9. Was ist Kunst? - Versuche einer Annäherung | ||||||||||||||||
Jeder, der die Gartenkunst als Kunstdisziplin verneint, muss zunächst erklären, was er unter einer Kunst versteht. Alle Welt spricht ständig von ihr, ohne sagen zu können, was sie eigentlich sei. Immer wenn man glaubt, die Kunst in irgendeiner Form sprachlich fassen zu können, entgleitet einem ihr Inhalt im nächsten Augenblick. Immer wenn man eine Antwort findet, die man glaubt akzeptieren zu können, wird sie durch eine zweite, genauso akzeptable, widerlegt. Letztendlich kann man nur versuchen, ihren Inhalt von einer immer neuen Position zu umkreisen, um sich an Schnittstellen zu wiederholen und zu versuchen ihren Kern zu finden. Dies ist eine unbefriedigende Lösung, da sie letztlich kaum ein befriedigendes Gespräch über sie erlaubt, aber vielleicht zurzeit die einzige mögliche. Wir können nur Vorschläge machen, was wir selber als Kunst anerkennen wollen und dafür unsere Kriterien nennen. Wir wollen nicht akzeptieren, dass zunehmend nur das als solche anerkannt wird, was einen Marktwert hat, bzw. ein hohes Medieninteresse weckt.
Zunächst ist auffallend, dass der Inhalt des Kunstbegriffes in der Geschichte mehrmals gewechselt hat. Seit der Antike wurde unendlich oft über die Kunst gestritten, eine unübersehbare Fülle an Büchern über sie geschrieben und immer wieder ihr Ende, bzw. das einer ihrer Gattungen angekündigt. Grob kann man die verschiedenen Paradigmenwechsel in ihrer historischen Folge in fünf Hauptgedanken einteilen:
Die Geschichte der Gartenkunst beginnt bei der Verehrung des Göttlichen mit Mitteln der Natur und deren Nutzung als Statussymbol. 1. Versuch einer Annäherung: Die Geschichte des Kunstverständnisses Vielleicht hilft ein kurzer Abriss der Geschichte der Kunst in Europa manche Zusammenhänge besser deutlich zu machen. Archaische Zeit:
Seit Darwin nimmt man an, dass die Anfänge der Kunst zunächst die
Funktion hatten, die sexuelle Attraktivität eines Menschen zu vergrößern. Er
schmückte sich, bzw. lenkte damit von seinen Schwächen ab. In einem
zweiten Schritt wurden sie dann zu einem Bindemittel der ersten sozialen
Gruppen (Musik, Tanz, Schaffung gemeinsamer Symbole). Das heißt, dass
Fragen der Ästhetik vom Beginn der Menschheit an eine zentrale Rolle
gespielt haben.
Prähistorische Zeit:
Übertragung symbolischer Inhalte in den Umgang mit der Natur.
Gesichert als Malerei (z.B. Höhlenmalerei) und Skulpturen. Wahrscheinlich
wurde sie von Schamanen im Rahmen religiöser Handlungen genutzt. Antike:
In ihrem archaischen Abschnitt kam alle Kunst von Gott. Priester und Dichter waren ihre Vermittler. Sie diente zunächst allein kultischen Zwecken und wurde damit zu einem Teil der jeweiligen Kultur. In der Folgezeit ging es um die idealen Bezüge zwischen den vier damals kulturtragenden Bereichen: Religion, Moral, Politik und Kunst. Als entscheidendes Merkmal der Kunst galt ihre Nachahmung der Natur (Memesis). Die beiden damaligen Hauptpositionen wurden vertreten von
Sozial gesehen besaß die Kunst zunächst nur ein geringes Ansehen. Das änderte sich erst, als man mit ihrer Hilfe in der Polis (antiker griechischer Stadtstaat) zu mehr Einfluss gelangen konnte. Protagoras (480-410 v.Chr., bedeutendster Sophist) schuf dann als erster eine Hierarchie der Künste. Sie diente damals nur der Systematisierung des höheren Unterrichts und ging damit von der späteren sozialen Stellung der zu Unterrichtenden aus. Platon dagegen teilte die Kunst nach ihrer theoretischen Reinheit, bzw. ihrem Erfahrungsbezug ein und erstellte dafür seine "enkyklios paideia" als verbindlichen Fächerkanon. Es gehörten dazu die Geometrie, Astronomie, Arithmetik und Musik. Sie gehörten bis zur Renaissance zu den sieben klassischen Künsten und bildeten dort das sogenannte Quadrivium.
Platon (427-347 v.Chr.):
In den natürlichen Erscheinungen unserer Welt vergegenständlichen
sich für unsere Sinne die ewigen Ideen. In einem zweiten Schritt bildet die Natur sie nach. Als Ausdruck des Transzendentalen, Göttlichen vermittelt sie auch die überzeitlichen Gesetze und damit das Ethisch-Moralische. Die Kunst steht deshalb auf einer niedrigeren Stufe als die Natur. Sie vermag nichts ohne die Legitimation durch diese.
Aristoteles (384 - 322 v. Chr., Schüler Platons, Lehrer Alexander d. Gr.):
Nach ihm ahmt die Kunst die Wirklichkeit nach (die Malerei mit Hilfe ihrer Farben, die Musik durch die Harmonie ihrer Töne und die Schreibkunst durch die Verbindung von Vokalen und Konsonanten). Sie überwindet die Naturunterlegenheit und ergänzt sie in Bereichen, in denen sie dann alleine besteht. Die Kunst zielt auf das Allgemeine, Charakteristische und nicht allein auf die empirische Wirklichkeit (diese Vorstellung beherrschte die Diskussion bis in die Goethezeit, d.h. bis etwa 1800).
Am Anfang der Kunstdiskussion stand die Selbstreflexion der antiken Medizin, der "medizinischen Kunst". Es ging damals um eine Auseinandersetzung der theoretischen Medizin mit der Erfahrungsmedizin. Als Kriterien der Kunst wurden dann festgelegt: Die Orientierung an überlieferten Erfahrungen, Erlernbarkeit, die Ausschaltung des Glücks und die Hinnahme der "natürlichen" Grenzen. Die Vorstellung von den Artes liberales und den Artes sordidae entstanden erst in römischer Zeit durch Cicero, die neben einem sozialen auch noch einen moralischen Unterscheidungs-bezug hatte. Die Artes liberales waren die Unterrichtsstoffe des freien Mannes, der sich seinen Unterhalt nicht selber verdienen musste. Aus diesem Umstand bezogen sie ihr hohes soziales Ansehen. Später unterteilte man sie in das Trivium (Grammatik, Rhetorik u. Dialektik) und das Quadrivium.d.h. in drei sprachliche und vier mathematisch orientierte Fächer (die Musik hatte damals nach Pythagoras noch einen starken mathematischen Bezug). Sie dienten dem Studium der Weisheit. Man würde sie heute als Hilfsfächer der damaligen Philosophie bezeichnen. Ihnen wurden dann im 9. Jh. als eigene Fächergruppe die Artes mechanicae gegenübergestellt (den Fertigkeiten, ein Material zu bearbeiten), die der unmittelbaren Bedarfsdeckung und der Annehmlichkeit dienten (auch analog in einer Siebenzahl). Bis zum 11. Jh. zählte man dazu das Handwerk (im damaligen Sprachgebauch: die Handwerkskünste). Bis ins Mittelalter bildeten dann die Artes liberales und die Artes mechanicae das philosophische Grundstudium der theologischen, juristischen und medizinischen Fakultäten (Artistenfakultäten). Sie stellten damals eine Art gymnasialer Vorstufe für die Universität dar. Genau genommen hatten die antiken Artes mit dem, was wir heute unter Kunst verstehen wenig zu tun. Sie waren eigentlich nur Schulfächer in einem antiken und mittelalterlichen Bildungskanon, der allerdings einen entscheidenden Einfluss auf die spätere soziale Stellung der Menschen hatte. Beim Bemühen um die Aufnahme in diesen Bildungskanon ging es dabei weniger um die Dazugehörigkeit in diesen, sondern um das damit verbundene höhere soziale Ansehen. Das, was wir heute als Kunst ansehen, wurde allerdings schon früh bei den Griechen als etwas Besonderes gesehen. Es wurde auf das "Schöne" bezogen:
Über die damalige Gartenkunst wissen wir sehr wenig. Die ersten Arbeiten wurden wahrscheinlich von Priestern angeregt, bzw. später, als Gärten Statusobjekte darstellten, von Architekten. Bis zur Renaissance hatte es innerhalb der Raumkünste (im früheren Verständnis Baukünste) noch keine Arbeitsteilung gegeben, doch muss das Niveau der damaligen Gärten teilweise bereits sehr hoch gewesen sein. Wir brauchen dabei nur an die Anlagen der Villa Hadriana in Tivoli zu denken. Schon immer wurde die Kunst mit dem Schönen (dem Positiven, den emotionalen Sehnsuchtsinhalten) in Verbindung gebracht, und es ist auffallend, wie stark es der Gartenkunst psychologisch widerspricht, hässliche Gärten zu schaffen. Mittelalter: Das mittelalterliche Kunstverständnis wurde von zwei gegensätzlichen Gedankengebäuden beherrscht:
Renaissance: In der Renaissance emanzipierte sich das Stadtbürgertum aus der traditionellen Feudalwelt. Die Kunst bot ihr eine Möglichkeit, sich der Welt zu öffnen. Sie verlor ihren sakralen Symbolcharakter und erhielt eine erinnernde und erzieherische Funktion. Kennzeichnend für den damaligen Künstler war:
In dieser Zeit emanzipierten sich die Künstler aus den Zwängen der Zünfte. Sie entwickelten sich von einem Gottesdiener zu einem selbstbewusst gestaltenden Subjekt. Alberti forderte deshalb für sie einen hohen Bildungsstand (u.a. Kenntnisse in der Dichtung, Mythologie, Ikonographie und der Geschichte). Es entstanden Akademien, die die intellektuellen und wissenschaftlichen Aspekte der Kunst lehrten (Florenzer Akademie ab 1459). Ihre Lehrinhalte galten bis 1762 und nutzten z.B. als Orientierungsvorbild für die Maler und Bildhauer die Rhetorik und Poetik. Das darin festgelegte Konzept lautete: "Inventio - compositio - elocutio" (Grundkonzept - konkrete Gliederung des Stoffes - detaillierte Ausgestaltung). Dabei lag der Schwerpunkt des Unterrichts bei der "inventio", als dem kreativen Aspekt. Ihre Betonung führte zu einem Versuch der Hierarchisierung der Künste untereinander (Paragone) und innerhalb der einzelnen Gattungen nach ihrem Darstellungsinhalt (an erster Stelle Historienbilder, an letzter die Stillleben). Die praktische Ausbildung erfolgte bis ins 19. Jh. bei handwerklich orientierten Meistern. Im berühmten Paragone-Streit in Italien (15. u. 16. Jh.) geht es um die Vorrangstellung der Malerei oder Bildhauerei. Beide hatte man bis dahin nur als Handwerk angesehen (für sie hatte es deshalb auch keine antiken Musen gegeben). Um 1390 hatte Cennino Cennini für die Malerei eine Sonderstellung gefordert, weil sie auf einem Schöpfungsakt beruhe und vom Betrachter geistige Voraussetzungen verlange, um sie zu verstehen. Auch für Alberti war sie die Mutter aller Künste, weil ihre Regeln auch für alle anderen Künste bindend seien. Er sprach aber jeder Kunstdisziplin ihre eigenen Zielsetzungen und Ausdrucksformen zu. Leonardo baute dann auf Albertis Schrift "Della Pictura" (1436) auf und stellte die Malerei vor alle anderen Künste, weil die Mathematik, Geometrie und Arithmetik mit ihren großen Zuverlässigkeiten ihre Dienerinnen seien und das Auge von allen Sinnen die größte Bedeutung habe. Im Vergleich zur Poesie und Musik leiste sie nicht nur einen unmittelbaren, sondern auch einen bleibenden ästhetischen Eindruck. Der Maler sei das Verbindungsglied zwischen Natur und Kunst. Die Bildhauerei sei geringer zu bewerten, weil sie mit einem größeren körperlichen Aufwand und Schmutz verbunden sei. Die Bildhauer führten für ihre Arbeiten besonders deren Vielansichtigkeit an (damit deren Voraussetzung für ihre freie Aufstellung) und die größere Zuverlässigkeit des Tastsinnes gegenüber dem Auge. Weiter sahen sie die größere Naturnähe ihrer Arbeiten, deren geringere Vergänglichkeit und ihre Fähigkeit einen eigenen Schatten zu besitzen, während die Malerei nur mit Illusionen arbeite. (dieser Streit erregte lange Zeit die Gemüter und wurde erst durch Lessing in seinem berühmten Laokoon-Aufsatz beendet. Er stellte darin die Unvergleichbarkeit der beiden Gattungen fest und das sie für einen Vergleich keine gemeinsame Basis besitzen). In der Renaissance tritt das Individuum zum ersten Mal in das Bewusstsein der Menschen, das sich ab jetzt an einem humanistischen Gedankengut zu orientieren beginnt. Die Künstler erkennen, dass für den "ästhetischen Mehrwert" ihre Subjektivität entscheidend ist (damit verbunden erfolgt eine Aufwertung der Form gegenüber dem Inhalt. Man strebt das Schöne als Harmonie an, die man mit Hilfe der Geometrie zu finden versucht. Über den Wert eines Kunstwerks entscheidet jetzt das Können und nicht mehr das Material). Die Gartenkunst knüpft als Teil der Baukunst wieder an ihre Vorbilder aus der römischen Antike. Nur die bedeutendsten Architekten werden mit ihr beauftragt. Vignola (u.a. Farnesegärten, Villa Lante ?, Villa Caprarola) spezialisiert sich dabei als erster darauf, zeitweise nur Gärten anzulegen. Die Argumente im Paragone zeigen, dass die Gartenkunst dabei die positiven Kriterien der Malerei abdeckt (in deren Nähe sie später auch Kant gestellt hat), aber auch die der Bildhauerei und bezogen auf Leonardos Kritik an der Poesie und Musik auch diesen wegen ihres bleibenden Eindrucks überlegen ist. Aufklärung: Der bürgerliche Kunstbegriff ist hauptsächlich in Deutschland während der Aufklärung entstanden (16.-18 Jh., in Deutschland 2. Hälfte des 18. und Beginn des 19. Jh.). Die Ästhetik wurde darin zum Maßstab der Bewertung künstlerischer Arbeiten. Das handwerkliche Können verlor an Bedeutung. Gefördert wurde diese Entwicklung durch die beginnende Industrialisierung. Um besser mit einem großen Publikum kommunizieren zu können, wurde der Kunstbegriff stark auf die Bereiche der Malerei und Bildhauerei eingeengt. Dabei unterschied man zwischen inneren und äußeren Bildern. Die inneren bildeten die Ideen und Vorstellungen und die äußeren die konkret geschaffenen Werke. Das zweite Kriterium aus dem Gedankengut der Aufklärung war der Freiheitsgedanke. Es entstanden individuelle Stile für einen unabhängigen Kunstmarkt. Damit verschoben sich auch die Darstellungsinhalte vom Religiösen, Mythologischen hin zur Darstellung des Alltagslebens und der Arbeitswelt. Die alten Autoritäten wurden durch solche ersetzt, die sich durch die Vernunft legitimieren konnten. Mit dem Ende des Barocks wurde auch das einzelne Kunstwerk autonom. Sein Wert ergab sich nun aus ihm selber (nicht mehr vom Material her oder seiner handwerklichen Qualität). Das "l'art pour l'art" war entstanden. Das Verständnis der Kunst hing jetzt zunehmend von den Interpretationen beruflicher Kunstkritiker und einem am Umsatz orientierten Kunstmarkt ab. Die Kunst verlor zum ersten Mal ihren Kontakt zu breiten Schichten der Bevölkerung. Erst jetzt (im 18. Jh.) schälte sich das System der fünf Hauptgattungen der Kunst heraus. Man zählte damals zu ihnen: Architektur, Bildhauerei, Malerei, Musik und Poesie. Während der Aufklärung wird die Kunst zu einem zentralen Betrachtungsgegenstand einer Philosophie des Schönen. Während man sich in Frankreich zunächst mit den Unterschieden zwischen den Wissenschaften und den Künsten beschäftigt, folgt man in England der neuplatonischen Philosophie:
In Deutschland baute man die Ästhetik zu einem starken Zweig der Philosophie aus. Man beschäftigte sich damals besonders mit dem Problem, wie die Wahrheit der rationalen Wissenschaften mit der "fernliegenden" Wahrheit der Dichtung und der schönen Künste vergleichbar sei. Die Künste emanzipierten sich damals aus der Anwendung bestimmter Regeln und der Herrschaft der Vernunft und setzten dem Verstand das Fühlen und Empfinden entgegen. Man ordnete die Künste der Welt des Subjektiven zu und sprach von einer "sinnlichen Erkenntnis". Baumgarten (1714-1762) machte aus der Ästhetik eine "Wissenschaft des Schönen". Sie stellte für ihn die "Vollkommenheit der sinnlichen Erkenntnis" dar. Für Kant war sie dann vierzig Jahre später in seiner "Kritik der Urteilskraft" (1790) die subjektive Empfindung eines "interesselosen Wohlbefindens". Es ging ihm in seiner Schrift um das Verhältnis zwischen der sinnlichen Wahrnehmung und dem menschlichen Erkenntnisprozess. Dabei ging er von Vorgaben im Menschen aus, die in ihm unabhängig von seinen Erfahrungen ("a priori") angelegt seien und deshalb in diese einfließen. Zu diesen zählte er Raum und Zeit und die Fähigkeit, seine "Welt" ("das Mannigfaltige") in seinem Sinne zu ordnen. Die Ästhetik war für ihn eine emotionale Bewertung des sinnlich Wahrgenommenen, das Schöne das Gefallende frei von Interessen. Erst bei der selbstlosen Betrachtung eines Gegenstandes erlebe man die "höhere" Lust, die in einem das Schöne wecke. Kant machte für das Erkennen des Schönen (und aller Erkenntnis) das Zusammenwirken der Sinne und des Verstandes verantwortlich. Seine Leistung bestand darin, dass er erstmals die Sinnlichkeit als Erkenntnisorgan für die Kunst genannt hat. In der Gartenkunst (bei ihm "Lustgärtnerei") sah er eine Schwesterdisziplin der Malerkunst. Während die letztere die Schönheit der Natur darstelle, teile die Gartenkunst deren Schönheit über die Zusammenstellung ihrer Produkte mit. Das Verdienst der Aufklärung war es, dass sie erstmals die Abbildung der Welt als eine menschliche Leistung verstand. Über den Weg zu dieser stritt man sich. Das Schöne war für Kant allein das Ergebnis der menschlichen Sinne (frei von eigenen Interessen) gewesen. Wahre Kunst war nach ihm eine "Zweckmäßigkeit ohne Zweck", d.h. dass sie sich ihre Legitimation aus sich selber nahm. Damit wurde sie aber frei für alle Fantasien und Erwartungen. Für Sulzer dienten die schönen Künste der Förderung des Sittlichen, zur "Erhöhung" des Geistes. Ein Gedanke, der als Erziehungsgedanke z.B. in Wörlitz und später als Teilaspekt in die Bürgerparks einfloss. Bei Kants Nachfolger (Schelling, Schiller, Goethe) wurde dann das Schöne zu einem Selbstzweck, bei dem das Individuelle über das Allgemeine stand. Dieses Denken wurde für das bürgerliche Kunstverständnis bestimmend. In der Gartenkunst floss diese Haltung in den Biedermeiergarten ein. Oft unterscheidet man aus der Anfangszeit des Barockgartens noch nationalistisch (in der Tradition der 2. Hälfte des 19. Jh.) zwischen einem französischen und einem norddeutsch-niederländischen, der in der Regel zu einer Überbewertung des französischen Einflusses in Deutschland führt. Geistes- und kunstgeschichtlich aussagefähiger ist vielleicht die damals quer durch alle europäischen Länder gehende Diskussion zwischen den Poussinisten (Linie, Klassik) und den Rubenisten (Farbe), wobei man in Frankreich verstärkt zur Linie und in den Niederlanden zur Farbe neigte. Als Diderot (1713-1784) und Rousseau (1712-1778) die Linie als das entscheidende Kriterium für die bildende Kunst ansahen, betonte man in den Niederlanden die Farbe. Die Anerkennung dieses Gedankens würde zu einer Aufwertung der deutschen Barocktradition führen. Klassik und Romantik: In der Klassik begann sich die Kunst dem philosophischen Zugriff zu entziehen und sich aus sich selbst zu verstehen. Winckelmanns "Geschichte der Kunst des Altertums" (1764) leitete dabei eine radikale Wende ein. Nicht mehr das Empfinden und Fühlen waren entscheidend, sondern das Wissen um das Wesen und die Wahrheit der Kunst (besonders gewonnen an der antiken Kunst der Griechen). An die Stelle der philosophischen Reflexion trat eine historische Vergegenwärtigung. Für das Wesen der Kunst sei "das Kunstwerk selbst die leibhafte Regel". Die Künstler der Alten "stiegen von der menschlichen Schönheit bis an die göttliche hinauf". Entscheidend sei es, im Kunstwerk die Kunstidee zu finden. Berühmt wurden in diesem Zusammenhang seine Bemerkung von der "edlen Einfalt und stillen Größe" der Laokoongruppe. Auch für Lessing musste die Kunst den "Gesetzen der Schönheit" unterworfen sein. Herder unterschied dabei drei Gattungen der Schönheit, denen er verschiedene Künste zuordnete:
Während der Klassik rückt die Individualität des Künstlers als einzigartiges Genie wieder in den Mittelpunkt des Kunstverständnisses. Die Kunst wurde zum Ausdruck des Individuellen schlechthin. Die Gesellschaft versuchte über eine Rückbesinnung auf die Werte der Antike wieder einen Halt zu gewinnen:
Mit der Romantik beginnt die Moderne. Dies bedeutet, sie beginnt mit der Ablehnung des Vorranges der klassischen Schönheitsideale der Antike und setzt an deren Stelle die von allen Zwängen befreite Subjektivität. Damit verbunden sind die Erfahrung des Gefühls und die freie Fantasie. Als bedeutsam gelten nun das Fantasievolle, Verträumte, die menschlichen Sehnsüchte. Bisher entsprach die Frage nach dem Schönen, der Frage nach einer letzten Wahrheit. Ihr Erkennen sollte möglich sein
Nach der Zeit der Klassik (und Romantik) kam stilgeschichtlich die Zeit des Realismus. Das vorrangige Ziel war jetzt nicht mehr die Schönheit sondern die Wahrheit (für die Erkenntnis der Wirklichkeit). Ihr Merkmal war die Konzentration auf das Wesentliche und die Sauberkeit im Detail. Der heutige "figurative Realismus" versucht dagegen nicht mehr die Wahrheit zum Ausdruck zu bringen, sondern den Einfluss der Umwelt auf den Einzelnen. Idealismus: In der Philosophie erklärte man die Kunst zum zentralen Thema der Ästhetik. Als Vermittlerin des Absoluten in seinen Erscheinungsformen erhielt sie einen vergleichbaren Rang wie die Philosophie selber oder die Religion. Der Form wurde nur noch eine untergeordnete Rolle zugesprochen. Entscheidend wurde der Symbolgehalt eines Kunstwerks. Es war die Zeit des späten Landschaftsgartens. An Winckelmann knüpften Schelling und Hegel an. Sie verwiesen auf den Umstand, dass für das Erkennen einer Kunstidee umfassende geschichtliche und spezialfachliche Kenntnisse notwendig seien. Als ästhetische Kunst wurde diese aus allen ihren Bindungen herausgelöst und nun zu einer "Verkünderin göttlicher Geheimnisse" mit einem eigenen Umfeld. Schinkel zollte diesem Umstand dadurch Rechnung, dass er das Museum am Lustgarten als Sakralbau errichtete. Mit Kants "Kritik der Urteilskraft" hatte die ästhetische Theorie in der Kunstphilosophie ihren Höhepunkt erreicht. Für ihn war das Schöne die "Zweckmäßigkeit der Dinge ohne Zweck" gewesen. In der Folge unterschied Schelling (1775-1854) zwischen den gegebenen Künsten und einer absoluten Kunst, zwischen der tatsächlichen Kunst und der "Kunst an sich". Dabei stand das Absolute bei ihm für die Urwahrheit und die Kunst für die Urschönheit. Sie sei für den Philosophen so wichtig, weil erst er über sie die Möglichkeit eines Zutritts zum "Allerheiligsten" bekommen würde. Hinter einer Skulptur stehe das "objektiv dargestellte Urbild der organischen Natur", hinter einer Musik ein "urbildlicher Rhythmus der Natur und des Universums". Hegels Ästhetikvorlesungen und seine "Phänomenologie des Geistes" haben dann einen großen Einfluss in der Kunstgeschichte gehabt. Für ihn unterschied sich die Kunst von der Religion und der Philosophie, indem sie die Schönheit als sinnliches Scheinen der Idee als Inhalt habe und diese für die Anschauung sinnlich darstelle. Für Hegel hatte die Ästhetik in der antiken Kunst ihre Vollendung gefunden, in der sich "das Geistige vollständig durch seine äußere Erscheinung hindurchzog, das Natürliche in dieser schönen Einigung idealisierte und zur gemäßen Realität des Geistes in seiner substantiellen Individualität selber machte". Im Idealismus wird der Kunst die Aufgabe zugesprochen über die Schönheit das Absolute zu repräsentieren. Ihr Inhalt sei die sinnlich-bildliche Gestaltung der Idee des Schönen. Im Ideal lasse sie über eine individuelle Anschauung diese Idee durchscheinen. Der "absolute Geist", die Wahrheit stellten sich im Schönen als "gestaltete Geistigkeit" dar. Die Geschichte der Künste sei eine Geschichte der Idee des Schönen. In der Philosophie des deutschen Idealismus wird das "Schöne" dann immer abstrakter und unklarer. Bei der Auseinandersetzung mit ihm handelt es sich letztlich um den Versuch, einen transzendentalen Inhalt zu retten. Nach Hegel kommt es zu einer Krise innerhalb der Kunsttheorien. Das verpflichtende Schöne scheitert an der Wirklichkeit des Lebens. Ihr Erkenntniswert wird in Frage gestellt. In der zweiten Hälfte des 19 Jhs. setzte dann eine Verwissenschaftlichung der Kunstbetrachtung ein. Man hatte erkannt, dass die Bestimmung des Schönen als Zweck der Kunst nur eine Leerformel war. Zur Bewertung der Kunst benutzte man nun zunehmend empirische Maßstäbe der verschiedenen Einzelwissenschaften (z.B. der historisierenden Geisteswissenschaften, der Psychologie, Evolutionslehre und der Naturwissenschaften), was zu einer Zurückdrängung des Einflusses der Philosophie führte und zu der Aufspaltung ihrer Betrachtungsinhalte. Ihr Problemgefüge verlor seinen Zusammenhalt. Immer neue Methoden und erkenntnistheoretische Ansätze verstärkten im Laufe der Zeit noch diese Entwicklung und führten über eine kaum noch zu übersehende Spezialisierung zur heutigen unüberschaubaren verwahrlosten Situation. Schopenhauer - Nietzsche: Für Schopenhauer war die Kunst eine "Erkenntnisart" mit einer Vorrangstellung der Musik. Von diesem Grundgedanken ging später Wagner mit seinen Tondramen aus. Nach ihm sollten dem Menschen die sozialen Bewegungen die Stärke und die Kunst die Schönheit bringen. Nietzsche wurde dann mit all seinen verschiedenen Ansätzen der zentrale Denker des modernen Menschen, die zentrale Ausgangsgestalt vor der Lebensreformbewegung, die unser Leben noch heute bestimmt. Letztlich ist er der Vater der Avantgarde-Bestrebungen gewesen. Er stellte in seinen Überlegungen dem "Apollinischen" das "Dionysische" im Menschen gegenüber. Auch für ihn öffnete die Musik (als "dionysische Kunst") den Zugang zum tiefsten Kern der Dinge. Ein Schema seiner Hauptüberlegungen:
Ein Künstler entwickelt sein Werk in drei Stufen:
Bei Nietzsche standen beide Kräfte in einem Wechselbezug. Diese Haltung ging später zu Gunsten eines einfachen Dualismus verloren. Der Einfluss Nietzsche auf die moderne Kunst kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ohne sein Denken wären die Avantgarde, die Expressionisten oder Surrealisten in den dann entstandenen Formen nicht möglich gewesen (aber auch nicht die Verherrlichung des Krieges durch Ernst Jünger oder manche Gedanken im Nationalsozialismus). Er verherrlichte das Schöne als einen Ausdruck des Apollinischen. Es besaß bei ihm als ein "Schein des Absoluten" einen die Welt verklärenden Charakter. Es war in diesem Zusammenhang das erste große Versagen der Gartenkunst gewesen, dass sie damals ihre dionysische, archetypische Bedeutung nicht erkannt und in ihren Arbeiten hat umsetzen können (siehe dazu das Kapitel "Lebensreform"). Impressionismus: Der Wandel in der Kunstauffassung begann mit der Unzufriedenheit mit dem Überlieferten. Seine Etappen bis zur Malerei der Moderne waren (beispielhaft gewählt, weil sie unter den Kunstdisziplinen die bekannteste ist):
Manet: Radikalisierung der Hinwendung zur Gegenwart. Monet: Motiv verschwindet langsam zugunsten der Farbe (allerdings auch wegen seiner zunehmenden Altersblindheit) Nach dem Zerfall der Akademien entstand ein eigenständiges Gefüge, die Kunst zu definieren. Diese Aufgabe übernahmen jetzt der Kunsthandel, die Kunstkritik und die Museen in einem komplexen Prozess des Abwägens. An die Stelle einer einheitlichen Kunstvor-stellung setzte deren Aufsplitterung ein (bis hin zur heutigen Beliebigkeit). Die Kunst wurde zu einer nach den Prinzipien der Gewinnmaximierung gehandelten Ware, deren Verständnis weitgehend nur noch über eine inhaltliche (und interessengebundene) Kunstvermittlung möglich ist, d.h. ohne einen Vermittler inhaltlich nicht mehr nachvollzogen werden kann. Erst die neuen Kunstinstitutionen ermöglichten die heutige Autonomie der Kunst. Als solche erlangte sie für das Bürgertum den Orientierungswert einer Religion mit einem rückblickenden Geniekult im Mittelpunkt. Die Künstler wurden zu Propheten einer besseren Welt (und jeder wollte dazugehören). Der Gedanke des "l'art pour l'art" entstand bereits in der ersten Hälfte des 19. Jhs. (wahrscheinlich verwendete der Philosoph Victor Cousin 1818 erstmals diesen Ausdruck in seinen Vorlesungen). Die Kunst sollte danach von der Gesellschaft unabhängig bestehen. Adressaten waren danach einige Eingeweihte. Man erwartete von ihr nur, dass sie Kunst sei. Allein das Schöne wurde über alles gestellt. Die eigene Fantasie wurde als Grundlage der Kunst erklärt. Eine Folge dieser Gedanken war eine Verweigerung der realen Welt, eine Flucht in eine Welt der Sehnsüchte, Träume und die Beschäftigung mit sich selber. Das Problem, das sich stellte, war der Verlust des Kontaktes zur realen Welt. Die Kunst diente jetzt über den Konsum nur noch der Entspannung und dem Vergnügen. Ihr Einfluss wurde dann erst durch die Avantgarde aufgehoben. Im Impressionismus bestand die Forderung nach einer Konzentration auf eine reine, eigene Wahrnehmung. Über die Rückkehr zu einer naiven Ursprünglichkeit wollte man seine Originalität zurückgewinnen. Für die Künstler wurde das Sehen der Natur zum zentralen Vorbild. Das Wahrgenommene wurde in seine Elemente zerlegt und nacherlebt, der Bildgegenstand immer unwichtiger. Damit konnten die Bilder zunehmend entdinglicht gesehen werden. Die Naturwissenschaften begannen in alle Lebensbereiche vorzudringen. In der Malerei z.B. über die Erkenntnis, dass das Auge nur verschiedene Farbreize aufnimmt und erst das Bewusstsein diese zu dreidimensionalen Bildern zusammensetzt. Zwar versuchte man diese Erkenntnis im Pointillismus direkt umzusetzen, doch wichtiger wurde der Umstand, dass damit die Reduktion in der Kunst zu einem Maßstab wurde. Das reine Wahrnehmen führte dann letztlich zur Abstraktion. Zugleich ging mit der Abkehr von der traditionellen Künstlerausbildung ein Verlust an bildnerischer Erfahrung einher. Jugendstil (Lebensreformbewegung): Um die Wende zum 20. Jh. löste sich die Kunst aus ihren metaphysischen Bindungen. Rodin setzte die Suche nach der Wahrheit gegen die leere Schönheit des Akademismus. Der Künstler nähme die Natur ganz anders wahr als ein Durchschnittsmensch, weil sein besonderes Gefühlsvermögen ihn hinter den Äußerlichkeiten deren innere Wahrheiten erkennen ließe. Weil die Natur immer schön sei, ließe sie sich auch nicht verschönern. Die Natur wird über die Kunst "ohne dass sie aufhörte, Natur zu sein" zur Sichtbarkeit entwickelt. Die Kunst befreit aus den Bindungen an die sichtbare Welt. Sie beruht auf den besonderen Beziehungen des Künstlers zur Natur und auf der Herstellung neuer Wirklichkeiten. Damit wurden die Leitideen für die Kunst des 20. Jh. ausformuliert. Ausgehend von Nietzsche griff die Lebensreformbewegung alle diese Gedanken auf und führte die Menschen in ein neues Lebensgefühl (wie wir es in seinen wesentlichen Ausformungen noch heute haben). Als höchstes Ziel galt die Wahrhaftigkeit. Gesucht wurde die unmittelbare, sinnliche Wirkung. In der Musik glaubte man die bedeutendste Kunstdisziplin erkannt zu haben (der damaligen Gartenkunst fehlten die entscheidenden philosophischen, wahrnehmungspsycho-logischen, sozialen und technischen Kriterien). Schon seit Jahrhunderten war sie ein Ausdrucksmittel seelischer Vorgänge und eine Disziplin, die eigene Tonwirklichkeiten schaffen konnte. Die Orientierung an der Musik führte zur Forderung nach einer unmittelbaren sinnlichen Erfahrung von Farben, Linien und Formen. Damit setzte der Beginn der Abstraktion in der bildenden Kunst ein. Das geistige Prinzip wurde für die Kunst bestimmend. Klänge und Farben wurden als verwandt angesehen (beide beruhen auf dem Erleben physikalischer Schwingungen). Wilde hielt die Musik für das "Urbild der Künste", für Schopenhauer und Nietzsche war sie deren "Urmutter". Man versuchte sich jetzt nicht mehr über Inhalte auszudrücken, sondern über die Darstellung von Stimmungen (z.B. erhabenen Gefühle). Innerhalb der Malerei erhielt die Darstellung von Landschaften (wegen ihrer angeblichen Nähe zur Musik!) eine herausragende Stellung. Als ein Problem wurde das Verschwimmen der Grenzen zwischen den einzelnen Kunstgattungen angesehen. Man forderte deren Trennung von einander, so dass jede Disziplin nur noch für sich selbst stehe. Dies führte am Ende dazu, dass jeder der ihr zugehörenden Künstler sich nur noch über eigene Texte oder solche von professionellen Kunstkritikern verständlich machen konnte. Seit der Romantik war zunehmend eine Rückbesinnung auf das Elementare eingetreten. Man begann jetzt verstärkt bei seiner Arbeit auch die ästhetische Qualität des Materials zu berücksichtigen. Das Authentische, Ursprüngliche wurde zu einem Qualitätsmerkmal. Es bestand unabhängig vom geistigen Gehalt einer Arbeit. Für die Lebensreformbewegung besaß diese Materialästhetik eine zentrale Bedeutung. Noch Schiller stellte sie in den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts als ethische Grundforderungen in seiner "Gartengestaltung" nachdrücklich heraus (danach war immer klar gewesen, was Gartenkitsch eigentlich ist: das nicht Materialauthentische). Zu den damaligen Forderungen gehörten:
In der Lebensreformbewegung wollte man mit Hilfe der Architektur und des Kunstgewerbes das Leben neu gestalten. Der einzelne Mensch sollte in einem Gesamtkunstwerk wohnen. Als Kennzeichen der Zeit galt das Bedürfnis nach Schönheit. Über den Umgang mit der Kunst sollte man für höhere Werte aufgeschlossen und damit auf eine höhere Lebensstufe gehoben werden. Die Künste sollten dem Leben einen Sinn geben. Dabei sollten sie jeweils den Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Die Lebensreformer sagten, wie dies zu geschehen habe (allerdings auf eine oft gegensätzlichenWeise). Louis Sullivan (1856-1926, amerik. Architekt, Lehrer von Wright) leitete aus seinen Beobachtungen in der Natur die Erkenntnis ab, "dass die Formen immer den Funktionen folgen". Für ihn war deshalb in der Architektur nicht die Form das Entscheidende, sondern das Erkennen der Funktionen einer Architektur. Aus dem allgemein bekannten Ablauf der Geschichte der Malerei weiß man:
Interessant ist der Versuch, die Entwicklung der damaligen Avantgarde zu Beginn des 20. Jhs. als ein Aufbegehren gegen die Vorstellung vom Künstler als individuellem Kunstgenie zu sehen. Es werden von Verena Krieger in diesem Zusammenhang sieben Ansätze genannt, wie man versuchte, diese Rolle zu unterlaufen:
Avantgarde (klassische Moderne): Um und nach 1905 entstanden eine Vielzahl von Avantgarde-Bewegungen (= "klassische Moderne"), u.a.: "Blauer Reiter", Expressionisten, Dadaisten, Futuristen, Suprematisten, Konstruktivisten, De Styl, Bauhaus). Es war der Höhepunkt der Lebensreformbewegung. Man stellte sich gegen den Hauptstrom der Gesellschaft, erklärte deren Weg für eine zivilisatorische Bankrotterklärung und suchte nach neuen Möglichkeiten. Ihr Problem war, dass sie in eine Vielzahl sektiererischer, oft gegensätzlich orientierter Einzelgruppen zerfiel. Der Kunstbereich wurde bestimmt von einer radikalen Autonomisierung der Künstler und ihrer Disziplinen (des Materials). Wichtig für die Öffentlichkeit wurde nicht mehr ein Werk, sondern das zum Ausdruckkommen der künstlerischen Subjektivität. Damit verbunden war die Pflege ihrer Individualität und ihres Außenseitertums. Die öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung galt jetzt dem Ausstellungskünstler und folgte nicht mehr den Vorstellungen vom Künstlergenie, dass sich an den Renaissancegrößen wie Michelangelo, Raffael und Leonardo da Vinci orientierte. Vorausgegangen war gegen Ende des 19. Jhs. eine Verwissenschaftlichung der Ästhetik. Sie begann zunächst mit der empirischen Erfassung von subjektiven Daten (erstes Institut für Psychologie 1879 in Leipzig). Man versuchte dabei u.a. die allgemeinen Bedingungen zu klären, unter denen Kunst entsteht. Für Wilhelm Wundt waren es die "ästhetischen Elementargefühle, die allen Menschen gemeinsam sind". Die Kunst war für ihn eine Kulturleistung, die der menschlichen Natur entsprach. Über die neue Psychologie erfuhr man, wie man mit Hilfe seiner Sinne die Welt wahrnahm: Nicht mathematisch genau, sondern über verschiedene Bedeutungsebenen. Dass z.B. der einzelne seine empfangenen Daten nach ihrer Bedeutung für ihn auswählte und damit an seine Umwelt mit einem eigenen Blickwinkel herantrat. Früher war es um das Erkennen des Wahren durch das Schöne gegangen, jetzt nur noch um die subjektive Abbildung einer Wirklichkeit als Einleitung einer möglichen, einer erhofften Kommunikation. Am Anfang der Moderne steht Cezanne. Er wurde zum Vorbild für die gesamte nachfolgende Malerei, bzw. dem Kunstverständnis für die erste Hälfte des 20. Jhs.. Über Matisse veränderte sich unser Farbbewusstsein und über den Kubismus unser Strukturgefühl: Matisse (1869-1954): Überwand den Impressionismus und gab der Farbe ein eigenständiges
Dasein (durch ihren dekorativen Flächeneinsatz und den ornamentalen
Gebrauch). Von Cezanne übernahm er ihre Verwendung zur Ausdeutung
räumlicher Gefüge. Mit ihrer Hilfe dynamisierte er die Flächen zwischen den
gegenständlichen Motiven. Weiterhin reduzierte er die Formen bis auf ihren
abstrakten Kern. Matisse war Mitbegründer der Künstlergruppe "Fauves" (=
"Wilden"). Von ihr führt eine Linie zu den Expressionisten und später zu den
Neo-Expressionisten und "Jungen Wilden". Darüber hinaus beeinflusste er die
Grafik des 20. Jhs. und über diese die Pop-Art. Kubismus: Er bildete in der Malerei den Wendepunkt von Spätimpressionismus zur abstrakten Malerei, den Übergang von gegenständlichen zu abstrakten Formen und folgte einer methodischen Analyse der Bilder Cezannes, indem er dessen konstruktiven Bildaufbau erweiterte und darin die Gegenstände in allen ihren Ansichten zeigte. Das erste bedeutende Bild war hier Picassos "Demoiselles d'Avignon" (1907). Raum und Gegenstände bildeten kein Abbild mehr, sondern verschmolzen zu einem bildnerischen Gesamtwerk. Es werden zwei Phasen (Methoden) unterschieden: Analytischer Kubismus (ab ca. 1910):
Kombination verschiedener Ansichten zu einer Ganzheit. Damit Verzicht auf
den "schönen Schein" und einer gegenständlichen Aussage zugunsten einer
Autonomie des Bildes (dies schuf die Voraussetzungen für die spätere
gegenstandslose Malerei). An die Stelle der bisherigen perspektivischen
Konstruktion trat ein prismenartiges Liniengerüst, das zum Schluss der
Entwicklung die Figur nicht mehr aus dem Grund treten ließ. An die Stelle eines
Bildschwerpunktes wurde das Bild nun von rhythmischen Bewegungen
bestimmt. Synthetischer Kubismus (nach 1914):
Versuch in die Abstraktionen des analytischen Kubismus wieder
gegenständliche Elemente zu zeigen (unter Beibehaltung der inzwischen
gewonnenen Freiheit in der Bildgestaltung). Einbau z.B. von
Zeitungsausschnitten, Tapeten, Holz oder anderen Stoffen. Die Bilder wurden
dadurch leichter lesbar. Die gegenständlichen Motive erhielten eine stärkere
Beziehung zum natürlichen Vorbild. Der nächste Schritt war dann die Collage. Der Kubismus strahlte auch auf die anderen Kunstdisziplinen aus (z.B. die Baukunst in Prag). Das Kennzeichen war dann das Aufbrechen bisheriger Kompositionsverfahren zugunsten neuer Aneinanderreihungen von Einzelelementen. Zeitgleich zu diesen Bewegungen gab es in fast allen europäischen Ländern ähnliche Bewegungen, die einerseits aus Frankreich starke Anregungen erhielten, andererseits aber eigene Schwerpunkte besaßen: Deutschland: Expressionismus (ca. 1905-1925).
Er stellte sich gegen den Naturalismus und damit gegen die überkommenen
künstlerischen Formen. Er gab gefühlte, interpretierte Motive wieder und stand
in einer engen Beziehung zur Lebensreformbewegung. Motto: Nicht
naturgetreu, nicht bürgerlich, nicht konventionell. Bekannte Künstlervereinigungen in ihm waren: "Die Brücke" (Dresden), "Blaue Reiter" (München).
Später nahm er Einfluss auf das "Informel" und die "Neuen Wilden". Italien: Futurismus (ab 1909).
Die Bewegung geht auf ein Manifest von Marinetti zurück. Er besingt darin u.a.
Gewalt, Rausch, Krieg und Brutalität als Weg zu einer neuen Kultur. Er
veranstaltete Provokationsabende mit dem Ziel, Skandale zu schaffen, die in den
Medien breit behandelt wurden. Wegen des dadurch erreichten
Bekanntheitsgrades hatte eine futuristische Wanderausstellung großen Erfolg,
die dann wiederum auf die verschiedenen Kunstszenen einen großen Einfluss
nahm. Marinetti stand später den Faschisten nahe (Kulturminister). Dadurch
konnte er einen großen Einfluss auf alle Bereiche der Kultur gewinnen (z.B. in
der Förderung neuer Baustoffe). Futuristische Gedanken waren in vielen
Ländern in den verschiedensten Kunstdisziplinen verbreitet (in Deutschland
z.B. in Döblins Roman "Berlin Alexanderplatz" bei der Textmontage und der
inhaltlichen Gleichzeitigkeit).
In Italien führte der Futurismus zur Emanzipation vom Einfluss der Renaissance. Im restlichen Europa gewann er Einfluss auf alle Strömungen der Moderne. Einen besonderen Einfluss nahm er auf die neuere Literatur (z.B. Joyce "Ulysses"). Auch der Begriff "Avantgarde" geht auf ihn zurück. Seine aktuelle Bedeutung liegt in seiner medialen Methode, durch Provokationen Inhalte in der breiten Öffentlichkeit durchzusetzen. Russland: Suprematismus (1915-ca. 1930).
Er wurde von Malewitsch nach einer Ausstellung französischer Maler (1908)
und der Berücksichtigung futuristischer Ideen 1912/13 in Russland
entwickelt. Er befreite darin die Kunst von allen Gegenstandsbezügen und
reduzierte das Dargestellte auf einfachste geometrische Formen (z.B.
"Schwarzes Quadrat"). In einer Ausstellung suprematischer Gemälde 1915
gelang dann der "Gegenstandslosen Kunst" erstmals der Durchbruch.
Malewitsch suchte für die Kunst eine vom Menschen unabhängige Seinsgrundlage. Suprematismus, weil nach ihm alle drei Erkenntnisrichtungen (Religion, Kunst, Wissenschaft) im Ungegenständlichen den gemeinsamen Nenner haben. Konstruktivismus:
Der Konstruktivismus baute auf den Suprematismus. Er verzichtete auf alle
bisherigen Formen und Bilder und wollte kulturell noch einmal von vorne
anfangen. Dabei griff er auf einfache geometrische Formen und gleichmäßige
Farbflächen zurück. Die Architektur wurde für ihn zur "Mutter aller Künste".
Er beeinflusste die holländische Gruppe "De Stijl" und das "Bauhaus".
Bekannte Künstler aus diesem Bereich waren u.a. Tatlin, Rodtschenko,
Mondrian, Vassarely, Barnett Newman und in Deutschland Albers, Feininger
und Schlemmer. Holland: De Stijl (1917-1933).
Beeinflusst wurde diese Gruppe um die Kunstzeitschrift "De Stijl" vom
Kubismus und den Schriften Kandinskys. Sie versuchte eine neue abstrakte
Formsprache auf der Basis weniger Grundprinzipien (z.B.
waagerecht/senkrecht, groß/klein und Grundfarben) zu schaffen. Die Gruppe
stand in einer engen Verbindung zum Bauhaus. Deutschland: Bauhaus (1919-1933).
Deutsche Kunsthochschule. Hervorgegangen aus der Kunstgewerbeschule in
Weimar. Sie verband alle Bereiche der Kunst unter einem Konzept und
beeinflusste sie fast alle entscheidend. Das Ausgangsziel war gewesen, das
Kunsthandwerk wieder zu beleben. Das Ergebnis: Eine neue Formsprache,
die einem industriellen Herstellungsprozess gemäß war. Die Architektur
wurde als Gesamtkunstwerk gesehen, in das sich die anderen Künste
einordneten. Es bestand eine enge Beziehung zum "Deutschen Werkbund".
Man wollte im Bauhaus u.a. die Unterscheidung von Künstler und Handwerker beseitigen. Die Lehrer nannten sich Meister. Sie standen teilweise den lebensreformerischen Gedanken nahe. Von konservativen Kräften immer bekämpft, musste das Baushaus sich 1933 in Berlin auflösen. Verschiedene Lehrer emigrierten daraufhin in die USA, wo sie besonders in der Architektur und dem Design einen großen Einfluss gewannen. Eins ihrer Schwerpunkte war das Black Mountain College gewesen. In Deutschland übernahm 1953 die "Hochschule für Gestaltung" (Ulm) sein Erbe. 1968 wurde sie aber wieder wegen interner Streitigkeiten und politischer Ablehnung geschlossen. Sie hatte trotz der kurzen Zeit ihrer Existenz auf das westdeutsche Design einen entscheidenden Einfluss gewonnen (Braun, Bofinger). Von Anfang an war es das Ziel des Bauhauses bereits in Weimar gewesen, einen Ausbildungsgang "Gartenkunst" einzurichten. Aus heute nicht mehr genau nachzuvollziehenden Gründen kam es aber nicht dazu. Dadaismus ( 1916 - 20iger Jahre): Ursprünglich in Zürich gegründet (Cabaret Voltaire). Er lehnte die bestehende Gesellschaft, ihr Wertesystem und die überkommenen Kunstformen ab, betonte den absoluten Individualismus und stellte an die Stelle disziplinierter Arbeitsweisen willkürliche, zufallsgesteuerte Aktionen. Er wollte die vollkommene Antikunst sein. In Verbindung mit Protesten gegen den ersten Weltkrieg verbreitete er sich schnell über ganz Europa: Zürich-Dada:
Hauptsächlich Literaten mit Tongedichten, Tongebilden.
New York-Dada:
Führte zur Abspaltung der amerikanischen Kunst von der europäischen und
zur Entwicklung einer eigenständigen amerikanischen Moderne. Der
Europäer Duchamp trieb mit seiner "Anti-Kunst" (Readymades: z.B.
Fontäne = ein liegendes Urinal, 1917) die Frage nach dem Sinn der Kunst
auf die Spitze. Maschinell gefertigte Teile wurden in einem
Museumsrahmen zu Kunstwerken erklärt.
Berlin-Dada:
Man entwickelte die Züricher Laufgedichte weiter, förderte die Collage-
Technik, provozierte das Publikum mit Beschimpfungen (bekannter
Vertreter u.a. Grosz).
Hannover-Dada:
Die dortige Zentralgestalt war Kurt Schwitters. Er nannte seine Anti-Kunst
"Merz". Selber in vielen Kunstbereichen befähigt, wollte er diese zu einer
einzigen Kunstform verschmelzen. In seinem "Merz-Bau" schuf er
Erinnerungshöhlen für seine Gedanken, Bekannte und persönlichen
Bezugsgegenstände. Die heutige Bedeutung des Dada ist, dass er im Kunstbereich viele Tabus gebrochen hat. Darüber hinaus verband er (anarchistisch) die verschiedensten künstlerischen Disziplinen mit- einander und hatte einen großen Einfluss auf die moderne Grafik und die Performance und war ein Vorbereiter des Surrealismus. Unser heutiges Problem mit ihm ist, dass wir ihn heute nicht als bewusst geschaffene Anti-Kunst, sondern als Kunst sehen, was er in dieser Form nie sein wollte. Deshalb braucht auch niemand Duchamps "Fontäne" als ein großes Kunstwerk anzusehen. Sie war einst nur als eine ironische Provokation gedacht. Das bedeutet aber nicht, dass viele der Dadaisten nicht selber große Künstler waren (z.B. Max Ernst). Ihr Bekenntnis zur Nicht-Kunst war nur die Aufforderung, neue Wege für die Ästhetik zu öffnen. In der Gartenkunst ist dem Autor kein Dadaist bekannt. Nur Migges heute so gern missbrauchter Satz, die Gartenkunst sei keine Kunst, ist in diesem damaligen Zeitgeist zu sehen. Auch seine Ablehnung Langes Pflanzen-Ästhetizismus weckt vergleichbare Assoziationen. Surrealismus (1921- 1929, 1940-1944): Die aus der Pariser Dada-Bewegung hervorgegangene und von Breton gegründete Vereinigung ging vom Unbewussten im Menschen als Quelle seines künstlerischen Schaffens aus. Die Ausgangsbasis waren Traum- und Rauscherlebnisse. Auch diese Gruppe wollte die bisherigen Wertvorstellungen verändern. Während die Dada-Bewegung sich destruktiv verhielt, machte der Surrealismus konstruktive Angebote aus der nichtrationalen Gefühlswelt. Während des Schaffensprozesses sollte das rationale Denken ausgeschaltet werden. Man unterschied zwei Unterarten, den unreflektierten (veristischen) Surrealismus, der nicht zusammenhängende Dinge zusammenbrachte (wie Dali) und den abstrakten Surrealismus, der auf jeden realistischen Bezug verzichtete (wie Miro). Der Surrealismus hatte einen großen Einfluss auf die Literatur, die Werbung, den Film und die Konzeptkunst gehabt. Der Surrealismus war ein Aufstand gegen die funktional gestaltete Wirklichkeit. Auf dem Hintergrund der Schriften Freuds bildete er eine Wirklichkeit über der alltäglichen Wirklichkeit ab (d.h. die Welten des Unterbewusstseins, der Träume und Visionen). Nicht die sachliche Objektivität, sondern die Subjektivität wurde zum Gestaltungsideal. Mit den genannten Bewegungen waren alle Grundlagen für eine Ausweitung des bisherigen Kunstbegriffs zu seinem heutigen Verständnis gelegt worden. Auch verneinend wurden alle Vertreter von einem ästhetischen Bewusstsein getragen. Viele heutige Fehlentwicklungen haben damit wenig zu tun. Sie nutzen nur das soziale Ansehen der Kunst für ihre wirtschaftlichen Interessen. In der etablierten Gartenkunst hatte es nur wenige Vertreter gegeben, die die sich anbietenden Gedanken der Lebensreformbewegung aufgriffen und für die Entwicklung eines dritten, individuellen Gartenstils mit allen seinen Möglichkeiten eintraten. Es ist bezeichnend, dass die ersten Anregungen von Architekten oder bildenden Künstlern (Vogeler, Laeuger, Liebermann) kamen. 1933 brach die Weiterentwicklung der Moderne ab. Gleichzeitig erfolgte ein Verzicht auf das bisherige aufklärerische Erbe mit seinen geistigen Bestrebungen nach einer Emanzipation und der Suche nach einer humanen und freien Welt. Wiepking plante, als damals vielleicht einflussreichster Berufsvertreter den landschaftsbezogenen Teil des Generalplans Ost (der bei seiner Ausführung wahrscheinlich Millionen Toter zur Folge gehabt hätte). Nach dem Krieg (1945) setzte eine starke Amerikanisierung der westeuropäischen Kultur ein. Vorausgegangen waren in Birmingham die Cultural Studies (unter dem Einfluss von Raymond Williams):
"Informel" (u.a. Hartung, Dubuffet) als eine Bewegung, die auch das Gefühl und die
Spontantät betonte (hervorgegangen aus dem Surrealismus, 1945 in Paris
entstanden) und dem amerikanischen abstrakten Expressionismus entspricht. In
ihm bildete die Gruppe "CoBrA" (1948-1951, u.a. Asger Jorn) eine Sonderrolle. Sie versuchte die Stilmittel des
Informel wieder stärker mit den älteren Stilformen der Avantgarde zu verbinden
und dadurch abstrakt-figurative Farbgebilde zu schaffen.
Für Deutschland wurden besonders die Kunstrichtungen "Zero" und "Fluxus" bedeutsam: "Zero" /1958-1966): Der Auslöser war eine Ausstellung Yves Klein in Düsseldorf (1957).
Man sah in ihr das Ende der Malerei, aber zugleich auch den Beginn einer neuen
Kunst, damit deren Stunde Null ( = Zero). Man reduzierte die Farbe bis zur
Monochromie, verzichtete auf eine Komposition und ließ nur noch die Bildfläche
sprechen. Im Licht entfalteten sich dann die Farbqualitäten. In der
Weiterentwicklung entdeckte man immer neue Möglichkeiten mit dem Licht zu
arbeiten. Uecker strukturierte die Fläche und ließ es darin wandern. Mack
brachte es in Schwingungen. Mit Hilfe von Motoren wurden "Lichttheater"
geschaffen und in die Ausstellungen öffentliche Aktionen integriert. Die
Tafelbilder wurden von Objekten abgelöst, der Lebensraum ästhetisch mit Kunst
vereint, die Vereinigung von Natur, Mensch und Technik proklamiert. Damit
war der Weg frei zur heutigen Konzeptkunst. Aussage Ueckers: "Die Kunst .... verwirklicht sich im leeren Menschen. Das
Bild an sich ist nicht von Bedeutung, nur ein auslösender
Faktor für das Sichtbarmachen einer Idee, eines Impulses". "Fluxus" ist als Kunstrichtung 1962 aus der Aktionskunst des Zero hervorgegangen. In ihr
wurden Geschehensabläufe collagenartig zusammengestellt (z.B. mit
akustischen, musikalischen, choreographischen Elementen oder Installationen).
Im Unterschied zum Happening waren hier Künstler und Publikum getrennt.
Die herausragende charismatische Gestalt war Beuys. Die Gruppe stand dem
Dada nahe. Aussprüche: "Das Leben ist ein Kunstwerk" (Williams), "Jeder
Mensch ist ein Künstler" (Beuys; gemeint: Jeder besitzt einen kreativen Kern).
Das Ende dieser Entwicklung bildete die Konzeptkunst. Sie ist aus der Minimal-Art hervorgegangen und Vertritt den Gedanken, dass allein die Idee bereits die Bedeutung eines Kunstwerks bestimmt. Die Ausführung kann ein Beliebiger übernehmen. Ihre Grundlage sind Anleitungen und Ideenskizzen. Damit soll das Kunstwerk als solches völlig "entmaterialisiert" werden. Es entsteht letztlich erst durch Assoziationen im Betrachter. Die Wahrnehmungsorgane sollen gegenüber den "Denkvorgängen" im Gehirn an Bedeutung verlieren. Das Problem dieser Vorstellung ist aber,
2. Versuch einer Annäherung: Moderne Kunst Die moderne Kunst beginnt mit dem Verlust der religiösen Heilsgewissheit. Damit wird der Mensch gezwungen sein Selbstverständnis neu zu definieren. An die Stelle einer Harmonie in der göttlichen Schöpfung tritt die Trennung zwischen den "natürlichen Objekten" und dem menschlichen Subjekt. Das sichere alte Orientierungsgefüge zerbricht. Dem überzeitlichen Schönen der Antike wird das zeitgebundene Schöne gegenübergestellt. Die Folge davon ist, dass die bisherigen (antiken, Winckelmannschen) Bewertungskriterien ihre Gültigkeit verlieren und die aktuelle Kunst aufgewertet wird. Verbunden damit ist aber auch die Erkenntnis, dass, wenn deren Bewertungskriterien zeitabhängig sind, die Bewertung der Kunst selber auch etwas Relatives ist. Hegel forderte daraus konsequent: das Ende der Kunst. Von der Darstellung ewiger Wahrheiten befreit, gewinnt die moderne Kunst erst eine Dauerhaftigkeit, wenn sie etwas Neues hervorbringt. Eine Folge davon ist der Zwang zu etwas ständig Neuem und eine Aufwertung der Form (des Designs). Von ihren bisherigen Bindungen (das Schöne als Ausdruck des Göttlichen, das Wahre, Gute) befreit, konzentriert sie sich auf das Experimentieren mit sinnlichen Gestaltungsmitteln. Sie stellt nicht mehr das klassisch Schöne dar, sondern das Neue, Erregende oder sogar Provozierende. Verbunden mit dem Verlust ihrer moralischen Bindungen ist aber auch ihre weitgehende Ausgrenzung aus dem religiösen und politischen Leben. Sie erhält einen eigenen "Spielraum", verbunden mit einer weitgehenden Narrenfreiheit, da sie von den verschiedenen anderen wertsetzenden Interessengruppen nicht mehr als eine mögliche Bedrohung empfunden wird. Im Vordergrund der modernen Kunst steht die Originalität. Gemeint ist deren Einzigartigkeit in Inhalt, Form und Ausführung. Über diese hebt sich der einzelne Künstler aus der Masse seines Milieus, wird er unverwechselbar. Sie wird zu seinem Markenzeichen. Ihre Qualitätsmerkmale sind dann u.a.:
In der modernen Kunst des 20. Jh. hatten wir zwei große Strömungen: die Moderne und die Postmoderne.
Die augenblickliche Kunstdiskussion ist so schwierig, weil es z.Z. im Kunstbereich zwei verschiedene Grundpositionen gibt, die bei einem flüchtigen Hinsehen kaum Berührungspunkte miteinander besitzen. Stark vereinfachend kann man sie bezeichnen als
Die moderne Kunst lebt manchmal geradezu von dem Unverständnis, der Ablehnung durch die Betrachter. Für manche Sammler scheint der bereitete Ärger geradezu ein Sammelkriterium zu sein. Ihre Immunität gegenüber einer Kritik macht diese Arbeiten unangreifbar. Wie ein Virus, der nicht aus eigener Kraft bestehen kann, leben sie von den Aktivitäten ihrer Betrachter, bzw. ihrer Interpreten, denen eine blinde Masse folgt. Ihr Verdienst ist es oft, aufgezeigt zu haben, zu welchen hermeneutischen Leistungen der Mensch in der Lage sein kann. Oft verändert ein Marktwert unseren Blick auf die Kunst. Der Glaube ihres Besitzers damit einer elitären Gruppe anzugehören, die ihn aus der anonymen Masse heraushebt, lässt heute oft unvorstellbare Summen für Banalitäten zahlen. Der Konsum ästhetischer Beliebigkeiten lebt von einer lauten Selbstdarstellung, die an die Stelle des einst diskreten Kunsthandels mit seinen Gesprächen unter Kennern getreten ist. Kunst degradiert sich zum "Lifestyle", zu einem Rahmen eines arrangierten Amüsements. Die Modelaunen eines inneren Kreises bestimmen dann das Dazugehören. Die einzelne Arbeit muss nur teuer sein, um Anerkennung zu schaffen. Ungewünschtes wird bewusst von Messen ausgeschlossen. Die Kunst ist in diesem Rahmen nur der dekadente Ausdruck einer innerlich zunehmend leerer werdenden Unterhaltungsindustrie. Oft besteht eine Diskrepanz zwischen dem, was die Bevölkerung als Kunst ansieht und dem, was uns in Ausstellungen als tatsächliche Kunst unserer Zeit dargeboten wird. Daraus ergibt sich die Frage nach der Berechtigung der Zuständigkeiten der Zuweisungen was Kunst heute ist. Z.Z. ist es weitgehend ein Geflecht von Vermarktern, Kritikern, Medien, Käufern und einigen Starkünstlern. Die großen Summen zahlt aber die Öffentlichkeit, d.h. die Bevölkerung, da erst durch deren Akzeptanz in ihren Einrichtungen die soziale Anerkennung eines Künstlers tatsächlich gegeben ist. Die moderne (intellektuelle) Kunst ist zunächst ein Ausdruck der Entfremdung des modernen Menschen vom Handwerk, vom Material und vom Werk, d.h., sie ist eine Entfremdung von den phylogenetischen Grundlagen seiner Existenz, eine Fehlentwicklung. Ihre Krise begann mit dem zunehmenden Wohlstand eines neureichen Mittelstandes in der 2. Hälfte des 20. Jhs.. Fehlende Kenntnisse wurden über die Forderung nach einer Demokratisierung des Marktes und der Gleichwertigkeit von "ernster" und "leichter" Kunst kompensiert. Dabei interpretierte man in den Bereich der "leichten Kunst" nicht nur die beschwingte, lebensbejahende sondern auch alles was zwar inhaltsleer aber noch irgendwie dekorativ war. Für die Durchsetzung der modernen Kunst waren dann verantwortlich
3. Versuch einer Annäherung: Der Künstler Die Kunst war immer ein Ausdruck von Kultur und zunächst an eine gewisse Arbeitsteilung, verbunden mit einem gewissen Reichtum, gebunden. Wahrscheinlich waren die ersten Künstler in Personalunion Schamanen und Priester. Für Platon waren sie die "Dolmetscher" der Götter, für Aristoteles Macher, die sich in einem Werk verobjektivierten. Bis heute hat sich zwischen diesen beiden Positionen nicht viel geändert, der eines inspirierten Genies und der des Handwerkers. Weil in den bildenden Künsten seine Tätigkeit an eine körperliche Arbeit gebunden war, diese in der Antike weitgehend von Sklaven ausgeführt wurde, besaß er nur ein geringes Ansehen. Bis zum Mittelalter, der Zeit der Bauhütten, galt die Kunst als eine Tätigkeit der Facharbeiter. Erst seit der Renaissance wuchs der Künstler in die Stellung eines einsamen Schöpfers, wurde seine Arbeit zu einem Mysterium. Als Genie kam ihm eine fast göttliche Verehrung zu (z.B. Michelangelo, Raffael, Leonardo da Vinci. Sie alle haben auch Plätze und Gärten geschaffen, z.B. Raffael den Garten der Villa Madama). Bis in die Zeit der Klassik vollendete der Künstler die Form, die in einem Material bereits angelegt war (Goethes Entelechiegedanke). Mit dem Ende des Absolutismus wurde der Künstler dann frei von der Abhängigkeit von einzelnen Mächtigen. Anstelle dessen musste er sich nach den Bedürfnissen des Marktes und eines ihm weitgehend unbekannten Publikums richten. Da er nur selten davon leben konnte, war er in der Regel auf einen Brotberuf angewiesen oder musste sich in bitterster Armut als Bohemien durchschlagen. Mit der Entstehung einer bürgerlichen Öffentlichkeit in den Städten politisierten sich die Künstler oft und versuchten als Avantgarde mit Hilfe von Provokationen auf sich aufmerksam zu machen. Die meisten von ihnen arbeiteten in dem Spannungsfeld eines elitären Verachtens der Masse bis zur ungehemmten Befolgung eines Massengeschmacks. In der Neuzeit übernahm der Kunstmarkt die Regulierung der "Kulturindustrie" (Adorno) und orientierte sich zunehmend an einem anspruchslosen Massengeschmack, bzw. deren Unterhaltungs- und Freizeitbedarf. Der Künstler wurde zu einem austauschbaren Produzenten, abhängig von Interpreten, Agenturen und Medien, die ihn der Öffentlichkeit präsentierten. Der Staat und die Interessenverbände versuchten auf ihn mit Preisen und Subventionen lenkend Einfluss zu nehmen. Ende der 60iger Jahre erfolgte ein radikaler Paradigmenwechsel in der Kunst. Der bisherige "Künstler" wurde für tot erklärt und der neue als konzeptueller Ästhetik-Stratege gesehen. Eine individuelle Handschrift wurde oft abgelehnt (Pop-Art, Minimal-Art), an die Stelle dessen sein Erscheinungsbild zu einem Markenzeichen (Beuys, Warhol). Viele Künstler wurden zu Selbstinszenierern. Oft verstanden sie sich als Systemkritiker. Bedeutsam für die Gartenkunst könnte dabei die Entgrenzung bisheriger Wertvorstellungen sein, das Sehen neuer Formen eines Gesamtkunstwerkes. Dabei könnte das Herausstellen besonderer Wahrnehmungsstrukturen wichtig werden (wenn sie einen phylogenetischen Hintergrund haben): z. B. durch
In Deutschland arbeiten z. Z. etwa 55.000 Künstler mit einem Durchschnittseinkommen von 900 Euro im Monat (KulturSPIEGEL 11/2007, in allen künstlerischen Berufen, Schauspielerinnen erhalten durchschnittlich 725 Euro). Nur 4 % von ihnen können allein von der Kunst leben. Der gesamte Kunstbetrieb ist ein Markt des "Draußenbleibens oder Mitmachendürfens". Dabei darf ein Kunstkritiker heute kaum noch eine Arbeit objektiv kritisieren (weil er sonst keine Folgeaufträge bekommt). Dies gilt auch für die Museumsleute und Händler (da sie sonst in Zukunft keine Leihgaben mehr erhalten). Was ist es aber, das immer wieder unzählige junge Menschen in die Künstlerberufe drängt? Es ist eine Gemengelage aus
Fast alle Künstler sind auf Nebentätigkeiten angewiesen, besitzen befristete Werkaufträge, werden von Familienangehörigen unterstützt oder benötigen Preisgelder, bzw. Stipendien. Für viele dieser Menschen wäre die Gartenkunst eine ideale Lösung. Sie könnten dann im Rahmen eines Doppellebens das eine Mal einem Brotberuf nachgehen und das andere Mal sich in einem Garten verwirklichen. Dies würde zwar auch in anderen Disziplinen möglich sein, doch in keiner, in der sie sich gleichzeitig auch als biologische Wesen einbringen können. Das dafür notwendige Wissen müssten sie sich selber erwerben, da es in Deutschland z. Z. für sie keine Ausbildungsstätte gäbe, und selbst ein Kienast (einer der angesehensten deutschsprachigen Gartenkünstler der 2. Hälfte des letzten Jahrhunderts) sagte von sich, dass er sich sein gartenkünstlerisches Wissen autodidaktisch hat zulegen müssen. Das Problem ist nur, dass in Deutschland kaum jemand die Gartenkunst als Kunstdisziplin kennt und damit diese Möglichkeit überhaupt sieht. Es gibt kaum einen anderen Lebensbereich, der einen Menschen derart sinnlich und intellektuell ausfüllen kann. Über den Erfolg eines Menschen in der Öffentlichkeit als Künstler entscheidet heute kaum noch das künstlerische Können. Wahrscheinlich sind dafür letztlich zwei andere Eigenschaften entscheidend, die man nicht erlernen kann: Charisma und ein kaum erklärbares intuitives Wissen. Schon bei den alten Griechen galt das Charisma als eine besondere Gabe der Götter. Heute sieht man in ihm die "Strahlkraft eines Menschen", seine Fähigkeit andere irrational, allein über ihre Präsenz, Aura zu beherrschen. Inwieweit es angeboren ist, ist noch umstritten. Viele bekannte Künstler waren charismatische Persönlichkeiten, während ihre konkreten künstlerischen Leistungen eher mittelmäßig waren. Bei der Bewunderung ihrer Arbeiten handelt es sich eigentlich um die Verehrung von Hinterlassenschaften eines Menschen, an den man aus Gründen der eigenen Orientierung glaubt. Diese Werke haben also einen kaum diskutierbaren quasireligiösen Charakter, über den man nicht diskutieren kann (z.B. manche Tafeln von Beuys, die der verehrte Meister irgendwann einmal beschrieben hat). Für einen Nichtgläubigen müssen sie keinen "Wert" besitzen. Man kann heute davon ausgehen, dass alle Versuche, auf das Künstlersubjekt als schöpferische Institution zu verzichten, gescheitert sind. Während es sich im Mittelalter als Handwerker noch an festen Regeln und Rezepten orientieren konnte, wird von ihm in der Neuzeit eine individuelle originale Leistung erwartet. Es gibt kein bedeutendes Werk ohne einen Schöpfer. Nach den Ergebnissen der neueren Kreativitätsforschung schafft er Neues durch
Zum antiken Kunstbegriff gehörte auch die Politik als eine Tätigkeit freier Männer. In der Neuzeit griff Beuys auf diese Vorstellung zurück. Nach seinem Verständnis sollte jeder an einer neuen humanen Gesellschaft mitarbeiten. Sein berühmter Satz, "Jeder Mensch ist ein Künstler", war ursprünglich allein in diesem Sinne gemeint. Beuys war genau genommen ein charismatischer Sozialreformer und als solcher passen seine Arbeiten nicht neben diejenigen, die ästhetischen Kriterien verpflichtet sind. Manches, was er sagte, stand der japanischen Zen-Kultur nahe. So sein Satz: "Mit Bewusstsein Kartoffeln schälen, ist Kunst". Man braucht Beuys persönlich nicht als einen großen Künstler zu sehen, andererseits waren seine Ansprüche an die Kunst sehr hoch, wenn man von seinen Kreativforderungen ausgeht. Da die Arbeit eines Künstlers letztlich nicht planbar, delegierbar, teilbar oder bewertbar ist, entzieht sie sich in großen Bereichen einer objektiven Beurteilung. Man spricht heute gerne vom "Urheber" und nicht mehr vom "Schöpfer" eines Werkes. Im modernen Sinne schafft ein Künstler in erster Linie nicht mehr ein Werk, sondern vermittelt Wahrnehmungen. Er wird zu einem Organisator "ästhetischer Prozesse". Durch Eingriffe, Anregungen, Reflektionen, aber auch Provokationen schafft er die Voraussetzungen für Gespräche und leistet damit seine Beiträge zur jeweiligen Kultur. Oft liest man, dass erst eine Öffentlichkeit eine Arbeit zu einem Kunstwerk macht. Doch hat diese Sicht einen ideologischen, extravertierten Hintergrund, denn seinsmäßig bleibt eine gute Arbeit unabhängig von der Meinung anderer immer eine gute Arbeit, bzw. hier ein Kunstwerk. Es ist eine spezifische Sicht, die Kunst von der Anerkennung durch die Öffentlichkeit abhängig zu machen, die erst künstlich über soziale Inszenierungen (im medialen Raum seit etwa 1990) geschaffen wurde. Die Gartenkunst kann zwar diesen Forderungen entsprechen, sie ist aber ihrem Wesen nach, der Schaffung persönlicher Paradiese, immer auch eine introvertierte Kunst gewesen. Wir kennen den Giardino segreto (Geheimer Garten) schon seit der Renaissance, idealisiert im Hortus conclusus (dem "Geschlossenen Garten", berühmt durch die Marienbilder der Spätgotik). Sein Bestehen machte ihn unabhängig von der Meinung eines Publikums. Er bleibt immer eine persönliche Reaktion, eine Antwort in einer Kultur aus einer persönlichen Sicht. 4. Versuch einer Annäherung: Das Werk Für uns ist Kunst (als ein Ausdruck der Kultur) immer an eine menschliche Leistung, an ein Werk oder an eine weitergebbare Fertigkeit gebunden. Sie ist damit letztlich immer eine geleistete Arbeit. Eine Idee reicht dafür nach unserem Verständnis nicht aus. So ist die Gartenkunst immer an einen Garten gebunden. Erst in der zur Ausführung gelangten Idee wird diese zu einem Werk, einem Kunstwerk. In der traditionellen Vorstellung besaß ein Kunstwerk bereits als materielles Gebilde einen Wert. Ab etwa 1905 wurde dies in Frage gestellt (Collagen) und Duchamp konnte danach bereits allein eine Idee zu einem Kunstwerk erklären (Readymades). Vom Betrachter wurde ein neues Sehen verlangt. Durch die Erweiterung des Kunstbegriffes im 20. Jh. verlor die Kunst ihre Grenzen und erhielt für das Bewusstsein eine unverbindliche Offenheit. Eine Folge davon war die starke Aufwertung des Inhalts, Alltäglichen und Prozesshaften in der Kunst. Das traditionelle Kunstwerk wurde noch getragen von
In der Moderne versuchte man diese Vorstellungen zu überwinden,
Lange Zeit wurde von den Künstlern das "reine" Kunstwerk angestrebt. Allein das Objekt sollte auf den Betrachter wirken. Abgelehnt wurde jede persönliche Handschrift des Künstlers oder ein darzustellender Inhalt. Es wurden von den Minimalisten alle individuellen, emotionalen und handwerklichen Spuren getilgt. Auch das kann die Gartenkunst nicht bieten, denn hinter ihren zu schaffenden Paradieswelten stehen immer Emotionswelten. Hinter jedem Gartenkunstwerk steht eine bestimmte intuitive Erfassung der Welt. Seine Ausstrahlung kommt aus seiner Mitte. Es ist diese Energie, die dann mit ihrem Betrachter korrespondiert. Viele Kunstwerke verlangen zum Verständnis geistige und ästhetische Vorleistungen, die in der Regel nicht gegeben sind. Ihre Darstellung als Kommunikationsangebot ist deshalb weitgehend nur theoretischer Natur. Auch erfordert jede Kunstdisziplin ihre eigenen Beschreibungs- und Bewertungskriterien. Dabei sind ihre Strukturen, Vorgehensweisen und Absichten oft so komplex, dass zu ihrem Verständnis verschiedene Annäherungsweisen notwendig sind. Heute ist ein Kunstwerk oft wegen seines (manipulierten) Preises bedeutsam. Diese Entwicklung begann in den 60iger Jahren mit der Pop-Art. Nachdem sich in den 70iger Jahren auch der bisherige Werkbegriff aufgelöst hatte, kann inzwischen alles zur Kunst erklärt werden, was auf dem Kunstmarkt zum Verkauf angeboten wird. Statt Produkte stehen heute bevorzugt Prozesse im Mittelpunkt der künstlerischen Aufmerksamkeit. Als Kunst wurden in den letzten Jahren u.a. angesehen:
5. Versuch einer Annäherung: Der Inhalt der Kunst Ursprünglich ist das deutsche Wort "Kunst" aus dem Althochdeutschen abgeleitet worden ("kunst" = dasjenige, was man kann) und hatte den gleichen Wortstamm wie das Verb "können". Gemeint war damit nur die Beherrschung einer Fertigkeit (heute z.B. so noch im Begriff "Kochkunst" verstanden). Andererseits wurde das Wort in der mittelalterlichen Gelehrtensprache inhaltlich mit dem lateinischen "Ars" in Verbindung gebracht und meinte darunter die "Schönen Künste". Aus dieser zweifachen Bedeutung entwickelte sich die Vielzahl seiner heutigen Bezüge:
Die Künstler selber wurden ursprünglich als Handwerker gesehen, deren fast alleiniger Auftraggeber die Kirche war. Als schön galt der geistige Gehalt einer Arbeit, in dem sich die Schönheit Gottes wiederspiegelte. Mit dem Aufkommen des Bürgertums in Italien änderte sich dies. Die Kunst wurde der Feudalgesellschaft als neues Statussymbol gegenübergestellt. Man knüpfte dabei an das Menschenbild und den Naturbegriff der Antike. Die Künstler entdeckten sich als herausgehobene Individuen. Das fachkundige Kunstpublikum setzte sich mit ihren ikonographischen Bild- und Architektursprachen auseinander. Zunächst schwächte die Reformation die Kirche als wichtigsten Auftraggeber, doch setzte mit dem Konzil von Trient die Gegenreformation ein und leitete eine Explosion des künstlerischen Schaffens ein,
Während der Aufklärung und in der Folgezeit wurden der Kunst weitere Eigenschaften zugeschrieben:
Für die Kunst der Gegenwart müssen die Bewertungskriterien immer erst neu geschrieben werden, da gerade sie es ist, die sich gegen die bisherigen Maßstäbe wendet. Auch wird durch den fehlenden Zeitabstand und die Einflüsse der Globalisierung ihre Systematisierung, d.h. ihre rationale Erfassung, immer schwieriger. Die Kunst der Moderne entzieht sich weitgehend einem allgemeinen Wertespiegel. Sie baut auf einer Fülle persönlicher Mitteilungsweisen, die sich sprachlich nur begrenzt umsetzen lassen, bzw. deren Sprache niemand versteht, die damit aber auch keine Kommunikation mehr erlaubt. In der zeitgenössischen Kunst sind die Grenzen zwischen der Hochkultur und Pop-Kultur völlig verschwommen und in Ermangelung einer sonstigen Orientierung postuliert man die Offenheit der Gesellschaft. Als Kunst wird angesehen, was kulturell ohne einen Nutzwert für die Zukunft eine Bedeutung haben könnte. Weitere Regeln gibt es nicht. Über die Anerkennung wacht ein Triumvirat aus Kunstkritikern, Galeristen und Museen, die um ihrer selbst willen das "System Kunst" aufrecht erhalten als bürgerlichen Kommunikationsinhalt, abstrakte, manipulierbare Kapitalanlage und Statussymbol. In dieser Nivellierungsbrache ist die Frage nach einem zeitgenössischen Inhalt der Kunst wieder neu zu stellen und ihre einzelnen Disziplinen müssen, jede für sich, ihre Antworten dafür finden. Diese können sich nicht allein auf eine abstrakte Idee beschränken, sondern müssen immer in Verbindung mit einem realen Werk stehen, das dann das eigentliche Kunstwerk ausmacht. In der Gartenkunst wäre dies der verwirklichte Garten. 6. Versuch einer Annäherung: Gedankensplitter Schönheit: Was Kunst eigentlich ist, ist immer auch ein philosophisches Problem gewesen, denn wenn sie mehr darstellte als die Eigenschaft eines schönen Gegenstandes, wenn sich ihre Schönheit als solche offenbarte, dann war sie auch ein Ausdruck des Seins, bzw. eines seiner Prinzipien und damit ein ontologisches Problem. Die Erklärung darauf veränderten sich zeitabhängig ständig und bis heute bleib ihr eigentlicher Sinn unklar, verborgen. Alle bisherigen Antworten stellten sich immer nur als Denkangebote dar. Im Laufe der Zeit sah man u.a. die Schönheit als
Die Moderne begann dann, als in einem weiteren Schritt neben der Naturnachahmung über die Kunst auch die Wahrheit erfahren werden sollte. Verbunden damit war nach einer Phase einer bewussten Wahrnehmung der Wirklichkeiten auch das Wissen um das Vorhandensein eines für die Erkenntnis sinnlich nicht zugänglichen Erfahrungsbereichs. Die gestalterische Lösung war das Symbol. Wie bei den Anfängen der Kunst (im religiösen Bereich) machte man darüber das Unsagbare erfahrbar. In der Gartenkunst verstand man diese Möglichkeit (im Gegensatz zu früheren Zeiten) nicht zu nutzen. Um 1900 entfernte man sich von den Thesen Hegels zur Ästhetik. Die Biologie und Psychologie hatten neue Beziehungen zum Schönen aufgedeckt (Haeckel, Möbius). Ästhetisches Erleben: Erst ein Erleben macht einen Gegenstand, ein Geschehen für einen Menschen zu seiner Wirklichkeit. Erst dadurch, dass er etwas zu sich in einer Beziehung setzen kann, erhält es für ihn eine Bedeutung. Zunächst ist es ein sinnlicher Wahrnehmungsakt (lange vor dem rationalen), der für den einzelnen dann seine subjektive Bedeutung bekommt, seine ästhetische Bedeutung und bei einem gewissen Tiefgang für den Betreffenden zu seiner subjektiven, seiner ästhetischen Wahrheit wird. Für Hegel war sie der Ausdruck des Schönen. Ihr Problem ist, dass sie als ein zutiefst persönlicher Inhalt kaum verbal weitergegeben werden kann und damit weitgehend ein ideeller Wert bleibt. Als das Ergebnis persönlicher Sensibilität und Bildung ist sie oft für einen Außenstehenden nicht nachvollziehbar. Da die Ästhetik als solche nur schwer zu fassen ist, haben sich zu ihrem Verstehen drei Arbeitsansätze entwickelt:
Durch den Ersatz der bildungsbürgerlichen-elitären Kunst durch die Massenkunst wurden werkästhetische Ansprüche bedeutungslos. An die Stelle des früheren Genius wird heute der Star (z.B. Warhol) verehrt, an die Stelle des Inhalts die "Oberfläche", an die Stelle der Aufklärung die Unterhaltung. Die Arbeiten sollen unmittelbar ansprechen und gefallen. Durch ihre "Entnormung" brauchen sie nicht mehr verständlich gemacht zu werden. Man muss sie eigentlich gar nicht mehr sehen. Man muss bei einer Ausstellung nur dabei gewesen sein. Für die Gartenkunst haben die drei Arbeitsformen der ästhetischen Kunstbetrachtung nur für ihre historischen Gärten eine Bedeutung, da ihre Arbeiten sich dadurch in die allgemeine geschichtliche Kulturbetrachtung besser eingliedern. Für die Anlage von Neuschöpfungen dürften dagegen phyllogenetische (menschengeschichtliche), archetypische Ansätze vom biologischen Urgrund des Menschen bedeutsamer sein Es ist kurzsichtig sie einfach als jahrhundertelange Bewusstseinsaufladungen durch die Kunst der vergangenen Jahrhunderte zu diffamieren. Erweiterter Kunstbegriff: Mit dem Namen Beuys ist der Ausdruck des "erweiterten Kunstbegriffs" verbunden. Beuys sah in der Gesellschaft eine "soziale Plastik", die es weiterzuentwickeln galt. Dabei sollte die Kunst die Gesellschaft aus den bestehenden Missständen herausführen. Die in ihr stattfindenden Vorgänge sah er als ein (erweitertes) Kunstwerk. Insofern besitzt jeder einzelne eine gestalterische Verantwortung (und damit war "jeder Mensch ein Künstler"). Vereinfachend kann man sagen, dass für Beuys die Erziehung die höchste Kunst war, - ein Gedanke, der seit Rousseau auch von Schiller, Wagner und vielen anderen ähnlich gesehen wurde. Inhaltlich bezieht sich der "erweiterte Kunstbegriff" auf die deutsche Romantik, als man noch hoffte, mit Hilfe der Kunst, den durch seine Arbeit entfremdeten Menschen wieder zu einem ihm gemäßen Leben zurückführen zu können. Er war ein Gegenprogramm zum Gedanken des "L'art pour l'art" (sinngemäß: Die Kunst, um der Kunst willen), welches ihn wieder in die Welt der Kunst integrieren und als revolutionäre Kraft in eine neue Zukunft führen sollte. Beuys "Organisation für direkte Demokratie" war eine erste nicht auf Gewalt gründende Antwort auf die 60iger Bewegung. Seine Gedanken der Gewaltlosigkeit und der Einbeziehung der gesamten Natur wurden später von den "Grünen" übernommen. Oft entwickelte er sie auf Tafeln (z.B. während der documenta 5 in Kassel), die heute wie Kunstwerke in Museen ausgestellt werden. In seinen eigenen Projekten arbeitete Beuys bevorzugt mit symbolischen Materialien, die als "warme", weiche Substanzen für ihn wichtige Inhalte repräsentierten, z.B. Fett als eine gespeicherte Energie, Honig als ein heilendes Produkt, geschaffen von einem noch nicht entfremdeten sozialen Organismus, dem Bienenvolk. Durch Provokationen, besonders seine Aktionen, versuchte er dem Publikum dessen Entfremdung bewusst zu machen. In diesem Zusammenhang idealisierte er gerne die Tierwelt, weil er sie als nicht entfremdet ansah, und sie allein ihren Instinkten folgt. Um zu seiner "sozialen Plastik", einem kreativen Organismus werden zu können, bedurfte man eines unentfremdeten Wesens. Beuys umgab sich mit einer parareligiösen Aura und besaß eine starke charismatische Ausstrahlung. Mit Hilfe seiner symbolischen Handlungen versuchte er die Gesellschaft im Sinne seines erweiterten Kunstbegriffes sozial zu verändern. Genau genommen war er ein Sozialutopist, der sich ins Kunstmilieu verlaufen hatte. Man muss ihn nicht als einen großen Künstler ansehen (wie auch nicht Duchamp, Warhol oder andere). Ende der Kunst: Das Propagieren eines Endes der Kunst, bzw. dem einzelner Kunstzweige (in unserem Blickwinkel, der Gartenkunst) ist schon so alt wie die Kunstgeschichte selber. Schon seit der Antike wurde dieser Vorwurf immer wieder verwendet, wenn
Heute legt jeder einzelne Künstler und Interpret für sich fest, wo er die Grenzen der Kunst sehen will. Oft versucht er seine Anhängerschaft über die Radikalität seiner Thesen zu gewinnen. So gab Beuys vielen seiner Arbeiten einen sakralen Status, der vom Betrachter im Sinne musealer Kunstwerke und nicht als ein Ergebnis seiner Gedankenwelt gesehen wurde. Mit Kunst haben sie wenig zu tun. Sie benutzen diese nur als Grundlage für ihre Akzeptanz. Man kann einer Arbeit auch die Zugehörigkeit zur Kunst absprechen, indem man dem Begriff eine eigene Bedeutung zuschreibt. Kennzeichnend dafür ist ein Ausspruch des Architekten Liberas: "Wohnhäuser sollten jene menschliche Würde anstreben, die die moderne Welt zu
Recht in vielen Gesellschaftsschichten erweckt hat. Deshalb müssen wir den
Wohnhäusern den künstlerischen Charakter verweigern und stattdessen auf einen
ästhetischen und menschlichen abzielen".
Er trennt hier das Künstlerische vom Menschlichen und Ästhetischen, was eigentlich nicht getrennt werden kann. Das Menschlich-Ästhetische ist immer mit Kunst gleichzusetzen gewesen, weil über das Menschliche ein geistiger Gedanke in eine Arbeit einfloss und über das Ästhetische das formale Prinzip. Gerade sein Haus "Malaparte" auf Capri belegt dies auf eine besondere Weise - ein Haus, das sich an seinem "Ort" zwar bescheidener hätte einfügen können, aber in seiner roten Farbe ein Fanal des menschlichen Triumphes über die Natur darstellt. Es ist gerade die heutige Gartenkunst, die dem "Ort" in der Natur wieder seine eigene Bedeutung zurückgibt.
Natur und Kunst: Als Kunst im weiten Sinne versteht man alles, was der Mensch hervorgebracht hat (in Abgrenzung zu den Dingen der Natur). Bei dieser Begriffsbestimmung treten zwei Probleme auf; Zum einen ist der Mensch selber ein Teil der Natur und seine Tätigkeiten können immer nur innerhalb dieser seiner Grenzen erfolgen und zum anderen in den Bereichen, in denen er diese seine Natur unmittelbar mit Elementen der Natur zum Ausdruck bringt. Letzteres ist z.B. in der Gartenkunst der Fall. Immer wieder hat es darum Bestrebungen gegeben, ihren Kunstcharakter zu bezweifeln, obwohl alle Gärten zunächst reine Kulturprodukte, d.h. Gestaltungsbereiche einer spezifischen Lebenswelt sind. Wenn man heute die Kunst in die vier Hauptbereiche Musik, Literatur, bildende Künste und darstellende Künste einteilt und die bildenden Künste wiederum in die Baukunst, Plastik, Malerei, Grafik und das Kunsthandwerk, dann bildet die Gartenkunst neben dem Hochbau und der Innenarchitektur einen der drei Bereiche der Raumkünste (Baukünste) - dies allerdings auf einem archetypischen Hintergrund, wie ihn keine andere Kunstdisziplin aufzuweisen vermag, nicht einmal die Musik. Es gibt keine andere Kunstdisziplin, in der zur Kommunikation mit dem Werk derart alle Sinne gefordert, bzw. eingespannt werden können. Keine andere Kunstdisziplin kann z.B. mit dem Ursinn aller Verständigungen, dem Wahrnehmen chemischer Stoffwechselabläufe (der Verarbeitung von Düften) so umgehen wie sie. Vielleicht fühlt man sich z.B. dem Paradies am nächsten, wenn an einem lauen Sommerabend in einem Innenhof nur das Plätschern eines Brunnens hört und der ganze Raum vom intensiven Duft der Pflanzen geschwängert ist (vielleicht geben davon noch die Reste des maurischen Orangenhofes an der Kathedrale von Sevilla eine Ahnung). Es ist kein Zufall, dass in allen Kulturen der Garten immer wieder mit deren Paradiesvorstellungen in Verbindung gebracht wurde. Es ist eine andere Tatsache, dass unsere heutigen Gärten diese Ansprüche nicht befriedigen. Der Versuch der Hannoverschen Schule auf die technischen Wissenschaften zu bauen, hat zu einer Vernachlässigung des humanen emotionalen und damit dem künstlerischen Prinzip geführt. Die beruflichen Möglichkeiten ihrer Schüler wurden zwar auf der akademischen Ebene erheblich ausgeweitet, die Gartenkunst aber selber, auf die ihr erster Hochschullehrer Erwin Barth noch einen so großen Wert gelegt hatte, wurde als Fundament aufgegeben, bzw. ins Vergessen gedrängt. 7. Versuch: Gartenkunst und Kunstgeschichte Natürlich kann man sich die Frage stellen, welche Bedeutung diese kunstgeschichtlichen Ausführungen überhaupt für die Gartenkunst haben. Bei flüchtiger Betrachtung vielleicht keine. Doch für die Fragestellung, ob die Gartenkunst zu den Künsten gezählt werden könne, bzw. müsse, ist entscheidend, was unter dem Begriff "Kunst" als Kulturleistung überhaupt zu verstehen ist. Und dafür benötigen wir eine allgemeine Antwort. Man kann sagen, dass historisch gesehen, die Kunst bis zurzeit um 1900 über mehrere Jahrtausende immer etwas gewesen war, was in irgend einer Form die "Schönheit" als solche zum Inhalt gehabt hatte. Über deren Zuordnung hat es im Laufe der Geschichte verschiedene Paradigmenwechsel gegeben. Zurzeit haben wir es aber mit einem Bedeutungswandel zu tun, der den Schönheitsaspekt (oberflächlich betrachtet) als solchen in Frage stellt. Genau genommen spielen Ästhetikfragen, positiv oder negativ beantwortet, aber auch weiterhin eine Rolle. Dabei ist es eine Überlegung, ob hier oft nicht nur das Ansehen des alten Kunstbegriffs für die Vermarktung einer neuen Ware missbraucht wird, die versuchte Trennung der Kunst vom Schönen nicht eine Fehlentwicklung ist. Für die Gartenkunst ist dies die zentrale Frage überhaupt, da sie aus ihrem Selbstverständnis heraus nur in der Lage ist, "Schönes", Sehnsuchtsinhalte zu schaffen. Sie wird darin von der modernen Evolutionsbiologie bestätigt (wie im Kapitel über die biologischen Vorgaben unseres Kunstverständnisses ausgeführt wird). Die Kunst ist danach ein Produkt der menschlichen Auseinandersetzung mit seinen sexuellen Urstrategien, seinen archetypischen Grundorientierungen in Hinblick auf das Schöne, das positiv Auffallende. Dieses ist nur emotional fassbar. Dabei ist die Gartenkunst (unabhängig von ihrer marktwirtschaftlichen Bedeutung) auf Grund der biologischen Bindungen des Menschen eigentlich seine Zentraldisziplin unter den Künsten. Für die Gartenkunst der zweiten Hälfte des 20. Jhs. wurden drei bisher nicht genannte Kunststile bedeutsam:
Allgemeine Kriterien der Postmoderne waren:
Der Minimalismus war in den 60iger Jahren des 20. Jhs. als Gegenbewegung zum abstrakten Expressionismus entstanden. Kennzeichnend für ihn sind:
Der Unterschied zur klassischen Moderne (Bauhaus) ist, dass das damalige Bauen sich an den damaligen Sozialreformen (gleicher Standard für alle) und den damaligen Herstellungstechniken (industrielle Fertigung) orientierte, während er sich heute auf die schnell wechselnden Bedürfnisse der Menschen einstellen muss. Innerhalb des Minimalismus haben nicht mehr die errichteten Werke die entscheidende Bedeutung, sondern die subjektive Wahrnehmungen des Betrachters. Durch die radikale Reduktion werden in ihm dabei mit Hilfe von Ortsbezügen, der Materialien und der Funktionen Assoziationen geweckt. Man kennt heute in der Architektur verschiedene Strömungen. Beschränken wir uns auf die niederländische und die schwedische, weil sie für uns die größte Bedeutung haben:
Die soziale Bedeutung der Gartenkunst besteht u.a. in dem Umstand, dass hier tatsächlich jeder Mensch zu einem Künstler werden kann. Nicht im Sinne des oft falsch verstandenen Beuys-Zitats, sondern in dem eines handwerklich und geistig kreativ tätigen Menschen. Dabei kann man davon ausgehen, dass bei seiner Geburt das kreative Denken noch eine Grundeigenschaften des Menschen gewesen war. Erst durch seine Erziehung zum Rationalen im Sinne unserer modernen Leistungsgesellschaft wird es zunehmend zu Gunsten sprachlicher und mathematischer Fähigkeiten verdrängt. Die menschliche Informationsverarbeitung verläuft dann zunehmend im kognitiven Bereich. Die wichtigsten Eigenschaften eines kreativen Menschen scheinen zu sein:
Heute kann niemand mehr befriedigend sagen, was Kunst eigentlich ist. Man kann sich ihrem Verständnis immer nur nähern. Und in dieser Situation ist es unter den Technikern in ihren Disziplinen schick, nicht mehr dazu gehören zu wollen (auch in der Gartengestaltung). Entgegen kommt ihnen die große Unsicherheit in den Künsten selber. So gibt es zurzeit keinen Kunstzweig, der sich nicht gelegentlich die Frage seiner Zugehörigkeit stellt. Selbst in der Malerei wird ständig ihr Ende propagiert. Allgemein kann man sagen:
Die Kunst besitzt heute einen Orientierungscharakter bezüglich des Auslebens der Individualität vergleichbar den Religionen, politischen Gruppierungen oder spezifischen Normen von Subkulturen. Dabei vertritt sie in jedem Fall, das jeweils Positive, sei es im aktiven oder passiven Erleben. Seit dem Beginn ihrer Entstehung diente sie
Ob man die Gartenkunst als Kunstdisziplin akzeptiert (wenn man nicht nur seinen Vorurteilen folgt), hängt davon ab, an welcher Stelle der kunsttheoretischen Überlegungen man sich einordnet. Bei genauerer Betrachtung hat sie immer dazugehört, zunächst als ein atmosphärisches Umfeld der Schamanen, dann als Teil der Architektur und später als eine eigene Berufsgruppe (z.B. Vignola, Le Notre, Kent) sowieso. Heute sehen wir sie als die zentrale Raumkunst mit der engsten Verbindung des Menschen zur Natur, d.h. der Welt seiner biologischen Zugehörigkeit. |