|
|
|
Er machte in seinem "Idealgarten" die Grottenkultur zum wichtigsten Gartenelement und steigerte sie mit Hilfe seiner Fayencen ins Naturhaft-Fantastische. (Daneben wurde er ungewollt zum ersten Überwinder der scholastischen Denkweise und zum Öffner der Naturbetrachtung in eine neue Erfahrungsdimension. Mit ihm beginnt die Naturforschung auf der Grundlage eines induktiven Vorgehens).
Heute kennt man Palissy in der Regel nur noch als den Schöpfer der "Rustique figulines", "Pieces rustique", d.h. naturnaher Fayencen, bei denen er eine künstlerische, sehr wertvolle Keramik mit einer transparenten Glasur so überzog, dass das Darunterliegende farblich voll zur Geltung kam. Damit stattete er dann ganze Grotten aus. Vielleicht wichtiger ist seine Rolle als Naturforscher, weil er auf dem Weg zu seinen Glasuren und dann später als kritischer Naturbeobachter die Grundlagen für die meisten unserer heutigen Naturwissenschaften gelegt hat (besonders der Chemie und der Geologie).
Über seinen Lebenslauf wissen wir:
- 1510
- geboren in Saint-Avit (= La Chapelle-Biron, Dordogne, Südwestfrankreich), - erlernt den Beruf eines Glasmachers und Glasmalers (dabei schuf er hauptsächlich Kirchenfenster, einschließlich deren Bemalung), - Zeit der Wanderschaft (als Wanderbursche durch das Gebiet der Pyrenäen, quer durch Frankreich, Flandern, die Niederlande, den Rhein entlang, die Ardennen. Er beobachtete dabei intensiv die Topographie, Seltenheiten in der Natur, Steinbrüche, Grotten und Höhlen und erwarb sich dadurch eine sehr gute naturkundliche Bildung), - Studium der großen Meister der italienischen Renaissancekunst, besonders der Baukunst und Beschäftigung mit Problemen der Mathematik,
- 1539
- wird in Saintes sesshaft (bei La Rochelle, Westfrankreich), heiratet. - lebte in ärmlichen Verhältnissen und hat bald eine große Familie. - Nachdem er ausländische, glasierte Terrakotta gesehen hatte, wahrscheinlich italienische Majolika, experimentierte er 16 Jahre mit dem Ziel, eine weiße Emailfarbe zu erhalten. Dabei kamen ihm seine Erfahrungen aus der Farbgebung in der Glasmalerei zugute. Gegen große Widerstande seiner Familie opferte er dafür seinen ganzen Besitz (u.a. seine Möbel, um seine Versuchsöfen am Brennen zu erhalten, bezahlte letzte Lohnforderungen mit seinen eigenen Kleidern). (Bis dahin war ein solches Verfahren in Frankreich unbekannt gewesen; in Spanien kannten es die Mauren bereits an ihren Bauwerken und Töpferwaren, und auch in Italien stellte Luca Della Robbia (1400 - 1482) emaillierte Fayencen her, auch er im plastischen Sinne). Er musste sich dafür neben neuen Kenntnissen in der Formgebung und der Chemie völlig neue Lernbereiche erarbeiten: U.a.
- die Konstruktion von Brennöfen,
- für den inneren Kern der Ware: Tonkenntnisse, ihre Verhältnisanteile und die Auswirkung verschiedener Kalkgehalte,
- für den undurchsichtigen Emailüberzug durch ein Eintauchen: Schwierigster Vorgang im Emaillierungsprozess wegen der leichten Rissbildung,
- Aufsetzen der glasigen Farben,
- zweiter Brand bei einer geringeren Hitze.
- Sein Abschlussversuch dauerte allein etwa 8 Monate Vorbereitungszeit, 1 Monat Emailvorbereitung und 6 Monate Brand. Danach hatte er sein Ziel erreicht.
- Erfolgreiche Herstellung schöner Tonwaren und reizvoller Figuren, die bald sehr gefragt waren.
- 1543
- Übernahme der Aufsicht über die Salinen von Saintange (dadurch eine größere finanzielle Basis für seine weiteren Versuche).
- 1545 - 1546
- Bekehrung zum reformierten Glauben, - Mitbegründer einer entsprechenden Kirche mit mehreren anderen Handwerkern in Saintes. Im Wechsel erklärten sie sich gegenseitig das Evangelium. Palissy selber war sehr sprachbegabt, bibelfest und eifrig. Seine späteren Schriften waren deshalb auch zum Teil auch religionsorientiert.
- 1547
- Entdeckte die erste "Höhle von Savonnières" erneut,
- 1548
- Connetable Anne von Montmorency (1493 - 1567) bewundert seine Arbeiten. (Connetable von Frankreich = oberster Befehlshaber der königlichen Armee und oberster Gerichtsherr. Das Amt wurde später von Richelieu wegen zu großer Machtfülle abgeschafft. Er besaß über 130 Burgen und Schlösser. Er wurde zum größten Beschützer von Palissy). Er war nach Saintange gekommen, um dort die calvinistische Bewegung niederzuschlagen, auf deren Seite Palissy selber kämpfte. Er übertrug ihm wichtige Arbeiten.
- 1557
- 1. Schrift: "Aufdeckung des Missbrauchs und der Ignoranz der Ärzte" (unter dem Pseudonym Pierre Braillier, richtete sich gegen einen Arzt Lisset Benacio).
- 1558
- soll verhaftet werden. Die Verhaftung wird aber wegen des Einspruchs von Gönnern nicht ausgeführt.
- 1559
- Edikt von Écouen (verurteilt jeden Protestanten zum Tode). Der Herzog vom Montpensier gibt daraufhin Palissy einen Schutzbrief, und der verantwortliche General erklärt seine Werkstatt zu einer Freistätte.
- 1562
- Massaker von Wassy, Ausbruch des Bürgerkrieges. - Das Parlament von Bordeaux ordnet die Verfolgung und Hinrichtung aller Protestanten an. - Palissy erhält von Montmorency einen Schutzbrief, der ihm eine gewisse Sicherheit gibt. Er arbeitet während dieser Zeit für dessen Grotte in Ècouen (Schloss und Garten ca. 20 km nördlich von Paris), - Verhaftung Palissys und Zerstörung seiner Werkstatt. Anklage: Er sei ein hugenottischer Priester. Der Connetable verhinderte seine Verurteilung (zum Tode) und erreichte beim König seine Freilassung. Damit war er der Gerichtsbarkeit von Bordeaux entzogen.
- 1563
- 2. Schrift: "Wahrhaftiges Rezept durch das alle Männer in Frankreich ihr Vermögen zu vervielfachen und zu vergrößern lernen". Wahrscheinlich hat er sie während seiner Gefangenschaft in Bordeaux und in der unmittelbaren Folgezeit geschrieben. Er hat darin seine Gedanken und Beobachtungen in einer einfachen, poetischen Form dargestellt, so wie sie ihn unmittelbar berührten. In dieser Schrift stehen auch seine Gedanken über einen "idealen Garten". Sie machen etwa ein Drittel dieses Buches aus. Palissy widmete diese Schrift seinem Gönner Montmorency.
- 1565
- halten sich Katharina von Medici und Karl IX. in Saintes auf und lernen dabei Palissy und seine Arbeiten kennen. Er wird daraufhin aufgefordert, seine Arbeitsstätte nach Paris zu verlegen, da die Königinnenmutter an einer Nachahmung italienischer Majolika interessiert war. Er erhielt den Titel "Erfinder der ländlichen Figuren des Königs", stand unter dem Schutz Katharina de Medici und wurde beauftragt, die Gärten der Tuilerien zu verschönern und dort eine Grotte einzurichten. Jetzt als Meister offiziell anerkannt konnte er hier seine Arbeiten zu ihrer Vollendung führen. Die größeren von ihnen dienten der Ausschmückung von Gärten, Grotten, Springbrunnen und kostbaren Wohneinrichtungen. Palissy nannte seine Arbeiten "ländliche Tonstücke", weil sie fast nur ländliche Gegenstände darstellten. - Arbeit an der Ausschmückung des Palastes der Tuilerien (die verschiedensten Gebrauchsgegenstände, die auch heute noch bewundert werden und Reliefplatten mit Darstellungen aus der Mythologie und den Heiligenlegenden), - Arbeit an den Grotten i n den Tuileriengärten,
- 1567
- Tod seines Förderers Connetable Montmorency,
- 1572
- Bartholomäusnacht (Ermordung von ca. 30.000 Hugenotten). Palissy konnte ihr nach Sedan entkommen, weil sich verschiedene Vertreter des königlichen Hofes, u.a. Katharina, sich für ihn eingesetzt hatten ("als einen harmlosen, unschädlichen Handwerker"). - In Sedan ermahnt ihn die lokale Kirchengemeinde und schließt ihn vom Abendmahl aus. - Seine Ehe gerät in eine Krise (und seine Frau verlässt ihn wahrscheinlich). Er fängt an zu trinken und verarmt. - Unternimmt weite Forschungsreisen zum Studium der Salze, Kristalle und Versteinerungen und hält darüber Vorträge in Frankreich, Lothringen und Belgien. Damit trat er als erster "Naturwissenschaftler" den scholastisch ausgebildeten Gelehrten gegenüber. Wahrscheinlich schrieb er auch während dieser Verbannungszeit sein drittes Buch "Wunderbare Abhandlungen über die Natur …".
- 1576
- Rückkehr nach Paris. Fortsetzung seiner Vortragstätigkeit über seine naturkundlichen Überlegungen (bis etwa 1584, besonders über die Naturgeschichte, Chemie und Agrikultur). Seine damaligen Vorträge erregten ein allgemeines Aufsehen, weniger bei den scholastischen Dialektikern der Pariser Schule, sondern verstärkt bei naturnahen Berufstätigen, besonders Ärzten. Sehr wahrscheinlich gehörte Francis Bacon zu seinen Zuhörern. Er nennt ihn aber an keiner Stelle in seinem Werk, obwohl man Palissy als den Vater seiner Gedanken ansehen kann: Bacon lebte von 1576 - 1579 am Pariser Hof (im Gefolge von Sir Faulet).Wahrscheinlich hat er sich Niederschriften von diesen Vorträgen gemacht, evtl. auch ein Manuskript von Palissy besessen. Er entwickelte daraus die induktive Wissenschaftsmethode, die dann zur Grundlage unserer modernen Naturwissenschaften wurde. Später überwindet Bacon den aristotelischen Realismus des scholastischen Indeterminismus (Glauben, dass der Mensch eine gewisse Willensfreiheit besitzt). Er verlangt die Trennung von Glauben und Wissen. Die Glaubenswelt sei nur gläubig erfahrbar. Sie ist nicht erkennbar. Die menschliche Erkenntnis sei nur über Begriffe möglich, die nur Zeichen für etwas Wahrgenommenes darstellen. Damit legt er die Grundlage für die Trennung der Philosophie von der Theologie. - gründet ein Naturalienkabinett (das erste in Europa),
- 1578 - 1580
- Präsident und Lehrer des ersten öffentlichen französischen Lyzeums (Lehrstätte, und dies als ein "einfacher" Töpfer),
- 1580
- 3.Buch: "Wunderbare Abhandlungen über die Natur des Wassers und der Fontänen, ob natürlich oder künstlich, der Metalle, der Salze aus Salinen, der Steine, der Erden, des Feuers und der Emaille; mit mehreren anderen ausgezeichneten Geheimnissen der Naturdinge", (sein Hauptwerk). Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung seiner Vorträge als Ergebnis aller seiner Forschungen im Bereich der verschiedensten Naturwissenschaften. Die dazu gehörenden Beweise waren in seinem naturgeschichtlichen Kabinett ausgestellt gewesen.
- 1584
- wieder öffentliche Vorlesungen,
- 1585
- Edikt von Nemours. Es zwingt die Protestanten ihrem Glauben abzuschwören oder das Land zu verlassen. Palissy bleibt, versteckt sich, wird von der katholischen Liga gefunden, weigert sich, seinem protestantischen Glauben abzuschwören und wird zum Tode verurteilt (wahrscheinlich hatte er inzwischen seine Schutzrechte verloren). Er sollte an einem Brandpfahl öffentlich hingerichtet werden. Dem Herzog von Mayenue gelang es, seinen Prozess in die Länge zu ziehen und ihn dadurch zu retten.
- 1588
- Gefangener in der Bastille,
- 1589
- Angebot des Königs, ihn zu retten, wenn er sich zum katholischen Glauben bekennt. Palissy lehnt ab.
- 1590
- Tod in der Bastille (an Hunger und schlechter Behandlung).
Palissy galt in seiner Zeit als der bedeutendste Künstler am französischen Hof, der in den Tuilerien tätig war (hier stellte er im Auftrag von Katharina de Medici, der Königinnenmutter, seine Werke aus und schuf in ihnen Bassins und Fontänen. Seine damalige dortige Stellung wird durch seine Benennung "Bernard de Tuileries", "Gouverneur de Tuileries" deutlich. Er wohnte dort auch selber und betrieb dort direkt vor Ort mit zweien seiner Söhne (evtl. Neffen ?) sein Atelier. Wahrscheinlich hatte er die Oberaufsicht über alle im Garten anfallenden Arbeiten. Als Künstler besass er hier einen besonderen Schutz.
Palissy hatte eine Keramikglasur entwickelt, bei der die darunter liegenden Naturdarstel-lungen detailgetreu erkennbar blieben. Dieser Umstand war für die Grottengestaltung, die letztlich als eine Ergänzung der damaligen Wunderkammern gesehen werden muss, besonders wichtig. Jeder Garten von Rang musste in der damaligen Zeit eine solche haben und Palissy galt nach der Errichtung einer solchen in Écouen als deren herausragender Meister. Seine Vorgehensweise dafür hatte er in seinem zweiten Buch beschrieben. Seine Fayencen waren sehr gefragt und gelangten in viele Schlösser.
Über seine realen "Gärten" und Grotten weiß man relativ wenig. Es ist keine von ihnen mehr erhalten. Nur aus seiner zweiten Schrift, als Lehrer-Schüler-Dialog geschrieben, bekommt man eine gewisse Vorstellung über sie. Etwa ein Drittel dieser Abhandlung geht auf diese Thematik ein.
Real weiß man von drei gartennahen Anlagen, die er gestaltet hat:
- für den Connétable de Montmorency die Grotte von Écouen,
- für Katharina de Medici
- Teile des Tuilerien-Gartens (besonders die Grotte),
- den "Grünen Garten" von Chenonceaux
Der "Garten von Écouen"
Das Schloss von Écouen befand sich etwa 20 Kilometer von Paris entfernt. In ihm standen neben anderen wertvollen Skulpturen die beiden "unvollendeten Sklaven von Michelangelo und viele Arbeiten von Palissy (u.a. 16 Emaillebilder nach Albrecht Dürer in der Sakristei). Im Garten befand sich eine Fontäne, genannt "Fontaine Madame", zu der eine von Palissy geschaffene "ländliche Grotte" gehörte. Über sie gibt es nur unklare Berichte.
Der "Tuileriengarten" (Jardin des Tuileries")
Der Garten wird heute begrenzt vom "Place de la Concorde", dem Louvre und der Seine. Früher stand hier eine Ziegelei (franz. la Tuilerie). Katharina de Medici (1519 - 1589) veranlasste 1564 den Bau des dazu gehörenden Stadtschlosses (erst Ludwig XIV. befahl die Verlegung der Residenz nach Versailles. 1871 brannte es beim Aufstand der Pariser Kommune ab und die Reste wurden später abgerissen). Von 1559 - 1589 konnte sie als Königinnenmutter weitgehend die französische Politik bestimmen, da alle ihre Kinder (bis auf Margarete) wegen einer ererbten Syphilis des mütterlichen Großvaters schwächlich waren. Sie war es, die in Italien die französische Kultur einbrachte (u.a. auch die heute sogenannte "französische Küche"). Der damals zum Schloss gehörende Garten, hatte zu diesem keine Beziehung, weil er an allen seinen Seiten von einer hohen Mauer umgeben war (obwohl er auf dieses ausgerichtet war). Zu seinen Besonderheiten gehörten die von Palissy geschaffene Grotte (sie lag auf einer Insel, zu der vier emaillierte Brücken führten), ein Labyrinth und eine Sonnenuhr in den Bosketts und ein Echoplatz an seinem Ende. Vielleicht ist diese Grotte nie ganz fertig geworden. Sie galt als Palissys Meisterwerk. Wahrscheinlich wurde sie bereits unter Heinrich IV. (König von 1589 - 1610, ermordet) abgerissen.
Der "Grüne Garten" von Chenonceaux
Nachdem Katharina de Medici von Diane de Poitiers Chenonceaux übernommen hatte, beauftragte sie Palissy, ihr dort einen Garten anzulegen. Er wird dort heute allgemein als der "Grüne Garten" (Jardin vert) bezeichnet und schließt an den "Garten der Katherina" (begonnen 1565) an. Er wird im Norden von der Orangerie und im Osten von den Wirtschaftsgebäuden begrenzt. Inzwischen ist er nach den alten Plänen von Palissy teilrekonstruiert worden und besteht aus einer großen Rasenfläche mit Gehölzen und Skulpturen. Früher gehörten dazu auch noch Blumenbeete um ein großes Wasserbecken, eine Voliere, Menagerie, eine Grotte und eine Schäferei. Die Königin ließ außerdem für diese Anlage eine Vielzahl von Zitronen- und Orangenbäumen und 1000 Maulbeerbäume für die Seidenraupenzucht importieren.
Die beste Vorstellung über Palissys Gartenansichten erhält man aus seiner zweiten Schrift "Wahrhaftiges Rezept …" (1563). Für ihn ist es dort ein "Garten, so schön, wie es keinen zweiten auf der Welt gibt". Seine Idealforderungen an einen Garten sind:
Lage und Umfeld:
Aufbau (Gliederung) des Gartens:
- quadratische Gesamtfläche,
- Untergliederung in vier gleiche Flächen durch Alleen,
- in den Ecken grottenartige Räume (Kabinette):
- Die Nordgrotte reicht in den Berg und gleicht einer Felsenkammer. In ihrem Innern befinden sich durch Säulen unterteilte Sitznischen und über diesen ein beschrifteter Fries. Von der oberen Galerieebene kann man nach hierher gelangen, ohne gesehen zu werden. Nach außen ist sie mit fruchttragenden Sträuchern für die Vögel überwachsen, und der Zugang gleicht einem groben Felsen, der in Nichts an ein Bauwerk erinnern lässt.
Das Ganze ist im Innern von einer Emailschicht so überzogen, dass man keine Mauerfugen mehr erkennen kann und das Ganze wie polierter Jaspis, Porphyr oder Chalzedon wirkt. Mehrere Wasserstrahlen sollen sich in ihm wie natürliche Wasserquellen befinden.
- Die anderen Eckgrotten ähneln weitgehend der Nordgrotte, nur wechseln die oberen Friessprüchen:
- in der 2. tragen emaillierte Hermen ein sprüchetragendes Gebälk,
- in der 3. befindet sich ein Gebälk wie mit Hammerschlägen bearbeitet,
- in der 4. sollen durch seine Unregelmäßigkeiten keine menschlichen Eingriffe erkennbar sein.
- an den Allee-Enden aus Pflanzen gestaltete Pavillons (Kabinette):
Die Allee-Kabinette ähneln klassischen Tempeln. Alle Ihre Teile werden nur von Ulmen gebildet. Ihre Dächer sind so dicht, dass kein Regen durch sie hindurchkommt. In jedem von ihnen steht ein aus Ton gebrannter "Felsen", der sich an die Umfassungsmauer lehnt.
- Der Felsen des 1. Pflanzenpavillons hat an seinem Fuß einen natürlich wirkenden Wassergraben und ist unten mit allerlei emailliertem Getier und Korallenbäumchen überzogen (z.B. Frösche, Schildkröten, Krebse und Muscheln). Etwas höher angebracht findet man verschiedene Schlangenarten. Auch ist dieser Felsen mit Moosen und verschiedenen Farnarten überwachsen, aus denen ebenfalls naturnah geformtes, emailliertes Getier zu kriechen scheint. Aus dem Felsen kommen mehrere Wasserstrahlen, die in den Wassergraben fallen. Auch enthält er mehrere Vertiefungen, um daraus frisches Wasser schöpfen oder darin Wein kühlen zu können. Außerdem befindet sich in diesem Raum ein ovaler Steintisch aus dem gleichen Material wie der Felsen, der wie ein leuchtender Kristall emalliert ist.
- Die drei anderen Pflanzenpavillons ähneln dem ersten. Sie unterscheiden sich nur von diesem in der Form des Felsens. In einem von ihnen soll sich eine Wasserorgel befinden, die Vogelstimmen imitiert.
- in der Mitte ein grünes "Amphitheater":
Dieser mittlere Pflanzenpavillon, die "Pyramide" steht auf einer Insel, die von dem Gartenbach umflossen wird. Er besteht aus einem Rondell beschnittener Pappeln, die bis zu einem "Gesims" aufrecht wachsen und dann zu einer Spitze zusammengeführt werden, wo sich eine Windharfe befindet. In seiner Mitte steht ein Tisch. Umgeben wird das Ganze von Volieren, so dass die Speisenden umgeben sind vom Gesang der Vögel, dem Gemurmel des Wassers, der Musik der Windharfe und der Frische des Baches.
- die Bergflanke ist auf zwei Ebenen galerieartig ausgebaut:
- Die untere Ebene dient zur Vorratsspeicherung von Erd- und Baumfrüchten
(z.B. Rüben und Kastanien), als Gerätehaus, Unterstand für die Arbeitskräfte bei Schlechtwetter und für die Kübelpflanzen im Winter.
- Auf der oberen Ebene befindet sich zunächst über der unteren Ebene, hinter der Brüstung eine Aufenthaltsfläche und danach im Berg eine Raumfolge von höheren Zimmern (u.a. dem Studierzimmer, der Bibliothek und den Vorratsräumen für das Getreide und die Destillate).
Diese Galerie sollte ganz der Erholung und den persönlichen Tätigkeiten dienen. Auf der Brüstung sollten sich Obst- und Pflanzenschalen befinden. Letztere mit Aurikeln, Veilchen und Duftkräutern bepflanzt, über die sich aus Ton gebrannte Figuren lehnten, die echten Personen zum Verwechseln ähnlich sahen.
- Über diesen Galerieebenen sah Palissy Vogelnährgehölze vor, um die Vögel an den Garten zu binden.
- Darüber hinaus sollten sich im Garten Wasserscherze befinden (nicht so derbe, dass man in ein Wasserloch fiel, sondern nur solche, bei denen sich eine Wasserschale über einen Kopf ergoss oder man einen Schlag mit einem nassen Schwamm erhielt).
Über den Rest des Gartens wird wenig gesagt. Im Vergleich mit italienischen Gärten fällt hier die insgesamt noch geringe Wasserversorgung auf. Palissy beschreibt in seinem Buch seine idealen Fantasievorstellungen in Verbindung mit seinen religiösen Empfindungen. Manches in dem Bericht erinnert an den "Traum des Polifilo" (seinem Lieblingsbuch). Auch dort wird eine vergleichbare Grotte beschrieben.
Nach seinem Tod geriet Palissy schnell in Vergessenheit. Erst in der 2. Hälfte des 18. Jhs. erinnerte man sich langsam wieder an ihn. Seit der Romantik begann man langsam seine Tonarbeiten wieder zu schätzen und zu sammeln. Und mit Humboldt und Pestalozzi, als die induktive Methode Grundlage des alltäglichen Unterrichts geworden war, besann man sich auch wieder auf den Vorläufer Bacons als den Vater der empirischen Naturforschung. In seiner Zeit wurde er nur als Künstler gesehen, heute dagegen hauptsächlich als Naturforscher. Er vertrat als solcher nicht mehr nur einfach Hypothesen, sondern stützte seine Überlegungen durch eine von Beispielen untermauerte Beweisführung. Er schuf weder eine neue wissenschaftliche Methode noch ein philosophisches System (dies erfolgte erst in seiner Nachfolge durch Francis Bacon), sondern hat "nur" im Naturbereich experimentiert, die Abläufe beobachtet, Erklärungen dafür gefunden und diese beschrieben. Bei seiner Unkenntnis der alten Sprachen und Philosophen fiel es den scholastisch orientierten, katholischen Professoren der Pariser Universität nicht schwer, ihn als unwissenschaftlichen Ketzer zu diffamieren.
Als Beobachter der Natur und daraus folgender abstrahierter Schlüsse wurde Palissy zum Vater der modernen Naturforschung. In seiner Nachfolge wurde die induktive Vorgehensweise zur alles bestimmenden neuen Wissenschaftsmethode. Für die Erkenntnis der Natur waren ab jetzt weder Latein, Logik oder Metaphysik notwendig, sondern allein die Erfahrung mit ihr. Für ihre Wahrnehmung waren ab jetzt ihre mathematische Erfassbarkeit und Wiederholbarkeit entscheidend. Der Umfang von Wahrnehmungen festigte die Wahrscheinlichkeit der "Wahrheit" ihrer Gesetze. Jetzt wurde von der Beobachtung auf das Allgemeine geschlossen, während zuvor vom Allgemeinen (d.h. oft den Dogmen der Kirche) auf das Spezielle. Durch den Syllogismus der aristotelischen Dialektik konnten zwar Inhalte schlussgerecht dargestellt aber nichts Neues gefunden werden. Durch die induktive Vorgehensweise war jetzt das Tor für die Neuentfaltung aller Wissenschaften weit aufgestoßen worden.
Zusammenfassend kann man von Palissy sagen: Er
- erfand eine neue Glasur für die Tonkeramik,
- machte die Grotten zum wichtigsten Gartenelement,
- legte die Grundlagen für die meisten Naturwissenschaften und technischen Künste,
- lehrte als erster Geologie und Naturgeschichte (in Frankreich),
- teilte seine Gedanken in drei Schriften mit.
Texte
"Das erste Kabinett liegt im Norden, unten in der Ecke des Gartens und stößt mit dem Fuß an die Berge. Ich errichte es aus gebrannten Ziegeln, die so geformt sind, dass besagtes Kabinett einem Felsen gleicht, den man an Ort und Stelle ausgehöhlt hat. Im Innern sind einige Sitznischen im Mauerwerk, und jeweils zwischen zweien der Sitze befindet sich eine Säule, und unter derselben ein Piedestal, und über den Säulenkapitälen führen Architav, Fries und Gesims rund um das Kabinett. Und entlang dem Fries befinden sich bestimmte antike Buchstaben, um besagten Fries zu schmücken, und entlang besagtem Fries befindet sich auch eine Inschrift: Nichts ist Gott wohlgefällig außer dem Menschen, in dem Weisheit wohnt. Und so gehen die Fenster meines Kabinetts nach Süden, und diese Fenster und der Eingang besagten Kabinetts sind nach Felsenart. Auch ist besagtes Kabinett auf der Nord- und Westseite gegen die Felshöhlen gebaut, so dass man, wenn man von der oberen Höhle hinabsteigt, in besagtes Kabinett gelangen kann, ohne unten irgendeiner Baulichkeit gewahr zu werden". (Palissy Buch 2, aus Wimmer).
"Ein Tölpel er, welcher nicht Latein noch Griechisch kannte, war gegen Ende des 16. Jhs. der erste, welcher zu Paris und angesichts aller Professoren zu sagen wagte, dass die Tiere und besonders Seeweichtiere den figurierten Steinen all ihre verschiedenen Zeichnungen gegeben hätten. Und er forderte die ganze Schule des Aristoteles auf, seine Beweise anzugreifen. Das war Bernard Palissy, aus der Saintonge, ein so großer Naturforscher, wie die Natur nur einen haben konnte. Indessen hat sein System seit hundert Jahren geschlafen, und selbst der Name des Urhebers ist fast gestorben". (M. de Fontenelle u. H. le Comte de Buffon,1720; in Hanschmann).
"Der Name Palissy ist in nicht ganz klarer Weise der Erinnerung aller derer eingeprägt, welche sich mit Naturwissenschaften, Ackerbau, Physik, Chemie beschäftigen und Kunstgeschichte studiert haben. Man weiß im Allgemeinen, dass er im 16. Jh. gelebt hat, ein Töpfer war und die Fayenceglasur entdeckte. Man weiß, dass der Feuereifer, mit welchem er letztere Nachforschung betrieb, ihn lange Zeit in die tiefste Armut brachte, dass er aber seine Absicht erreichte und er der Erfinder jener "ländlichen Tonwerke" (rustiques figulines) wurde, denen die Liebhaber heute einen ziemlich hohen Preis beilegen. Was man aber weniger weiß, ist, dass dieser Mann ohne Elementarbildung, ohne jede Literaturkenntnis, ohne Kenntnis des Altertums, ohne Unterstützung jeder Art, nur infolge der höchsten Aufwendung seines Genies und der aufmerksamen Betrachtung der Natur die Grundlagen zu den meisten modernen Lehrsätzen der Wissenschaften und Künste legte, dass er die kühnsten und bestbegründeten Ideen über eine Menge höchst wissenschaftlicher Fragen in Umlauf brachte, dass er zuerst in Frankreich die Naturgeschichte und die Geologie öffentlich lehrte, dass er einer derjenigen war, welche am mächtigsten beitrugen, den blinden Kultus des Mittelalters mit den Lehren des Altertums umzuwerfen, dass dieser Arbeiter, ohne Bildung und wissenschaftliche Kenntnis, Schriften herausgab, welche sich durch Klarheit, Kraft und Kolorit des Stils auszeichnen, dass endlich dieser Mann, einfachen und reinen Herzens, aber reich an Genie, das Musterbild eines der Schönsten Charaktere seines Zeitalters darbietet, und dass er seine mutige Beharrlichkeit und seine Festigkeit im Glauben durch Gefangenschaft und Tod büßte". (Antoine Cap, 1844; in Hanschmann).
Quellen
- Brockhaus Enzyklopädie, Wiesbaden 1972
- Clifford, Derek "Gartenkunst", Reutlingen 1966
- Gothein, Marie Luise "Geschichte der Gartenkunst", Jena 1926
- Hanschmann, Alexander Bruno "Bernard Palissy der Künstler, Naturforscher und Schriftsteller", Leipzig 1903
- Wimmer, Clemens Alexander "Geschichte der Gartentheorie", Darmstadt 1989
|
|