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Er brachte die klassische Linie in die französische Barockarchitektur und gab dem "französischen Barockgarten" sein architektonisches Gerüst (das später sein Schüler "Le Nôtre" durch dessen demonstrative symbolische Nationalisierung in Versailles populär gemacht hat).
Als Gartengestalter ist Lemercier auffallend unbekannt, und keiner seiner Gärten ist heute noch erhalten geblieben. Doch wenn man sich alte Stiche seiner Gesamtanlagen (z.B. von Perelle oder Israel Silvestre) ansieht, fällt einem deren große Ähnlichkeit mit denen des späteren Versailles auf. Großräumig gedacht, stehen in ihnen gewaltige Architekturensembles in der Landschaft, und man fragt sich unwillkürlich, weshalb er als Gartengestalter so vergessen worden ist? Ist es seine Nähe zur italienischen Architektur, die er nie ganz abgelegt hat oder das Bestreben Ludwig XIV. und seines Umkreises, die in allem einfach nur die Größten sein wollten und diesen Eindruck in der europäischen Öffentlichkeit auch erfolgreich zementiert haben.
Lemercier (auch Le Mercier geschrieben) war der erste Architekt Ludwigs XIII. und seines besonderen Gönners Kardinal Richelieu.
(Kardinal Richelieu (1585 - 1642) wurde 1616 von Maria de Medici an den französischen Königshof geholt, 1622 zum Kardinal ernannt, war ab 1624 im Ministerrat und wichtigster Berater von Ludwig XIII.. Er reduzierte den Einfluss des Adels, bekämpfte die Hugenotten, finanzierte zur Schwächung des deutschen Kaisers die prostestantische Seite im 30jährigen Krieg (so erhielten z.B. die Schweden für ihre Kriegsführung auf deutschem Territorium jährlich 1 Mio. Pfund). Er tat alles, um Frankreich die erste Stellung unter den europäischen Mächten zu verschaffen. Auf diesem Hintergrund förderte er auch die Kultur (u.a. 1635 Gründung der "Academie Francaise"). In seiner Folgezeit (besonders unter Ludwig XIV.) wurde dann alles Französische aufgewertet und das Nichtfranzösische abgewertet. So ist das Herausstellen der französischen Architektur und Gartenarchitektur der Barockzeit hauptsächlich unter diesem Gesichtspunkt zu sehen. Es waren die Intrigen am französischen Königshof, die Poussin und Bernini von Paris nach Rom zurückkehren ließen. Der Weg zum französischen Absolutismus war auch der Weg, andere Beiträge zur europäischen Kultur in ihrem Wert zu reduzieren. Und es ist erstaunlich, dass viele nachfolgende Beobachter dies akzeptierten).
Viele Angaben über sein Leben sind unklar, und die Daten widersprechen sich, oft wahrscheinlich wegen einer unterschiedlichen Annahme der Entwurfszeiten, des Baubeginns oder des Bauendes. Angegeben werden anscheinend oft nur Orientierungsdaten. Man weiß über ihn:
- 1585
- geboren in Pontoise, Vater: Nicolas Mercier. Ein erfolgreicher Bauunternehmer. (Angehöriger einer weitverzweigten Familie von Bauunternehmern und Architekten).
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- umfangreiche Berufsausbildung,
- 1607 - 1612
- Studien in Italien (mit einem langen Romaufenthalt. Er wurde dort stilistisch stark von Giacomo della Portas beeinflusst. Dieser war der Nachfolger Michelangelos am Kapitol und der Nachfolger Vignolas bei der Kirche "Il Gesu" gewesen. Er baute die Villa Aldobrandini in Frascati (1598 - 1603). Lemercier hat diesen italienischen Hintergrund nie ganz ablegen können).
- 1612
- Rückkehr nach Frankreich (Er erwirbt die Gunst der Königinmutter Maria de Medici und des Kardinals Richeleu),
- 1613
- Eintritt in den Dienst Ludwig XIII.,
- 1613 - 1620
- Bau der Karmeliterkirche (Paris),
- 1614
- Bau der Brücke Pont Neuf (Toulouse; weitere Brücken, die er baute: Lyon (1619), Rouen (1620)),
- 1617
- Bau des Hörsaals der Medizinstudenten,
- 1618
- Ernennung zum Architekten des Königs,
- 1622
- Entwurf des Eingangsbereichs des Château de Dracy-Saint-Loup (Saône-et- Loire),
- 1623
- Bau des Hôtels Liancourt (Paris) (weitere von ihm errichtete Hôtels: u.a. Colbert, Longueville in Paris),
- 1624
- Verlängerung des Pierre-Lescot-Flügels am Louvre, - Errichtung des Pavillons de l'Horloge (Louvre),
- 1626
- Fortsetzung der Arbeiten am Palais du Luxembourg (nach dem Tod von Salomon de Brosse als dessen Nachfolger. Ersterer hatte dort bereits im klassischen Stil gearbeitet),
- 1627 - 1630
- Bau der Betkapelle des Louvre (mit Louis Métezeau),
- 1631
- Entwurf von Schloss und Stadt Richelieu,
- 1633
- Baubeginn des Palais Cardinal (später Palais Royal genannt; nur die Galerie des Proues blieb von ihm erhalten),
- 1634
- Entwurf des Hochaltars der Pfarrkirche St-Eustache (Paris), - Entwurf der Kirche des Franziskanerklosters Couvent des Cordeliers (Paris, zerstört),
- 1635
- Bau der Universitätskapelle der Sorbonne in italienischer Formensprache (Sainte-Ursule, Paris; für Richelieu),
- 1639
- Ernennung zum ersten Hofarchitekten (damit zuständig für die Bauaufsicht über alle königlichen Bauten),
- 1642
- Streit mit Poussin wegen der Ausschmückung (Dekoration) der Grande Galerie im Louvre (ca. 400 m lang. Sie erstreckte sich vom Louvrepalast bis zum Triumpfbogen mit einem Blick zur Seine): Poussin war zum ersten Hofmaler ernannt ( damit für alle Dekorationsarbeiten und Ausschmückungen zuständig) und zur Zentralfigur der dortigen Hofintrigen geworden. Während man seine "Deckenverschönerungen" für "unedel" hielt (besonders sein Konkurrent Vouet), klagt er, dass er Lemerciers architektonischen Baufehler ausgleichen müsse),
- 1646
- Fortsetzung der Arbeiten an der Kirche des Val-de-Grâce-Klosters (als Nachfolger von Francois Mansart),
- 1653
- Entwurf und Bau der Kirche von Saint-Roch (Paris),
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- Planungen für den Weiter- und Ausbau des Jagdschlosses von Versailles (für Ludwig XIV.)
- 1654
- gestorben in Paris.
(Insgesamt hat er eine Vielzahl von Schlössern, Stadtpalästen (Hôtels), kirchlichen Bauten und Gärten errichtet).
Als Architekt sind seine wichtigsten Werke (in der Reihenfolge ihrer Entstehungszeit):
- St.-Joseph-des-Carmes
(1613 - 1620; Karmeliterkirche in Paris),
- Pavillon de l'Horloge
(1624, und verschiedene Erweiterungsbauten für den Louvre. Von diesen ist der Horloge-Pavillon der schönste. Er harmoniert sehr gut mit den anderen Bauabschnitten), (Der Louvre war einst eine gotische Festung gewesen. Seit 1545 (durch Franz I.) Umbau zum Palast. Von da an haben fast alle Herrscher an diesem Schloss weitergebaut. Hier residierte u.a. Katharina de Medici, Ludwig XIII. und Ludwig XIV. Später wurde er von den Tuilerien als Residenz abgelöst).
- Hôtel Liancourt
(1624, Stadtschloss; wurde später zum Prototyp für diese Gebäudeart. Seine Entwürfe für die Hôtels zeichnen sich durch einen großen Erfindungsreichtum aus),
- Betkapelle des Louvre
(1627 - 1630; l'oratoire du Louvre. Im Auftrag Heinrich XIII. errichtet. Ehemalige Kirche eines katholischen Ordens. Neu der doppelte Chorumgang. Wurde später als Typ in Paris mehrmals nachgebaut. Heute eine der beiden protestantischen Kirchen von Paris),
- Schloss und Ort Richelieu
(1631 Baubeginn; liegen ca. 60 km südlich von Tours abseits der großen Verkehrsstraßen. Das Schloss wurde von Lemercier für Kardinal Richelieu errichtet und nach 1835 als Baumaterial abgetragen. Von der einstigen Pracht, die denen der Königsschlösser in keiner Hinsicht nachstand, zeugen nur noch Bilder. Viele hielten es sogar für das prachtvollste Schloss seiner Zeit (u.a. Madame de Montpensier). Von dem einst dazu gehörenden Park verblieben nur noch ca. 500 ha. Der dazu gehörende Ort (682 x 487 m groß) ist dagegen erhalten geblieben. Innerhalb seiner Stadtmauern, mit seinen einst drei prächtigen Stadttoren ist er völlig symmetrisch aufgebaut. Im Osten grenzt der Schlosspark an letzteren. Spätere Erweiterungsbauten liegen außerhalb dieses Kerns. Bestimmt wird sein Bild von der "Grande Rue" (Hauptstraße), die das Nord- und das Südtor miteinander verbinden und an deren Seiten sich je vierzehn einheitlich gestaltete Wohnbauten befinden),
- Kapelle der Sorbonne
(1635 (1626 ?), Chapelle Sainte-Ursule-de-la-Sorbonne): Anstelle einer baufälligen Anlage auf Veranlassung von Richelieu gebaut. Einst als dreiflügelige Anlage errichtet. Erhalten blieb nur die Kirche, die an die Kirche San Carlo di Catinari in Rom erinnert, die dort während Lemerciers Romaufenthalt gebaut wurde. Das ganze Gebäude folgte dem römischen Frühbarock und war dann wiederum das Vorbild für die Kirche von Val-de-Grâce.
- Palais Cardinal
(1629 - 1634, heute Palais Royal. Das Schloss liegt ca. 150 m vom Louvre entfernt und wurde im Auftrag von Richelieu als seine Stadtresidenz in Auftrag gegeben. Er war der erste Minister von Ludwig XIII. Nach dessen Tod wohnte hier die Königinmutter Anna von Österreich (eine spanische Prinzessin aus dem Hause Habsburg) mit ihren beiden Söhnen, u.a. dem späteren Ludwig XIV.. Hier erlebte letzterer 1651 den Pariser Bürgeraufstand, der ihn später u.a. dazu veranlasste, Versailles zu seiner Hauptresidenz zu bestimmen. Viele Adlige nahmen sich dieses Bauwerk später zum Vorbild. Heute befindet sich dort im Ostflügel das Kultusministerium),
- Sorbonne
(1635 - 1653 prächtiger Neubau durch Lemercier auf Anordnung von Richelieu. Synonym für die (alte) Pariser Universität (heute Sitz ihres Rektorats und dreier Abteilungen). Ursprünglich von Robert von Sorbon kurz nach 1200 für mittellose Theologiestudenten gegründet. Im 16. Jh. stellte sie sich gegen den italienischen Humanismus und den Jesuitenorden (Gallikanismus) und leitete damit die Entwicklung zur nachfolgenden Sonderstellung Frankreichs in Form seines Absolutismus ein. Die dazu gehörende Kirche gilt als Lemerciers schönstes Werk. Sie leitete im Bereich der Sakralbauten in Frankreich den barocken Klassizismus ein),
- Schloss von Rueil
(nach 1635. Der Ort Rueil liegt am westlichen Stadtrand von Paris und bildet heute mit Malmaison (bekannt durch den Garten der Kaiserin Josephine) eine Gemeinde. Die Abtei von Saint-Denis verkaufte hier 1635 für den Kardinal Richelieu ein Gelände, auf dem sich dieser ein Schloss bauen ließ, in das er sich bei Unruhen in der Stadt ("Fronde") zurückziehen konnte. Das Schloss ist heute nicht mehr erhalten),
- Fassade der Kirche Saint-Pierre Saint-Paul de Rueil-Malmaison,
- Kirche Val-de-Grâce
(1642 -1667): Von Anna von Österreich anlässlich der Geburt ihres ersten Sohnes, des späteren Ludwig XIV., in Auftrag gegeben. Mansart begann zunächst mit dem Bau. Nach einem Streit mit der Königin setzte ihn Lemercier fort. Die Fassade dieser Kirche gilt als eine der Schönsten im klassischen Barockstil. Besonders bewundert wurde sie wegen der dramatischen Wirkung ihrer Kuppel.
- Pfarrkirche Saint-Roch
(Baubeginn 1653, 126 m lang): Neben den Tuilerien gelegen. Als Kapelle bereits 1521 gebaut, wurde sie u.a. durch die Erweiterungen von Lemercier zu einer der größten Kirchen von Paris. Den Grundstein dafür legte Ludwig XIV.. In ihr liegt u.a. André Le Nôtre begraben.
- Jagdschloss von Versailles
(im Auftrag von Ludwig XIII. aus einem kleinen Jagdhaus in einem Sumpfgebiet entstanden. 1631 - 1634 von Philibert Le Roy zu einem dreiflügeligen Jagdschloss erweitert und dann von Lemercier für einen großzügigeren Ausbau vorgesehen, der dann unter Ludwig XIV. von Le Vau und Hardouin-Mansart im neuen Schloss-Stil des französischen Barocks ausgeführt wurde. Zunächst als Lustschloss genutzt, ließ der König es ab 1661, nach seinem Vaux-le-Vicomte-Erlebnis, zu seiner prächtigen Residenz ausbauen).
Kennzeichnend für seinen architektonischen Stil wurden in seinen Wohnbauten eine strenge Klarheit und in seinen Kirchenbauten seine römischen Eindrücke.
Für Richelieu baute Lemercier (er war ihm bei den Erweiterungsarbeiten für den Louvre aufgefallen, an denen er seit 1624 arbeitete):
- Sorbonne,
- Kapelle der Sorbonne (Beisetzungsort des Kardinals),
- Schloss und Ort Richelieu,
- Palais Cardinal (es besaß u.a. das schönste Theater von Paris),
- Schloss Rueil.
So gut wie nichts weiß man über seine Gartenentwürfe. Mit Sicherheit hat es solche gegeben für
- Schloss Montjeu
(Schloss in Broye, Saône-et-Loire): Zunächst von Pierre Jeannin (Berater Heinrichs IV. und Finanzminister des noch unmündigen Ludwigs XIII.) für sich als Rückzugsschloss errichtet. Die Anlage lag etwa vier Tagesreisen von Paris entfernt, wenn man davon ausgeht, dass eine Kutsche in der damaligen Zeit pro Tag etwa 65 km zurücklegte. Sein Schwiegersohn Pierre de Castille ließ sie umbauen und mit einem großen Park versehen. U.a. ließ er damals von Lemercier eine große Treppenanlage errichten. 1665 wurden die Parterres noch einmal im Sinne des damals modernen französischen Barockgartens umgestaltet, Ihre symmetrische Verteilung um die Fronten des zentralen Schlosses aber wurde beibehalten. 1818 hieß es, dass man für die Umrundung der Umfassungsmauern des Gartens vier Stunden benötige.
- Hôtel de Liancourt
(gebaut um 1624 (1640 ?), 1656 im Stich von Silvestre war das Schloss bereits fertig): Die Struktur seines Gartens wurde von einer Mittelachse beherrscht, der die verschiedenen Quartiere zugeordnet waren. Dem Parterre, in der Breite des Schlosses, folgte eine leichte Böschung, untergliedert in 22 Wassergüsse mit je einer Fontäne, die in ihrer Gesamtheit eine Strahlengalerie bildeten. Eine Kaskade muss vor 1637 fertiggestellt gewesen sein. Außerdem gab es eine Fontänengalerie mit 17 Fontänen. Ein Bachlauf setzte sich perspektivisch als gemalter Bach auf einer Mauer fort. Die verschiedenen Gartenräume wurden durch Laubengänge und parallel abgedeckte Gänge gebildet. Für "Abwechslung" sorgten viele neue Einfälle und die verschiedenen Bosketts.
- Schloss Richelieu
(Baubeginn 1631): Der Garten zum Schloss galt als einer der ehrgeizigsten Frankreichs und diente Le Nôtre als Vorbild. Er stand in der Konkurrenz zu den Gärten Maria de Medicis (Fontainebleau, Luxembourg). Weitab vom Machtzentrum Paris gelegen, sollte er Richelieu zur persönlichen Erholung dienen. Er hat das Schloss aber kaum bewohnt. Vom Eingangshof führten drei radiale Ulmenalleen. Von der Haupttür des Gebäudes erschloss sich der Hauptteil des Gartens. An seinen Seiten wurde das Schloss von großen Rasenflächen flankiert. Im Blumengarten, dem "Jardin à fleurs", gab es eine Fülle duftender Blumen (u.a. Hyazinthen, Tuberosen und Jasmin). Eine Zentralachse vereinte beide und führte von Parterres umgeben, zum Dorf Richelieu. Stiche zeigen eine Vielzahl riesiger Parterres umgeben von Bosketts. Den Abschluss des Hauptparterres bildete ein halbrunder Raum, der zu einem Merkmal des französischen Gartens wurde (übernommen aus Italien, u.a. der Villa Madama). Nach der Zerstörung der ganzen Anlage sind heute nur noch zwei Grottenpavillons und ein Pavillon mit einem schönen Kupferdach erhalten geblieben (letzterer stand im Vorhof).
- Palais Cardinal
(1633): Der Garten ist von vier Galerien umgeben und 230 x 100 m groß. In der Mitte steht ein Springbrunnen. Wahrscheinlich bestimmten einst Broderien und Statuen sein Bild.
- Schloss Rueil
(nach 1635): Das Schlösschen war nicht groß und lag vor den Toren des damaligen Paris (der Ort ist heute mit Malmaison zusammengelegt worden, berühmt wegen des Gartens der einstigen Kaiserin Josephine). Der dazu gehörende, umfriedete Garten war dagegen gewaltig. Er beinhaltete neben einer Vielzahl von Gartenmotiven auch heckenumschlossene Wiesen, Weinberge und sogar Getreidefelder. Vor dem Gebäude befand sich das Parterre mit schönen Brunnen und Statuen. Die Bosketts wurden von immergrünen Bäumen gebildet, die Alleen waren prächtig geschnitten und endeten vor prächtigen "points de vues". Berühmt unter ihnen war ein Baselisk (= "König der Schlangen"; Mischwesen: oft mit dem Unterleib einer Schlange und dem Oberkörper eines Hahns mit einer Krone; steht symbolisch für den Teufel, die Sünde). Er konnte das Wasser 60 Fuß hoch werfen und sich so schnell drehen, des er jeden nassspritzte, der sich ihm näherte. Besonders stolz war man auf eine große Kaskade, die ihr Wasser über einen steilen Marmorabhang von Bassin zu Bassin laufen ließ (das letzte als große Muschel ausgebildet) und dann durch einen schmalen Kanal bis zu einer Grotte führte (in der nachfolgenden Zeit legte man sie gerne an das Ende der Hauptachse und nicht an das Ende einer Allee). Zwischen dem Basilisk und der Kaskade lag der "Zitronengarten" mit einem berühmten Gemälde an einer seiner Mauern, dem "Konstantinbogen". Berühmt war auch eine "Grotte aus Muschelkalk". Ihre Besucher wurden von einem Regenschauer überrascht und beim Hinauseilen noch einmal von zwei Musketieren mit Wassersalven beschossen. Aus der Sicht der nachfolgenden klassischen Zeit hat man an diesem Garten kritisiert, dass alle seine Motive sich noch nicht unter ein Gesamtthema einordneten. Die Wasseranlagen dieses Gartens regten Ludwig XIV. zu seinem Garten in Versailles an (neben Vaux- le-Vicomte).
- Versailles
(nach 1634, Ausgangskonzeption des späteren Gartens).
Wahrscheinlich hat Lemercier für alle seine Wohngebäude auch die Gärten entworfen, nur gibt es heute darüber kaum noch Unterlagen. Das Wenige, dass man über sie weiß, reicht aber aus, ihn neben Mollet als den bedeutendsten Vorgänger Le Nôtres anzusehen, wahrscheinlich sogar als dessen Lehrmeister, denn nur in wenigen seiner Planungen geht dieser über Lemercier hinaus, wenn man sich an den Stichen der damaligen Zeit orientiert.
Der französische Barock erhielt seine klassische Ausrichtung durch Lemercier, Francois Mansart (1598 - 1666) und Charles Lebrun (1619 - 1690). Nur Lemercier hat auch Gärten entworfen und anlegen lassen. Durch ihn kam die große Linie in die französische Gartenkunst (die der Engländer Evelyn trotzdem noch bei ihm vermisste). Wahrscheinlich war Lemercier Le Nôtres Lehrer im Bereich der Architektur. Man weiß dies nicht genau, aber alles spricht dafür. Infrage kommen dafür nur Lemercier, Mansart und Le Muet. Während Mansart wegen seines schlechten Rufes (mutmaßliche Homosexualität, Korruptierbarkeit; es gab dafür einen eigenen Begriff: "Mansarades"), seiner Unzuverlässigkeit und Unfähigkeit, einen endgültigen Plan anzufertigen, kaum Aufträge von der Krone erhalten hat (obwohl er sich "Architekt des Königs'" und "oberster Baumeister" nannte), dürfte es unwahrscheinlich gewesen sein, das Le Nôtres Vater als königlicher Angestellter seinen Sohn ausgerechnet zu ihm zur Ausbildung geschickt hat. Und Le Muet war zu stark einem manieristischen Stil verhaftet und baute hauptsächlich Hôtels und Landschlösser, so dass er auch kaum in Frage kommt.
Quellen
- Gothein, Marie Louise "Geschichte der Gartenkunst", Jena 1926
- Hansmann, Wilfried "Gartenkunst der Renaissance und des Barocks", Köln 1983
- Pevsner / Honour / Fleming "Lexikon der Weltarchitektur" München 1992
- Schnack, Friedrich "Traum vom Paradies", Gütersloh (Buch Nr. 1378/12)
- Taylor, Patrick "Gärten in Frankreich", Basel 1998
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