Er gab dem Barockgarten seine räumliche Großzügigkeit. (von Fouquet und den ihn umgebenden Künstlerkries angeregt, wurde er später zum Schöpfer des "französischen Barockgartens" erklärt). Nach einer langen Zeit des Vergessenseins errang er seit dem 19. Jh. seine heutige Bedeutung, weil er als der Schöpfer der Gärten von Versailles gilt, und dieses Versailles im Bewusstsein vieler Menschen wiederum symbolisch für ein großes Frankreich steht.
Entgegen seinem Ruhm und der Vielzahl der ihn umgebenden Legenden weiß man über seine reale Person relativ wenig. Er lebt heute eigentlich nur von seinem Versailler Gartenruhm und dort auch nur, weil man die tatsächlichen Schöpfer verschiedener Gartenpartien nicht mehr kennt oder sie unterschlägt (wie Le Brun, die Brüder Francini, Michel Le Bouteux oder Hardouin-Mansart). Es gibt von ihm keine persönlichen Angaben über seine Arbeiten, und auch bei der Fülle der ihm zugeschriebenen Pläne und Ansichten weiß man nicht, welche von ihm tatsächlich sind (bei seinem Bildungsstand, seiner Eitelkeit (er ließ u.a. bereits zu Lebzeiten eine Büste von sich anfertigen)und seinem Ehrgeiz eigentlich ungewöhnlich). So kennt man von ihm keinen einzigen Entwurf, der Vaux-le-Vicomte betrifft. (Die oft zu sehenden Zeichnungen stammen von I. Silvestre). Man hat bei der Beschäftigung mit seiner Gestalt oft den Eindruck, dass er mit einem den politischen Kräften gegenüber devoten Gartenamtsleiter vergleichbar ist, dem die guten Leistungen seiner Entwurfsabteilung gutgeschrieben werden.
Aus seinem Lebenslauf weiß man (die Schreibweise seines Namens war bis Anfang des 19. Jhs. "Le Nostre"):
- 1613
- geboren in Paris,
Vater: Jean Nostre, arbeitete unter Claude Mollet als Hauptgärtner in den Tuileriengärten (gest. 1655),
Großvater: Pierre Nostre, Hilfsgärtner in den Tuilerien,
zwei Schwestern heirateten Gärtner der Tuilerien,
die Frau Claude Mollets war seine Taufpatin,
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- gärtnerische Ausbildung in den Tuilerien (beim Vater), malerische Schulung bei Simon Vouet (6 Jr., gemeinsam mit Le Brun) architektonische Schulung wahrscheinlich bei Lemercier (siehe dessen Biographie),
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- wahrscheinlich eine Italienreise (Zeit und Dauer nicht ermittelbar),
- 1635
- erster Gärtner bei Gaston d'Orléans (Bruder des Königs),
- 1637
- Arbeit in den Tuileriengärten (unter seinem Vater; Zusage auf dessen Nachfolge),
- 1640
- Heirat mit Francoise Langlois,
- 1643
- Auftrag für die Instandhaltung aller Gärten Ludwig XIII.,
- 1645
- Mitwirkung in Fontainebleau für die Königin ("Jardin de l'Orangerie")
- 1649
- Verbeamtung als Gärtner in den Tuilerien (tätig als "Zeichner der königlichen Gärten"),
- 1657 - 1661
- Schaffung des Gartens von Vaux-le-Vicomte
(evtl. ab 1650; 1652 wird in der Vorrede zu Claude Mollets Buch darauf bereits hingewiesen; ob Le Nôtre dafür Zeichnungen angefertigt hat, ist nicht nachweisbar),
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- Oberaufseher über das königliche Bauwesen (als Architekt ?),
- 1661 - 1664
- Änderung des Hauptparterres von Fontainebleau,
- 1662
- Beginn mit den Bauarbeiten am Garten von Versailles
(Festlegung der noch heute erhaltenen Grundkonzeption des Gartens, des "Petit parcs". Erste Ausbauphase bis 1668:
- Arbeiten im Garten von Fontainebleau,
- 1663
- Aushebung des Apollo-Brunnens,
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- Beginn der Arbeiten in Saint-Germain (Parterre de la Galerie du Roi),
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- Beginn mit den Arbeiten in Chantilly (Parterre de l'Orangerie, im Auftrag des Prinzen Condé),
- 1664
- Neugestaltung der Tuilerien,
- 1665
- Umgestaltungen in Saint-Cloud,
- 1666
- Arbeiten an den Treppen vor dem Latona-Parterre und am Latona- Brunnen,
- 1671 - Anlage des breiten Mittelweges in den Tuileriengärten, flankiert von der Grand Terrasse du Bord de l'Eau (wurde in der Verlängerung zum heutigen Champs-Elysée flankiert
- 1667
- Anlage der Königsallee,
- Beginn mit der Aushebung des Grand Canals,
- 1668
- Entwurf der großen Terrasse in Saint-Germain (Verbindung des alten Schlosses mit dem neuen),
- Arbeiten am Neptun-Brunnen (Versailles),
- 1670
- Ausheben des Grand Canals in Chantilly (die Arbeiten dauerten bis 1688),
- 1671
- Umgestaltung des Parterre d'Eau (Versailles),
- 1674
- Anlage des "Bosketts des Enkelados" (rechts, in der Nähe des Apollo- Brunnens) und des "Bosketts der Königsinsel" (Großboskett auf der linken Seite),
- Beginn der Arbeiten in Clagny (bis 1776),
- 1675
- Erhebung in den Adelsstand,
- Anlage des "Quellenbosketts" (später "Säulen-Rotunde") und des "Ruhmesbosketts" (später des "Apollobades"),
- Aushebung des "Bassins de l'Octogone" in Sceaux),
- 1677
- Anlage des "Bosketts der drei Brunnen" (anstelle eines Wasserbogenganges),
- 1678
- erste Entwürfe für Meudon (Palais des Kronprinzen),
- 1679
- zweite Italienreise im Auftrag des Königs (u.a. Empfang beim Papst Innozenz XI.),
- 1680
- Umbau des Wasserparterres,
- 1685 - Boskett "Ballsaal" (gilt als sein letztes Werk, links vom Latona- Brunnen; das einzige heute noch erhaltene Boskett von Le Nôtre, entwarf es gleich nach seiner Italienreise; 1685 war dessen Einweihung),
- 1683
- Wasserparterre erhält seinen Endzustand,
- 1692
- Abgabe der Ämter (an den Neffen Claude Desgots),
- 1700
- Tod in seinem Haus (in den Tuilerien), begraben in der Kirche Saint-Roch.
(Sein Posten "Gestalter der Königlichen Gärten" wurde nach seinem Tod nicht mehr besetzt. 1778 erhielt ihn erst der Maler Hubert Robert wieder, der danach u.a. für Marie-Antoinette ihr "Hameau" schuf).
Bei genauer Betrachtung hat Le Nôtre weitgehend nur im Umkreis des Königs und mit dessen Erlaubnis für nur wenige, dem Hof nahe stehende Personen gearbeitet. Wenn man einmal vom Sonderfall "Vaux-le-Vicomte" absieht, bestand seine Arbeit weitgehend aus der Betreuung und Überwachung der königlichen Gärten. Dabei bildete der Entwurf der Grundkonzeption von Versailles die Grundlage seines späteren Ruhms. Bei der Ausführung der Bosketts hatte er hauptsächlich die Rolle eines obersten Bauaufsehers, der die Wünsche des Königs, seiner Maitressen (z.B. das "Bosquet du Marais" von Mme. de Montespan, später zum "Bad des Apollo" umgebaut) und obersten Hofmitglieder möglichst schnell umzusetzen hatte. Es ist heute sehr schwer festzustellen, welche der Bosketts auch tatsächlich von ihm entworfen wurden (für die meisten von ihnen dürften Louis Le Vau; Charles Le Brun und Jules Hardouin-Mansart verantwortlich gewesen sein). Die Thetisgrotte und die meisten Brunnen schufen die Brüder Francini, für die Aufstellung aller Skulpturen war Le Brun zuständig. Ihm unterstanden für diese Ausstattungsarbeiten von 1665 bis 1683 allein etwa 70 Bildhauer. Für den Garten des Trianon de Porcelaine (1670 von Le Vau für Mme. de Montespan gebaut) und das Trianon de Marbre (= Grand Trianon, 1687 von Hardouin-Mansart gebaut) waren neben den Architekten der Gärtner Michel Le Bouteux (Neffe Le Nôtres) zuständig. Mit Marly hat er, entgegen den allgemeinen Behauptungen, nichts mehr zu tun gehabt. Es wurde von Hardouin entworfen. Die Arbeiten begannen 1679 und wurden teilweise erst l714 beendet (die große Wassertreppe war 1698 fertiggestellt gewesen). Bekanntermaßen griff der König ständig in die Planungen und Arbeiten ein. Er wollte immer - fast triebhaft - in allem immer nur der Größte sein. Sehr gut deutlich wird dies in Marly bei der spektakulären Stufenkaskade "La Rivière" (53 Stufen), bei der er einfach nur alle bisherigen Kaskaden übertreffen wollte, - besonders die italienischen. Und dies galt auch für die Zahl der aufgestellten Skulpturen. Man sollte ihn über diese als den größten Kunstmäzen Europas sehen. Der devote Le Nôtre war für ihn der ideale Mann, der seinen Wünschen nach Größe entgegen kam, ihnen folgte und sie mit den bei Fouquet gelernten Mitteln umzusetzen wusste.
Im Ausland hat Le Nôtre keinen einzigen Garten entworfen, bzw. für ihn Pläne geliefert. Es ist ihm kein einziger tatsächlich nachzuweisen. Am ehesten trifft dies für den Garten Greenwich-Park (London) zu. Man beruft sich dabei auf zwei Tatsachen: Karl II. von England soll Le Nôtre von seinem ersten Exil-Aufenthalt (1646-1648) in Frankreich her gekannt haben. Der Kronprinz war damals 16 Jahre alt und in dieser Zeit ein jugendlicher Schürzenjäger gewesen und Le Nôtre dagegen ein noch völlig unbedeutender Gärtner, der kaum beachtet wurde. Als zweites wird ein Brief Le Nôtres (1698) an den Earl von Portland angeführt, in dem von einem Geschenk für den König die Rede ist. Man vermutet, es könnten Pläne für Greenwich gewesen sein. Da Le Nôtre nie in England war und damit auch nicht das zu gestaltende Gelände kannte, könnten es bestenfalls nur Orientierungsempfehlungen gewesen sein. Aber auch dies ist sehr unwahrscheinlich, wenn man sein damaliges Alter (85 Jr.) bedenkt oder dies aus ihrer gegenseitigen Bekanntschaft glaubt ableiten zu können.
Wenn man Le Nôtres tatsächliche Anlagen zusammenstellt, dann ergeben sich:
- als Neuanlagen (4 Gärten, teilweise nur in den Grundzügen):
- Vaux-le-Vicomte,
- Versailles (in drei Hauptarbeitsphasen),
- Chantilly (für den Prinzen de Condé),
- Clagny (für Madame de Montespan),
- im Rahmen der Erhaltungs- und Pflegearbeiten für den König (4 Gärten, teilweise verbunden mit Umbauten und Ergänzungsarbeiten):
- Fontainebleau,
- Saint-Germain,
- St. Cloud,
- Tuilerien,
- an weiteren Umbauten und Erweiterungsarbeiten für dem Hof nahe stehende Personen (3 Gärten, evtl. mit kleineren Arbeiten einige mehr):
- Meudon (Residenz des Kronprinzen),
- Sceaux (Minister Colbert),
- Maintenon (Ludwigs morganatische Ehefrau).
Das bedeutet, dass seine Hauptarbeit in der Beaufsichtigung und Erweiterung der königlichen Gärten bestand. Für die Schaffung neuerer Anlagen besaß er nur wenig Zeit und hätte dafür vom König freigestellt werden müssen.
Wenn man die genannten Gärten näher betrachtet, dann ergibt sich:
Vaux-le-Vicomte
Dieser Garten war einst von Fouquet als ein Ort zur Abhaltung von Festen vorgesehen gewesen (anders als die italienischen Gärten, die oft als Orte des Rückzugs oder des Treffens mit Freunden gedacht waren). Als solcher sollte er als Ganzes überschaubar sein. Und um keine Ablenkungen zuzulassen, mussten sich alle seine Einzelelemente dem Gesamtbild unterordnen.
Fouquet (1615-1680):
Durch Heirat sehr reich geworden. Er konnte seien Garten aus eigenen Mitteln finanzieren Seit 1653 Oberintendant der Finanzen des französischen Staates. Kaufte sich 1643 den Landsitz von Vaux. Umgab sich mit einem großen Künstlerkreis (zu ihm gehörten u.a.: Le Vau, Le Brun - Moliere, Lafonaine, Corneille, Pélisson - Torelli (Ballet) - Le Nôtre). Führte einen großzügigen, hoch kultivierten Lebensstil. Heute wird allgemein vom Jahrhundert Ludwig XIV. gesprochen, auf die Kultur bezogen, wäre es richtiger, von dem Fouquets zu sprechen, denn es war seine Genialität gewesen, die die richtigen Männer aus einem relativen Nichts um sich sammelte und sein Geschmack, der in Vaux-le- Vicomte umgesetzt wurde und bei der Umsetzung die Männer formte, die dann unter Ludwig XIV. für den Glanz sorgten, den dieser dann auf sich bezog. Die Intrigen Colberts und der Neid des Königs brachten ihn zu Fall. Seit 1661 verbrachte er, auf Wunsch des Königs unschuldig verurteilt, 19 Jahre in Festungshaft.
Um den gewünschten Garten errichten zu können, kaufte Fouquet drei Dörfer auf. Als Architekten beauftragte er Louis Le Vau mit dem Bau des Schlosses:
Le Vau (1612 - 1670):
Seit 1638 "Architecte du Roi". Errichtete 1640 das vielbeachtete "Hôtel Lambert" (dessen Innenausstattung erfolgte durch Le Brun). Er errichtete ab 1657 in nur einem Jahr das Schloss in Vaux. Nachfolger Lemerciers in Versailles und Vorgänger Hardouin-Mansarts. Auffallend ist seine geschickte Einordnung des Schlosses in das Gelände. Erst sie ermöglichte, erzwang den umliegenden Garten. Fouquet und Le Vau müssen ihn in seiner Ganzheit bereits vor seiner Errichtung mit ihrem geistigen Auge so gesehen haben, wie er sich später darbot.
Der bis dahin völlig unbekannte Le Nôtre (bis zu seinem 40. Lebensjahr arbeitete er für die Instandhaltung bestehender Gärten) wurde zu dem Projekt auf Empfehlung von Charles Le Brun als Gärtner hinzugezogen, weil er ihn aus seiner Ausbildungszeit bei Simon Vouet zum Maler (1634 - 1637) her kannte:
Le Brun (1619 - 1690):
Einer der bedeutendsten Maler in Frankreich in der 2. Hälfte des 17. Jhs.. Bereits früh gefördert und früh berühmt. Lange Studien in Italien. Zunächst Ausstatter von Privathäusern (u.a. Hôtel Lambert). 1648 Mitbegründer der Académie royale de peinture et de sculpture, ab 1668 ihr Kanzler. Seit 1658 Ausschmückung des Schlosses von Vaux. Nach 1661 im Dienst Ludwig XIV. 1662 in den Adelsstand erhoben. Breiter Schaffensbereich: Neben Gemälden auch Wandteppiche und dekorative Ornamente (u.a. die "franz. Ordnung" für den Spiegelsaal von Versailles: Kapitelle u.a. mit dem Sonnenemblem).
In Vaux ist das Schloss an allen vier Seiten vom Garten umgeben, und findet nach hinten sozusagen seine Erweiterung im Freien. Das setzte intensive Gespräche nicht nur mit dem Bauherren sondern auch dem Architekten voraus, bzw. dessen Einfluss auf den Garten, da Vau zu diesen Zeitpunkt bereits ein anerkannter Architekt war. Wahrscheinlich war es der ganze Künstlerkreis um Fouquet, der in diesem Garten zu dessen großzügiger Ausstrahlung führte, - und dabei auch Le Nôtre für seine nächsten Aufgaben formte. Von hier übernahm er die Erkenntnis der Wirksamkeit räumlich großzügigen Anlagen. Hier in Vaux war er für die Schaffung der Außenanlagen zuständig (inwieweit er auch planerisch eigenständig gearbeitet hat oder nur im Verbund mit den anderen kreativ Schaffenden, bzw. den Vorstellungen Fouquets folgte, ist nicht bekannt. Es gibt von ihm Vaux betreffend keine Zeichnungen). Unabhängig davon bildete Vaux historisch aber eine Zäsur in der Gartenkunst.
Die Forderungen Fouquets an seinen Garten waren gewesen:
- die Schaffung eines Großraumes für Feste im Freien (im Sinne einer großen Bühne),
- die Schaffung von Abwechslungen über Szenenfolgen,
- eine Vermeidung von Ablenkungen (durch den Seitenaufbau des Gartens),
- die Vermittlung von Größe.
In Vaux griff man auf die natürlichen Gegebenheiten des Geländes zurück und schuf ein System axialer Bezüge. Die Hauptelemente waren:
Daneben gab es:
- Zwei eigenständige Seitenparterres neben den Hauptparterres,
deren Verbindung untereinander durch eine Querachse erfolgte.
- Eine zweite Achse, die einen zweiten Gartenbereich einleitete:
Bestehend aus zwei Rasenparterres und zwei schmalen Kanälen, die die weitere Hauptachse begleiteten. Aus letzteren stiegen Fontänenreihen auf und bildeten so wegbegleitend "Balustraden aus Kristallen".
- Den Abschluss des Gartenabstiegs
bildete als Querachse ein schmales, rechteckiges Wasserbecken (400 m lang), von dem aus, beim Blick zum Schloss, man in der Futtermauer einer höheren Terrasse auf einen großzügigen Grottenbereich blickte (dem "pièce d'eau").
- Nach einem weiteren Weg um das Becken
stieg man vorbei an einer diesen Gartenteil abschließenden Kaskade zu einem Herkules als "point de vue" (einer Nachbildung des Herkules Farnese). Als solchen Halbgott sah sich der Bauherr.
Alle Gartenmotive, die hier in Vaux gestalterisch zum Tragen gekommen waren, hat es schon vor der Schaffung dieses Gartens gegeben. Neu waren hier:
- die einmalig übersichtliche, gesamte Raumbewältigung,
- das einmalige hier zum Tragen gekommene Gefühl für Proportionen,
- das Brechen der Rechtwinkligkeit an den Beetenden
(Le Nôtre legte zwar die Beete symmetrisch um die Mittelachse, brach aber dann deren Monotonie, indem er diese unsymmetrisch gestaltete: z.B. mit Hilfe mehrerer, in einander verschlungener Spiralschwingungen und im Zusammenstellen der verschiedenen Gartenelemente in Dreiergruppen (z.B. eine Fontäne zwischen zwei Beeten),
- das Eingehen im Garten auf die damals in Frankreich herrschende (spanische) Hofetikette (die es in dieser Form nur hier gab und die unter Ludwig XIV. noch krasser wurde). Ein Grund, weshalb ein solcher Garten nicht übertragbar war. (Die Nutzung der Waldzone für Bosketts wurde hier noch nicht angewandt).
Zum Erlebnis von Vaux gehörten als ein kaum zu übertreffendes Gesamtkunstwerk:
- das Spiel der Brunnen,
- der abends illuminierte Park,
- und vor allem das Bild der darin sich bewegenden, festlich gekleideten Menschen.
Dieses Erlebnis baute auf eine dynamische Wahrnehmung perspektivisch ausgerichteter Elemente und eine auf gegensätzliche Formen innerhalb eines Gesamtrahmens aufbauende Komposition.
Es muss dieses Gesamtbild an Kultur gewesen sein, das den König zutiefst getroffen und veranlasst hat, Fouquet unter einem fadenscheinigen Grund zu verhaften und lebenslänglich einsperren zu lassen. Gleich nach dessen Inhaftierung beanspruchte er einen großen Teil der beweglichen Ausstattungsstücke von Vaux für sich (u.a. Vasen, Statuen, Orangenbäume) und ließ über 70.000 Bäume aus der dortigen Baumschule nach Versailles bringen.
Heute ist von der ehemaligen Pracht nur noch wenig vorhanden:
- Die Bepflanzung ist eine andere geworden,
- die ikonographischen Bezüge sind völlig zerstört (bis auf den Herkules).
Geblieben sind nur die Lage des Schlosses in seinem Garten und die unübertroffene Schönheit des Gesamtraumes (d.h., die Platzierung der verschiedenen Baukörper und Räume in der Landschaft und zueinander. Hier in Vaux soll der "französische Stil" am saubersten nachzuempfinden sein.
Versailles
Nachdem der König die Schönheit von Vaux erlebt hat, wollte er etwas Vergleichbares besitzen, bzw. sie übertreffen, und er übernahm als Ganzes den dort tätigen Künstlerkreis für den Ausbau seines väterlichen Jagdschlosses "Versailles", d.h. vor allem Le Vau, Le Brun und Le Nôtre. Da an der Grundsubstanz dieses Schlosses nichts geändert werden durfte, wurden für die Amouren des Königs mit Mademoiselle de la Valière und die zukünftig abzuhaltenden Feste zunächst ein Teil der dafür notwendigen Gartenräume geschaffen.
Im ersten Ausbau (1662 - 1668, 1. Plan dafür 1663)
- schuf man eine dreistrahlige Allee zum Schloss,
- errichtete man hinter einer großzügigen Treppenanlage ein zweites Parterre,
- danach führte die 335 m lange Königsallee (= Hauptachse), flankiert von seitlichen Baumgruppen zur Verstärkung der Tiefenwirkung, bis zum Apollo- Brunnen. Hier endete zunächst der Garten mit einer Querallee (später begann danach der Grand Canal).
- Das Skulpturenprogramm hatte in seinem Zentrum einen Apollo-Kult (wobei sich der König selber stellvertretend als Sonnenkönig sah).
- In den seitlichen Waldteilen befanden sich zwei geschmückte Bosketts als Aufenthaltsräume (hier als auf Unterhaltung hin angelegte "giardini secreti").
- Zusätzlich gab es eine Orangerie (von Le Vau).
Diese Grundkonzeption blieb auch später erhalten. Sie stammte wahrscheinlich von Le Nôtre. Um der Monotonie dieser geometrischen Anlage zu begegnen, versuchte man die Anlage durch Brunnen (Brüder Francini), Skulpturen (Le Brun) und die beiden Bosketts zu beleben.
Diese erste Ausbauphase endete mit einem großen Fest, in dem die Notwendigkeit einer Schlosserweiterung deutlich geworden war. Als Grund für dieses Fest wurde der "Frieden von Aschen" angegeben. Die tatsächliche Ursache war der Umstand, dass die Mätresse Valière ins Kloster ging und für ihre Nachfolgerin Madame de Montespan Platz machte. Dies führte zu einer zweiten Bauphase (1668 - 1674). Dazu gehörten u.a.
- die Zuschüttung des Grabens um das Schloss (damit erfolgte die Beseitigung eines letzten Renaissancebezuges),
- die Schaffung von Festräumen im Freien mit Dauerdekorationen (Bosketts). 1669 - 1674 waren alle auf der Nordseite fertiggestellt gewesen (mit immer neuen Abwechslungs- und Unterhaltungsmöglichkeiten).
- 1670 Errichtung des "Trianon de Porcelaine" am Nordende des Querkanals (Gebäude von Le Vau, Garten von Le Bouteux (nach Saint-Simon liebte Le Nôtre keine Blumen, wohl aber der König, besonders intensive Duftpflanzen)),
- 1674 Fertigstellung des Labyrinths (mit 39 Brunnen mit Bezügen zu den Fabeln Aesops).
1674 ein großes Fest zur erfolgreichen Besetzung der Franche-Comté (Grafschaft an der Schweizer Grenze). Es dauerte 6 Tage. Es wurde beschlossen, Versailles zur ständigen Residenz zu machen (endgültig dann ab 1678). Es war inzwischen gelungen, jede Opposition im Lande zu ersticken und das Umfeld des Königs zum Kulturzentrum Frankreichs zu machen.
1688 waren die Arbeiten in Versailles abgeschlossen. Zum Schluss stellte sich diese Residenz wie folgt dar:
- 1682 lebten in Versailles ca. 20.000 Personen (davon 5.000 im Schloss), in den Ställen gab es 2.500 Pferde für 200 Kutschen.
- Der Garten bestand aus dem Petit parc: Dem Teil von der Westfront des Schlosses bis zum Apollo-Brunnen (seinem ikonographischem Zentrum). Die Hauptachse zwischen ihnen ist - auf einem leicht fallenden Gelände mit einer Terrassierung - gut 1,5 km lang. Auf ihr liegen (am Schloss beginnend): Wasserparterre - Latona-Brunnen - Königsallee - Apollo-Brunnen. Der Petit parc ist geometrisch aufgeteilt, zum größten Teil dicht bewaldet und von Alleen durchzogen. In seinem Waldteil lagen 12 Bosketts (Viele von ihnen gibt es heute nicht mehr. In ihnen befanden sich die thematischen Sondergärten, z.B. Irrgarten, Wassergarten usw.). Wir sehen sie jetzt verfallen, erleben sie langweilig und werden sie kaum besuchen. Einst stellten sie die eigentlichen Höhepunkte des Gartens dar, weil sie die verschiedensten Unterhaltungs- anlagen in sich bargen. Sie waren meistens von an Spalieren hochgezogenen (20 - 30 Fuß hoch) Hainbuchenhecken umgeben und mit Kübeln duftender Pflanzen vollgestellt. Sie wurden wie Innenarchitekturen behandelt und besaßen wie Innenräume ihre Öffnungen und Gänge. Mit Hilfe von Achsen und Diagonalen wurden geometrische Grundformen wie Quadrat, Rechteck, Kreis oder Oval zu abwechslungsreichen Aufenthaltsorten gestaltet.
- Seine Breite beträgt nach Nord und Süd je 600 m.
- Hinter dem Apollo-Brunnen wird die Mittelachse durch den Grand Canal fortgesetzt (1560 m Lang, 150 m breit). Sein Querarm ist 1013 m lang und diente der Zurücknahme einer sonst zu starken perspektivischen Tiefenwirkung. Auf ihnen waren u.a. venezianische Gondoliere tätig gewesen. An seinem Nordende befand sich das Trianon de porcelaine (1670 - 1672) mit seinen Blumengärten (beide nicht von Le Nôtre geschaffen) und an seinem Südende die Menagerie (ihre ersten Bauten wurden wahrscheinlich noch unter Ludwig XIII. errichtet). In ihrer Mitte befand sich ein Haupttiergebäude und um dieses mehrere kleinere Häuser.
- Vom Schloss bis zum hinteren Gitter im Westen sind es 3.200 m.
- Vor dem Nordflügel des Schlosses liegen das Parterre du Nord, weitere Bosketts und die Neptune-Fontäne. (Hier befand sich einst die berühmte Grotte der Thetis, die dem Nordflügel hat weichen müssen. Über ihrem mittleren Torbogen befand sich ein Sonnenhaupt, dessen Strahlen auf Erdkarten gerichtet waren (mit dieser Darstellung begann der Sonnenkult des Königs). Sie war lange Zeit der Lieblingsort des Königs gewesen und bildete oft den Hintergrund von Theater- und Musikaufführungen. Diese Aufgabe übernahm danach die Säulen-Rotunde),
- vor dem Südflügel das Südparterre, Orangerieparterre, die Orangerie und dahinter das Schweizer Becken.
In Versailles wurde das Schloss auf den Garten ausgerichtet und nicht umgekehrt, wie es normalerweise der Fall war. Durch mehrmalige Anbauten und Erweiterungen wurde die Front des Schlosses von 50 m auf 400 vergrößert und der Garten von 2.500 qm auf 625.000. Zuerst waren immer die Gartenteile fertiggestellt gewesen, da sie für die bühnenartigen Auftritte des Königs benötigt wurden. Das Besondere an diesem Garten ist der Umstand, dass er ständig vergrößert und seine Szenerie ständig verändert wurde (in manchen Fällen bis zu fünfmal). Für den bühnenartigen Eindruck der Unendlichkeit arbeitete man mit
- Einengungen (wie in Vaux),
- Unterbrechungen,
- Staffelungen.
(Spätere Zeiten erklärten diesen Eindruck und das strahlenförmige Alleen-System zum symbolischen Ausdruck eines absolutistischen Machtanspruchs, - u.a. auch über die Natur).
Der König liebte diesen Garten. Er war ihm wichtiger als das Schloss. Er sah sich selbst darin als Künstler (wie seine Briefe mit Hardouin beweisen) und ließ ihn auch nach seinem jeweiligen Modegeschmack umgestalten (nach 1677 z.B. alle Bosketts) Er beschrieb zu dessen Besichtigung sogar einen idealen Rundweg, bei dem er auf 25 verschiedene Standorte (des Petit parcs, besonders der Bosketts) einging. Zwischen 1685 und 1705 erschienen davon sechs verschiedene Versionen. Entgegen den üblichen Angaben ging er gerne zu Fuß.
Die Räume des Königs lagen auf der Nordseite, die der Königin auf der Südseite. Die Flügelbauten hat Hardouin erst 1682/83 hinzugefügt. Das berühmte, auf den Garten ausgerichtete Zimmer des Königs, wurde erst 1701 an diesen Ort verlegt, lange nachdem der Garten bereits fertig gewesen ist.
Der Garten selber bestand früher weitgehend nur aus Heckenmauern. Le Nôtre bevorzugte in ihnen Treillagen und geschnittene Gehölze und arbeitete ungern mit gebauten Architekturen. Ein Problem von Versailles war dessen Wassermangel. Dies führte dazu, dass in der Regel nicht alle Brunnen gleichzeitig liefen, sondern nur dann, wenn der König an ihnen vorbeikam (es gab dafür eine genau geplante Choreographie).
Frankreich erwarb unter Ludwig XIV. eine kulturelle Schlüsselstellung in Europa. Das galt auch für die Gartenkunst. Sie wurde in Versailles zum Ausdruck der Macht eines absolutistisch regierenden Fürsten und zum Mittelpunkt seiner höfischen Selbstdarstellung, seines "ritualisierten Amusements". Da nur Frankreich ein zentralistischer Staat war, war dieses System nicht übertragbar. Wahrscheinlich gibt es in Europa kein Schloss, das - entgegen den allgemeinen Behauptungen - sich Versailles direkt als Vorbild genommen hat. Dafür waren überall die gesellschaftlichen Voraussetzungen und sozialen Lebensformen zu verschieden (z.B. die jeweiligen Etikettevorgaben). Überall war die Rolle des Adels eine andere. Außerhalb von Versailles galten weitgehend andere soziale Bezugssysteme.
Anders als es heute gerne hingestellt wird, war der "französische Garten" mit seinem einheitlichen Parterre, das in einer unmittelbaren Beziehung zum Schloss stand, auch in Frankreich nicht unbestritten (Saint-Simon) und war im restlichen Europa oft noch weniger beliebt. Er galt nur dann als stilführend, als Ausdruck des gültigen Gartenkunstkanons, wenn man ihn als solchen akzeptierte und andere Vorstellungen als veraltet abwertete. Dabei war er in Versailles selber nur ein Ausdruck wechselnder Launen des Königs, seiner Mätressen und seines Hofstaates gewesen und ständig neuen Moden unterworfen.
Man kann den Eindruck gewinnen, dass der Le Nôtre, wie wir ihn kennen und verehren, mit dem eigentlichen Gartenkünstler nichts gemein hat, sondern nur stellvertretend in einer Zeit des französischen Nationalismus und der biographischen Orientierung an Leitgestalten im 19. Jh. für die Erinnerung an eine "große" Zeit Frankreichs steht. Und da man Ludwig XIV. nach der französischen Revolution als Despot nicht verehren konnte, stellvertretend für ihn Versailles wählte, als ein Symbol für den französischen Staat und die französische Ehre und dann stellvertretend auf dessen greifbaren verantwortlichen Schöpfer übertrug, unabhängig davon, wie groß sein tatsächlicher Verdienst an der Schaffung dieser Anlage ist. Le Nôtre wurde so zum personifizierten Symbol für den "französischen Barockgarten". Eine Folge davon war ein kaum noch zu durchbrechendes Legendengerüst.
Von Le Nôtre selbst scheinen in Versailles zu stammen:
- die Grundkonzeption des Petit parc,
- die Mehrzahl der Parterres,
- mehrere Bosketts,
- der Grand Canal.
Alle anderen Bereiche haben andere Personen entworfen, oder es scheinen andere verantwortlich gewesen zu sein (besonders Le Vau und Hardouin für den architektonischen Bereich, die Brüder Francini für die Brunnen- und Wasseranlagen und Le Brun für die Aufstellung aller Skulpturen).
Es gibt über Versailles und die anderen Gärten Le Nôtres eine Fülle von Plänen, aber nicht solche von ihm persönlich. Es gibt von ihm auch keine Äußerungen zur Gartengestaltung, bzw. zur Kunst. Außer den Legenden sind die Informationen über seine Biographie sehr beschränkt. Man kann davon ausgehen, dass unter ihm
- sich in Frankreich die italienische Gartenkunst mit den örtlichen Gegebenheiten der dortigen Gelände ideal vereinte
(durch behutsame Erdbewegungen bei der Terrassenbildung, breite Treppensysteme und die Nutzung von Baummassen für die Sichtachsen),
- die formale Gartenkunst die Grenzen ihrer Möglichkeiten erreichte. Wahrscheinlich baut sein Ruhm weitgehend auf seiner höfischen Gewandtheit, "bezaubernden Naivität" (Saint-Simon) auf. Zwischen ihm und dem König bestand ein "vertraulicher" Umgang, während sonst der letztere auf einem ihm gegenüber gebührenden Abstand bestand, wie ihn die Etikette erforderte. Er war der devote Staatsgärtner des Königs, der ihm jeden Wunsch sofort erfüllte, bzw. ständig neue Unterhaltungsangebote unterbreitete.
In der Verbindung mit Versailles werden in der Regel die Gärten von Trianon de Porcelaine, Grand Trianon und Marly zu Le Nôtres Leistungen gezählt, die Eremitagen des Königs. Doch war für die erste Le Vau verantwortlich gewesen und für die beiden anderen Jules Hardouin-Mansart (1646 - 1708, der Großneffe von Francois Mansart).
Gesichert ist weiterhin für Le Nôtre die Gestaltung der Gärten von
- Chantilly
(40 km nördlich von Paris, Bauzeit 1663 - 1671): Le Nôtre selber soll ihn als seinen schönsten angesehen haben. Der "Prince de Condé" (1621 -1686, wichtigster Feldherr der französischen Könige in dieser Zeit) nutzte eine Zwischenkriegszeit, um den Garten seines mittelalterlichen Schlosses völlig umzugestalten. Da es keine Fassade für eine Gartenachse besaß, wurde der Hauptgarten, der keine unmittelbare Verbindung zum Schloss hatte, im Osten angelegt und die Parterres im Norden und erhöht im Süden. Seine Besonderheit waren die großen Wasserflächen. Le Nôtre fasste hier am Ende des Gartens die bestehenden Wassergräben zu einem großen, rechteckigen Kanal zusammen und schloss diesen so nach außen ab. Von diesem Kanal führte er einen Querarm in ein Parterre (auf der Westseite als Wassergarten und auf der Ostseite als Blumenparterre gestaltet). Dahinter befanden sich die Boskettanlagen.
- Clagny:
(Eine Dreiflügelanlage auf der Nordseite gleich neben dem Ort Versailles gelegen; für Madame de Montespan von Hardouin-Mansart von 1676 - 1680 geschaffen):
1680 waren Schloss und Garten fertig gewesen. Das Hauptgebäude steht in den Garten vorgeschoben. Dahinter befindet sich hinter einer Terrasse ein abgesenktes Hauptparterre und danach ein großer Teich mit einer Insel als "Point de vue", der bis zur Grenze des Parks von Versailles reicht. Ein Flügel des Schlosses war als Orangerie errichtet worden und besaß vor sich ein Orangenparterre.
Neben diesen vier völlig neu entstandenen Gärten war Le Nôtre auch für die Erhaltungs- und Pflegearbeiten der sonstigen königlichen Gärten zuständig gewesen. Dabei wurden bei diesen auch einige Umbauten und Ergänzungsarbeiten vorgenommen, u.a.:
- Fontainebleau:
Der Garten bekam unter ihm seine endgültige Ausgestaltung. Die großen Terrassen wurden geschaffen. Der Kanal erhielt seine Schlussfassung, und alles Kleinräumige wurde beseitigt.
- Saint-Germain:
Hier entstanden in seiner Zeit einige Parterreerweiterungen und die große Terrasse (als Spazierweg oberhalb der Seine).
- St. Cloud:
Dies war der Wohnsitz des Herzogs von Orléans (Bruder Ludwig XIV.) und damit von 1671 - 1722 auch der von Lieselotte von der Pfalz (Sie hatte von 1659 - 1663 am Hof ihrer Tante Sophie in Hannover gelebt und danach am Heidelberger Hof). Hier gab es bereits schöne Gärten vor Le Nôtre. Seine Haupttätigkeit bestand in der Zusammenlegung, bzw. Vergrößerung vorhandener Gartenteile und der Schaffung eines Durchblicks von der Südfassade des Schlosses auf Paris.
(Die Wasseranlagen sollen bereits zuvor von Thomas Francini und die große Kaskade von Antoine Le Pautre und Hardouin-Mansart geschaffen worden sein).
- Tuilerien:
Stadtschloss der Könige. Der Garten befand sich am rechten Seine-Ufer zwischen diesem Schloss und dem Louvre (parallel zum Place de la Concorde). Mit Hilfe der Grande Galerie entlang der Seine waren beide Schlösser miteinander verbunden worden. Den ersten Garten ließ hier Katharina de Medici nach 1564 durch Palissy anlegen. Hier arbeiteten bereits der Großvater und Vater von Le Nôtre, und hier war er selber in untergeordneter Stellung bis zu seiner Abberufung 1657 nach Vaux als Gärtner tätig gewesen. Nach 1660 gab er diesem Garten dann seine endgültige Gestalt. Um das Gefälle auszugleichen, legte er Terrassen an, wichen Gehölzgruppen großzügigen Rasenflächen. Während der Revolution wurde der Garten verwüstet, das Schloss 1871 beim Aufstand der Pariser Kommune in Brand gesteckt. Ein kleiner, 1871 verkaufter Ruinenrest steht heute auf der Insel Schwanenwerder (Havel). 1981 ließ Mitterrand den Garten wieder im Zustand des 17. Jhs restaurieren.
Bei welchen Gärten er darüber hinaus beratend tätig geworden ist, weiß man nicht. Gesichert ist dies in
- Meudon:
Besitz des Ministers Louvois. Die Hauptachse des Gartens führte über zwei abfallende Terrassen zu einer Orangerie und von dort ansteigend und von Brunnen begleitet zu einem Gehölz. Das Parterre mit einer älteren Grottenanlage befand sich neben dem Schloss. Die ehemalige Schlossterrasse wurde in einen Ziergarten verwandelt (mit Blick auf das Seine-Tal). Ludwig XIV. ließ später an diesem Ort durch Hardouin für den Kronprinzen ein neues Schloss errichten.
- Sceaux:
11 km südlich von Paris. 1670 kaufte sich Colbert, der Finanzminister Ludwig XIV., dieses Schloss. Große Teile von ihm sind von Hardouin gebaut worden. Der Park ist etwa 200 ha groß und wurde weitgehend 1672 geschaffen. Bestimmend für ihn sind zwei Sichtachsen, einmal eine über das Parterre zur "pleine des quartre statues" und zum anderen die vom Parterre rechtwinklig abgehende zum "Grand Canal". Parallel dazu verläuft eine riesige Kaskade, die in einen großen achteckigen Teich einmündet, der durch einen kleineren Kanal wiederum in dessen Mitte mit dem großen Sichtachsen-Kanal verbunden ist. Im 19. Jh. wurde die heute etwas monoton wirkende Anlage restauriert.
- Maintenon
(südwestlich von Paris): bekannt geworden durch Madame de Maintenon, einer Mätresse und späteren, heimlichen Ehefrau Ludwig XIV. Der Schlosspark liegt im Süden und Westen einer Dreiflügelanlage. Er wird von einem mächtigen Kanal beherrscht (ein Teil davon von zwei Alleen flankiert), in dessen Zentrum sich, dem Schloss vorgelagert, ein prächtiges Parterre auf einer Insel befand. Im Süden des Gartens stehen die Ruinen eines Aquädukts, das einst Wasser in den Garten von Versailles bringen sollte. Im 19. Jh. wurde der Garten in einen Landschaftspark umgewandelt.
In ganz Europa gibt es Gärten, die sich darauf berufen, einst von Le Nôtre entworfen worden zu sein (er hat davon keinen einzigen geschaffen), und wenn dies nicht möglich ist, von einem seiner "Schüler" (wobei nie geklärt ist, in welcher Verbindung diese dann tatsächlich zu ihm standen). Ein gutes Beispiel dafür ist der Garten in Brühl (Schloss Augustusburg), den nach vielen Angaben einst Dominique Girard als dessen Schüler in wesentlichen Teilen entworfen haben soll. Einmal davon abgesehen, das in Versailles für den Wasserbereich die Brüder Francini weitgehend zuständig gewesen waren (Girard war Wasserbauingenieur) und nicht Le Nôtre, dürfte er an der Planung der Brühler Anlagen nicht beteiligt gewesen sein (siehe Beitmann "Geschichte der Gartenkunst", Bd. II).
Gerne wird das Versailles Ludwig XIV. als ein völlig kanonisierter Gestaltungsblock des Barocks dargestellt, - doch das ist falsch. Hier wechselten die Moden wie die Launen des Herrschers. Eine Kanonisierung erfolgte erst viel später, und auch die kaum in der Realität, denn nach dem Tod Le Nôtres stellte sich in Frankreich zunächst ein gestalterischer Stillstand ein, und danach kam bereits das Rokoko, für das dort bereits dessen Neffe und Nachfolger Claude Despots steht. Die Parterres seiner Gärten waren bereits weniger differenziert, seine Bosketts weniger formenreich und seine Details weniger fantasievoll. Seine Gärten waren zwar noch achsensymmetrisch, doch empfinden wir sie heute als naturnäher.
Die Hauptmerkmale des Rokokos waren dann:
- Kleinteiligkeit,
- Detailliebe,
- theatralische Effekte,
- bäuerliche Motive (z.B. das Hameau).
Und dies alles mit dem Ziel einer ungezwungenen Unterhaltung.
Der "französische Garten" dieser Zeit mit seinem einheitlichen Parterre, das in einer unmittelbaren Beziehung zu den Proportionen des davor stehenden Schlosses steht, war auch in Frankreich nicht unbestritten und im restlichen Europa oft noch weniger beliebt. Seine große Aufwertung hat er erst im Rahmen des Nationalismus des 19. Jhs erfahren, als man an die damalige "große Zeit" anschließen wollte. Jetzt erst (und heute) wurden die Kanontexte von d'Aviler und Dezallier im großen Stil umgesetzt. So schufen, bzw. "rekonstruierten" allein Henri Duchême und sein Sohn Achille über 380 Gärten im Stil le Nôtres in ganz Europa. Weitgehend handelte es sich hierbei nur um Nachempfindungen im Rahmen ihres persönlichen, klassischen Stilgefühls.
Was bleibt, ist die Tatsache, dass Le Nôtre - berechtigt oder unberechtigt - symbolisch für den französischen Barockgarten steht
Texte über Versailles
(von Louis de Rouvroy, duc de Saint-Simon; 1675 - 1755; berühmt wegen seiner Memoiren, die u.a. eingehend das Leben am französischen Königshof Ludwig XIV. beschreiben. Der König war sein Pate gewesen).
"Er (Ludwig XIV.) verließ Saint-Germain, das einzigartige Saint-Germain mit seinem Zusammenklang von prächtiger Aussicht und ungeheurer Weite der Wälder, die es umgaben. Saint-Germain, einmalig auch wegen der Schönheit seiner Bäume, seines Bodens, seiner Lage. ….. Er verließ dies alles für Versailles, dieser traurigsten und undankbarsten aller Stätten ohne Aussicht, ohne Wald, ohne Boden, weil alles Schwemmland oder Sumpf ist, also auch ohne Luft, was nicht gut sein kann".
"Wer vermag das Geld und die Menschenleben zu berechnen, die dieser hartnäckige, jahrelange Versuch kostete, nachdem es in dem Lager, das man dort errichtete und lange Zeit unterhalten hatte, unter Androhung schwerster Strafen verboten war, von den Kranken- und, noch schlimmer, von den Toten - zu sprechen, die der harten Arbeit und noch mehr den Miasmen (durch die Bodenverhältnisse verursachten Krankheiten) von so viel umgewühlter Erde zum Opfer fielen. Ganz abgesehen von jenen vielen anderen Soldaten, die Jahre benötigten um ihre Gesundheit wieder herzustellen. Und wie viele haben sie nie wiedergewonnen. …. Der Krieg von 1688 setzte endlich dem Unternehmen ein Ende. …..".
"Um etwas kühlen Schatten zu erreichen, ist man gezwungen eine weite und sengend heiße Fläche zu überqueren, und danach kann man nichts anderes tun, als einen kleinen Hügel, mit dem die Gärten enden, hinauf- und hinabzusteigen. Der Kies, der die Wege bedeckt, verbrennt die Füße, doch ohne ihn müsste man hier im Sand und in dem schwärzesten Lehm versinken. ….. Man kann nicht umhin, von der Vergewaltigung der Natur, die man überall antrifft, abgestoßen und angewidert zu werden. Zahllose, von überall hergeleitete und herbeigezwungene Wasserläufe stagnieren grün, dickflüssig und sumpfig. Sie verbreiten eine ungesunde, fühlbare Feuchtigkeit und einen noch stärkeren Geruch. Unvergleichlich ist die Wirkung der Brunnen und anderen Künste, obwohl sie viel Pflege und Mühe kosten. Aber der Erfolg des Ganzen ist nur der, dass man bewundert, um zu fliehen".
Quellen
- Bazin, Germain "DuMont's Geschichte der Gartenkunst", Köln 1990
- Brix, Michael "Der absolute Garten", Stuttgart
- Clifford, Derek "Gartenkunst", Reutlingen 1966
- "Die Memoiren des Herzogs von Saint-Simon" (Ullstein, 4 Bd.), Berlin 1991
- Gothein, Marie Louise "Geschichte der Gartenkunst", Jena 1926
- Hansmann, Wilfried "Gartenkunst der Renaissance und des Barocks", Köln 1983
- Laird, Mark "Der formale Garten", Stuttgart 1994
- Mosser, M. / Teyssot, G. Die Gartenkunst des Abendlandes", Stuttgart 1993
- Taylor, Patrick "Gärten in Frankreich", Basel 1998
- Thacker, Christopher "Die Geschichte der Gärten", Zürich 1979