4. Brühl | ||||||||||||
Neben Schwetzingen ist "Brühl" heute der authentischte spätbarocke Garten in Deutschland. Er ist das Ergebnis einer sorgfältigen Rekonstruktion durch den ehemaligen Gartendirektor von Sanssouci Georg Potente, die erste Rekonstruktion eines barocken Gartens in Deutschland überhaupt. Sein Hauptschloss "Augustusburg" repräsentiert das Rokoko wie kaum ein zweites, und "Falkenlust" gehört zu den bezauberndsten Lustschlössern Europas. Beide zusammen stellen "eines der glanzvollsten Gesamtkunstwerke des 18. Jhs. in Europa" dar und wurden deshalb bereits 1984 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen (d.h., weltweit mit den ersten fünf Gärten). Für die Rheinländer waren diese Anlagen einst ein Denkmal ihrer Kurfürstenzeit, für die preußischen Könige ein Mittel, die emotionalen Bindungen zwischen dem Rheinland und Preußen zu verbessern und auch die "Denkmalpflege" hier gegen das aufkommende liberale Denken einzusetzen. Heute besitzt Brühl das authentischste und eines der gepflegtesten Parterres in Deutschland.
Daten zur Orientierung
Gesamtfläche: ca. 100 ha (davon 14,3 das Südparterre und die Bosketts, der Nordgarten und der
Jardin Secret).
Heutige Wildpark: 37 ha (Er steht unter Naturschutz. Bodenfeuchter Eichen-Hainbuchen-Wald,
charakteristischer Waldtyp des rheinischen Flachlandes).
Geschichte
(Verschiedene Entwicklungsphasen des Gartens lassen sich heute nicht mehr eindeutig von einander trennen).
um 1180 "Brühler Burghof",
zwischen 1285-98Anlage einer Wasserburg (als kurkölnische Wasserburg),
MittelalterDie Kölner Bischöfe nutzen die Burg als "Tafelgut" und besitzen hier ein
Jagdrevier.
16. Jh.Ausbau der Burg (wahrscheinlich mit einem Garten).
1583Das bayrische Fürstenhaus stellt ab jetzt für fast 200 Jahre die Kölner Kurfürsten
(bis 1761, nach Übertritt des bisherigen Kurfürsten zum protestantischen Glauben).
1597Verlegung der Landesverwaltung des Kölner Bischofstaates nach Bonn. Die Burg
diente seit dieser Zeit nur noch als kurfürstliche Sommerresidenz.
1689Sprengung der Burg im Pfälzischem Erbfolgekrieg durch die Truppen Ludwig
XIV. Geblieben waren:
1715
Beschluss des Kurfürsten Joseph Klemens, die Ruine "zu einem modernen Schloss
nach französischem Muster" wieder aufzubauen.
Dafür die Aufnahme des Geländes und Beauftragung von Robert de Cotte mit den
Planungsarbeiten.
1723 Joseph Klemens (reg. 1688 - 1723, Bruder Max Emanuels, des Erbauers der Gärten von Schleißheim und Nymphenburg):
Übernahme der Kurfürstenwürde durch Clemens August (1700, 1723 -1761, dem
eigentlichen Erbauer von Augustusburg und Falkenlust). Er brachte seinen eigenen
westfälischen Mitarbeiterstab aus Münster / Paderborn mit. Damit schwand der
französische Einfluss von de Cotte. Clemens August:
1700 - geboren in Brüssel (Sohn des bayrischen Kurfürsten Max
Emanuel und von Therese Kunigunde, der Tochter des
polnischen Königs Jan III. Sobieski).
- Während der Verbannung des Vaters mit seinen Brüdern
Geisel des Kaisers. In dieser Zeit eine sehr gute
Ausbildung unter der Aufsicht von Jesuiten in
Klagenfuhrt und Graz
1719 - mit 16 Jahren Bischof von Regensburg. - zweijähriger Aufenthalt in Rom zur Ausbildung. - Bischof von Münster und Bischof von Paderborn,
1723 - Erzbischof und Kurfürst von Köln (zusätzlich),
1724 - Bischof von Hildesheim (zusätzlich),
1728 - Bischof von Osnabrück (zusätzlich),
(Er war damit der "Herr der Fünfkirchen". Der Erwerb
dieser Ämter kostete den Vater ca. 800.00 Gulden
Bestechungsgelder).
1732 - Erhebung zum Hochmeister des Deutschen Ordens (einer
Würde, in der er sich später gerne darstellen ließ. Ein Amt
mit großen Einfluss und großen Geldzuwendungen).
ab 1734 - jährliche Zuwendungen von 750.000 Livres (=
375.000 Gulden) durch Frankreich für die Vertretung
dessen Interessen im Deutschen Reich.
1742 - wird sein Bruder Karl Albrecht deutscher Kaiser (Karl
VII.). Clemens August gilt als eine der farbenprächtigsten, aber auch zwiespältigsten Gestalten seiner Epoche. Sein Leben war weitgehend eingespannt in die verschiedensten Formen der Selbstdarstellung innerhalb des höfischen Amüsements. Die Staatsgeschäfte führten weitgehend seine "Minister". Obwohl selber Freimaurer (nach 1738 u.a. Gründer des "Mopsordens") orientierte er sich nicht an den Idealen der Aufklärung. Er liebte die Jagd (hier besonders die Parforce- und die Falkenjagd) und das verspielt-erotische Rokokoleben. 1761 standen ihm 865 Bedienstete zur Verfügung, während große Teile der Bevölkerung in bitterster Armut lebten. Er gilt als die "vollendetste Nachahmung (des Sonnenkönigs) auf deutschem Boden" (Braubach). Er wurde wegen seiner politischen Unbeständigkeit im Französischen auch als "Wetterfahne" bezeichnet. Nach seinem Tod hinterließ er einen riesigen Schuldenberg (trotz seiner enormen Einkommensquellen). 1725 Grundsteinlegung für ein neues Schloss in Brühl (in den Ruinen der alten Brühler
Wasserburg). Für den Standort sprachen,
1728
Johann Conrad Schlaun (1695 - 1773):
1720/21
Schlauns Gartenpläne orientierten sich noch an den Handskizzen Joseph
Klemens. Danach sollte
- Schüler Neumanns in Würzburg,
ab 1725 - Studienreise nach Rom, Eintritt in den Dienst Clemens August (in Münster),
- Entwürfe für das Schoss in Brühl,
Weitere Arbeiten u.a.:
+ Clemenswerth bei Sögel (1740 -47), + Erbdrostenhof in Münster (1754 - 57), + Schlossanlagen und Kirchen.
(Die westliche Vorburg ließ eine großzügige Lösung zur Stadt nicht zu. Deshalb öffnete er das Schloss nach Osten. Wegen der Symmetrie errichtete er einen zweiten Rundturm und verlegte die Seitenflügel so auf die Ostseite, dass zwischen ihnen, in ihrer Mitte ein Ehrenhof entstand. Er plante ein neues Wasserschloss mit stark holländischem Charakter).
Besuch von Clemens August in Nymphenburg und Schleißheim. Die Kritik seines Bruders
Karl Albrecht an den bisherigen Plänen von Brühl führten zur Ablösung Schlauns (er
übernahm die Betreuung der westfälischen Baubelange) und die Entsendung
Okt. 1728des Münchener Hofarchitekten Francois de Cuvilliés und des Wasserbauingenieurs
Dominique Girard nach Brühl.
Francois Cuvilliés d.Ä. (1695 - 1768) : 1695 geboren in Soignies-en-Hainaut (Belgien),
1708 Eintritt als Hofzwerg in den Dienst Max Emanuels,
1720/24 zum Studium der Architektur von München nach Paris
geschickt,
1725 Eintellung als Hofarchitekt in München,
1728 Ablösung Schlauns in Brühl, entwirft dort Schloss
Falkenlust,
1734/39 Schaffung der Amalienburg im Nymphenburger Park
(ein Hauptwerk des profanen Rokokobaus. Er geht darin in
der gestalterischen Lebendigkeit und dem dekorativen
Reichtum über das französische Rokoko hinaus),
1747 Pläne für Schloss und Garten Wilhelmstal (Kassel)
(Seine Pläne für Wilhelmstal beweisen, dass er auch
eigene Gedanken für die Gestaltung der Gärten seiner
Schlösser einbrachte),
1751/53 Residenztheater in München,
Cuvilliés ließ den bisherigen Burggraben zuschütten, die bisherigen Rundtürme abbrechen und überarbeitete die Außenfassaden zu
repräsentativen Fronten. Durch ihn wurden die
Repräsentationsräume des Schlosses in den Südflügel verlegt, was
auch eine Umorientierung in der bisherigen Gartenplanung zur
Folge hatte (Schlauns Planungen sahen den Hauptgarten im Osten
vor. An die Stelle des ursprünglich geplanten Parterres entstand
jetzt ein Vorplatz. Der zuvor vorgesehene Kreuzkanal kam nicht zur
Ausführung).
Über Girards Tätigkeit in Brühl gibt es nur wenig Unterlagen (u.a. keine Pläne). Seine dortige Anwesenheit ist nur zweimal belegt. Auch in anderen Dokumenten wird kaum auf ihn eingegangen. Wahrscheinlich begleitete er Cuvilliés nur als wassertechnischer Berater. Über Cuvilliérs eigenem Anteil an der Gartenplanung ist nichts bekannt. Gegen eine größere Beteiligung Girards am Brühler Schlossgarten sprechen:
(Wie flüchtig die Arbeit Girards in Brühl gewesen sein muss, geht auch aus der Tatsache hervor, dass Neumann bereits 1740 mit den Brühler Wasseranlagen sich beschäftigen musste, - eigentlich Girards Arbeitsfeld). ab 1729 Anlage des Gartens.
Das Schloss sollte jetzt auf einem Terrassensockel stehen und von einem
strahlenförmigen Gartennetz umgeben werden (in Deutschland sonst nur bei
Jagdanlagen angewandt). Der Hauptgarten kam vor den südlichen Seitenflügel (d.h.,
anders als in französischen Planungen) und erfüllte in seltener Vollständigkeit die
klassische Reihenfolge von Übersichtsterrasse - Parterre - Boskettzone- (Jagd)-Park.
Der in der Folgezeit geschaffene Garten bestand aus
1729 - Grundsteinlegung von Falkenlust (Dies setzte die fertigen Pläne Cuvilliérs voraus.
Danach kam Girard nicht mehr nach Brühl. Bauzeit bis 1737). Das Schlösschen lag
am Ende einer Seitenallee des Parksternes außerhalb des Wildparks und war der
Mittelpunkt eines eigenen Jagdreviers. Cuvilliés hatte hier eine völlig selbständige
Anlage mit einem kleinen Park geschaffen. In der Beziehung zu Augustusburg
drängt sich der Vergleich von Marly zu Versailles auf. Falkenlust gilt als eines der
bezauberndsten Lustschlösser Europas.
Dabei wurde versucht, für die unregelmäßige Fünfeckfläche des Falkenlustbusches
eine Grundordnung zu schaffen und diese mit dem Brühler Wildpark symmetrisch in
Beziehung zu setzen. Man legte in das Gelände selber ein Wegesechseck und schuf
am Ende eines Südrondells eine Grottenkapelle. Die Allee zwischen dem Wildpark
und dem Falkenlustbusch wurde wie in Schleißheim als "Mailspielbahn" benutzt
(erst seit etwa 1750).
1730-31- Umfangreiche Arbeiten hinsichtlich der Fontäne (wahrscheinlich als Ergebnis der Besuche von Girard). Pflanzung von Linden und Eichen.
1730-37Errichtung einer Muschelkapelle und eines Springbrunnens als Gegenstück (in
Falkenlust).
1732Erdarbeiten für den Wassergraben um den Garten, den Spiegelweiher und die
Fontänen. Die umfangreichen Arbeiten hinsichtlich der Fontänen waren
wahrscheinlich der eigentliche Grund für die beratende Heranziehung von Girard zu
den Arbeiten in Brühl. Der Wassergraben diente u.a. auch zu Gondelfahrten und
umgab das Hochwaldgelände, den westlichen Nutzgarten und das Boskettgelände.
1733-35Fertigstellung der Südterrasse.
bis 1734Anlage der Hauptalleen im Tiergarten und der Alleeachse bis Falkenlust.
1735-45Bau der Großen Orangerie mit dem Kuckuckstor.
1742-55Zwischen diesen Jahren Neugestaltung des Parterres. Wahrscheinlich auf Anregungen
von Neumann hin. Das von Metz abgebildete Parterre kann nicht vor 1750 entstanden
sein. (Sollten Teile tatsächlich nach Zeichnungen von Girard angelegt worden sein,
muss man mit ihnen unzufrieden gewesen sein, wenn man sie bereits nach nur 10
Jahren wieder neu gestaltete).
1745 (-48)Darstellung der Gesamtkonzeption des Gartens (d.h., nach dem Tod Girards).
Gemeinhin wird dieser Entwurf als "Girard-Plan" bezeichnet, doch kann er nicht von
diesem stammen. Jede Beteiligung Girards an diesem Plan ist reine Spekulation. In
diesem Arbeitsplan wurden anscheinend alle Überlegungen bis zu diesem Zeitpunkt
zusammengefasst. Er diente bis zum Tode Clemens August sozusagen als
Orientierungsplan, dem man allerdings nur teilweise folgte. (Eine Annahme sieht in
ihm einen Gesamtplan für die Gesamtanlage und vermutet eine Beteiligung von
Girard und Cuvilliér wegen eines unterstellten starken Bezuges zur französischen
Gartenkunst. Doch was ist hier so französisch, dass man von einer solchen sprechen
Kann: Weder die Lage des Parterres, noch seine Absenkung, noch seine Gestaltung
bezogen auf den damaligen französischen Geschmack, noch die klassische
Gesamtkonzeption? Die Terrasse kann von Schleißheim angeregt worden sein, und
dort erwuchs sie aus rein technischen Notwendigkeiten.
Dieser Plan war später eine der Unterlagen für die Rekonstruktionsarbeiten. Ein Vergleich der Pläne von 1745 (Generalplan) und den tatsächlichen Ausführungen nach den "Metz-Darstellungen" (1750/60) zeigt große Unterschiede:
1747-53 Bau des "Indianischen Hauses" und der "Fasanerie"(auch "maison chinoise" genannt,
1768 gab es das Haus gesichert; insgesamt 60 m lang; 1822 wurde es wegen
Baufälligkeit abgerissen). Das Gebäude ging auf ein "Vinea Domini" in Bonn zurück,
als ein "maison de plaisance" (= kleine Solitärschlösschen mit einem eigenen Garten,
typisch für die Regence-Zeit), einem achteckigen Mittelbau mit zwei Seitenräumen. In
Brühl "wurde dieser Bautyp im Sinne einer Chinoiserie abgewandelt und durch Zutaten
und Anbauten bereichert". Es handelte sich hierbei um einen Parkbau, wie sie zu vielen
Barock- und besonders Rokokogärten gehörten. Vielleicht am bekanntesten sind die
Filialschlösser von Nymphenburg (z.B. die "Amalienburg"). Obwohl das Indianische
Haus heute nicht mehr steht, ist seine Kenntnis für das Verständnis des Gesamtgartens
wichtig. Charles Dupius berichtete von ihm in seinen "Malerischen Ansichten aus den
merkwürdigsten Gegenden Norddeutschlands ....." (1789), dass es das eigentliche
Landhaus gewesen sei, in dem "sich der Churfürst von Cölln den Sommer hindurch
aufzuhalten" pflegte. Vielleicht vom Kaiserpalast in Peking angeregt, bestand es aus drei zweigeschossigen Pavillons, die durch eingeschossige Galerien mit einander verbunden waren. Das Mittelteil war durch zwei Seitentrakte besonders hervorgehoben worden. Eine geschwungene Freitreppe führte hier in einen mit Spiegeln in Goldrahmen verzierten Saal. Jedes der drei Haupträume besaß ein geschwungenes Bleidach und war mit einem goldenen Drachen als Wetterfahne geschmückt. Die Außenfassaden waren sehr farbig gestaltet gewesen: Die beiden Seitengebäude gelb und blau, das Hauptgebäude in Rottönen und die Dächer grün mit Vergoldungen. Die privaten Wohnräume des Kurfürsten befanden sich in den Obergeschossen der Seitenpavillons. In den Galerien war seine exotische Pflanzensammlung. Im Indianischen Haus erholte er sich von seinen protokollarischen Pflichten. Hier verbrachte er ein Leben des Dinierens, der Galanterie und des Spiels. Hier amüsierte er sich mit seinen Damen. Im Mittelpunkt des damaligen höfischen Lebens standen alle Möglichkeiten des Verführens. Eroberungsstrategien besaßen bei Hofe den höchsten Stellenwert. Da die meisten Ehen nicht aus Liebe geschlossen wurden, fühlte sich auch niemand seinem Partner gegenüber verantwortlich. Beide Seiten betrogen ohne Hemmungen. Die Partner waren beliebig austauschbar. Gefühle spielten keine Rolle. Für seine Tochter Maria Anna mit einer bürgerlichen Harfenistin vermittelte Clemens August den Titel einer Reichsgräfin von Löwenfeld. Man muss von diesem damaligen Lebensgefühl wissen, weil man sonst die Gärten dieser Zeit nicht versteht, die darauf ganz ausgerichtet waren. (Unsere heutigen bürgerlichen Ehevorstellungen stammen erst aus dem 18. Jh., als man im Rahmen eines "Zurück zur Natur" auch die Suche nach dem von der Natur her bestimmten, d.h. dem von der Intuition und dem Gefühl her bestimmten Partner zu suchen begann. Erst dadurch wurde das neue Ideal der lebenslangen Freundschaft in gegenseitiger Zuwendung und Verantwortung für die Kinder geschaffen). Der dazu gehörende quergelagerte Garten war von einer Mauer umgeben. Seine Mittelachse bestand aus einem gewellten Wasserlauf (dem Schlangenweiher mit wellenförmigen Ziegelböschungen), der sich am Garteneingang zu einem runden Becken mit einer Fontäne in der Mitte verdoppelte. Ihr Wasser stieg aus dem Schnabel eines Schwans auf. Das Wasser dieses Schlangenweihers spieh ein Chinese in ein Becken vor dem "Indianischen Haus" (er steht heute im Vestibül des Schlosses Augustusburg). An seinen Seiten befanden sich Vorrichtungen zum Naßspritzen der Gäste. An der Ostseite hinter dem kleinen Parterre lagen Bosketts mit symmetrisch geschwungenen Wegen (ähnlich Sanssouci, ein erster Hinweis auf einen sich andeutenden Stilwechsel. Nach Hansmann eine frühe Übernahme eines Elements aus den englischen Landschaftsgärten, nach Hennebo eine zeitgleiche Lösung für eine als exotisch zu empfindende Gartengestaltung. 1768 gab es sie gesichert). Seitlich neben dem Weiher waren Tiergehege. Es wurden darin u.a. besonders farbenprächtige Fasane und in der Südhälfte im Schildkrötenweiher 150 Schildkröten gehalten. Ein Kanal verband das "Indianische Haus" mit dem "Schneckenhaus". Letzteres lag auf der Ostseite außerhalb des Wildparks und konnte erst nach dem Erwerb zusätzlicher Ländereien errichtet werden. bis 1748 Anlage der seitlichen Flügelanlagen (der Bosketts in den Parkzwickeln).
1750-60 Bau des "Schneckenhauses" am östlichen Parkrand (auch "Hyazinthenburg" genannt,
1776 abgerissen; wahrscheinlich ein Fachwerkbau mit bemalten Außenwänden, einem
bemalten Kupferdach und Schneckenskulpturen darauf. Vierstöckiger, von Stockwerk
zu Stockwerk sich verjüngender Rundbau mit einer äußeren Rundtreppe. Hier wurde
die alte Form des Schneckenberges in die "moderne" Form eines chinesischen Turmes
übertragen). Es sollte für das "Indianische Haus" gleichzeitig als Belvedere und als
Point-de-vue dienen. Für ein Gartenbelvedere gab es im Barock nichts Vergleichbares.
Es erinnerte an zeitgenössische Stiche vom Turmbau zu Babel und von chinesischen
Pagoden.
1761- In der Orangerie standen 1834 Orangen- und Zitronenbäume (Sie gehörten im Plan von
1745 zum "Nordparterre der Kübelbäume". Ob es als solches tatsächlich ausgeführt
wurde, ist unbekannt).
um 1765- An Skulpturen standen im Bereich des Inselweihers:
gab es beiderseits des Parterres einen gewölbeartig geschnittenen Lindenweg und
dahinter die kugeligen Lindenreihen.
1768Abschluss der Bauarbeiten bei Schloss Augustusburg.
um 1786Umwandlung des Tiergartens in einen englischen Landschaftspark (unter Kurfürst
Max Franz). Sie betraf hauptsächlich einen Geländestreifen entlang der nördlichen
Tiergartengrenze (zwischen der Eselsallee und der parallelen Wegegeraden) und eine
Dreiecksfläche im südöstlichen Tiergarten (mit einer kleinteiligen Wegestruktur um
einen landschaftlich ausgeformten Teich). Die Ursache für die Ausgestaltung des
Letzteren war ein sogenanntes "Bauernhaus" (dokumentiert um 1788).
Französische Zeit: 1794 Einmarsch französischer Truppen. Starke Zerstörungen. Seit dieser Zeit nur noch
gelegentliche Geldzahlungen für den Unterhalt der Gartenanlagen.
1803Inbesitznahme durch die 4. Kohorte der Ehrenlegion (der Kanzler der Kohorte war
Fürst Josef Salm zu Dyck, ein bedeutender Pflanzenliebhaber. Er setzte sich für die
Erhaltung des Gartens ein.
1803-09Wiederherstellungsarbeiten und Neuanlagen unter den Franzosen:
1809
Verkauf des Schlosses an den Herzog von Auerstedt (Marschall Davoust),
1814Anordnung des Generalgouverneurs, alles für den Erhalt von Schloss und Garten zu
tun.
Preußische Zeit: 1815 Wechsel des Gesamtbesitzes in das Eigentum der preußischen Krone.
1816Anweisung von König Friedrich Wilhelm II. von Preußen an den Staatskanzler von
Hardenberg, die dem preußischen Staatsgebiet neu zugefallenen Schlösser unter die
Oberaufsicht der Provinzregierung zu stellen. Für das Brühler Schloss wurde zunächst
keine Verwendungsmöglichkeit gefunden (Überlegungen waren u.a., hier eine Kaserne
oder eine Irrenanstalt einzurichten. Zur Einrichtung einer Kadettenanstalt kam es 1834
nicht, weil das Schloss dafür "viel zu klein" sei). Die ungesicherte Zukunft des
Schlosses brachte es mit sich, dass nichts verändert wurde.
1822-25Verkauf und Abbruch der Fasaneriegebäude und des Chinesischen Pavillons (damit
sollten einerseits die Unterhaltungskosten gesenkt und mit dem erworbenen Geld der
Erhalt des Hauptschlosses finanziert werden).
ab 1819Verlagerung der Brühler Pflanzensammlung in den botanischen Garten der Bonner
Universität (in Poppelsdorf), nach Düsseldorf, Benrath und Köln. Dadurch konnte die
dortige Hofgärtnerstelle wegfallen (ab 1821).
1837Umwandlung des Oberförsterweihers in eine Ackerfläche. (Er entsprach dem
ursprünglichen Schneckenhausweiher. Verblieben ist nur der östliche Kanal).
1841Anordnung, die Bäume im Tiergarten nicht mehr aus der Sicht des Holzertrages sondern
nur noch im Sinne des Erhalts schöner Bäume zu fällen.
1842
- Völlige Einstellung der forstlichen Nutzung des Tiergartens. - Besuch des Königs Friedrich Wilhelm IV. im September (nach der Grundsteinlegung für den Weiterbau des Kölner Doms). Brühl wird zum neuen Königssitz im Rheinland gewählt. Mit dieser Entscheidung fiel die Anordnung zur Erneuerung der Mauern. Der Park und die Anlagen des königlichen Schlosses seien wieder herzustellen und zu einer schönen Promenade für Brühl und seine Nachbarschaft neu zu errichten. Bereits am 10. Oktober reicht Lenné seine Denkschrift über den Brühler Garten und einen dazu gehörenden Neuentwurf ein. Und nach nur einer Woche (17.10.) erteilt der König den Ausführungsbefehl. Nach diesem Plan sollten:
Peter Joeph Lenné (1789 - 1866): 1805 (Sept.) - 9 - Lehre in Brühl bei seinem Onkel Clemens Weyhe,
1812 - danach Unterricht und Arbeit bei Gabriel Thouin in Paris, - Arbeit in Koblenz (bei seinem Vater), in München, Wien
(u.a. Mitarbeit am Schlosspark von Laxenburg bei Wien),
1815 - Rückkehr nach Koblenz,
1816 - Einstellung in Potsdam als Gärtnergeselle,
1824 - Ernennung zum Königlichen Gartendirektor,
(Drei bedeutende Schaffensperioden:)1815-30 - Sanssouci, Berliner Tiergarten, Charlottenburger Schloss,
Klein-Glienicke, u.a.,
1830-40 - Prinz-Albrecht-Garten, u.a.,
1840-66 - Marly-Garten, "Sizilianischer" und "Nordischer Garten". Lenné ist der Schöpfer der "Potsdamer Kulturlandschaft", die seit 1990 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Er gehört neben Sckell und Pückler zum Dreigestirn der großen deutschen Gartenarchitekten und ist einer der bedeutendsten Gartenkünstler Europas. 1843-47 Realisierung der neuen Brühler Gartenplanungen. Umgestaltung des Parks in einen
englischen Landschaftsgarten. Der Charakter des Waldbereichs wird noch heute davon
bestimmt. (Der "Vollertplan" von 1859 zeigt den Zustand des Parks nach ihrer
Realisierung). Die ursprünglich geplante weitergehende Auslösung des östlichen
Waldgebietes unterblieb danach.
1844 Einbeziehung der Köln-Bonner Eisenbahn in die Gartengestaltung. Sie führte über eine
reich verzierte Eisenbahnbrücke direkt durch den Inselweiherbereich und zerschnitt
damit den Ostteil des Wildparks. Dadurch wurde die Ausbuchtung, wegen der die dritte
Achse einmal gebaut worden war, vom bisherigen Park abgetrennt. Letztere verlor
damit im Ostteil ihre bisherige Bedeutung.
1845Ersetzen der vier barocken Sandsteinfiguren im Parterre durch Zinkfiguren (Juno,
Ceres, Venus von Capua und Meleager).
(In der 2. Hälfte des 19. Jhs. setzte eine Wiederentdeckung des Barocks ein. U.a. 1875 Restaurierung der Gärten von Vaux-le-Vicomte. Die Gartendenkmalpflege entwickelte sich unabhängig von der Baudenkmalpflege. Das Umdenken setzte in Deutschland um die Jahrhundertwende ein).
Zustand des Gartens zu Beginn des 20 Jhs.:
- Beginn der Wiederherstellung des Brühler Parterres.
1933-35 - Das Fällen zweier Wellingtonien, die auf den Rasenstücken standen, führte zu einem Sturm der Entrüstung in der Presse. Bei dem damaligen Massenelend sollte der Staat nicht für die Rekonstruktion eines Gartens Gelder ausgeben. - Rekonstruktion der Brunnen nach dem Generalplan (dabei deutete man die
Markierungen für die Skulpturen als Taxuspyramiden, Farbpläne standen nicht zur
Verfügung).
1934 - Potente forderte:
1935
1893-95 Ausbildung in der Hofgärtnerei Wilhelmshöhe, Kassel,
1895-97Studium in der Lehranstalt Wildpark-Potsdam,
seit 1902 Tätigkeit in Sanssouci, Potsdam,
ab 1920Gartendirektor von Sanssouci,
1938Entlassung aus dem Dienst aus politischen Gründen (Er
war Mitglied der Großen Landesloge der Freimaurer in
Deutschland gewesen).
(Viele Studienaufenthalte im Ausland. Verantwortlich oder beratend tätig bei der beispielhaften Wiederherstellung vieler historischer Gartenanlagen. Er löste seine Aufgaben bestmöglich nach dem Wissensstand seiner Zeit. Brühl war die erste Wiederherstellung eines historischen Gartens in Deutschland und fand als solche eine weltweite Beachtung). Neubau der Kaskade (in Basaltlava, daran ist die Erneuerung erkennbar).
1936Abschluss der Rekonstruktionsarbeiten im Parterre.
bis 1945In den Brühler Schlosspark fallen 76 Bomben.
nach 1945Der Park untersteht dem Landeskonservator des Landes Nordrhein-Westfalen.
1964-65- Die ersten Restaurierungsarbeiten erfolgen unmittelbar nach dem Kriege. Schaffung des Nordgartens. (Dadurch erhielt die Nordseite des Schlosses einen
Wirkungsraum. Bereits im Generalplan projektiert, weiß man nicht, ob er je
verwirklicht wurde. Das ursprünglich vorgesehene Gelände wurde 1886/88 teilweise
durch den Vorgängerbau der jetzigen evangelischen Kirche überbaut. In der
Restfläche folgte man nun dem ehemaligen Entwurf. Anstelle der früher
vorgesehenen Kübelpflanzen stehen jetzt Robinien).
1965Rekonstruktion des Rosengartens (an der Ostseite).
1970-71Anlage des Jardin Secret.
1970-72Ansiedlung der Schlossgärtnerei im hinteren Bereich des westlichen Nebengartens des
großen Parterres.
1973-75Anlage eines Gemüse- u. Kräutergartens im vorderen Bereich des westlichen
Nebengartens (als barockisierender Sondergarten nach Plänen von Karl Heinrich
Meyer, Hannover). Im Generalplan waren auf der Fläche rasterförmige Beete
ausgewiesen gewesen.
1983-86Erarbeitung eines neuen Pflegekonzepts für den Garten durch das Rheinische Amt für
Denkmalpflege. Ein Anlass war die eingetretene Vergreisung des alten
Buchsbestandes. Ausgegangen wurde von den beispielhaften Arbeiten 1930/35.
Korrigiert wurden damals vereinfachte Details, Schäden des zweiten Weltkrieges und
inzwischen eingetretene Vergröberungen des Formschnittes. Moderne
Nutzungsansprüche sollten berücksichtigt werden.. Es ging vorrangig um die
Regenerierung des Buchses, erst in zweiter Linie um eine Neupflanzung. Bei der
Farbgestaltung orientierte man sich an einem wiederentdeckten Schleißheimer Plan.
Danach folgte man in allen Einzelheiten Dezallier:
1984
Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.
1984-85Pflanzkorrekturen bei den Buchsornamenten.
1984-86Letzte Überarbeitung der Gartenanlagen nach dem "Dycker Plan".
1984-87 Regenerierung des Buchs durch intensive Pflegemaßnahmen. (Heute haben wir das
Bild eines völlig revitalisierten Parterres).
1986-87Rekonstruktion der Brunnen in den Bosketts (in den Dreiecken zwischen dem Parterre
und dem Wildpark).
1988 Erstellung eines Parkpflegewerkes durch die Landschaftsarchitekten Rose und Gustav
Wörner.
Allgemeine Aussagen über die Struktur des Gartens
Durch die lange Entstehungszeit dieses Gartens spiegeln sich in ihm heute verschiedene Zeitabschnitte wieder:
Seitlich wird das Parterre von Lindenalleen begrenzt, die in die dreiecksförmigen Boskettzonen überleiten. In ihrer Mitte befinden sich große Rundsäle mit achteckigen Brunnen, deren Springstrahlen über diagonale Durchblicke der Achsen einen Bezug zur Hauptfontäne der Mittelachse und zu den Brunnen der Broderiebeete haben. Der heutige Landschaftsgarten hat als Wildpark bereits vor dem Schloss bestanden. Ursprünglich bestand er aus einer Hochwaldzone für weiße Hirsche, hatte eine Fischreiherkolonie und besaß in seinem Ostteil zwei Parkburgen als Filialschlösschen im Sinne der "maison sans gênes", gebaut "à la chinoise". Als Begrenzung zum Parterre- und Boskettbereich diente die Eselsallee. Der Wildpark besitzt keine dominierende Zentralachse wie z.B. Nymphenburg. Seine Gliederung erhält er durch drei Achsen:
Die Brühler Nebengärten stammen wahrscheinlich aus älteren Ansätzen. Es gab bereits zur Zeit Joseph Clemens einen "Krautgarten" mit Gemüse- und Blumenbeeten, Laubengängen und geschnittenen Buchs- und Taxusbäumchen. Diagonal fortgeführte Kanäle trennen sie heute von den Boskettgärten. Der "Rosengarten" (früher "Obststück") im Osten stellt ein weiteres Boskett dar, während sich im Krautgarten, im hinteren Teil der Betriebshof und im vorderen ein barocker Kräuter- und Gemüsegarten befinden. Die heute als so störend empfundene Köln-Bonner-Eisenbahn wurde zu Lennés Zeiten als eine Bereicherung der Gartengestaltung empfunden, ihre Einbindung als seiner "Meisterleistung". Mit ihr sollte der rheinischen Bevölkerung gestalterisch auch die Zuwendung des preußischen Herrscherhauses und der technische Fortschritt demonstriert werden. Der Nordgarten war von Anfang der Gartenplanungen als gestalterisches Gegengewicht zum Südparterre gedacht gewesen. Er war nur kleiner, bescheidener. Ob er je im Sinne des Generalplans ausgeführt worden ist, weiß man nicht. In der Mitte war ein "tapis vert" geplant gewesen mit Kübelpflanzen in Viererreihen an den Seiten. Ihnen folgten Boskettwände mit Rundnischen, die nach außen von Alleen begleitet werden sollten. Im Generalplan sollten sich die Gartenanlagen auf der Ostseite des Schlosses noch von einem Kanal-Kreuz aus aufbauen. Einerseits teilte es die Gesamtanlage mittig in einen Süd- und in einen Nordgarten und andererseits wäre es das Gegengewicht zum Küchengarten auf der Westseite gewesen. Der Bau dieses Wasserkreuzes ist aber bereits früh verworfen worden. Die Gründe dafür und der Zeitpunkt sind unbekannt. Es hätte den Plänen nach auf dem Areal des heutigen Bahnhofs gelegen. Ob es tatsächlich vom Grand Canal in Versailles angeregt worden ist (dort hatte dieser eine völlig andere Funktion), kann nicht bewiesen werden. Falkenlust liegt außerhalb des eigentlichen Parkgeländes und kann über die Falkenluster Allee im Osten erreicht werden. Das Schlösschen gilt als eines der intimsten Gebäude des frühen Rokokos und stellt ein "maison de pleisance" in seiner reinsten Form dar. Am Ostrand eines kleinen Gehölzes gelegen, betrieb der Kurfürst von hier aus seine Falkenjagd. Im dazu gehörenden kleinen Park befindet sich eine Kapelle in der Art einer Eremitengrotte.
Rundgang durch den Garten
(Wir beginnen unsere Wanderung auf der Terrasse an der Südseite des Schlosses. Der Garten in Brühl ist kleiner als der in Herrenhausen oder Schleißheim und besitzt im Gegensatz zu diesen einen Wildpark und ein außerhalb gelegenes Jagdschlösschen. Ursprünglich war das Schloss in der Mitte von Gartenanlagen gedacht gewesen. Doch hat der Garten sich nur auf der Südseite voll entfalten können. Auf der Nordseite wurden die Andeutungen eines historischen Gartens erst 1964/65 angelegt. Bereits während der Kurfürstenzeit war er für das gehobene Bürgertum zugänglich gewesen (nicht für das gemeine Volk, Bauern, Kinder oder Soldaten). Für die Besucher galten genaue Verhaltensvorschriften).
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