22. Tommaso Francini (1571 - 1651) | ||||
Er war (als Italiener) der Vater der französischen Brunnen- und Grottenkultur und nach Agostino del Riccio, einer "der größten Erfinder, die es in ganz Italien gab und der mit Hilfe der Wasserkraft fast alle Bewegungen des menschlichen Körpers imitieren konnte". Von Heinrich IV. von seinem Schwiegervater in Florenz als Mitgestalter seines Gartens in Saint-Germain-en-Laye (20 km westlich von Paris) erbeten, haben Tommaso Francini, sein Bruder, seine beiden Söhne und ein Enkel als Wasserbauingenieure die französische Gartenkunst entscheidend beeinflusst. Fairer Weise sollte man, wenn man von der französischen Wasserkunst dieser Zeit spricht, nicht von einer französischen, sondern einer solchen der Francini-Familie reden. Über alle Francinis findet man relativ wenige Lebensdaten, und viele widersprechen sich. Über Tommaso Francini wird gesagt:
Alessandro Francini (? - 1648; jüngere Bruder, auch Alexandre Francine genannt; kam mit Tommaso aus Florenz; widmete sich besonders dem Bau und der Ausstattung der Grotten von Fontainebleau; gab 1631 ein Architekturbuch über die Säulenordnungen heraus),
Francois Francine (? - 1688; Sohn von Tommaso; Erbauer der Wasseranlagen von Vaux-le- Vicomte und von Versailles; u.a. schuf er die Wasseranlagen der Thetisgrotte (1664-1665) und danach den Latona- und den Apollo- Brunnen. Le Nôtre hatte dort zwar die Gesamtkonzeption entworfen, Francine aber die wassertechnischen Details).
Pierre-Francois Francine (1654 -1720, Sohn von Francois; Wasserbauingenieur),
Pierre Francine (1621 -?; 2. Sohn von Tommaso, Wasserbauingenieur),
Jean-Nicolas de Francine (1662 - 1735; Sohn von Pierre; wurde Direktor der Pariser Oper und wichtig für das Musikleben in Frankreich).
Wenn von den Brüdern Francine gesprochen wird, dann können gemeint sein:
Für uns ist es heute in unseren Breitengraden oft schwer, die damalige Begeisterung für Grotten nachzuempfinden. Wir erleben sie meistens als grob-naturnah und feucht-kühl gestaltete Räume, ideal geschaffen, um darin die verschiedensten Krankheiten zu bekommen. In der damaligen Zeit erlebten die Menschen in Südeuropa sie dagegen in der Sommerhitze zunächst als kühle Aufenthaltsbereiche, die bereits bis in die kultischen Bereiche der Antike zurückreichten, bis in die Anfänge der griechischen Gartenkunst. Im Rahmen der Rückbesinnung auf die alten Texte nutzte man die Grotten nun oft auch als Initiationsstätten auf einem Weg durch den Mythus und die Texte des Ovids und Vergils. Die frühen Grotten bildeten dabei jeweils eine Art von Einführungsorten. Gut deutlich wird dies in der Hypnerotomachia Poliphili. Ihr volles Erleben setzte die Kenntnis dieser Texte voraus. Die damalige Gartenkunst nutzte so die Grottenkunst zu ihrer eigenen Legitimierung, wie diese wiederum in einem zweiten Schritt zu ihrer Legitimierung die Automatenkunst nutzte. Einerseits ahmte sie darin die Natur nach, andererseits war sie zugleich ein Ausdruck der menschlichen Herrschaft über sie. Der Reiz der neuen akustischen Automaten lag in deren Doppelfunktion, ihren Bewegungen und ihren an eine Ikonographie angepassten Geräusche. Damit übertrafen sie einerseits die Möglichkeiten steinerner Figuren und zeigten andererseits wozu der menschliche Geist fähig war. Der Funktion der Legitimierung diente auch die häufige Nutzung der Musik als freie Kunst und die Handwerkerdarstellung (z.B. in der Perseusgrotte) als Ausdruck der "Artes mechanicae". Francinis Leistung in Saint-Germain war, dass er auf dem Hintergrund seiner Erfahrungen in Pratolino dessen Grottenrepertoire sowohl ikonographisch wie auch in seinen Handlungsabläufen erweiterte. Dabei nutzte er auch seine allgemeinen Kenntnisse der Florentiner Gartenkunst. So entwickelte er u.a. das unbewegte Orpheusbild in der "Grotte degli Animale" im Garten der Villa Medicea in Castello in seiner Orpheus-Grotte zu einer belebten Bühnendarstellung. In Pratolino standen die Figuren noch additiv nebeneinander, in Saint-Germain waren sie szenisch aufeinander bezogen. Die Figuren folgten hier in ihren Handlungen bestimmten Motiven, indem sie mit Hilfe mechanischer Abläufe versuchten, bestimmte menschliche Bewegungen und Handlungen nachzuahmen. In den sechs von Francini geschaffenen Grotten in Saint-Germain vereinigten sich
Der Garten von Saint-Germain war in seiner Konzeption ein italienischer gewesen. Vom Schloss fiel er entlang einer Mittelachse über eine Terrassenfolge zur Seine hin ab. Von unten gesehen muss er ein großartiges Bild abgegeben haben. Axiale Rampentreppen verbanden die verschiedenen Ebenen. Das Wasser lief von einem oberen Springbrunnen durch die Grottenräume in den Futtermauern zu einem Beckengeviert auf der untersten Terrasse (dort ähnlich wie bei der Villa Lante). Die von Francine geschaffenen Grotten waren auf drei Ebenen verteilt: Dorische Terrasse (unterhalb des oberen, axialen Springbrunnens): Hier befanden sich drei Grotten mit bewegten Bilderfolgen:
Toskanische Terrasse (Sie befand sich unterhalb der dorischen Ebene und besaß zwei Automatengrotten):
Sie befand sich unterhalb der toskanischen Terrasse und stellte die spektakulärste Grotte dar. Sie diente als Festsaal, der nur mit Fackeln erleuchtet werden konnte. In ihr befanden sich vier Bilderszenen:
Für alle in den Grotten vorhandenen Figuren benötigte man jeweils zwei Automaten, einen für deren Bewegungen und einen für ihre Tonäußerungen, bzw. ihre "Musik". Sie bildeten eine äußerst kostspielige Anlage, die sehr viel Pflege bedurfte. Diejenigen von Saint-Germain galten als die kunstvollsten, die man bisher gesehen hatte. Ein Erdrutsch von 1660 hat sie zerstört.
(Welche Bedeutung die Springbrunnen und Grotten für die Menschen bis zum Barock noch hatten, lässt sich sehr gut am Garten von Versailles deutlich machen. So war dort lange Zeit die Thetisgrotte dessen Höhepunkt gewesen. Als Rückzugsbereich Apolls von Francois Francine gestaltet, wurde sie auch zum abendlichen Rückzugsbereich des Königs und diente dort auch zum Abhalten seiner festlichen Bankette und Empfänge. Von hier aus begann sein Sonnenkult. Als der König dann später für die Gartenbesucher einen Rundgang entwarf, erfolgte dieser von Fontäne zu Fontäne, d.h. von Springbrunnen zu Springbrunnen. Sie waren es, die für ihn wichtig waren. Die restlichen Einrichtungen des Gartens wechselten laufend nach Bedarf). Quellen
http://en.wikipedia.org/wiki/Tommaso_Francini (26.11.2012)
http://en.chateauversailles.fr/?option=com_cdvfiche&idf=D49E0D38-2622-D151-2217-6E71CAB84BE0 ("The Francine Dynasty", 26.11.2012) http://fr.wikipedia.org/wiki/Famille_Francine (26.11.2012) |