4. Schlosspark Schwetzingen | ||||
Wekhrlin über den Schwetzinger Garten (1791):
"Der Zauber geht so weit, dass man mit etwas Einbildungskraft und dem Ovid in der
Hand, sich in die Feenwelt versetzt glaubt. Man glaubt in jenem goldenen Jahrhundert zu
wandeln, wo die Götter unter den Menschen wohnten, sich mit ihnen unterhielten, und sie
über die Mühseligkeiten des Lebens trösteten ..... . Der Geist entschwindet in die Haine
und Grotten, welche diese Örter umgeben, er versenkt sich in die schwärmerischen Zeiten,
wo sie beseelt waren, und weigert sich , in die wirkliche Welt zurückzukehren ..... .
Mit einem Wort, der Garten ist eines der erhabendsten, da prächtigsten Gemälde, welches
die Natur durch die Kunst ausführen ließ. Ihn muss man sehen, um sich in elysische
Gefühle zu versetzen, um sich einen Begriff von den Hesperiden (griechischer Garten der
Götter) zu machen".
Der Dichter C.F.D. Schubart:
"Man glaubt durch Zauberei in eine Insel versetzt zu sein, wo alles Ton ist, wo Nixen,
Sylphen, Gnomen und Salamander, Wasser-, Luft-, Erd- und Feuermelodien
durcheinanderjagen und dadurch die wundervollste Symphonie bilden .... . Meine größten
süßesten Freuden .... empfand ich im Schwetzinger Garten".
Der größte Wunsch Voltaires (1694-1778) vor seinem Tod war, noch einmal den Garten von Schwetzingen zu sehen. Hier schrieb er 1758 große Teile seiner vielleicht bedeutendsten Erzählung "Candide ou l'optimesme". Dabei ging es ihm um das Bild einer durch die Zivilisation korrigierten Natur:
"Ich will, bevor ich sterbe, noch einer Pflicht genügen und einen Trost genießen: Ich will
Schwetzingen wiedersehen. Dieser Gedanke beherrscht meine ganze Seele" (1768).
Der Schwetzinger Schlossgarten wird zu den schönsten historischen Gärten Europas gezählt. Wie nur in wenigen Gärten ist in ihm auch heute noch sein früherer geistiger Hintergrund erkennbar, die fast religiöse Erwartung einer besseren Welt, dargestellt mit Hilfe antiker Bilder, die Wiederkehr des "Goldenen Zeitalters". Dieser gedankliche Ansatz begleitet den Besucher durch den ganzen Park:
Heute soll dieser Garten in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen werden.
Daten zur Orientierung
Gesamtgröße: 72 ha (= 720.000qm oder ca. 100 Fußballfelder).
Geschichte
1214 Das bayrische Geschlecht der Wittelsbacher erhält die Pfalzgrafschaft.
1329 Aufteilung des Landes zwischen einer pfälzischen und einer bayrischen Linie.
----- Das Schloss in Schwetzingen war zunächst eine spätmittelalterliche
Wasserburg.
um 1470 Bau einer "steinernen Kemenate" an ein bestehendes Geviert aus
Fachwerkhäusern und Schuppen. Sie war nur als Zwischenstation auf dem
Weg von Heidelberg zum Jagdrevier im Haardtwald gedacht gewesen
(allerdings noch so klein, dass man darin nicht übernachten konnte; Grundriss
5 x 5 m).
um 1500 Anbau eines L-förmigen Wohntraktes an die bestehende Kemenate für den
Kurfürsten und diesen gegenüber ein Funktionsgebäude für die Küche und das
Personal. Diese Neubauten erlaubten ein Übernachten auf dem Weg zum
Jagdrevier.
1635 völlige Zerstörung der bisherigen Anlagen durch General Gallas
nach 1648 (30jährige Krieg) Wiederaufbau des Schlosses als standesgemäße
Unterkunft für die Maitresse Karl Ludwigs (Bruder von Sophie von Hannover,
Vater von Luise v. d. Pfalz) Luise von Degenfeld. ((Er oder ein Bote konnten
es mit dem Pferd in einer halben Stunde erreichen, während die eifersüchtige
Gemahlin mit der Kutsche eine viel längere Zeit benötigte, und die Zugbrücke
vor ihrem Eintreffen hochgezogen werden konnte). Das neue Schloss wurde
auf den Grundmauern des alten errichtet und die Lücke zwischen den
bisherigen Bauten geschlossen, so dass eine Dreiflügelanlage entstand.
Errichtung eines Schlossgartens jenseits eines Wassergrabens. Er wurde über
eine Brücke erreicht und bestand aus einem Lust- und einem Nutzgarten
(Lieselotte v.d. Pfalz rühmte später in ihren Erinnerungen den Gesang der
Nachtigallen in seinen Hecken).
------ Schwetzingen wird zum Witwensitz der Gemahlin Karl II. (des Sohnes Karl Ludwigs).
1689 Zerstörung des Schlosses im Pfälzer Erbfolgekrieg. Hauptresidenz wurde jetzt
Düsseldorf von wo aus der Wiederaufbau des Heidelberger Schlosses und des
Schwetzinger Jagdschlosses betrieben wurde.
Anfg. d.18. Jh.: Um- und Anbauten am Schloss (Dadurch wurde es geeignet für seine
Nutzung als Sommerresidenz; eine standesmäßige Notwenigkeit für einen
absolutistischen Hof. Nur so ließ sich das Hofzeremoniell einhalten. Die
Hauptresidenz verblieb in Mannheim).
ab 1710 seitlicher Erweiterungsbau (dadurch Eignung als barocke Residenz;
allerdings fehlten noch Räume für Festlichkeiten). Es entstand ein Ehrenhof,
der zur Stadt durch ein geschwungenes Gitter auf Steinbalustraden abgegrenzt
war.
ab 1716 Instandsetzung des alten Gartens (unter Kurfürst Carl Philipp).
ab 1720 Bau der "Alten Orangerie an der Stelle des heutigen Arion-Brunnens (nach
Plänen von Alessandro Galli da Bibiena). Sie war prächtig ausgestattet und
diente auch als Festbau (ein Teil ihrer prächtigen Fayencen befindet sich
heute im Porzellanhäuschen). Dabei bestimmte Bibiena auch die Ausrichtung
der späteren Hauptachse des Gartens:
nach 1720
Hinter dem Schloss befand sich ein Renaissancegarten. Er besaß etwa die Breite
des Schlosses und reichte bis zur Mitte des heutigen Zirkels. Er war
ca. 1742
Der zum Schloss gehörende Garten reichte bis auf die Höhe des heutigen
Arion-Brunnens. Er war rechteckig, von rechtwinkligen und diagonalen
Wegen durchkreuzt und besaß eine größere, halbrunde Orangerie als
Abschluss.
1. Planungs- und Bauphase des heutigen Gartens: 1742 Regierungsantritt von Carl Theodor von der Pfalz (Schwetzingen war zu dieser
Zeit noch ein altes Schloss mit stark mittelalterlicher Ausprägung). Damit
begann die eigentliche Geschichte des heutigen Gartens. Zunächst
beabsichtigte man gemäß den Anforderungen eines Jagdschlosses von einem
Jagdstern auszugehen (also sofort von einer Anlage, die nicht den
französischen Forderungen an Residenzschlösser entsprach). Die
Viertelkreissegmente der Zirkelbauten (Pavillons ohne Zwischenbauten)
weisen noch auf das geplante Achsenkreuz hin. Das Schloss war in ihrer Mitte
vorgesehen gewesen (dem heutigen Standort des Arion-Brunnens).
Carl Theodor von der Pfalz (1724 -1799, Kurfürst):
1724
geboren bei Brüssel (Schloss Drogenbuch) als Sohn des
Herzogs Johann Christian von Pfalz-Sulzbach und
Maria-Anna de La Tour. Zunächst nur ein
nachgeborener Prinz ohne die Aussicht auf größere
Ländereien.
---- früher Tod der Mutter; zunächst aufgezogen von der
Urgroßmutter mütterlicherseits in Drogenbusch
(deshalb Muttersprache französisch); mit 7 holte ihn
sein Vater nach Sulzbach (ein Page vermittelte ihm die
deutsche Sprache).
----- Durch den Tod vieler Familienangehöriger vereinigte er
am Ende seines Lebens sieben Länder in seiner Person
und damit den drittgrößten deutschen Staat (Bayern-
Pfalz).
----- sorgfältige Vorbereitung auf seine zukünftige Stellung
als pfälzischer Kurfürst am Hof des Kurfürsten Carl
Philipp (u.a. 5 Sprachen fließend, Musik Literatur und
Kunst),
----- zwei Studienjahre in Löwen und Leiden.
1742 Heirat von Elisabeth Augusta (1721-1794, Enkelin Carl
Philipps; in der Doppelhochzeit heiratete deren
Schwester Clemens von Bayern; die Trauung nahm
dessen Bruder Clemens August, Erzbischof von Köln
vor).
----- - zunehmende Prachtentfaltung des Hofes (bald einer der
glänzendsten Europas),
1777 - großzügige Förderung der Künste und Wissenschaften (das Mannheimer Orchester war das berühmteste seiner Zeit in Europa), während er in der Literatur zunächst die französische bevorzugte, waren es in der Musik und der Kunst die italienische. - hielt sein Land aus allen Kriegen heraus (politischer Gegenspieler Friedrich d. Gr.); lange Zeit "Statthalter Frankreichs" im Reich. - bis in die 60iger Jahre bestimmte der französische Geschmack das Leben am Hof. Ab ca. 1770 (etwa der 2. Bauphase) änderte sich dies zugunsten des Deutschen. Die französische Schauspielgruppe wurde entlassen. Die deutsche Sprache wurde auch von hier aus für Jahrhunderte zur Sprache der Wissenschaften. Erbe des Kurfürstentums Bayern mit der
Verpflichtung, seine Residenz nach München zu
verlegen (nach dem Aussterben der älteren
Wittelsbacher Linie). Als er nach München aufbrach
soll er gesagt haben: "Nun sind deine guten Jahre
vorüber". Er hat sich dort nie wohl gefühlt.
1794 Heirat der 18-jährigen Erzherzogin Maria Leopoldine
von Modena-Este (um einen erbberechtigten
Nachfolger zu bekommen).
1799 Tod durch einen Schlaganfall.
Obwohl der Kurfürst nach dem Kaiser der mächtigste deutsche Fürst war, lebte er im privaten Bereich ausgesprochen bescheiden, fast bürgerlich. Baulichen Anlagen stand er im Gegensatz zur Anlage des Schwetzinger Gartens relativ gleichgültig gegenüber. Über höfische Repräsentationspflichten ging er großzügig hinweg (im Gegensatz zu seiner Gemahlin, die für die Gestaltung von Oggersheim und Schloss Benrath verantwortlich ist). Er war ausgesprochen musisch und technisch interessiert. Er besaß ein physikalisches Kabinett zur Durchführung von physikalischen Experimenten und ließ sich 1761 auf dem Dach des Schlosse ein Observatorium bauen.
Kurfürst Carl Theodor war ein absolutistischer Herrscher, der von seinen Zeitgenossen positiv gesehen wurde. Der Glanz seines Hofes wurde mit dem der Medici verglichen. In der späteren Zeit wurden seine Jesuiten- und Günstlingswirtschaft, die starke Korruption im Lande, die große Armut der Bevölkerung beim gleichzeitigen Glanz des Hofes und seine enge Beziehung zu Frankreich kritisiert. Heute ist er die Zentralgestalt der kurpfälzischen Identität, von der besonders noch der Schwetzinger Schlossgarten (als ein Ort geistiger Freiheit) zeugt (neben dem Schloss in Düsseldorf-Benrath). 1748 - 52 Bau des nördlichen Zirkelhauses (Entwurf wahrscheinlich von Alessandro
Galli da Bibiena, überarbeitet von Guillaume d'Hauberat und vollendet von
Nicolas de Pigage). Es war als Ersatz für die alte baufällige Orangerie von
1720 vorgesehen gewesen. Es bestand aus Pavillons mit Zwischenbauten und
bildete einen Viertelkreis. Später wurde es als Magazin für die
Theaterdekorationen des dahinter liegenden Rokokotheaters und als dessen
Wandelhalle verwendet.
1749 Einstellung von Nicolas de Pigage. Er entwarf noch im gleichen Jahr das
Jagdschloss für die Mitte des Jagdsterns. Noch im gleichen Jahr wünschte
sich Carl Theodor stattdessen eine Sommerresidenz. Da der erste Zirkelbau
bereits stand, ergab sich für die weitere Planung des Schlosses der Halbkreis
als Vorgabe mit den Zirkelbauten als Flügel. Ab jetzt bestimmte Nicolas de
Pigage die Entwicklungen im Schwetzinger Schlossgarten.
1750 Nicola de Pigage (1723 - 1796): 1723 geboren in Lunéville (Lothringen),
----- Ausbildung zum Ingenieur-Baumeister an der Ecole
Militaire (Paris),
1744-46 Studium an der Académie Royal d'Architecture
(Paris),
----- Reisen nach Italien (u. evtl. England),
1749 Einstellung als "Intendant der Gärten und
Wasserkünste" in Mannheim (auf Empfehlung des
Herzogs von Lothringen Stanislaus Leszcynski, dem
ehemaligen König von Polen),
1752 Ernennung zum Oberbau- und Gartendirektor,
1761 Beauftragung mit der Erweiterung des Gartens von
Schwetzingen,
1756 Ernennung zum Hofkammerrat,
1768 Erhebung in den Reichsadelsstand,
Bauten in Schwetzingen:1752 Auftrag für den Bau eines neuen Schlosstheaters (eines
der schönsten des Rokokos,
1761 Bau der Neuen Orangerie (nördlich der Querachse),
1766-71 Bau des Minervatempels,
1769-75 Bau des Badehauses (mit Spiegeldecke),
1778 - Bau des römischen Wasserkastells und des Tempels
der Botanik,
1784 - Planung der Moschee, Merkurtempel,
Bauten außerhalb Schwetzingens u.a.:1755-69 Schloss Benrath (mit vielen Ähnlichkeiten zu
Sanssouci),
Pigage war ein bedeutender Gemäldesammler. Seine Bilder bilden heute den Grundstock der bayrischen Staatsgemäldesammlung. Allgemein gilt er als ein "Architekt der kleinen Bauwerke". Er führte kirchliche, städtische und private Bauaufträge aus. In der Literatur wird er gerne zum großen Dreigestirn des französischen Einflusses auf die deutsche Gartenkunst gezählt (neben Girard, dessen tatsächliche Leistungen völlig unklar sind und Carbonnier, der Frankreich wahrscheinlich nie gesehen hat). Dabei muss man ihn als Mentor Sckells eher als einen der drei "großen" Überwinder der formalen Gartenkunst in Deutschland sehen (neben der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth und Fürst Leopold von Dessau). Die ersten landschaftlichen Anlagen wurden unter ihm bereits konzipiert, als Sckell noch gar nicht von seiner Studienreise aus England zurückgekehrt war. Zwar spielten sie in seinem auf Petri aufbauenden "Idealplan" von 1762 noch keine Rolle. Doch bereits 1769 ist von ihnen als Kranz um den
formalen Garten die Rede. Für Pigage waren es die "Parties
sauvages". Die Planungen dafür begannen 1773 (Sckell wurde
als einfacher Hofgärtner erst 1777 eingestellt). 1781 kündigte er
der Pariser Akademie (deren korrespondierendes Mitglied er
war) eine Abhandlung über den Landschaftsgarten an (d.h., dass
er über ihn gute Kenntnisse besessen haben muss). Es war der
Einfluss des hohen geistigen Niveaus Pigages, dass dann später
Sckell zu dem überragen den Gartenkünstler werden ließ.
Pigage war fast ein halbes Jahrhundert für den Schwetzinger Schlossgarten verantwortlich. Dadurch sicherte er ihm eine bruchlose Entwicklung. Er ist der eigentliche Schöpfer dieses Gartens und verkörperte über ihn den Übergang der Gartenkunst in Deutschland vom Barock zur Klassik. Aufgabe der Schlossplanungen (die Fundamente für die neue Terrasse hatte
man bereits gelegt gehabt) wegen dem vorrangigen Ausbau des Mannheimer
Schlosses und den Planungen für den Bau von Schloss Benrath.. Stattdessen
bleibt das alte Schloss stehen und man widmet sich ab jetzt verstärkt seiner
Ausstattung und der Anlage des Gartens.
ab 1750 Schwetzingen wird zur Sommerresidenz des kurpfälzischen Hofes (bewohnt von
Ende April bis Ende September). Zum Hofstaat gehören etwas 500 Personen. Allein
für die Übersiedlung des Theaters von Mannheim nach Schwetzingen werden 32
vierspännige Wagen benötigt).
1752 Berufung Johann Ludwig Petris (Zweibrücker Hofgärtner) nach Schwetzingen, um
dort den Garten der Mannheimer Sommerresidenz neu zu gestalten.
1753 Johann Ludwig Petri (1717 -94 od. 96):
1753
Vorlage eines Gartenplans für Schwetzingen,
1755 Ernennung zum Oberhofgärtner,
1758 Beendigung der Gartenplanungen (und Bitte Petris um
Entlassung, um nach Zweibrücken zurückkehren zu können).
Wahrscheinlich war zu diesem Zeitpunkt die grobe
Gartenanlage fertig gewesen.
Petris Leistungen:
- Entwurf des Zirkelparterres (in dieser Form in Europa
einmalig), - Schaffung des westlichen Anschlusses der Hauptachse. - Errichtung des südlichen Zirkelhauses durch Franz Wilhelm Rabaliatti. Er diente für
Festveranstaltungen, da das Schloss selber keine größeren Räume besaß. In den
Zwischenbauten befand sich ein Speisesaal und ein Spiel- oder Tanzsaal. Die beiden
nun vorhandenen viertelkreisförmigen Flügelbauten wurden für die spätere Gestalt des
Gartens bestimmend.
1754 - Der Standort des alten Schlosses wurde nun zum Planungsort für ein neues Schloss. Von mehreren Neuentwürfen für die künftige Residenz (u.a. von Balthasar Neumann) wurde aber keine akzeptiert. Die Bauplanungen für Schloss Benrath als vorrangiges Manifestationsobjekt der niederrheinischen Interessen Carl Theodors verhinderten weitere Überlegungen, und es blieb alles beim Alten. Einige kleinere An- und Umbauten folgten. Die Zirkelhäuser verloren ihre ursprüngliche Funktion. - Mit der Entscheidung (Januar) für das südliche Zirkelhaus wurde auch die Richtung für einen zukünftigen Garten festgelegt. - Vorlage eines ersten Entwurfs (Mai) für den zentralen Teils des Gartens durch Petri. Im Zentrum der Anlage (des Zirkelrundes) befindet sich ein rundes Becken, umgeben von vier Broderiebeeten. Die auf das Schloss bezogene Hauptachse besteht aus vier Rasenparterres mit Platebandes (umgebenden Blumenrabatten).Die ihr zugeordnete Querachse hat dagegen nur einfache Rasenparterres mit einem Obelisken in der Mitte und stellt eine Verlängerung der Chaussee nach Mannheim dar. In den Ecken zwischen den Achsen befanden sich vier gleichförmig gestaltete Bosketts (Heckenquartiere).Die Hauptachse endete innerhalb des Zirkels vor einem halbrunden Becken mit zwei Fontänen, dessen Wasser sich in einer breiten Kaskade in ein tiefer gelegenes hinteres Becken ergoss. An beiden Seiten dieser Kaskade war bereits eine wasserspeiende Hirschgruppe geplant gewesen. Die dann weiterführende tiefer liegende Hauptachse bestand aus einem Rasenstreifen, eingefasst von zwei Baumreihen. - Anlieferung der Lindenbäume aus Haarlem, Bau der Bassins.
1758 war Petris Anlage in ihren Grundzügen fertig. Es fehlten nur noch
2. Planungs- und Bauphase des heutigen Gartens:
1761 Nicolas de Pigage übernimmt die weitere Planung und Ausgestaltung des Gartens.
Zur Ausführung seiner Planungen stehen ihm zwei Hofgärtner zur Verfügung (u.a.
Wilhelm Sckell).
ab 1761Bau einer Orangerie nördlich der Querallee (außerhalb des früheren rechteckigen
Gartengeländes). Ihr vorgelagert wurde ein vertieftes, von Kanälen umgebenes großes
Parterre für das Aufstellen der Kübelpflanzen im Sommer. (Dieser Bau war notwendig
geworden, weil das südliche Zirkelhaus inzwischen zu einem Speise- und Spielraum
ausgebaut worden war). Sie war das erste ausgeführte Bauobjekt von Pigage. Im
Winter 1762/63 konnte sie bereits genutzt werden. Sie besteht aus drei Teilen: einem
langgestrecktem Gebäude, einem Parterre davor für die Kübelpflanzen und einem
Boskett in dem sich das Naturtheater befindet.
1763Vorlage eine "Idealplanes". Dabei wird im Parterre die alte Grundkonzeption Petris
beibehalten und nur in deren Ausgestaltung neuen Moden gefolgt. Vorgesehen wird
eine zweigeteilte Anlage: ein Parterre-Boskett-Teil und ein über eine Allee zu
erreichender Jagdgarten. Letzterer wurde dann später nicht ausgeführt. Allgemein kann
man sagen, vergrößerte Pigage zunächst die Boskettzone, um die bis zu einem
Querkanal verlängerte Mittelachse und ergänzte die Anlage im Norden um einen
Orangeriegarten, eine Volière und ein Naturtheater. Um 1767 (69) folgte dann ein
Ausführungsplan. Im Einzelnen plante Pigage:
ab 1762
- Errichtung einer Menagerie (nördlich der Orangerie), die seit 1776 wieder abgerissen werden sollte. Seit 1784 befand sich auf diesem Gelände dann das Arboretum. Bau des Gartentheaters und des Apollontempels. Nachdem der ursprünglich
geplante Schlossneubau vorerst aufgegeben worden war, wurde der Ausbau des
Gartens umso intensiver vorangetrieben. Mit der "Neuen Orangerie" begann man
auch das neue Gartentheater im Apolloboskett zu errichten. Zunächst hatte man nur
an das Theater gedacht, doch dann war man auf die Idee eines Apollobelveders in
Verbindung mit einem Amphitheater gekommen. Die Skulpturen dafür lieferten
bereits im Folgejahr Verschaffelt und van den Branden. Der Ausbau der Anlage
scheint mehrmals ins Stocken geraten zu sein, da das Theater erstmals 1775
bespielbar war und auch die Treillagen für die Vorbühne (Proszenium) erst 1778
fertiggestellt worden waren (heute sind sie wahrscheinlich die einzigen originalen
Reste einer Treillagenarchitektur in Deutschland).
1762 Auftrag für die Schaffung einer größeren Zahl von Vasen und Urnen für das
Zirkelparterre, den Orangeriegarten und das Große Boskett durch die Bildhauer
Peter Anton von Verschaffelt und Johann Matthäus von den Branden (Mit Sicherheit
ging man dabei von einem gestalterischen Gesamtkonzept aus).
1763-65 In den Folgejahren Ergänzung dieses Programms durch weitere Skulpturen:
ergänzender Erwerb (und Enteignungen) von Ländereien im Norden und Westen.
Damit Schaffung der Voraussetzungen für eine Vergrößerung des Gartens.
1766 - Tod des polnischen Exilkönigs Stanislaus Leszczynski. Auflösung und Versteigerung
(1767) seiner Residenz in Lunéville. Dabei Erwerb einiger Parkfiguren des
Bildhauers Barthelemy Guibal (u.a. die Arion-Gruppe für das Mittelbassin im
Zirkel). Sein Sohn Nicolas Guibal arbeitete zeitweise in Mannheim und hat
wahrscheinlich den Kauf dieser Figuren vermittelt.
1767 (69)- verstärkte skulpturale Ausstattung. Dabei Festlegung eines Figurenprogramms von Pigage und Verschaffelt. Zu den bereits vorhandenen Arbeiten wurden 130 neue aufgestellt. Dazu gehörten die Figuren aus der Düsseldorfer Galerie und der Kauf verschiedener Arbeiten aus dem Park von Lunéville (u.a. die Ariongruppe). Im neuen Gartenplan sind jetzt
1667 -73
Errichtung des Minervatempels in der südlichen Angloise. Die Anregungen zu
diesem Tempel hatte Pigage 1767 von seiner Italienreise mitgebracht. Die Minerva
war im gleichen Jahr von Düsseldorf nach Schwetzingen gebracht worden
(urspünglich von Grupello geschaffen und dann von Verschaffelt für diesen
Standort umgearbeitet).
1767Aufstellen der Ariongruppe. Sie stammte ursprünglich aus dem Lunéviller Nachlass
des polnischen Königs Stanislas Lesczynsik. Zunächst sollte an dieser Stelle eine
Gruppe von Verschaffelt aufgestellt werden "Scylla, Glaucus und Amor".
ab 1769Einrichtung des Badhauskomplexes. Fertigstellung und Verfügbarkeit für den
Kurfürsten um 1775. Es handelte sich dabei um eine extrem langgestreckte Anlage.
In ihrem Zentrum stehen das "Badhaus", die "Thermes Theodorique", ein fast
quadratisches Gebäude. In ihm befindet sich ein ovaler Mittelsaal mit jeweils drei
kleinen Räumen an den Seiten. Vor dem Eingang (Ostseite) war ein längeres
Boulingrin (abgesenkte Rasenfläche). Nach Norden errichtete man eine Eremitage,
einen kleinen Pavillon, der völlig mit Fliesen ausgekleidet wurde (die "Chartreuse",
Kartause). Von den beiden Eingängen des Badhauses erblickte man hinter einer
trichterförmigen Treillagenarchitektur im Süden eine Wildschweingruppe als Point
de vue (Aussichtsgegenstand) und nach Norden nach einer Folge von
Treillagenarchitekturen das sogenannte "Perspektiv".
3. Planungs- und Bauphase des heutigen Gartens: Anfang der 70iger Jahre:
Da der innere Garten weitgehend fertig war, wurden jetzt die Randzonen stärker
beachtet. In seinem "Idealplan" von 1763 hatte Pigage sie noch wenig berücksichtigt.
Hinter dem "Großen Bassin" hatte er nur ein "Theatre de Fleurs" und eine
Kegelbahn vorgesehen gehabt. Jetzt sollten sie im "style de la nature" angelegt
werden und wurden "Parties sauvages" genannt. Als ihr Schöpfer wird allgemein
Friedrich Ludwig Sckell angesehen, doch dürfte dies zu den Berufslegenden zählen,
da deren Projektierung bereits 1773 begonnen hatte und Sckell erst 1777 als kleiner
Anwärter auf eine Hofgärtnerstelle eingestellt wurde. Allein verantwortlich für diese
Neuplanungen dürfte wegen seiner herausragenden Stellung Pigage gewesen sein.
Sckells Bemerkung 1796, dass Pigage während Sckells Zeit in Schwetzingen nichts
ohne ihn unternommen hat, dürfte in dem Sinne zu verstehen sein, dass er ohne eine
Rücksprache mit Pigage selber nichts unternommen hat. Man kann davon ausgehen,
dass Sckells spätere Reife sich erst unter dem Einfluss und dem häufigen Kontakt
mit dem äußerst gebildeten Pigage entwickelt hat.
ab 1773Projektierung von landschaftlich gestalteten Flächen in Schwetzingen.
Schwierigkeiten beim Landerwerb verzögerten zunächst den weiteren Ausbau (z.B.
mit dem Speyerer Domkapitel). Pigage wollte den Garten in die Weite der
Landschaft öffnen. Außerdem gefielen ihm die vielen neuen fremdländischen
Pflanzen nicht mehr in dem alten formalen Rahmen, wenn sie ihr charakteristisches
Aussehen nicht verlieren sollten.
1773-76 Schaffung des Arborium Theodoricum (in Abwesenheit Sckells). Vielleicht
angeregt durch die neuen Baumschulpflanzungen wollte der naturkundlich
interessierte Kurfürst eine Lehrpflanzung zum Kennenlernen der Bäume, ein
Arboretum. Vorgesehen wurde dafür ein schmaler Streifen hinter der Menagerie. Er
wurde damit zum ersten landschaftlich gestalteten Gartenbereich in Schwetzingen.
1773gleichzeitige Planung der landschaftlichen Partien westlich des Apollotempels (des
"Großen Englischen Gartens"). 1881 kündigt Pigage der Pariser Akademie ein Werk
über den Landschaftsgarten an. In einem Brief an sie, bezeichnet er diesen Garten
als seine persönliche Leistung. Er schreibt darin u.a.:
1774
"Es geht mir nicht darum, die alte regelmäßige Art der Gärten mit ihren
regelmäßigen Beschränkungen zu verteidigen, da ich selbst sie zum größten
Teil missachte. Es wäre aber ebenso wenig richtig, den neuen freien Stil
uneingeschränkt zu übernehmen, obwohl ich mich zu einem seiner
Vorkämpfer erkläre. Aber ich beabsichtige, ihn den Gesetzen der Vernunft
und der Zweckmäßigkeit ebenso unterzuordnen wie denen der Natur".
1783 scheint er fertig geworden zu sein. Ein geschwungener äußerer Rundweg
("belt") zwischen Baumgruppen ("clumps") erschloss das Gehölz- und
Wiesengelände.(Die Entwurfs- und Ausführungsdaten, die Zeichentechnik in den Plänen und die niedrige Stellung Sckells in der Hofhierarchie sprechen dafür, dass Pigage auch der Vater der landschaftlichen Partien ist und Sckell an deren Schaffung nur wenig beteiligt war). An der Stelle der späteren Moschee soll ein "jardin turc" angelegt werden. Er
bestand aus einer dichten Rundpflanzung um eine quincunxartig (diagonalbetonten)
bepflanzten Platz, einem rechteckigen Bauwerk und mehreren Schlängelwegen.
Evtl. machte man hier die ersten Versuche für einen Garten im neuen Stil, -
allerdings noch in seiner französischen Ausprägung als Jardin anglo-chinois.
1776 - Im Schlosspark gibt es 130 Statuen und bildhauerische Dekorationsstücke.
1777 - Man ist bereits mitten in der Arbeit für die landschaftlichen Partien. Begonnen wurde mit dem "Arborium Theodoricum" (Die Planung war bereits 1773 erfolgt, Sckell befand sich zu dieser Zeit in Frankreich, danach in England), einem schmalen Randstück im nördlichen Gartenbereich (bei Pigage die "Insel" genannt. Er gestaltete sie als ein lebendes Lexikon der Gartenbäume und Büsche). Sckells Anteil an dieser Anlage dürfte sich auf seine spätere Hilfe bei der Pflanzenauswahl beschränken. Dieser Gartenabschnitt gilt als die erste landschaftliche Anlage in Süddeutschland. Unabhängig von Sckells Anteil an den verschiedenen landschaftlichen Partien kann man in Schwetzingen sehr gut die Entwicklung des Landschaftsgartens von seinen ersten unsicheren Anfängen so das "Arboricum") bis hin zu seiner Reife (so die Partie zwischen Moschee und Merkurtempel) studieren. Hier erlangte Sckell unstrittig die Fertigkeiten, die ihn dann später zu einem der drei großen deutschen Gartenkünstler des Landschaftsgartens machen. Friedrich Ludwig von Sckell (1750 - 1823):
1750
geboren in Weilburg/Lahn (Vater ist seit1762 Hofgärtner in
Schwetzingen),
------ berufliche Ausbildung zunächst in Schwetzingen, dann in
Bruchsal und Zweibrücken,
------ berufliche Wanderjahre
1773 in Paris: nur bekannt durch ein Gesuch des Vaters;
Kurfürst Carl Theodor bewilligt einen Betrag von 1000 FL.
für einen längeren Studienaufenthalt in Frankreich und
England. In der damaligen Zeit eine häufige Maßnahme der
Landesfürsten zur Förderung ihrer begabten Leute.
1776 Reise nach England. Trifft hier Pigage, der hier mehrere
Monate zuvor eingetroffen war. Begleitet gekaufte Pflanzen
nach Deutschland.
(Über die Dauer und die Art seiner Englandaufenthalte ist
nichts bekannt. Sie dauerten wahrscheinlich nur jeweils
wenige Monate. Ob er dort tatsächlich Brown oder
Chambers getroffen hat, lässt sich nicht nachweisen).
1777 Erwerb einer Anwartschaft auf die Anstellung als
Hofgärtner in Schwetzingen ( Versprechen einer Nachfolge
des Vaters). Beteiligung an den Planungen im
Nordwestbereich des Gartens.
(Der Kurfürst zieht noch am Ende des gleichen Jahres nach
München um).
------ Entwurf verschiedener Gärten für den süddeutschen
Hofadel. Um 1785 Umgestaltung des Schlossparks
Schönbusch (Aschaffenburg).
1785 Besuch Hirschfelds in Schwetzingen (bedeutendster
deutscher Gartentheoretiker im 18. Jh.). Er hielt den hier
betriebenen Aufwand für eine Verschwendung, fand aber
lobende Worte für die Bauten von Pigage.
1792 Ernennung zum "Hof-Lust-Gärtner" (als Nachfolger seines
Vaters). Zu diesem Zeitpunkt war der Garten bereits
weitgehend fertiggestellt. Zuvor dürfte er nur als Hilfskraft
seines Vaters gearbeitet haben, dessen Begabungen
allerdings früh von Pigage erkannt und gefördert wurden. In
Schwetzingen hat er selber praktisch nur noch Erhaltungs-
und Reparaturarbeiten ausgeführt.
1795 Mit der Besetzung Mannheims durch französische
Revolutionstruppen endet Sckells erste Schaffensperiode.
1797 Sckell wird der Nachfolger von Pigage. Er erhält die
Oberaufsicht über das Schwetzinger Bauwesen (indem er in
seinem Bewerbungsscheiben von 1796 die bisherigen
Leistungen von Pigage in diesem Garten abwertet und die
seinen aufwertet. Es heißt dort: "Herr von Pigage hast seit
meinem Hiersein niemalen im Bauwesen etwas ohne mich
unternommen").
1799 - Ernennung zum Gartendirektor (zuständig für die
Rheinpfalz und ganz Bayern). Wegen Kürzung der
1804 - Unterhaltsmittel in Schwetzingen Zwang zu Vereinfachungen (dies kam seinen Vorstellungen nach mehr Natürlichkeit und Großzügigkeit im Garten entgegen). - In München an der Umgestaltung des "Englischen Gartens" in einen Volkspark beteiligt. Berufung zum Hofintendanten in München (mit der
Verpflichtung seinen Wohnsitz nach München zu verlegen.
Sein Nachfolger in Schwetzingen wurde Johann Michael
Zeyher aus Basel).
1808 Verleihung des Zivil-Verdienstordens der Bayerischen
Krone (damit Erwerb des persönlichen Adels).
ab 1814Umgestaltung von Nymphenburg (München).
1818 Veröffentlichung: "Beiträge zur bildenden Gartenkunst für
angehende Gartenkünstler und Liebhaber"
1822 Ernennung zum korrespondierenden Mitglied durch die
großbritannische Horticultural Society in London.
1823 Tod in München.
In seinen Pflegeanordnungen (von 1795) für den Schwetzinger Garten fordert er u..a.:
Gräberfund bei den Erdarbeiten zum Wasserkastell. Da man ihm einen römischen
Ursprung zusprach und ihn mit germanisch-römischen Schlachten in Verbindung
brachte, errichtete man zu Ehren der Toten im Ostbereich der späteren Aquädukte
einen Obelisken und umgab ihn mit einem an Italien erinnernden Weinberg.
1778 Umzug des Kurfürsten nach München. Pigage blieb weiter in Schwetzingen und
arbeitete an der Vollendung seines Gartens. Alle Mittel für die Bau- und
Gartenbereiche wurden stark gekürzt. Nur in Schwetzingen konnte man
weiterarbeiten.
1778 - Errichtung eines "Tempels der Botanik" als architektonischen und inhaltlichen Point
de vue des Arboretums. Seine Außenwand ist ein Imitat der Eichenrinde.
1779- Wahrscheinlich begannen im gleichen Jahr auch die Planungen für das "Römische Wasserkastell ". - Errichtung des "Römischen Wasserkastells" (in unmittelbarer Nähe des
Botaniktempels, unmittelbar an der Gartengrenze). Es besteht aus einem
stadttorähnlichem Hauptbau und drei Aquäduktarmen. Über dem vom Norden her
kommenden fällt das Wasser kaskadenartig in einen Kanal, der gleich danach sich zu
einem Weiher ausformt.
1782 - 1792- Fertigstellung der "Rialtobrücke" (Chinesische Brücke). Sie schuf den Zugang zur Partie nördlich des Großen Bassins. Pigage hatte sie nach einem Entwurf von Palladio errichten lassen (deshalb der Name; heute wird sie in der Regel als "Chinesische Brücke" bezeichnet. - Der landschaftliche Teil gegenüber dem Badhaus (westlich davon) ist zu diesem Zeitpunkt weitgehend fertig. - Beginn mit dem Bau der rechteckigen Treillagengänge vor der Moschee auf dem Gelände des bisherigen "Türkischen Gartens" ( einzelne Pavillons werden als Priesterkabinette durch einen Kreuzgang mit einander verbunden. Sie weisen noch Ähnlichkeiten mit den früheren "cloitre" (gärtnerische Kreuzgänge auf)). Bau der Moschee (ihre Fertigstellung verzögerte sich durch die Halbierung des
zur Verfügung stehenden Etats ab 1784).
1783
1785 ist der Rohbau fertig. 1787/88 Bau der Minarette Vor der Hauptfassade sollte eine landschaftliche Partie entstehen mit einem Weiher und einem Point de vue auf einer Anhöhe dahinter. Vorlage eines neuen Gartenplans (seine Autorenschaft ist umstritten. Sie wird sowohl
Pigage wie auch Sckell zugeschrieben). Die Erweiterungen betreffen landschaftliche
Partien im westlichen und nördlichen Bereich.
1787 - Bau des "Tempels des Merkur". Er wurde bereits mit der Moschee konzipiert;
zunächst als "pavilon complet", dann erst als ruinöses Bauwerk, da man aus
Geldmangel glaubte, auf diese Weise die Baukosten senken zu können. Sein Standort
wurde der optische Schnittpunkt zweier Blickachsen, einmal von der Moschee und
zum anderen von der Rialtobrücke über das Große Bassin. - Der dazwischen liegende Gartenbereich wurde landschaftlich so gestaltet, dass sich Bauwerke und Garten mit Hilfe der Wasserfläche, Bodenbewegungen, der Pflanzungen und unregelmäßigen Wege gegenseitig steigerten. - Dieser Anlage folgte eine weitere Partie, die hinter dem Großen Bassin den südlichen Landschaftsbereich mit dem nördlichen ((dem "Großen englischen Garten") verband. Dabei wurde dieses Bassin in seiner hinteren Mitte im Bereich der Hauptachse des Gartens um einen Anhang ergänzt Der Garten von Schwetzingen wurde in etwa 40 Jahren angelegt. Er war bereits während seiner Entstehungszeit berühmt und besaß das besondere Interesse des Kurfürsten. Auch als dieser seine Residenz nach München verlegt hatte, wurden die zuvor begonnenen Projekte noch beendet und der Garten als Ganzes vollendet. Daran änderten auch die allgemeinen Geldreduzierungen von 1778 und 1784 nichts. Die Errichtung derartiger Bauprojekte und Gärten gehörte während der Zeit des Absolutismus zum Selbstverständnis eines Fürsten. Über diese wollten sie ihre Macht und ihre positiven Eigenschaften im Sinne fürstlicher Tugenden demonstrieren. 1793 Freigabe des Gartens für Besichtigungen. Der Garten, der bis dahin allein für den
höfischen Sommeraufenthalt geschaffen worden war, wurde damit zu einem quasi-
öffentlichen Park. Bereits 1787 hatte man eine Parkordnung erlassen, um
Beschädigungen an den Skulpturen zu verhindern. Ab jetzt wurde verstärkt im Park
von den Publikumsinteressen ausgegangen. Auch dies war ein Anlass, wegen der
zunehmenden Kritik an den formalen Partien, sich verstärkt den landschaftlichen
zuzuwenden. Schwetzingen wurde damit zu einer touristischen Attraktion. Die
zunehmenden Kosten für den Unterhalt des Gartens wurden 1795 mit der intensiven
Nutzung durch die Bevölkerung begründet.
1803 Schwetzingen wird nach der Länderverteilung durch den
Reichsdeputationshauptsschluss ein Landesteil von Baden.
1806 Ernennung von Zeyher zum neuen Gartendirektor. Johann Michael Zeyher (1770-1843¸bis dahin Sckells Stellvertreter):
1802 Umwandlung des Menageriegeländes in ein Arboretum. Dies war
bereits von Carl Theodor 1776/77 so vorgesehen gewesen. Zeyher
ließ hier in einer geordneten Reihung (fast baumschulartig) die
Vorführgehölze aufpflanzen.
------ Veranlasste das Zuschütten des Spiegelweihers hinter dem
Hirschbassin (den Hirschen fehlen heute deshalb die
Hintergrundproportionen).
1823-24 Umgestaltung des hinteren großen Querbassins zu einem
"natürlichen" See (mit Zustimmung Sckells). Die bisher starre
Rechteckform erhielt unregelmäßig verlaufende Ufer und natürliche
Anbindungen zu den Seiten hin (dem "Möris-See" und zur
Rialtobrücke).
2. Hälfte des 19. Jhs. zunehmende Reduzierung der gärtnerischen Pflege auf das absolut
Notwendige. Dabei ließ man u.a. die Alleebäume auswachsen.
1924 Umwandlung in einen öffentlichen Park. Eine zunehmende Verwilderung setzte
ein.
zwischen den Weltkriegen: Das Theater wird wieder bespielbar gemacht.1945-46 Besetzung des Schlosses durch französische Truppen verbunden mit starken
Zerstörungen und Diebstählen.
seit 1952 Schwetzinger Festspiele (heute 450 Plätze).
ab 1970 - mustergültige Rekonstruktion des Parterres.
1995 - Wiederherstellung des inzwischen verwachsenen Naturtheaters. - Ersetzen von verrottenden Vasen und Skulpturen durch Kopien. - Neuanstrich der Bauten in ihrer alten Farbigkeit. - Wiederherstellung der Heckengänge in den "Großen Bosketts". - Restaurierung der Moschee und der Treillagengänge am Moscheehof. - weitgehender Ersatz der alten Alleebäume durch neue. Schließung des Schlosses wegen Baufälligkeit. Eine Kommission der
Oberfinanzdirektion Karlsruhe entschied, dass das Schloss im ersten
Obergeschoss gemäß seiner Ausstattung im Jahr 1775 und das zweite
Obergeschoss gemäss dem Jahr 1804 zu restaurieren sei.
1996-97 Restaurierung des Achathäuschens (heute aus Schutzgründen mit Gittern
versehen).
Struktur
Die allgemeine Unkenntnis der vorangegangenen Zeiten in der Gartenkunst und die Eigenpropaganda des französischen Hofes haben zu immer wieder zu lesenden Legenden geführt. Die unheilvolle Gleichsetzung des formalen Gartens in Deutschland mit dem französischen, hat zu dem Zwang geführt, in jedem dieser Gärten einen französischen Hintergrund zu sehen. Jede formale gartenkünstlerische Entwicklung in Deutschland wird auf den Versailler Hof, und wenn das nicht geht, auf das Buch "La Theorie et pratique du jardinage" (1709) von Antoine Joseph Dézallier d'Argenville zurückgeführt. Dabei war Dezallier selber gar kein Gärtner. Seine Kompositionsregeln waren eine Zusammenstellung der seit der Renaissance bekannten und auch von Le Nôtre benutzten Vorgehensregeln. Ausgehend von den Schriften D'Avilers schuf er ein populäres Buch zur Anlage von Lustgärten, das im 18. Jh. sehr verbreitet war. Bei dem unterstellten Einfluss dieses Buches auf die Gartengestaltung wird allgemein das hohe kulturelle Niveau der Fürsten übersehen, ihre entsprechend breite Ausbildung auf ihr späteres Amt, so dass sie auf ein solches Buch gar nicht angewiesen waren. Entscheidender für sie waren ihre Studienreisen nach Abschluss ihrer schulischen Ausbildung (traditionell vorrangig nach Italien) und ihre jeweils persönlichen Interessen, die dann auch zur Vielfalt der deutschen Anlagen führte. Die allgemeine Tatsache, dass der Adel in der ersten Hälfte des 18. Jhs überwiegend französisch sprach und sich an der Versailler Hofmode teilweise orientierte, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies nicht für alle Kulturbereiche galt und die Bildung der führenden Fürsten viel breiter und souveräner angelegt war. Selbst in Paris war z.B. der Einfluss des Englischen in der 2. Hälfte des 18. Jhs. sehr groß gewesen. Der Abbé Le Blanc schreibt bereits 1745 verächtlich: "Nichts kann den Geschmack eines ebenso dummen wie wohlhabenden Bürgers oder auch eines Landadligen, ...., ändern. Sie halten einen Baum, dessen Krone keine regelmäßige Kugelform aufweist, für zu gewöhnlich, um ihn in den Garten zu pflanzen. Eine Eibe aber, die mit Zirkel und Lineal geschnitten und mit einem grob geschnittenen Vogel gekrönt wurde, finden sie bezaubernd, weil sie in Erstaunen versetzt. Sie ziehen die kleinen Wunder der Kunst all den Schätzen der Natur vor". Und Rousseau sagt 1761 in seiner "La nouvelle Héloise":
"Nachdem wir sechs Tage mit frivolen Unterhaltungen .... verloren hatten, verbrachten wir
einen Morgen auf "englische Art", versammelten uns still und genossen zugleich die
Freude, zusammen zu sein". In Frankreich hatte die Betonung des Französischen entscheidend zur Schaffung der nationalen Identität beigetragen, die durch die militärischen Auseinandersetzungen mit England noch verstärkt wurden. In der zweiten Jahrhunderthälfte wurden die staatstragenden Eliten in Europa aber zunehmend vom Gedankengut der aus England kommenden liberalen Freimaurerei beeinflusst, die zur Gründung der verschiedensten "Clubs" führte. Und der Garten von Schwetzingen wurde von einem der gebildetsten Fürsten der damaligen Zeit in der zweiten Hälfte des 18. Jhs angelegt. Und wenn diesem Fürsten etwas am Herzen lag, dann war es dieser Garten. Bei genauerer Überprüfung gibt es in Schwetzingen fast nichts, was unmittelbar aus französischen Anlagen abgeleitet worden ist. Carl Theodor hielt sich innerhalb des Schwetzinger Schlosses allein schon wegen der baulichen Gegebenheiten kaum an das seiner Zeit verbreitete Versailler Zeremoniell. Außerhalb des Gebäudes waren seine höfischen Freiräume noch größer. Und er hat sie in Schwetzingen auch genutzt. Noch heute gilt der Schwetzinger Schlossgarten als das künstlerisch bedeutendste Vermächtnis Carl Theodors in der Kurpfalz. Vielleicht ist er sogar die bedeutendste architektonische Kulturleistung der Pfalz überhaupt. Die immer wieder gemachten Vergleiche dieses Gartens mit dem Versailler Vorbild führen in die Irre, bzw. sind falsch:
Im Gegensatz zu früheren Zeiten, als man das "Arborium Theodoricum" nur als einen Wiesenstreifen mit einzelnen Bäumen oder Gehölzgruppen ansah, werden heute nach der Restaurierung seine Qualitäten deutlich, die sich besonders aus seinem schwierigen Gelände ergeben:
der seine Inhalte noch von einem ikonologischen Figurenprogramm zusammengehalten
wurden. In Schwetzingen ist diese Vorgehensweise inhaltlich bereits so ausgehöhlt, dass
man hier viele Figurengruppen nur noch aus traditionellen Gründen und andere, die nur
noch in Ansätzen ein Programm erkennen lassen, aufstellte. Entscheidend scheint oft
nur ihr gutes Aussehen an einem bestimmten Standort gewesen zu sein. Zum allgemeinen Traditionsrepertoire gehören z.B.
landschaftlich-aufklärerischen Teil:
Der geistige Umbruch bei der Gartenplanung in Schwetzingen erfolgte während des
Baus der Apolloanlagen. Man begann mit der Errichtung eines Point des vue des
Naturtheaters und endete bei einem Tempel aufklärerischer Tugenden, einer
Darstellung des menschlichen Weges von seiner triebhaften Natur (der Welt des Pan)
zum Licht der Weisheit unter dem Schutz des Apolls. Alles was ab jetzt in dem Garten
geschah, erfolgte unter diesem Vorzeichen. Der Fürst ließ seine geistige Haltung im
Garten zum Ausdruck bringen. Die zentrale Lage des Badhauses half ihm dabei:
1766-72 - Badhaus (mit der Aurora-Allegorie: Das Licht verdrängt die Nacht),
- Vogelbrunnen im Badhausgarten (als Darstellung der Tugenden Solidarität
und Brüderlichkeit. Seine Einbindung an dieser Stelle des Gartens
spricht dafür, dass es ein übergeordnetes skulpturales Konzept für
den Garten gegeben hat).
1766-73 Minervabrunnen (Weg vom Dunklen des Pan zur Weisheit der Minerva),
1768-71 Gedenksteine (die Weisheit des Fürsten fördert die Künste des Friedens),
1773-75 Garten der Botanik (Arborium Theodoricum, als Ausdruck der
Verflechtung von Garten und Vernunft),
um 1776 Pan (naturbezogener Gott als Gegenposition zu den kulturbezogenen
Bauten),
1776-78 Tempel der Botanik (vom Heiligtum des Ceres zum Tempel der Vernunft),
1776-79 römisches Wasserkastell (der Kurfürst fördert mit Hilfe der Naturgesetze
den Wohlstand des Landes),
1778 Kurfürst geht nach München (ab jetzt theistische Überhöhung bisheriger
Grundgedanken),
1780-95 Moschee (Tempel der Weisheit),
1784-87 Merkur-Tempel (Weg vom Licht zur Erleuchtung).
Das Besondere dabei ist, dass in Schwetzingen noch mit Hilfe der alten Mythologien das neue sich ankündigende Zeitalter dargestellt wird. Die idyllische Welt der olympischen Götter, des naturnahen Pan in den Bosketts verwebt sich mit der außen - überlagerten Welt der menschlichen Vernunft, ihren Bauten und aesthetisch geschaffenen Naturbildern. Der Schwetzinger Garten wird so zu einem Ausdruck der gestalteten Natur im Sinne Voltaires. Damit gehört er in die Welt einer rational gestalteten Natur und nicht wie der zeitgleich entstandene Garten in Wörlitz in die Welt des emotionalen Landschaftsgartens. Egal ob formal oder landschaftlich, er ist als Einheit ein Garten der Vernunft, der Aufklärung. Nicht zufällig hat dieser Garten für Voltaire (der vielleicht bedeutendste französische Philosoph seiner Zeit) eine so große Bedeutung gehabt, dass er ihn vor seinem Tode noch einmal sehen wollte. So schön wie er heute ist, kann man dies nur begrenzt nachverfolgen, wenn man berücksichtigt, dass er zu Voltaires Zeiten weitgehend nur eine Baustelle gewesen sein kann. Der einstige Wert dieses Gartens muss für den Aufklärer Voltaire also ein anderer gewesen sein. In fast jedem Buch lesen wir heute, dass er kein ikonographisches Programm besitzt, wie es früher in formalen Gärten seit den Medici üblich war. Bei genauerer Betrachtung müssen wir aber erkennen, dass es nur wenige Gärten von europäischem Rang gibt, die stärker ein aufklärerisches Gedankengut vertreten. Das Problem dabei ist, dass wir heute dieses genaue Programm nicht mehr kennen, sondern es nur noch aus einer Vielzahl seiner einzelnen Elemente ableiten können. So ist uns heute z.B. die Funktion des Versammlungsraumes unter dem Minerva-Tempel völlig unbekannt. Der Kurfürst hat zwar in München 1784 die Freimaurerei verboten, war aber selber mit einigen Freimaurern befreundet (so schützte er z.B. Voltaire vor jesuitischen Anfeindungen). (Dieses Verbot wurde später von seinem Nachfolger Maximilian I. bestätigt, obwohl dieser sogar selber der Präsident (Großmeister) einer Loge, der "V. Provinz der Strikten Observanz" gewesen war. Dies gilt auch für seinen Ministerpräsidenten Graf von Montgelas, der diesen Erlass zweimal unterschrieb, selber aber zu den ersten Illuminaten gezählt hat). Aus dem Verbot der Geheimgesellschaften durch Carl Theodor kann man deshalb auch nicht eine allgemeine Ablehnung des freimaurerischen Gedankengutes ableiten. Die irreguläre Münchener Loge "Zum guten Rat" nannte sich nach dem Umzug des Mannheimer Hofes nach München und dem Eintritt mehrerer Mannheimer Logenbrüder in dieselbe ab 1779 "Theodor zum guten Rat" und wurde regulär mit dem Direktorialrecht für Bayern. Sie besaß ein eigenes Haus mit einer Naturaliensammlung und einem eigenen botanischen Garten. Auffallend in Schwetzingen ist, dass alle Bauwerke und alle drei Haine mit ihren Skulpturen von einem freimaurerischen Gedankengut zusammengehalten werden und ohne das Wissen um dasselbe, man leicht zu Hirschfelds Urteil, einer Widersprüchlichkeit des Programms, bzw. der Planlosigkeit beim Aufstellen der Skulpturen kommen kann. Zunächst war die Aufklärung nur das Denkergebnis einiger weniger Philosophen gewesen. Erst durch die Freimaurer wurde sie zur geistigen Grundlage einer breiten sozialen Bewegung, z.B. unserer Menschenrechte (heute kaum vorstellbar, da sich erst später ihr heute dominierender, verstärkt esoterischer Flügel durchgesetzt hat.).Was sie genau für den Kurfürsten eigentlich war, kann man nur aus diesem Garten ableiten. Der heutige historische Garten wurde in vier Bauabschnitten geschaffen:
1. 1753 - 1758: Der Garten von Petri, d.h. die Schaffung eines Kreisparterres
und seine Überführung in ein Rechteck. In diesem Plan
schloss sich der Garten nach hinten durch eine zunehmend
sich verengende Perspektive der näher zusammenrückenden
Alleen.
2. 1761 - 1775: Die formale Gartenerweiterung durch Pigage, d.h. durch eine
Verlängerung der Mittelachse und die Anlage seitlicher Nutzgärten
(im Norden die Orangerie, im Süden ein Obst- und
Gemüsegarten).Der geistige Unterschied zum Petri-Garten ist
dessen Öffnung zur Landschaft. Der Kalmit in der Ferne wurde jetzt
über die Hauptachse zum eigentlichen Point de vue des Gartens.
Der figürliche Schmuck betonte seinen Tiefengang vom
Arion-Brunnen über die Hirschgruppe bis hin zu den Flussgöttern
vor dem hinteren Querbassin. Der Garten erhielt auf Grund des
größeren Bildungsstandes von Pigage eine neue Großzügigkeit
(frankophile Autoren sprechen gerne von einer neuen
Monumentalität) und er war auch eher in der Lage, auf die
Abwechselungsbedürfnisse des Hofes in den Bosketts besser
einzugehen.
Sie dauerte vom Entwurf seines Idealplans (1761) bis zur
Fertigstellung des Badehauskomplexes (1775). (Damit überschnitt
sie sich mit der dritten Bauphase die bereits 1773 einsetzte). Geistig
wird sie bereits weitgehend von den Gedanken der Aufklärung
bestimmt.
3. 1773 - 1792: Die landschaftliche Gartenerweiterung unter Pigage. Sie setzte
bereits vor dem Umzug Carl Theodors nach München ein. Dabei ist
es auffallend, dass bis zu diesem Zeitpunkt von Pigage in
Schwetzingen nur drei Bauten errichtet worden sind: das Badhaus,
der Apollo- und der Minerva-Tempel, alle noch im formalen
Bereich des Gartens gelegen und alle drei auf die
Unterhaltungsbereiche des Fürsten bezogen, seinen Glanz und seine
Selbstdarstellung. Die landschaftliche Periode begann
mit der Anlage des "Arboricum Theodoricum" und endete mit der
Errichtung der Anlagen hinter der Moschee. Mit dem Fortzug des
Fürsten wurden sie zu Gartenkulissen. Die neuen Gartenbauten
verkörperten abstrakte Gedanken der Aufklärung, d.h. einer
Huldigung der Naturwissenschaften (Tempel der Botanik), der
Toleranz (Moschee) oder der Errungenschaften der Zivilisation
(Tempel des Merkurs). Der Garten wurde zu einer geistigen
Verkörperung der Gedanken Carl Theodors (oder der von Pigage,
der sie ihm geschickt nahe legte).
4. 1804 - 1824: Zeit der landschaftlichen Korrekturen durch Zeyher. Er schuf
anstelle der früheren Menagerie das Arboretum, verfüllte das
Spiegelbassin hinter dem Hirschbassin und gab dem "Großen
Bassin" seine natürlichen Uferränder (1823/24).
Der Bereich hinter der Moschee (1778 u. 1782-92) zeigt einen idealen Übergang vom formalen zum landschaftlichen Stil. Während wir im Moscheehof noch die Ordnung des Barockgartens finden, öffnet sich die westliche Gebäudefront voll zum Landschaftsgarten und verbindet sich zu einer gelungenen Einheit. Durch das geschickte Austarieren der Spiegelungen entsteht eine Stimmung des Sentimentalen. Mit dem Merkurtempel(1784) endete dann die Zeit der Staffagebauten in Schwetzingen. Zeyher sah in den umliegenden Pflanzungen das "lieblichste Landschaftsgemälde". In den Jahren vor der Errichtung des Apollotempels (errichtet 1674) kam es zu einem Bruch in der geistigen Konzeption. Die Gründe dafür sind bis heute unbekannt. Verstärkt wurde die Entwicklung durch den Kauf von Oggersheim für die Kurfürstin, die sich dort ihren eigenen Sommersitz anlegen ließ. Der Kurfürst folgte danach in Schwetzingen nur noch seinen eigenen Ambitionen. Alle Parkbauten in Schwetzingen verdeutlichen den Sieg der Vernunft über die Unvernunft und sind somit ein hohes Lied auf die Aufklärung. Dabei ist ihr Ensemble nicht von vornherein als Einheit geplant gewesen, sondern erst im Laufe der Zeit über die Idee dieser Siegesdarstellung herangereift:
1764 Apollotempel: Der Weg aus der Finsternis zum Licht (durch dunkle
Gänge zur Lichtgestalt des Apolls, - umgeben von
Sonnenemblemen),
1766-72 Badhaus: Aurora vertreibt die Nacht (das Licht die Finsternis),
1766-73 Minerva-Tempel: Die Göttin der Weisheit steht über dem Gott des
Irrationalen (Pan),
1768-71 Gedenksteine: Die Künste des Friedens verbürgen den Wohlstand des
Landes,
1776-78 Tempel der Botanik,
1780-95 Moschee,
1784-87 Merkur-Tempel.
Und auch die ehemalige Menagerie, die Orangerie und das Arboretum müssen in diesem Zusammenhang als Teile einer viel umfassender anzusetzenden Naturaliensammlung angesehen werden, - Naturalien, die zwar im konservativen Sinne auch Spiegelbilder der göttlichen Vielfalt, jetzt aber auch Teile in einem neuen naturwissenschaftlich zu sehenden neuen Weltbild waren. Es ist diese Besonderheit in ihrer Zwischenstellung zwischen der Welt des Absolutismus und dem der Aufklärung die diesen Garten so einzigartig machen. Sie waren es, die dargestellten Symbole der Vernunft, von denen er nur gehört haben konnte, die diesen Garten für Voltaire so bedeutsam erscheinen ließen, dass er es einmal als seinen letzter Wunsch bezeichnete, ihn vor seinem Tode noch einmal zu sehen. Vielleicht waren es seine Gespräche mit Voltairegewesen, die den Kurfürsten dazu bewegt haben, diesen Gestaltungsweg einzuschlagen.
Rundgang durch den Garten
Der Rundweg beginnt, nachdem man nach dem engen Schlossdurchgang in den Garten getreten ist und vor sich das Rund des Parterres sieht. Dieser zentrale Durchgang stimmt nicht mit der Gartenachse überein, da Schloss und Garten zu verschiedenen Zeiten konzipiert worden sind. Am Ende der vor einem liegenden großen Achse sieht man bei klarem Wetter den Kalmit als Point de vue, den höchsten Pfälzer Berg.
Diskussionsbeitrag zu einer möglichen Umsetzung freimaurerischer Gedanken in Schwetzingen
Die unmittelbare Präsens freimaurerischer Symbole und Architekturbezüge hat schon lange Fragen nach den Bezügen dieses Gartens zur Freimaurerei aufgeworfen. Direkt darauf verweisen auch für den Nichtfreimaurer, bzw. den in der freimaurerischen Symbolsprache nur begrenzt informierten
Gegen eine solche Verbindung sprechen
Das Verbot der Freimaurerei durch Carl Theodor besagt allein, wie schon beschrieben worden ist, sehr wenig. Die Freimaurer waren nie eine so einheitliche Gruppe, wie sie sich ein Außenstehender vorstellt, - besonders in ihren Anfängen nicht. Noch 1861 kannte man nach Jean-Marie Ragon 75 Arten der Freimaurerei und 34 der Freimaurerei ähnliche Orden, gab es 52 verschiedene Riten und 1.400 verschiedene Grade. Dabei darf man auch davon ausgehen, dass der Kurfürst im Laufe seines Lebens seine Meinung auch geändert haben kann. Mit Sicherheit wird er gewusst haben, dass die Großmeister vieler Logen Mitglieder des französischen und englischen Königshauses gewesen waren, bzw. dem deutschen Hochadel angehörten und damit für ihn keine Bedrohung darstellten. Andererseits wird er auch von vielen liberalen und bürgerlichen Kräften gehört haben, die die bisherigen Privilegien des Adels anzweifelten. Sein Dekret kann sich nur gegen letztere gerichtet haben. Auch für das Fehlen unmittelbarer, z.B. handwerksbezogener Symbole könnte man eine Erklärung gelten lassen, dass sie als solche innerhalb eines solchen Kunstwerkes, sich als viel zu plump erweisen würden. Bei genauerer Betrachtung und unter Zurhilfenahme der Arbeit von Ursula Terner über die freimaurerische Symbolik bietet sich für Schwetzingen vielleicht folgende Verständnishilfe an:
Am wenigsten erkennbar ist der freimaurerische Bezug für den Außenstehenden vielleicht beim Tempel der Botanik und dem Römischen Wasserkastell. Doch auch hier finden sich überall Hinweise. Der Tempel der Botanik ist nach außen völlig verschlossen, nach innen ein "Geheimnis" bergend. Geht man durch die Tür, so befindet sich auf der Wand gegenüber auf einem Sockel eine Skulptur der Ceres (Demeter). Als Fruchtbarkeitsgöttin ist sie zuständig für den Tod und die Wiedererweckung. Als Göttin des Ackerbaus versenkt sie das Korn in den Boden und lässt neue Pflanzen sprießen. Das Korn steht symbolisch für den toten Baumeister Hiram. Die Kornähre (Schibloleth) bezeichnet das Passwort der Gesellen. Es ist kein Zufall, dass in den seitlichen Nischen je zwei Schlangen Vasen umschlingen. Sie sind in der Form des von Doppelschlangen umgebenen Stabes (Kerykeion) ein Symbol für den Hermes Trismegistos, dem Schutzgott der Alchemie. Dieses Schlangensymbol bildet auch das Grundmotiv für die Darstellung der Jahreszeiten. Insgesamt geht es hier um den alchemistisch-freimaurerischen Gedanken einer symbolischen Wandlung des Unwissenden zum Wissenden (letztere verdeutlicht durch die Medaillonbildnisse der Naturforscher). Beim "Römischen Wasserkastell" finden wir als freimaurerische Symbolträger zunächst das Wasser als solches. Es ist hier ein Symbol des Todes, der Vergänglichkeit, da es das Feuer löscht. Darauf weisen auch die Ruinen des Aquädukts hin. Sie verweisen auch auf die Herkunft der Freimaurerei aus der Frühzeit der Menschheit. Dabei lässt sich die Bedeutung des Turmes nicht entschlüsseln, da er als solcher zwar für die Hochgrade eine Symbolbedeutung besitzt, diese aber allgemein nicht bekannt ist. Evtl. ist er ein Symbol für den Turm von Babel oder ein Turm der Tugend. In diesem Rahmen ist auch der Obelisk über den "römisch-germanischen" Gräberfeld im "Weinberg" am rechten Aquäduktarm anders zu sehen. Im freimaurerischen Denken verweist er auf eine mystische Zeit (im alten Ägypten) und ist ein Symbol für die Ewigkeit. In der zweiten Hälfte des 18. Jhdts. war der Gedanke einer Herleitung der Freimaurerei aus den ägyptischen Mysterien sehr verbreitet. Die Hieroglyphen waren für sie ein Symbol für ein Geheimnis, dessen Auflösung nur einem Eingeweihten zugänglich war. Sie selber sahen sich dabei als die Eingeweihte einer höheren Weisheit. Den baulichen Höhepunkt des Gartens stellt die Moschee dar. Es ist heute kaum noch strittig, dass sie als ein Tempel der Weisheit und Tugend zu sehen ist. Dabei wird kaum daran gedacht, dass es sich dabei um die beiden Hauptziele der Freimaurerei handelt. So gesehen gehört dieser Tempel zu der großartigen Trias der Umsetzung freimaurerischen Gedankengutes in der deutschen Kunst: Zauberflöte - Nathan der Weise - Schwetzinger Moschee. Als ein Tempel der Humanität steht sie für den Salomonischen Tempel, dem wichtigsten Symbol der Freimaurer. Erkennbar ist dieser immer an seinen beiden frei stehenden Säulen "Jackin" und "Boas" am Eingang und seinem musivischen Pflaster. Beides finden wir hier in Schwetzingen, die Säulen architektonisch umgesetzt in den Minaretten und das Pflaster in dem gerastertem Fußboden im Inneren. Letzterer steht für die Polarität von gut und böse. Auch der Baukörper selber als kuppelförmiger Zentralbau kann als ein architektonischer Bezug auf den Felsendom in Jerusalem verstanden werden. Auffallend am Tempel ist auch die Symmetrie seiner Fassade. Sie kann ein Symbol für die planmäßige Ordnung und die Harmonie in der Welt stehen. Vielleicht als letztes Gebäude noch der Merkur-Tempel. Hier wird ein geistige Beziehung dieses Bauwerks zu Hermes Trismegistos eigentlich von niemanden bestriten. Einst wurde dieser mit dem ägyptischen Gott "Thot" gleichgesetzt. Als Turmbau verweist er in Schwetzingen auf die Hochgradmaurerei, über deren Symbole man kaum etwas weiß. Auffallend ist hier u.a. die eingebrachte Zahlensymbolik. Die "3" stand einst für die Vollkommenheit der Ordnung im Kosmos. Der Hermes Trimegistos als Schutzpatron der Alchemisten stand in der Freimaurerei als Symbol für die Wandlung eines Unwissenden in einen Wissenden. Dabei war dieser Inhalt nicht das eigentliche Ziel sondern das Streben danach das Entscheidende. In diesem kurzen Rahmen und als "Uneingeweihter" ist es schwer, diesem Garten gerecht zu werden. Ein Problem dabei ist, dass die inhaltliche Zuweisung im Laufe der Jahrhunderte oft verloren gegangen ist und gelegentlich den Betrachtungsgegenständen auch nur einzeln zugesprochen wurde. In der Entstehungszeit dieses Gartens gehörte die Anlage von Landschaftsgärten, die Errichtung von exotischen Bauwerken (hier orientalisch-ägyptischer) und Ruinen zur allgemeinen zeitgenössischen Mode. Auch scheint der Umgang mit freimaurerischen und esoterischen Bräuchen zum damals verbreiteten gesellschaftlichen Umgang der Männer gehört zu haben. Wie weit die Einbindung der verschiedenen Fürsten in dieselbe hineinreichte, muss offen bleiben, da dem Autor die entsprechenden Unterlagen fehlen. Es wird aber kaum einer von ihnen sich diesen auf allen gesellschaftlichen Ebenen haben entziehen können. Sie waren ein Teil des damaligen gesellschaftlichen Umgangs miteinander. Die gewaltigen Kosten, die alle diese zum Garten gehörenden Bauten über viele Jahre mit sich brachten, lassen vermuten, dass sie für den Fürsten eine große Bedeutung besaßen, weit über das Verlangen nach einer "Abwechslung" hinaus. Sie waren mehr als eine Laune, zumal er in München diesen Garten kaum noch nutzen konnte. Auffallend in Schwetzingen ist eine solche Häufigkeit, dass man an einen Zufall kaum glauben darf. In Deutschland kennen wir gegenüber der Freimaurerei nur einen verkrampften Umgang, - sowohl von Seiten der Bevölkerung (vielleicht noch ein Erbe aus der Zeit des Nationalsozialismus) und umgekehrt der Freimaurer gegenüber der Bevölkerung (so musste z.B. Frau Terner bei ihrer deutschen Studienarbeit über die "freimaurerischen Bilderwelten" den deutschen Bereich weitgehend ausklammern, weil ihr nur die englischen, schottischen und französischen Logen einen ausreichenden Zutritt zu ihren Unterlagen gewährten). Wie verbreitet Gärten mit freimaurerischen Inhalten z.B. in den Jahren 1770-1780 in Frankreich waren, d.h. auch der Zeit des Umdenkens in Schwetzingen, mag eine Aufzählung von Monique Mosser andeuten: Es gab in dieser Zeit solche Gärten in Monceau (hier ab 1773, Garten des Herzogs von Orléans, Vetter Ludwig XVI., Großmeister des Grand Orient de France), in Canon, Castille, Ermenonville, Mortefontaine, Folie Saint-James, Méréville und Maupertius. Auch Fürst Charles-Joseph de Ligne, der selber mehreren Logen angehörte, fügte an seinen geerbten Barockgarten nach 1766 in Belloeil einen mit freimaurerischen Motiven angereicherten Landschaftsgarten. Die Freimaurerei sah sich damals in ihrer humanistischen Geisteshaltung als eine "Königliche Kunst", als die Ars regia. Heute stellt sich der Schwetzinger Schlossgarten als ein gedankliches, über Jahrzehnte gewachsenes Geflecht aus freimaurerischen Grundgedanken, Motiven der Jagd, der Sammeltätigkeit antiker Skulpturen, Symbolen der fürstlichen Herrschaftstätigkeit und einfach hübschen Spielereien dar. Wahrscheinlich kann nur jemand die inhaltliche Aussage dieses Gartens letztendlich voll enträtseln, dem die Symbole der Hochgradmaurerei vertraut sind. Dabei müsste er auch Kenntnisse aus deren Geschichte vor 250 Jahren und aus dem Bereich der Kunst besitzen. Das können heute nur noch wenige Menschen sein. Dafür müssten sie gleichzeitig um des reichen kulturellen Erbes der Freimaurerei in diesen Bereichen wegen, gewisse Teile ihrer historischen Symbolsprache bekannt machen. Geschieht dies nicht, werden sie auf Grund ihrer geringen Zahl ihr Kulturerbe selber verlieren. |