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1. Barockgärten in Deutschland | |||
Barockgärten gehören zu den sogenannten formalen Gärten. Sie werden auch architektonische oder französische Gärten genannt. Wobei der letztere Ausdruck lange Zeit im Gegensatz zum Landschaftsgarten, zum sogenannten "englischen Garten" genannt und dabei negativ gesehen wurde. (Heute werden in den Zeitschriften unter dem Begriff "englischer Garten" in der Regel die architektonischen Gärten ab ca. 1900 verstanden, d.h. die Gärten der Gertrude Jekyll und der folgenden Gartenkünstler). Dies war vielleicht auch einer der Gründe für die schnelle Abkehr vom formalen Garten. Durch die vielen Kriege, Intrigen, den Landraub und die Verwüstungen wurde Frankreich in Deutschland oft negativ gesehen. Die spätere Abwendung vom formalen Stil ist auch als ein Ventil dafür zu sehen. Soweit die deutschen Fürsten in den damaligen Intrigenspielen nicht eingespannt waren, hatten sie dem französischem Hof gegenüber durchaus eine Grunddistanz. In England selber stand bei der Ablehnung des formalen Gartens als politisches Symbol nicht der "französische" sondern der niederländische Garten im Vordergrund der eigentlichen Ablehnung. Mit ihm lehnte die damalige Opposition symbolisch auch die Herrschaft ihres damaligen Königs, des Holländers Wilhelm III. ab. Anders wurde dies nach der Niederlage Napoleons und den aufkommenden Problemen durch die Industrialisierung. Für die Fürsten musste der Barock als ihre "goldene Zeit" erscheinen und man begann die noch teilweise erhaltenen Gärten zu restaurieren (u.a. Herrenhausen und Veitshöchheim). Ein Problem dabei war, dass aus Ermangelung eigener Unterlagen diese jetzt erst ihren Versailler, ihren französischen Überbau erhielten. Diese Praxis in der Restauration von Gärten wird bis heute beibehalten. Aus Ermangelung eigener Unterlagen orientiert man sich immer noch weitgehend an den Anweisungen von Dezallier d'Argenville und eventuell noch an Plänen von Le Nôtre. In der Architektur ist man kunstgeschichtlich schon lange von einer französischen Dominanz im Barock abgekehrt, in der Gartenkunst steht uns diese Entwicklung noch bevor. Die geringe Zahl der in diesem Bereich arbeitenden Wissenschaftler und deren Einbindung in bestimmte "Schulen" stehen dem entgegen.
Für einen Außenstehenden ist es schwer, die Gartenkunst als eine Kunstdisziplin zu sehen, sie als Kunst zu erkennen. Vielleicht gelingt dies am ehesten im Bereich der formalen Gärten, weil sie dort für unsere Sehgewohnheiten am leichtesten als kulturell überhöhte naturnahe Raumgebilde erkannt werden können. Dabei gehört zu ihren Besonderheiten, dass sie als Gesamtkunstwerk wie nur wenig andere und unmittelbar, noch breiter als die Musik, die menschlichen Sinne anzusprechen vermögen, wenn man sich darauf einlässt. Für unsere Betrachtung von Gärten gehen wir von den Gärten der Neuzeit aus, d.h. den Gärten nach dem Mittelalter. Zwar gibt es solche als repräsentative Kulturleistungen aus der Renaissance nicht mehr in Deutschland, aber erst deren Verständnis erlaubt auch ein Verständnis der nachfolgenden. Zudem werden in ihnen zwei Merkmale der deutschen Gartenkunst besonders deutlich, dem nicht Stehenbleiben im Vordergründigen wie es durch Grünewald in der Malerei repräsentiert und später durch C.D. Friedrich und heute Anselm Kiefer fortgesetzt wird, - es erlaubt nur begrenzt sprachliche Erklärungen -, und dem Verhaftetbleiben in handwerklichen Traditionen (aus der Zeit der Gotik), so dass viele Arbeiten im Kunsthandwerklichen stehen bleiben. Diese beiden Eigenschaften lassen völlig andere Gärten als in Versailles entstehen , und es ist falsch, die dortigen Maßstäbe auf die hiesigen zu übertragen. Niemand käme in der Malerei auf den Gedanken Kriterien für das "Jüngste Gericht" von Michelangelo wertend auf den "Isenheimer Altar" Grünewalds zu übertragen. Die ersten Gärten der Renaissance entstanden im Rahmen eines gewandelten Naturverständnisses zum Mittelalter. Dabei konnten die italienischen Humanisten auch auf ihr antikes Erbe zurückgreifen. Im heutigen Italien kann man es kaum noch in der Geschlossenheit vorfinden, wie es im 15. Jh. dort noch überall vorhanden war und sich in den Schriften Albertis (um 1450) und in den Aufmassen, bzw. deren Umsetzungen durch die großen römischen Architekten sich wiederspiegelte. Beim Durchschreiten der antiken Ruinenstädte in der Westtürkei bekommt man eine Vorstellung von dem damals noch zur Verfügung gestandenem Erbe. Es gibt kaum etwas, was sich aus den eineinhalbtausend Jahren späteren Gärten bis in die Zeit des Barocks dort nicht finden lässt:
Alle unsere formalen Gärten fußen auf diesem antiken Erbe. Allerdings im römischen Verständnis, d.h. , als statusgebende Luxuseinrichtung. Sie besaßen nicht mehr den religiösen Gehalt griechischer Gymnasien, die noch die körperliche Ertüchtigung zum Inhalt hatten, begleitet von einer zunehmenden geistigen Schulung und einer ständigen Reinigung zum Erhalt der körperlichen und seelischen Gesundheit (z.B. über den Tempelschlaf). Noch für die Römer waren Bäder unverzichtbar und gehörten für die breite Bevölkerung zu den wichtigen öffentlichen Einrichtungen. Die Reichen besaßen sie als Teil ihrer Privatwohnungen. In der Neuzeit hat man dann auch die Bäder aus dem Architekturprogramm gestrichen (so wird das Versailles Ludwig XIV. auch als eine riesige Kloake beschrieben), so dass Schloss und Garten nur noch auf die Bedeutung eines Statussymbols sich reduzierten, allerdings dem großartigsten, das Menschen je entwickelt haben. So schrieb Colbert 1664 an Ludwig XIV. sinngemäß, dass die Schaffung von Baudenkmälern neben herausragenden Kriegstaten das Bedeutendste sei, was die Größe eines Fürsten wiederspiegele. Sie seien der Maßstab über den später sein Ruhm gemessen würde. Die Geschichte hat ihm Recht gegeben. Kaum ein Mensch würde heute noch von der Kurfürstin Sophie ohne die Herrenhäuser Gärten sprechen, niemand mehr von den Schönborns ohne deren Schlösser, Herzog Anton Ulrich wäre uns ohne die früheren Anlagen von Salzdahlum auch kein Begriff mehr. Als in der Renaissance die gebildete Oberschicht der italienischen Stadtstaaten nicht mehr bereit war, den christlichen Vorstellungen vom Paradies zu folgen als Lohn für ein verzichtreiches, tugendhaftes Leben auf Erden, suchte man bereits im Diesseits einen Ort, in dem man sich mit den Idealen von Schönheit und Harmonie umgeben konnte. Aus dem christlichen Paradies wurde nach Jahrhunderten der sinnlichen Verdrängung eine säkularisierte Stätte der Sinne. Nachdem der Garten nicht mehr allein der Ernährung sondern bei einer Oberschicht überwiegend der sinnlichen Bereicherung diente, wurde er zu einem der wichtigsten Statussymbole, einem Luxusprodukt, das wie kaum ein anderes in der Lage war, die soziale Stellung eines Menschen zu unterstreichen, eines Menschen, der nicht mehr körperlich arbeiten und seinen Acker nicht mehr bestellen musste. So ist ein Barockschloss heute ohne seinen Rahmen, seinen Garten nur noch eine vergewaltigte Reduktion. Zweifellos ist das Denken in Stilepochen problematisch und erweckt schnell den Eindruck des Laienhaften. Doch ist unter normalen Kunstinteressierten ein Gespräch ohne eine solche verallgemeinernde Zuordnung kaum möglich. Vielleicht kann ein Fachmann innerhalb einer bestimmten Zeit vergleichend von einem Objekt zum anderen sich bewegen, der Laie aber braucht ein Ordnungsgerüst in dem er sich bewegen und in dem ihn sein Gesprächspartner begleiten kann. In dieser Arbeit gehen wir nur auf den formalen, architektonischen Garten bis zum Ende des Rokokos, d.h. bis zum Beginn des Landschaftsgartens ein, dem allgemeinen Wechsel in den damaligen Wertvorstellung, dem Paradigmenwechsel während der Klassik. Besonders bei der praktisch orientierten, konservativen und weniger theorielastigen Landbevölkerung hat es den formalen Garten immer gegeben. Auch der Biedermeiergarten als Ahnherr unserer heutigen Gärten hat auf formale Elemente nie verzichtet. Die Ursprünge des modernen Gartens begannen mit einem geändertem Naturverständnis in Italien. Bekannt in diesem Zusammenhang sind die Äußerungen von Petrarca. Bedingt durch die damals dort herrschenden chaotischen Verhältnisse erinnerte man sich an seine ruhmreiche Vergangenheit, deren Zeugen man noch überall finden konnte. Dies führte zu deren Studium, ihrer Vermessung und die Übertragung der Ergebnisse auf die gegenwärtigen Aufgaben. Besonders über Alberti wurden die Lehren Vitruvs und die Beschreibungen des Plinius erneuert. Unser heutiges, bürgerliches Kunstverständnis ist in der Goethezeit (um 1800) entstanden. Aus dieser Perspektive schrieb Maria Luise Gothein ihre große "Geschichte der Gartenkunst" und fast alle deutschen Folgearbeiten waren ihr verpflichtet (auch die hier vorliegende Arbeit) und standen in dieser Tradition. Sie selber baute auf Gustav Meyer, der wiederum ein Schüler des teilweise in Frankreich ausgebildeten Lennés war, was in der Folge eine Betrachtung der deutschen Gartenkunst aus stark frankophiler Perspektive zur Folge hatte. Jeder formale Garten wurde mit den Kriterien der Gärten Le Nôtres betrachtet und in jedem französische Anleihen gesucht. Die Kunstbetrachtung im europäischem Ausland (z.B. England, Niederlande, Frankreich) bezieht in ihre Überlegungen dagegen verstärkt die jeweiligen geistesgeschichtlichen Hintergründe mit ein. Die deutschen Geschichtsschreiber in der Gartenkunst verfahren häufig nach folgendem Schema: Die Anlage "xy" wurde nach französischen Grundsätzen errichtet. Und dann: Ihren bestimmenden Kern bildet ein "ab" (in Schwetzingen z.B. der "Zirkel"), für den es in Europa keine Vorbilder gibt. Tatsächlich gibt es in Deutschland genau genommen kaum eine bedeutende Gartenanlage, die nach französischen Vorgaben gebaut worden ist. Selbst der Mittelkanal von Schleißheim, wie er bereits von dem Italiener Zuccali konzipiert worden ist, war als solcher von holländischen (evtl. venezianischen Vorbildern angeregt worden. Girard übernahm ihn von diesem (obwohl er unter ihm nicht ausgeführt wurde), zumal er seinen eigenen Gartenerfahrungen entgegen kam. Bleiben nur noch Brühl, Charlottenburg und Nymphenburg übrig. In Brühl ist das Parterre entgegen allen französischen Vorstellungen auf einen Seitenflügel bezogen. Über die Planung des eigentlichen Gartens weiss man kaum etwas. Die Anlage des Spiegelweihers soll der Gartenkonzeption von Nordkirchen entsprechen. Mit dieser Ähnlichkeit wird angenommen, dass Girard beide Anlagen geplant hat. Dabei weiß man über seine tatsächliche Tätigkeit in Brühl so gut wie nichts (der dortige berühmte Girard-Plan stammt nicht von ihm) und seine Tätigkeit in Nordkirchen leitet man nur von einem Rechnungsbeleg ab, nach dem ihm Schlaun auf einer Reise das Essen mitbezahlt hat. Brühl ist in seiner Gestaltung nicht Le Nôtre sondern bereits dem Rokoko verpflichtet. Nymphenburg steht mit seiner Breitenkonzeption ganz in einer deutschen Tradition. Die dortige Wasserachse kann auch von den Überlegungen in Schleißheim übernommen worden sein. Allerdings vermutet man, dass es für diesen Garten tatsächlich einen Entwurf Le Nôtres gegeben hat, da sein Neffe Desgot in einem Brief davon berichtet. Entsprechende Pläne sind heute nicht mehr erhalten. Eventuell hat er dadurch auf die seitlichen Bosketts Einfluss genommen, da diese früher denen in den Tuilerien ähnelten. Auch für Charlottenburg (früher Lietzenburg) hat es einen Entwurf Le Nôtres gegeben, der aber wegen zu großer Einfachheit abgelehnt worden war, d.h., dass man das geistig Wesentliche Le Nôtrischer Gartenentwürfe gar nicht verstanden hat (unabhängig davon, dass es grundsätzlich problematisch ist, einen Garten zu entwerfen, ohne dass man sein Gelände gesehen hat). Die dortige hintere Wasserachse ergab sich zwingend aus deren dortigen Anbindung an die Spree. Bleiben die restlichen formalen Details übrig, die es aber fast alle bereits vor Le Nôtre gegeben hat und deren Kenntnis an den Höfen Allgemeingut war. Die Genialität seiner Person liegt nicht in deren Erfindung sondern in dem Umgang mit denselben. (Insgesamt soll Le Nôtre nur drei Entwürfe für ausländische Gärten geliefert haben, neben den beiden genannten auch noch einen für Greenwich). In der Regel wird die Existenz einer eigenständigen formalen Gartenkunst in Deutschland bestritten. Aus Mangel an Belegen wissen wir über sie für die Zeit der Renaissance sehr wenig. So ist z.B. keine einzige Abbildung der bedeutendsten damaligen Bürgergärten, denen von Raimund und Anton Fugger in Augsburg bekannt. Wir wissen nur, dass sie in ihrer Zeit zu den bedeutendsten in Europa gezählt wurden und dass es einerseits bürgerliche und andererseits fürstliche Gärten gegeben hat, die beide auch eigenen Traditionen verpflichtet waren, die sich später teilweise über die holländische Gartenkunst in die Zeit des Barocks hinübergerettet haben. Bereits die Gothein sah für die Zeit der Renaissance eine Einheit beim deutschen und niederländischem Gartenstil. Da sich auch später die Grundtraditionen nicht änderten, sondern sich die Entwicklung innerhalb von ihnen durch den 30-jährigen Krieg nur zeitlich verschob und durch die gemeinsame religiöse Entwicklung sich festigte, muss man beim formalen Garten grundsätzlich von einer deutsch-niederländischen Gartenkunst sprechen. Dabei wurde in Holland, bedingt durch die Dichte der Einwohnerzahl und den Zwang zur Entwässerung des Landes die wasser-technischen Fertigkeiten stärker gepflegt. In der Folgezeit, der Zeit der katholischen Gegenreformation, politisch 1648 mit dem Westfälischem Frieden zwar beendet, kulturell aber für die gesamte Barockzeit noch bedeutsam, müssen wir zwischen einer katholischen süddeutschen und einer protestantischen norddeutschen Gartenkunst unterscheiden, wobei man in Süddeutschland stärker von Italien und in Norddeutschland von den protestantischen Niederlanden seine Anregungen erhielt. Dabei gehörte auch für die protestantischen Fürsten die "Grand Tour", die große Bildungsreise nach Italien zu deren regulärem Ausbildungsprogramm, bzw. danach, Italien zu deren wichtigsten Vergnügungswelt (man traf sich vereint zum Karneval in Venedig). Der Herkulesbereich der Kasseler Wilhelmshöhe ist nur eines dieser Ergebnisse. Wäre der Garten im Barock vollständig zur Ausführung gekommen, so wäre er einer der grandiosesten formalen Anlagen Europas geworden. Die Merkmale deutscher Gärten waren:
Die Frage nach dem "Deutschen" in der Gartenkunst ist eine Frage nach dem Identischen in einem Teilbereich unserer Kultur in unserem Land, eine Frage, die seit der Renaissance allgemein immer wiedergestellt wurde (dort von den Humanisten). Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte sie um 1900 in der Heimatschutzbewegung, die dann später von Schultze-Naumburg in den Dienst des Nationalsozialismus gestellt wurde. Eigentlich kannte die europäische Kultur bis zur französischen Revolution keine nationalen Grenzen. Dabei ist in der Diskussion die Kunst in Deutschland von einer deutschen Kunst zu trennen. Die Gartenkunst als solche bestand dabei immer und überall aus geistigen Synthesen, Synthesen, die oft in einem ganzen Leben eines Erbauers heranreiften (z.B. bei der Fürstin Sophie in Herrenhausen). In ihnen vereinigten sich das "kulturelle Gedächtnis" einer jeweils genossenen Erziehung mit ihren Wertzuweisungen und nachfolgend Erfahrungen mit den persönlichen Bedürfnissen eines Menschen. Innerhalb der europäischen Kunstgeschichte fällt es schwer, einzelnen Völkern besondere Leistungen zuzusprechen, da es sie ohne die Anregungen der anderen gar nicht gäbe. Kein Land steht für sich alleine. Andererseits besaß jede Region ihre Traditionen und geistige Verbindungen, so dass man in eingeschränktem Maße sehr wohl von einer italienischen, französischen, englischen aber auch von einer deutschen Kunst sprechen kann. Durch den Missbrauch dieses Gedanken, dem "Völkischen" im Nationalsozialismus wurde in der Folgezeit eine solche Betrachtungsweise zwar tabuisiert, damit aber auch wesentliche Merkmale bei einzelnen Kunstobjekten außer acht gelassen. So gibt es z.B. kein europäisches Kunstzentrum mit dem sich Mainfranken nicht messen könnte. Restaurierungen ohne die Einbeziehung der eigenen Traditionen müssen immer zweifelhaft bleiben. Es gehörte immer zu den Kriegszielen nationaler Gegner, kulturelle Symbole des jeweils anderen Staates zu zerstören. Besonders in den letzten Weltkriegen war dies im Rahmen der "modernen" Kriegsführung im großen Umfang der Fall gewesen. Solche Vernichtungen hat es aber schon immer gegeben. So dürfte die Zerstörung des Heidelberger Schlosses und der Mainzer Favorite hierzu gezählt werden und damit zwei der bedeutendsten Gärten in Deutschland, beides ehemals Gärten von europäischem Rang. Der Stellenwert der deutschen Gärten innerhalb des europäischen Kulturraumes ist oft schwer zu beschreiben, weil er in der Regel unter dem Ansatz erfolgt, dass man die Maßstäbe einer bestimmten Anlage auch auf die anderen Gärten überträgt. Dies hat zur Folge, dass die letzteren dabei zwangsläufig abgewertet werden. Dieser Umstand erfolgt in Deutschland ständig, indem von Frankophilen die Maßstabsfunktion der französischen Gartenkunst zugesprochen wird. Dabei wird übersehen, dass auch Frankreich nur einen Le Nôtre besessen hat und man hier seine Genialität mit der französischen Gartenkunst einfach gleichsetzt. Auch die historische deutsch-nierländische Gartenkunst in ihrer nationalen Vielfalt braucht sich nicht hinter der anderer Länder zu verstecken. Es ist problematisch, wenn Kunstbetrachter sie ihrer traditionellen Bindungen wegen als rückständig verunglimpfen. Natürlich ist es hier schwer der Vielfalt wegen das Verbindende herauszustellen. In Frankreich gab es nur einen Fürstenhof, der die Maßstäbe setzte, in Deutschland eine Vielzahl, zusätzlich gespalten in zwei verschiedene religiöse Lager und damit zwei verschiedene Wertwelten. Als Beispiel für die Problematik solcher Vergleiche reichen bereits die Größenverhältnisse zwischen den Gärten:
Wenn wir heute vor diesen Repräsentationsbauten stehen, betrachten wir sie hauptsächlich als künstlerische Leistungen besonders in Hinblick auf ihre ästhetische Ausstrahlung. Unser Verständnis für sie gewinnen wir dabei über die facettenartigen Ausschnitte, über die sie sich uns heute noch präsentieren. Verkürzt auf die alleinige Betrachtung des Schlosses reduziert, gerät dabei der früher gleichwertige Garten, mit dessen Bau man oft zunächst begann und der mit dem Schloss eine Repräsentationseinheit bildete, völlig aus dem Blickfeld, obwohl gerade hier sich früher das repräsentative Zeremoniell in allen seinen Abstufungen abspielte. Die berühmten barocken Feiern bewegten sich alle in einem relativ starren Ritual, und der Garten war dessen wichtigste Bühne, weil nur er den Raum für die beteiligten großen Menschenmassen bot. Wir müssen uns heute diese Gärten gefüllt mit prächtig gekleideten Menschen vorstellen, die sich dort in einem korsettartigem Zeremoniell bewegten. Fast alle Kulturen besaßen Paradiesvorstellungen und fast alle haben diese mit einem Garten in Verbindung gebracht. Dabei entsprachen diese Vorstellungen, als der Mensch sich noch voll in die offene, als bedrohlich empfundene Natur eingliedern musste, einer überschaubaren Ordnungswelt. Das erträumte Paradies war noch eine kleine Welt, in der er die Natur nach seinen Vorstellungen beherrschte. Die Pflanzen standen in Reihen, und alles entsprach seinen Ordnungsvorstellungen. Erst später als der Mensch die gesamte Natur zu beherrschen glaubte und sich aus Mangelgefühlen heraus nach deren Urzustand zurückzusehnen versuchte, sah er das Paradies in der "unberührten" Natur, gestalterisch geschaffen dann im Landschaftsgarten. Alle frühen Paradiesvorstellungen in unserem Kulturkreis entsprachen deshalb zunächst einem formalen Garten, d.h. einem Garten, der nach architektonischen Regeln gebaut worden war. Es ist deshalb auch kein Zufall, dass fast alle ihre Schöpfer zunächst Architekten, später architektonisch geschulte Künstler und erst in letzter Zeit Gärtner waren. Erhalten sind davon nur Gärten, bzw. deren Reste, die wir den Kunstepochen von der Renaissance bis zum Rokoko zuordnen. Nach ihnen kam dann die Zeit der Landschaftsgärten. Bei einer Beschränkung auf den deutschen Raum muss man feststellen, dass von ihnen nur noch ganz wenige erhalten sind. Die bedeutendsten von ihnen sind zerstört (Fuggergärten, Mainzer Favorite, Salzdahlum), sind nur noch als Grundstruktur erhalten (Hortus Palatinus), wurden auf die reine Architektur reduziert (Dresdener Zwinger) und sind oft landschaftsgärtnerisch überarbeitet worden. Auch die Rekonstruktionsversuche seit der Mitte des 19. Jh. verliefen oft sehr unglücklich, weil die Verantwortlichen sie für die neuen Benutzer gefälliger machten (Herrenhausen) oder sich nachträglich an französischen Vorgaben orientierten. Der besseren Verständigung wegen teilt man die Geschichte der Kunst in verschiedene Epochen ein. Ihre Beschreibung unterlag dabei verschiedenen Moden: kulturgeschichtlichen, dann stilgeschichtlichen, Sehweisen in Gegensatzpaaren (z.B. Renaissance - Barock), geistesgeschichtlichen, nationalen, ikonografischen (beschreibenden), stilanalytischen u.a.. Oft bildeten sich dabei bestimmte Betrachtungsschulen, die es in der Gartenkunst aus Ermangelung entsprechender Wissenschaftler nicht gibt. Neuerdings nehmen sie hier allerdings indirekt über verschiedene Verständnisse von sinnvollen Rekonstruktionen begrenzt Einfluss. Die Zahl der in diesem Bereich arbeitenden Menschen ist sehr klein, kennt sich und kommt weitgehend von den gleichen Schulen. Nach außen vertreten sie deshalb eine relativ einheitliche Meinung. Gedankliche Alternativen und Diskussionsangebote werden als störend empfunden. Der Betrachtungszeitraum dieser Arbeit beginnt mit der Renaissance und endet mit dem Rokoko. Räumlich bezieht sie sich auf die Bundesrepublik, zieht aber andere Bereiche mit ein, da die Entwicklung der heimischen Gartenkultur ohne diese nicht verständlich wäre. Wie bereits ausgeführt, begann die Geschichte der neueren Gartenkunst in Italien während der Renaissance. Letztere wurde bereits in ihrer Zeit als eine Wiederbelebung der römischen Antike angesehen(von Vasari, ital. rinascità = Wiedergeburt). Heute sieht man in ihr die italienische und die von ihr beeinflusste Kunst und Architektur von 1420 - 1520 (andere Einteilungen sagen bis 1575). Ihr folgt der Manierismus und der Barock. Ihren Ausgang nahm sie in Florenz und verbreitete sich von dort als Frührenaissance über ganz Ober- und Mittelitalien. Durch die Übersiedlung bedeutender Künstler verlagerte sich das künstlerische Schwergewicht nach Rom. Durch die Verbindung mit den damals dort überall vorhandenen antiken Vorbildern entstand die Hoch-Renaissance (Bramante). Kennzeichnend für sie waren die Verwendung einfacher geometrischer Grundformen, eine klare, rechteckige Gliederung der Gebäudefronten, eine Wiederaufnahme der antiken Säulenordnung und das Bestreben nach einer harmonischen Proportionierung der Gebäudeteile. Außerhalb Italiens fehlte der unmittelbare Bezug zur Antike und damit verbunden das dort geschulte klassische Proportionsgefühl. In Deutschland gab es die eigentliche Renaissance im richtigen Verständnis zum Beispiel kaum. Im Renaissancegarten besteht ein kosmischer Bezug. Wichtig waren hier der Ausblick, die Sammlung, das Gespräch oder das Zusammensein. Der spätere Barockgarten wurde dagegen von einer weitgehend ritualisierten Etikette bestimmt und diente in erster Linie der höfischen Repräsentation, um nicht zu sagen formalen Ritualen. Beide Stilarten wurden zwar von ihrem jeweiligen modischen Zeitgeist bestimmt, doch war der Renaissancegarten individueller, persönlicher, ein Formgefühl das sich in Deutschland und Holland nie ganz hat verdrängen lassen und später deshalb oft als konservativ diffamiert wurde. Andererseits war es dann erst der Barockgarten, der solch raumausgreifende Schöpfungen wie Kassel oder Versailles erlaubt. Neben ihren repräsentativen Aufgaben besaßen die Renaissancegärten auch Ausstellungsfunktionen, bei denen sich in ihrem Mikrokosmos die ganze Welt wiederspiegeln sollte (z.B. über die Mineralsammlungen in den Grotten, in den Skulptur- und Pflanzensammlungen). Es war die Zeit der berühmten Kunstkammern. Einerseits kamen in ihnen die Vorlieben des jeweiligen Sammlers zum Tragen, andererseits wurden die Objekte auch in einem größeren geistigen Gesamtzusammenhang gezeigt. Besonders beliebt dabei waren Bezüge zu den Planeten und den Elementen, die wir dann in der Ikonographie des Barocks wiederfinden. Im 16. Jh. entsprachen sich noch die holländischen und die deutschen Gartenvorstellungen weitgehend (auch M.L. Gothein behandelt sie deshalb gemeinsam noch in einem Kapitel). Nach dem 30-jährigem Krieg war man dann verstärkt auf holländische Hilfen angewiesen. Sie ergaben sich auch durch die familiären Verbindungen. Oranierprinzessinnen hatten in viele protestantische Fürstenfamilien geheiratet (u.a. nach Brandenburg - deshalb dort "Oranienburg", Dessau - deshalb "Oranienbaum" und nach Dietz an der Lahn - deshalb dort "Oranienstein"). Andere waren in Holland erzogen worden (Kurfürstin Sophie) oder besaßen holländische Besitzungen (u.a. Fürst Johann Moritz von Nassau und Herzog Anton Ulrich von Braunschweig). Während im katholischem Süden verstärkt eine höfische Kultur bestimmend wurde, war es im protestantischem Norden eine teilweise bürgerlich orientierte, wie sie schon vor dem 3o-jährigen Krieg in den deutschen Reichstädten bestanden hat. Die Gärten in Holland waren
Albertis Gedanken fanden viel Aufmerksamkeit, - besonders bei den Medici und den Este. Dabei waren die ersten nun entstehenden Anlagen locker und heiter und standen damit zunächst in einem Gegensatz zu den prächtigen, ernsten Anlagen der Antike. Um den damaligen Forderungen gerecht zu werden, muss man bedenken, dass sie für ein anderes Klima aufgestellt worden sind, ein Klima, das im Sommer erdrückend heiß war, und in dem man über jede Art der Kühlung froh war (hier also durch den Wind, den Schatten, feuchte Grotten und das Wasser). Die nächsten für die Gartenkunst bedeutenden Architekten waren:
Dem Manierismus folgte als Baustil der Barock (ca. 1600 - 1770). Der Name wurde vom portugiesischem "barroco" abgeleitet und bezeichnete dort zunächst in der Goldschmiedekunst eine schiefrunde Perle. Später gebrauchten die Klassizisten diesen Ausdruck abwertend für alles Schwülstige. Seine Hauptmerkmale waren (hier nur soweit sie die Gartenkunst betreffen):
Über die Barockgärten versuchten die Fürsten ihre Legitimation zu unterstreichen. Mit Hilfe von klassischen Gestaltungsprinzipien und symbolischen Skulpturenfolgen versuchten sie dabei ihre Stellung von einer göttlichen Ordnung abzuleiten. Am bekanntesten ist dieser Versuch bei Ludwig XIV. in Versailles. Die antike Götterwelt führte in der Antike in der Vorstellung der damaligen Menschen ein paralleles Leben zu dem ihren. Religiöse Forderungen wurden deshalb mit deren Darstellungen mit leicht definierbaren Symbolen in Verbindung gebracht. Für die leseunkundige Bevölkerung war dieser Umstand besonders wichtig. Seit der Renaissance griffen Herrscherhäuser, deren Legitimation unsicher war (besonders die Medici) diesen Gedanken wieder auf. Man ließ sich in seiner Selbstdarstellung als ein Gott (z.B. als Apoll in Versailles oder in Schwetzingen) oder als Heros (z.B. als Herkules in Kassel) darstellen. Ein Problem für das ikonografische Verständnis der damaligen Skulpturfolgen ist heute der Umstand, dass in der griechisch-römischen Sagenwelt die Götter nicht mit wenigen Eigenschaften ausreichend zu beschreiben sind und diese zusätzlich in Griechenland und in Rom unterschiedlich gesehen wurden. Der Garten war damit auch der Ausdruck bestimmter Ordnungsvorstellungen, die man dem ganzen Universum zugrundelegte. Ihre Bestätigung fanden sie durch die rationale Philosophie der Aufklärung (ihre damaligen Hauptvertreter waren in Frankreich Descartes und in Deutschland Leibniz, dessen wahrscheinlich großer Einfluss auf den Großen Garten von Hannover noch gar nicht erforscht ist. Seine jahrzehntelangen, oft täglichen Gespräche mit der Kurfürstin lassen ihn vermuten). Der größte Einfluss auf die barocke Gartenkunst ging von der Villa Aldobrandini aus. Sie wurde das große Vorbild (in Deutschland z.B. für die Kasseler Wilhelmshöhe). Den Kern der Anlage bildete der Giardino bosco (in Versailles zusammengefasst im Petit parc) und der Selvatico (in Frankreich als Grand parc bezeichnet). Der gesamte Garten war einer geschlossenen Grundkonzeption unterworfen worden. Die zuvor eigenständigen Einzelelemente hatten sich dieser unterzuordnen. Durch diese ihre Unterordnung fand gleichzeitig eine Vereinheitlichung aller Gartenbezüge statt. Dabei wurde aus den verschiedenen Giardini das einheitliche Parterre und der bisherige Pflanzengarten in einen seitlichen Giardino secreto verlegt. Die einzelne Pflanze wurde nicht mehr in ihrer Individualität gesehen, sondern in der Masse als Kontrast der offenen Gartenfläche gegenübergestellt. Die bisherige Vielfalt des Wassereinsatzes wurde auf wenige große Motive konzentriert (dabei suchte man besonders dessen tosende Akustik). In Deutschland begann die barocke Gartenkunst am Ende des 17. Jhrdts. (zeitlich verschoben durch den 30-jährigen Krieg und die zunächst drückende Armut im Lande). Die hier lebende konservative, ländliche Gesellschaft war noch stark ihren eigenen Traditionen verpflichtet, die bei Maßnahmen langfristiger Unternehmungen, zu deren Ausführung man viel Zeit benötigte und die viel Geld kosteten zum Tragen kamen. Dagegen wurden kurzfristige Moden überall aufgegriffen wo sie sich boten und Kurzweil versprachen, in Deutschland besonders aus Venedig und aus Versailles. Besonders am Hof Ludwig XIV. dienten der Petit parc dem Ausleben des höfischen Zeremoniells. Dabei wurde in den Bosketts das Bedürfnis nach Abwechslung befriedigt. In ihnen fanden die berühmten Feste, Spiele, Aufführungen und auch Begegnungen statt. Wenn sie uns heute oft langweilig erscheinen, dann liegt es daran, dass ihnen heute das einst dort vorzufindende farbenprächtige Leben fehlt. Der gesamte "Petit parc" war eine einzige Bühne auf der sich die Mitglieder der damaligen Gesellschaft darstellten. - Und die Bosketts waren dafür deren wichtigster Teil. In Deutschland befanden sich in vielen dieser Gärten, besonders in den rahmenden Pflanzungen, noch lange Obst- und Gemüsequartiere (z.B. in Hannover, Sanssouci ,Veitshöchheim und Schwetzingen). Der Grand parc ging aus dem italienischem Selvatico hervor. Durch die Fortsetzung des Wegesystems aus dem Garten wurden die vormaligen Jagdgehege fest mit der Einheit Schloss und Garten verbunden. Die ersten Ansätze dafür finden wir bereits bei der Villa Lante, einen Höhepunkt erreicht diese Verbindung durch Le Nôtre in Versailles. Für die Einordnung der verschiedenen Elemente in den Garten gab es feste Regeln. Allgemein kann man sagen, dass mit einer zunehmenden Entfernung vom Schloss deren gestalterische Rangordnung abnahm. In Schlossnähe befand sich das wertvolle Parterre mit einem besonders wertvollen Skulpturenschmuck und in der Ferne die einfachen, schmucklosen Rasenflächen und Kanäle. Eremitagen (Einsiedeleien) hat es in den Gärten seit dem Mittelalter gegeben. Während der Renaissance und dem Barock verloren sie zunehmend ihren religiösen Bezug und wurden zum Schluss nur noch Kulissen für die höfischen Feste. Das Trianon und das Marly Ludwig XIV. wurden als dessen persönliche Rückzugsbereiche im Resteuropa sprachliche Synonyme dafür. So meinte der Kurfürst Lothar Franz als er bei seinem Garten in Mainz von seinem Marly sprach, nicht dessen Aufbau, - es gibt dafür in der Abfolge der Kavaliershäuser nur die Tatsache, dass es auch dort mehrere sind ; dort allerdings in einer völlig anderen Nutzungskonzeption und Beziehung zu einander -sonder, dass es sich hier um sein Rückzugsrefugium handelte. Das dortige Stirngebäude z.B. war keine Wohnstätte sondern eine Orangerie. Im Barock versuchte man in Frankreich, im Wettbewerb zu den großen Kunstzentren in Italien, gegen das dort bestimmende antike Vorbild eine nationale Kunstsprache aufzubauen, die die italienische übertreffen sollte. Am Ende der Entwicklung standen dann die genialen Fortschrittsvisionen einzelner Künstler vor der bis in die Barockzeit hin geltende Universalitätsidee. In der französischen Gartenkunst war die herausragende Gestalt André Le Nôtre (1613 - 1700) gewesen. Seiner Genialität, seinem Raumempfinden gelang es, riesige Anlagen zu einem Gesamtensemble zusammenzufassen. Fast alle von ihm verwandten Elemente hat es schon vorher gegeben, aber ihm gelang es, sie zu einer großen Vision in dem Dienst für seinen König zu vereinen. Er verschmolz Schloss, Garten und Landschaft zu einer Einheit. Ihre einzelnen Teile wurden durch Achsen miteinander Verbunden, alle Teilbereiche auf eine Mittelachse bezogen. Ihren Bezugspunkt bildete das Schloss. Vom Gebäude her kommend wurde die geometrisch orientierte Raumkonzeption immer lockerer, um im Park langsam in die Landschaft überzugehen. Die Querachsen schufen Knotenpunkte von denen wiederum neue Wege strahlenförmig die Erlebnisbereiche mit einander verknüpften, bzw. mit der Landschaft verspannen. Am Ende der Blickachsen befanden sich Blickpunkte (Points de vue). Abgesehen von einer Fülle von Plänen und Ansichten weiß man über Le Nôtre erstaunlich wenig. Schriftliche Äußerungen von ihm sind unbekannt. Seine erste Ausbildung hatte er bei seinem Vater, dem "ersten Gärtner" in den Tuilerien erhalten. Dann wurde er gemeinsam mit Le Brun zum Maler ausgebildet. Mit dem Entwurf der Anlagen von Vaux-le-Vicomte (1656-61) begann seine eigentliche Karriere. Gemeinsam mit Le Vau (Architekt) und Le Brun (Maler) hatte er hier eine Anlage geschaffen, zu der es in Frankreich bisher nichts Vergleichbares gegeben hat. Die heutige Rekonstruktion von Vaux durch Achille Duchêne stammt vom Ende des 19. Jhrdts.. doch anders als bei Le Nôtre, der in seiner Zeit in einem revanchistischem Frankreich zu einer Art Nationalkünstler erhoben wurde, der den Geist Frankreichs in seinen Arbeiten am klarsten herausgestellt hätte, vereinfachte Duchêne dessen früheres Konzept sehr stark. Dadurch verloren dessen frühere Kompositionen ihre ehemalige Rhythmik. Ihre heutige Monotonie hatte es früher in ihnen nicht gegeben (was nicht bedeutet, dass der Garten auch heute noch einer der großartigsten Europas ist). Nach dem Einweihungsfest von Vaux ließ Ludwig XIV. dessen Erbauer Fouquet wegen vorgeschobener Veruntreuung von Staatsgeldern verhaften und übernahm dessen Künstlerstab für Versailles. Bedeutsam wurde dieser erste Garten, weil es hier Le Nôtre gelungen war, alle früheren Gartenmotive zu einem neuen Gesamtbild zu vereinen. Hier schuf er Lösungen, bereichert um eine Vielzahl von Details, besonders in den Broderieformen und der Vielfalt im Umgang mit dem Wasser, die er später auf Versailles übertrug. In seinen Arbeiten sah man später eine Verkörperung Frankreichs, dessen formal zum Ausdruck gebrachten rationalen Geist, seinen Glanz und seinen Erfindungsreichtum. Später in Versailles kamen dann nur noch eine Fülle der abwechslungsreichen Unterhaltungsstätten in den Bosketts hinzu. Als Höhepunkt der barocken Gartenkunst wurde dieser Garten zum symbolischen Inbegriff seines Landes. Darin liegt auch heute noch seine Bedeutung. Hier war während der Regierungszeit Ludwig XIV. der französische Hof vereint, der sich dort den festen Regeln der Hofetikette unterwarf, die wie ein Zwangskorsett über den Menschen lag. Innerhalb dieses Korsetts mit seiner höfischen Farbenpracht suchten sie nach Abwechslung, nach "varieté", die in den Bosketts bedient wurde. Später wurde immer wieder gesagt, dass die anderen europäischen Fürsten Versailles zu kopieren versuchten, und man macht dies immer an Motiven fest, die von dort übernommen sein sollen. Man bedachte dabei nicht, dass alle diese Motive viel älter waren. Das was die deutschen Fürsten zu imitieren versuchten, war nicht das "gestalterische Produkt" Versailles, der formale Rahmen (ihre finanziellen Möglichkeiten hätten dies auch gar nicht erlaubt, und sie waren nicht so dumm, dies nicht zu wissen), doch ließen sich die schöpferische Genialität, das Raumgefühl eines Le Nôtres nicht übertragen, nur Aspekte des dortigen Hoflebens. Dabei hatte letzteres, als es die deutschen Fürsten zu übernehmen versuchten, bereits seine ursprüngliche Strenge verloren gehabt. Es gibt deshalb genau genommen auch keinen einzigen Garten in Deutschland, der in der Tradition Le Nôtres steht. In Deutschland haben die Gärten neben anderen schon genannten Kriterien z.B. oft
Bekannt von Versailles ist sein ikonologisches Programm, dass sich dort vom Apollobrunnen aus aufbaute, wo sich Ludwig XIV. selbst als Sonnengott darstellen lässt (der ursprüngliche Bezug war die Thetisgrotte; von dort nahm der Kult um den "Roi Soleil" seinen Ausgang). Symbolisch stellte man sich hinter die Gestalten der antiken Götterwelt, eine Form der Selbstdarstellung, die seit der Antike bekannt war. Später haben sie die Medici wieder belebt, als sie ihre Abstammung aufzuwerten versuchten. Bei uns in Deutschland wissen wir zwar um diese Programme, können sie aber heute kaum noch entschlüsseln, da in der Zwischenzeit Figuren fehlen, umgestellt oder ergänzt wurden. Auch ist uns heute die frühere Symbolsprache nicht mehr vertraut. In der Regel stellen sich die Herrscher selber als Apoll oder als Herkules dar (nicht zu übersehen in Kassel), bei den Folgefiguren entstehen dann die Fragen. Ein zusätzliches Problem entsteht bei der künstlerischen Bewertung der Gartenskulpturen. Man darf an sie nicht die gleichen Maßstäbe wie in Innenräumen legen. Ihre Ausstrahlung ist durch den Lichteinfluss eine andere (besonders im Rahmen der dort notwendigen Fernwirkung). Auch verstärkt sich dieses Problem noch bei standortbezogenen Arbeiten, z.B. bei Arbeiten für einen Garten in Rom oder in Hannover. In der Kunstgeschichte werden dabei fast immer die Maßstäbe der italienischen Arbeiten im Vergleich herangezogen, was zwangsläufig zur Abwertung der heimischen führt. Bei einer gerechten Beurteilung wären z.B. die anderen Lichtverhältnisse zu berücksichtigen. Eine besondere Beziehung besaß während der Barockzeit die norddeutsch-protestantische, aber auch die bayrische Gartenkunst zur holländischen. Schon die Fugger haben ihre Gärtner zur Ausbildung in die Niederlande geschickt und auch von den deutschen Barockfürsten wissen wir vergleichbares. Besonders deren Handwerker und Wassertechniker galten als vorbildhaft. Durch André Mollet (1633-35 in Honselaarsdijk) und Daniel Marot (Het Loo und Heemstede) arbeiteten dort zwar zeitweise auch französische Gärtner, die dort besonders auf die Gestaltung der Parterres Einfluss nahmen, sich dort aber letztendlich in die holländischen Gegebenheiten und Traditionen einordnen mussten (gleichwertige Achsen; selbständige, oft noch quadratische Quartiere; eine klare Außenbegrenzung, betont durch Kanäle und mehrreihige Alleen). Wie gering dort der tatsächliche französische Einfluss gewesen sein muss, mag der Umstand verdeutlichen, dass Wilhelm III. von Oranien nach seiner Ankunft in England, den dort zuvor bestehenden französischen Einfluss sofort beendete. In dieser Arbeit soll nur auf sieben (in Bd. II drei und Bd. III vier) bedeutende formale deutsche Gärten eingegangen werden. Natürlich gab es sehr viel mehr. Jeder kleine Fürst hatte einst einen solchen sich angelegt. Vier der besonders bedeutenden, aber hier nicht besprochenen, wollen wir allerdings wenigstens kurz anreißen:
Der dritte große deutsche Barockgarten war die Wilhelmshöhe in Kassel (früher "Weißenstein" genannt). Dehio bezeichnete sie als das vielleicht grandioseste, "was irgendwo der Barockstil in der Verbindung von Architektur und Landschaft gewagt hat".
Ausländische Architekten im Bereich der Gartengestaltung gab es relativ wenige. In der Regel passten sie sich den deutschen Traditionen an (wie Nicolas de Pigage, 1723 - 1796) oder sie wurden zur Weiterbildung nach Holland geschickt. Über die tatsächlichen Gartenleistungen von Girard weiß man kaum etwas. Sie sind sehr unwahrscheinlich. Er war als Brunnenbauer eingestellt und als solcher auch gefragt worden. Die gewöhnlichen Gärtner waren damals nur Ausführungsgehilfen gebildeter Fürsten. Das Rokoko wird gelegentlich als die letzte Stilphase des Barocks , in der Regel als eine eigene Kunstepoche angesehen. Sie dauerte etwa von 1720 - 1770. Der Begriff ist vom französischem Rocaille (= Muschelwerk) abgeleitet und war dort zunächst nur ein Dekorationsstil. Die dortigen asymmetrischen Zierformen mit muschelförmigen Verzierungen untergliedert man zeitlich nach den damaligen jeweiligen Herrschern:
Die Zeit des Rokokos war eine Zeit des Umbruchs vom Absolutismus eines Ludwig XIV. zum "aufgeklärten" Absolutismus eines Friedrich II, vom Residenzschloss vom Typ Versailles zum Lustschloss im Sinne Sanssoucis. Während im Barock die in Zeremonien gelebte Etikette bestimmend war, wurden jetzt Kriterien wie Bequemlichkeit wichtig. Merkmale waren hier u.a. eine verminderte Hofhaltung. Im Rokokogarten wird der Wunsch nach Intimität bestimmend. Die bisherige Außenorientierung wird durch eine Innenorientierung ersetzt, das Starr-Höfische durch eine verspielte Heiterkeit. Der neue Gartentyp kam alten deutschen Traditionen entgegen, dem stärkeren Eigenleben der verschiedenen Gartenteile (dem additativen Prinzip), seine Kleinräumigkeit, das Labyrinthische. Gleichzeitig liebte man Bauten, die eine gewisse Leichtigkeit und Exotik (besonders Chinoiserien) ausstrahlten. Zuvor würdevolle Götterfiguren wurden von Skulpturen, die Lebensfreude ausdrückten, ersetzt (Liebesgötter, Komödianten, Putten, Jagdmotive). Oft auch Anbau von Nutzpflanzen in den Quartieren. Die bedeutendsten deutschen Rokokogärten waren:
Das Buch von Dézallier bestand aus zwei Teilen wie bereits der Titel sagt, aus einem Theoretischem und einem auf die Praxis bezogenen. Einige der Ausgaben erschienen unter dem Namen Le Blonds, dem Namen des Zeichners, der die meisten Bildtafeln geliefert hatte. Angesprochen sollten Privatpersonen werden, die sich mit der Anleitung und der Hilfe eines Gärtners ihren Garten selber anlegen wollten, d.h. einer Anleitung, wie es sie in unserer Zeit unzählige gibt. In der Erstausgabe sprach er nur Gartenbesitzer mit Gärten bis zu einer maximalen Größe von ca. 1,4 ha an, in den folgenden Auflagen bis zu 14 ha. Dabei handelte er die verschiedenen Gartenteile aus der Sicht seiner Zeit ab, d.h., an manchen Stellen bereits mit der Forderung nach mehr Natürlichkeit. Würde man ihm immer folgen, hätte man anstelle der Broderie- bevorzugt Rasenparterre. Blumenparterre (wie in Schleißheim oder Brühl) wären aus seiner Sicht als Renaissancerelikte völlig veraltet. Sein Buch war in seiner Zeit sehr verbreitet gewesen, und auch heute noch folgen viele Abhandlungen seinen Gliederungen. Bei der Betrachtung seiner Mustergärten ist man über deren geringes gestalterisches Niveau erstaunt. Zum Verständnis historischer Gärten sollte man etwas über deren Aufbausystematik wissen. In der Regel bestanden sie aus drei Teilen:
Durch den Umstand, dass nur noch wenige Einzelpersonen sich mit der Geschichte und der Theorie der Gartenkunst beschäftigen und auch niemand mehr ein völliges Gesamtwissen über alle Stilepochen besitzt, gibt es kaum eine Kontrolle über viele Aussagen. Eine Folge davon ist, dass diese von Buch zu Buch wandern können und im Laufe der Zeit dann unkritisch als "wahr" hingenommen werden Zwei Beispiele mögen dafür genügen:
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