noch völlig unbekannt. Niemand kann z.Z. sagen, wie in unserem Gehirn zum Beispiel das Bild einer Blume oder das eines Gartens entsteht. Der Hintergrund sind mathematische Abläufe mit immer komplexer werdenden Mustern - bis hin zur Bewusstwerdung. Man geht davon aus, dass die Grundlage dafür ein Neuronen-Code ist, nach dem man heute im "Blue Brain Project" forscht. Für viele Experimente fehlen den Neurowissenschaftlern für ihre Forschungen noch die geeigneten Instrumente. Man weiß heute nur, dass für unsere geistige Tätigkeit die Gliazellen die Neuronen mit Nährstoffen versorgen und wahrscheinlich die Signalübertragung an den Synapsen beeinflussen und weiterhin, dass die Sprach- und Bewusstseinsprozesse nicht unmittelbar von einander abhängig sind. Für die Vorstellung eines Gartens (eines Gegenstandes oder eines anderen Kunstwerkes) arbeiten in uns Millionen von Nervenzellen, die auf dem Hintergrund bestimmter Muster in uns ein Bild davon schaffen, das wir dann in der realen Welt umsetzen können. Unsere Gefühle sind die Bindeglieder zwischen unserem Denken und Handeln. Ein Verstand versagt ohne Gefühle. Jeder Sinnesreiz wird nicht nur rational bewertet. Die emotionale Zuordnung erfolgt über das limbische System. Wichtig sind dabei der Mandelkern (Amygdala) und das jeweilige Belohnungssystem. Die Gefühle gehören zu den drei Hauptelementen der menschlichen Seele (die beiden anderen sind der Verstand und das Begehrungsvermögen). Zu ihnen gehören alle Lust- und Unlusterlebnisse, die unsere Bedürfnisse, Wahrnehmungen und Denkprozesse begleiten und beeinflussen. Sie sind das Ergebnis einer inneren Befindlichkeit eines Menschen und können eine unterschiedliche Intensität und Qualität (Freude, Trauer) annehmen. Als "Gefühlsbank", die sich ein Mensch besonders in seinen Entwicklungsjahren zulegt, werden sie ein Teil seines Charakters (sie werden deshalb auch stark von seiner Erziehung, seiner Umwelt beeinflusst). Innerhalb der Kunst spielen die Gefühle eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Kunstwerke (sie sind abhängig von der Erlebnisfähigkeit eines Künstlers). In der modernen Kunst setzt man dagegen verstärkt auf das Formenbewusstsein. Aber unabhängig davon, aus welchen Gefühlen heraus eine Kunst entstanden ist oder welche Gefühle sie darstellt, immer will sie dieselben ansprechen und dabei den Betrachter aus seinem Alltag trennen. Man kann die Kunst geradezu als einen Maßstab für die Gefühlskultur einer Gesellschaft ansehen. Nicht alle Künste haben die gleichen Beziehungen zu den Gefühlen. Zur Musik sind sie oft sehr intensiv, während sie zur Architektur nur begrenzt sind. Auch ist zu unterscheiden zwischen den dargestellten und den geweckten Gefühlen. Für den Bereich der Gartenkunst werden sie in der Regel wenig entwickelt. Die Gartenarbeit im Kindesalter wird weitgehend abgelehnt, weil in dieser Zeit wahrscheinlich das innere Belohnungssystem der Betroffenen noch nicht reagiert. Dies erfolgt in der Regel erst im Alter, wenn unser diffuses Mangelempfinden nach Natur, nach einer unserem Körper entsprechenden Reizwelt, uns für das Kulturerzeugnis Garten öffnet, - und zwar so weit öffnet, dass wir uns darin wie in keinem anderen Zivilisationsbereich kreativ selbst einbringen können. Dadurch wird hier, wie nirgendwo sonst, da nur hier alle Sinne angesprochen werden, ganz große Kunst möglich. |