Er setzte den Garten in eine Beziehung zur Säulenordnung, belebte in Mittel- und Nordeuropa das Bewusstsein für das perspektivische Denken und bereicherte es um viele Renaissancemotive. Mit seiner Kupferstichserie über Gärten beeinflusste er in Mitteleuropa dessen gesamtes Gartendenken.
(Gelegentlich auch Jan oder Johan genannt und lexikalisch unter Vredeman oder de Vries zu finden).
Der Name Hans Vredeman de Vries ist zu einem Synonym für den Siegeszug der niederländischen Kunst in Mittel- und Nordeuropa geworden. Mit seinen Dekorationsmustern und szenographischen Rauminszenierungen wurde er zu einem der einflussreichsten Künstler und prägte für eine ganze Epoche entscheidend deren Stil. Er bereitete einerseits die Säulenordnung für die Praxis der mittel- und nordeuropäischen Handwerker auf und trug damit entscheidend zur Verbreitung von Renaissanceformen nördlich der Alpen bei und verband andererseits die eigenen Traditionen mit ihnen. Über ihn gelangte die Zentralperspektive in die niederländische Malerei.
Biographisch weiß man von Vredeman:
- 1527
- geboren in Leeuwarden (Friesland)
(Vater war ein deutscher Kanonier im Dienst des Habsburger Statthalters),
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- Schreinerlehre (damalige Dauer ca. 5, d.h. ca. vom 12. - 18. Lebensjahr),
- 1544
- Glasmalerlehre bei Rijnier Gerrits in Leeuwarden (Abbruch nach 2 Jahren),
- 1546
- Malerlehre in der Werkstatt Ernst Maeler
(der ihm nichts mehr beibringen konnte),
- 1547
- Entwerfer von Stichen für den Verleger Gerard de Jode,
- 1548
- Registrierung als Antwerpener Bürger,
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- Wechsel zum Verleger Hieronymus Cock (Kock)
(Vredeman wurde mit 205 Blättern sein Hauptentwerfer),
- 1549
- Beteiligung an der Fertigstellung des Triumphbogens für Kaiser Karl V. in Antwerpen
(als Mitarbeiter von Pieter Coecke van Aelst. Über diese Mitarbeit lernte er dessen architekturtheoretische Schriften und seine Übersetzung von Serlio kennen. Hier fand er eine Erläuterung des vitruvianischen Systems der Säulenordnung und der Bildperspektive),
- 1552 - 1553
- Arbeit in Mecheln
(damalige Residenzstadt der Habsburger in den Niederlanden),
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- Arbeit in der Werkstatt des Malers Claude Dorisy als Spezialist für perspektivische Architekturhintergründe
(dabei Zusammenarbeit mit Michiel Coxcie, der mit der italienischen Renaissance vertraut war, Während dieser Zeit arbeitete dort auch Pieter Brueghel d.Ä., den Vredeman in dessen Perspektivdarstellungen beeinflusste. Beide waren eng befreundet),
- 1555
- intensive Beschäftigung mit der Zentralperspektive,
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- Herausgabe der Ornamentstichserien:
"Multarum varfiarumque",
"Variarum protractionum",
- 1560
- Stichfolge "Scenographiae sive perspectivae"
(damit gelangte Vredeman der Durchbruch als Zeichner von Bildperspektiven. Es handelte sich hier um 20 völlig neuartige Architekturphantasien, deren verbindendes Element die herausgestellte Zentralperspektive war. Damit beeinflusste er auch eine Reihe von Kartons mit perspektivischen Gartenzeichnungen),
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- Bürger in Mecheln,
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- Heirat von Johanna von Muysene,
- 1561
- Vorbereitung einer Mechelner Prozession,
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- Entwurf des Rathauses von Antwerpen,
- 1564
- Rückkehr nach Antwerpen (als Wohnort),
- 1565
- Tod seiner 1. Frau (wahrscheinlich an einer schweren Krankheit);
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- Rückkehr zu seinem ersten Verleger Gerard de Jode,
- 1566
- Heirat von Sara van der Elsmer,
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- frühestes datiertes Gemälde "Christus im Hause von Maria und Martha"
(Figuren von Gillis Mostaert),
- 1567
- Geburt des Sohnes Paul
(später Werkstattmitarbeiter und Fortsetzer seines perspektivischen Werks),
- 1568
- Herausgabe der "Artis perspectivae"
(17 Architekturansichten mit Brunnen im Vordergrund),
- 1570
- Entwurf eines Triumphbogens für Anna von Österreich,
der spanische König amnestiert opportunierende Gruppen (Verkündung des "Generalplans"). Ankunft des Herzogs von Alba; den Protestanten droht die Inquisition. Vredeman zieht nach Aachen und verliert damit sein bisheriges auftraggebendes Umfeld. Er liefert aber weiterhin Stichvorlagen für verschiedene Antwerpener Verlage.
Phillips Galle wird jetzt zu seinem Hauptverleger.
- 1573 - 1574
- im Herzogtum Lüttich,
- 1573
- Herausgabe der "Deorum dearumque capita"
(Köpfe von Göttern und Göttinnen in Groteskendekorationen),
- 1575
- Rückkehr nach Antwerpen (nach dem Tod Albas), Antwerpen wird calvinistisch,
- 1577 - 1585
- Vredeman wird Festungsbaumeister von Antwerpen
(unter Wilhelm von Oranien).
(daneben bedeutende Dekorationsaufgaben für die Stadt),
- 1577
- malt einen viel bewunderten illusionistischen Garten
(für den Calvinisten Gillis Hooffmann),
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- Herausgabe der "Architectura oder bauung der Antiquen"
(hier behandelt er alle fünf Säulenordnungen),
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- Herausgabe des "Theatrum vitae humanae" (bei Verleger Pietere Baltens)
(hier brachte er die Lebensabschnitte des Menschen zu den fünf Säulenordnungen in eine Beziehung),
- 1578
- Auftrag, das Kastell von Antwerpen in die Stadtbefestigung zu integrieren,
- 1581
- Entwurf zum Umbau der Zitadelle zum Palast von Wilhelm von Oranien
(wird angenommen),
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- Auftrag zum Entwurf von Sicherungsmaßnahmen für die Stadt,
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- Auftrag zum Ausmalen der Staatsiekamer,
- 1582
- Gestaltung des Huldigungseinzuges für Anjou,
- 1583
- Auftrag zum Ausmalen der Rentmeisterkammer im Rathaus,
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- Anfertigung des Teppichkartons "Neuf Preux" und "Sept vertus" für den Kaufmann Sebastien de la Porte,
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- Herausgabe des "Hortorum veridariorumque elegantes et multiplecis formae"
(evtl. bereits die 2. Auflage; 20 Gartenentwürfe, die sehr einflussreich wurden. Er verknüpfte darin die heimischen Gärten mit den dorischen, ionischen und korinthischen Säulenordnungen.
Um 1608 eine erneute Auflage (erweitert um die 8 Entwürfe von Vredeman von 1587 und 6 von Peter van der Borcht)),
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- Herausgabe der "Differents pourtraicts de menuiserie"
(Entwürfe von Möbeln und Wanddekorationen),
- 1584
- Ermordung von Wilhelm von Oranien,
- 1585
- Auftrag für die Gestaltung eines Huldigungseinzuges für Allessandro Farnese,
- 1586
- Generalpardon für eine Rückkehr zum alten Glauben
(Vredeman gilt nun als ein guter Katholik).
Er verlässt Antwerpen für immer und begibt sich nach Frankfurt, wo einige seiner Schüler lebten.
- 1587
- Ergänzung des "Hortorum" um 8 Stiche,
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- Umzug nach Wolfenbüttel an den Hof des Herzogs Julius von Braunschweig- Lüneburg (der enge Verbindungen zu den Niederlanden besaß),
- 1588
- Vredeman überwacht die herzoglichen Bauten.
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- Bau der "Neuen Kanzlei" in Wolfenbüttel
(einziges erhaltene Gebäude von Vredeman),
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- Oberleitung bei der Anlage eines Gartens für den Herzog (wahrscheinlich nach Vredemans Entwurf),
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- Prag (Bezahlung für einen Schlossanbau und den Entwurf eines Brunnens),
- 1589
- Entwurf von detaillierten Plänen zur Verbindung Wolfenbüttels mit der Weser für den Schiffsverkehr,
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- Tod des Herzogs, Entlassung Vredemans,
- 1589 - 1591
- Arbeit in Braunschweig
(malt hier einen Epitaph (= Erinnerungsmal für einen Verstorbenen)),
- 1591
- Hamburg, Arbeit an drei größeren Bildern für die Petrikirche,
- 1592 - 1593
- Festungsbaumeister von Danzig
(Auftrag der Stadt, Pläne zu deren Befestigung vorzulegen),
- 1593
- Malaufträge der Stadt Danzig (u.a. 7 Gemälde mit Architekturbildern für den Sommerrathssaal des Rathauses; sind erhalten),
- 1595
- Rückkehr nach Hamburg
(gerät hier in das Spannungsfeld zwischen lutherischen und calvinistischen Exilanten),
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- Auftrag von Hans Lommel, perspektivische Darstellungen und Grotesken zu malen,
- 1597
- Prag,
- Auftrag von Kaiser Rudolf II., im Sommergemach die Decke des "Spanischen Saals" auszumalen,
- Entwürfe für eine Gemäldegalerie des Kaisers,
- Entwurf eines Brunnens für den kaiserlichen Lustgarten.
- 1598
- Rückkehr nach Hamburg (Sohn Paul bleibt in Prag),
- 1600
- Umzug nach Amsterdam (erhält hier das Bürgerrecht),
- 1604
- Den Haag; Herausgabe des Werkes "Perspetiva"
(2 Bände; Vredeman sieht es als sein Vermächtnis an),
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- strebt eine Professur für Architektur und Perspektive an der Universität Leiden an
(wird darin von Prinz Moritz von Oranien unterstützt; seine Bewerbung aber abgelehnt),
- 1606
- Herausgabe der "Architectura",
- 1607
- Rückkehr nach Hamburg,
- 1609
- Tod in Hamburg (?, angegeben werden auch Amsterdam und Antwerpen)
(Paul Vredeman übernimmt die Vormundschaft für die verwaisten Kinder).
Vredeman war hauptsächlich Zeichner und Maler gewesen. Er arbeitete aber auch als Architekt, Festungsbaumeister, Dekorateur und Möbelgestalter. Eine berufliche Trennung, wie wir sie heute kennen, gab es damals noch nicht. Entscheidend in seiner Zeit war seine Fertigkeit im Zeichnen. Sie galt für seine Tätigkeiten als Befähigungsnachweis. Seine künstlerische Bedeutung erlangte er durch
- die damalige internationale Stellung Antwerpens als Kulturmetropole,
- die damalige Professionalisierung des Druckgewerbes (und die Verlegerpersönlichkeiten, für die er arbeitet),
- die damalige Wertschätzung der Illusionsmalerei.
In seiner Zeit wurde ihm unter den flämischen Künstlern eine ähnliche Stellung zugesprochen wie Rubens, Van Dyck, Brueghel d.Ä. oder Rembrandt.
Durch die Brutalität des Herzogs von Alba (1567 ließ er nach der Eroberung Antwerpens allein dort 18.000 Menschen töten) und die sexuellen Gewaltexzesse seiner Truppen setzte eine Emigration der Antwerpener Künstler ein. Sie arbeiteten danach an vielen Höfen Europas und in den freien Reichsstädten, die ihnen eine Zuflucht boten, verbreiteten dort die Motive ihrer Heimat und machten sie zu Vorbildern für ganz Mittel- und Nordeuropa. Über ihre Anpassung an die neuen Umgebungen verhalfen sie so der mit holländischen Augen gesehenen Renaissance dort zu ihrem Durchbruch. Vredeman wurde dabei mit seinen Stichen zum Hauptförderer dieser Entwicklung.
Vredemans Bedeutung liegt hauptsächlich in seiner Fertigung von Kupferstichen und illustrierten Büchern. In Antwerpen soll er allein 26 Bücher als Grafikbände herausgegeben haben. Er stellte in ihnen hauptsächlich Architekturansichten, Baudetails und phantastische Dekorationen vor. Gedacht waren sie als Vorlagen für Architekten und Kunsthandwerker. Kein anderer Künstler hat in Nordeuropa derart umfassend zur Verbreitung von Renaissanceornamenten beigetragen wie er. Er griff alte Anregungen auf, verband sie mit eigenen Gedanken und machte sie druckreif.
Gefördert wurde diese Entwicklung durch das damalige Sammeln von Kupferstichen als künstlerische Arbeiten (so soll u.a. Ferdinand von Tirol 35 Alben mit Kupferstichen besessen haben, davon viele von Vredeman). Geordnet wurden sie in der Regel nach Themenbereichen.
Unter seinen vielen Ornamententwürfen kristallisieren sich drei Themenbereiche heraus:
Antike Ornamente:
Sie haben eine Beziehung zur antiken Welt und damit einen Bezug zur italienischen Renaissance. Hierher gehören u.a. seine architektonischen Bücher (hauptsächlich mit Bezügen zu den Säulenordnungen):
- 1565
- "Den eersten boeck Ghemaect Opde Twee Colomnen Dorica En Ionica" (d.h.: über dorische und ionische Säulen),
- "Das ander bueck Gemacht auff die zway Colonnen Corinthia u. composita"
(d.h.: über die korinthischen und römischen Säulen (Kompositsäulen)).
Diese Säulenordnungen will er nicht verbessern, sie aber um neue Ornamentierungsarten ergänzen. Er will das "Alte" mit dem "Neuen" schmücken. Dabei zerlegt er die Säulen in deren Teile (Postament, Basen, Säulenstümpfe, Kapitelle, Gebälke und Konsolen) und bereichert diese mit figürlichem Schmuck.
- 1577
- "Architectura"
(u.a. mit ergänzenden Illustrationen und Gebäudegrundrissen).
Eine Zusammenfassung seiner Gedanken. Er macht hier die jeweiligen Säulenordnungen in ihren landestypischen Ausprägungen praxisreif. Die "Architectura" besteht aus 5 Teilen. Darin wird jede Säulenart in fünf Varianten vorgestellt (außer der "Composita"). Die angesprochene Zielgruppe sind die "Liebhaber". Vredeman gelingt es hier, die Gestaltungsprinzipien der italienischen Renaissance mit den heimatlichen Traditionen und sozialen Bedingungen zu verbinden. Dieses Buch bleibt bis weit in das 17. Jahrhundert. hinein die einzige Informationsquelle zur Architektur der italienischen Renaissance in Mitteleuropa.
- 1577
- "Theatrum Vitae Humanae"
Hier verbindet er die von Vitruv ausgehenden Dekor- Vorschriften mit den frühbarocken Lebenszeit- und Vergänglichkeitsvorstellungen: D.h.
1. - 16. Lebensjahr: Kindheit >> "Composita" (Gefühl),
16. - 32. Lebensjahr: Jugend >> "Corinthia,
32. - 48. Lebensjahr: reife Frau >> Jonica,
reifer Mann >> Dorica,
Greisenalter >> Tuscana,
(als zusätzliche Ordnung stellt er eine Todesordnung vor: "Ruyne" (Ruine)).
- 1578
- "Archtectura e stuck de Oorden Tusikana)
(d.h.: über die toskanische Säulenordnung),
- 1604
- "Perspectiva"
(2 Bände; sein Vermächtniswerk / Spätwerk: Hier verflüchtigt sich sein sonst pragmatischer, architekturtheoretischer Ansatz in unrealistische Architekturvisionen. Er entwirft hier eine für die Niederlande unrealistische Welt der Loggien und Plätze).
Bücher mit Karyatiden (Gebälk tragende (Frauen-) Gestalten),
Bücher mit Grotesken (für Wanddekorationen).
Universelle Ornamente:
>> Flechtwerk,
>> Arabesken.
"Moderne" Ornamente:
>> Rollwerk
(aus Bändern zusammengesetzt: es wurde für die nordische Renaissance typisch).
Diese Vorlagenbücher ermöglichten den Bauherren eine gewisse Individualisierung ihrer Bauten. Besonders sein Buch "Dorica - Ionica" übte mit seinen geschweiften Giebelkonturen, herausgedrehten Volutenenden und aufgesetzten Kleinarchitekturen in ganz Mittel- und Nordeuropa einen großen Einfluss aus. So wurden diese zu einem Hauptmerkmal der Weserrenaissance, vieler Bauten im baltischen Raum und in der elisabethanischen Architektur in England. In der Neorenaissance des 19. Jhs. erlebten sie in Deutschland erneut eine große Bedeutung (z.B. bei vielen der damaligen Rathausbauten; u.a. dem Rathaus in Hamburg).
Für den Gartenbereich ist Vredemans Bedeutung auf den ersten Blick nicht sofort erkennbar. Von seinen etwa 500 Stichen in seinen Modellbüchern beschäftigten sich nur 28 mit reinen Gartenentwürfen. Allerdings enthalten viele seiner sonstigen Architekturblätter auch Gartenansichten. Sie stellen dann dort meistens nur ein Dekorelement dar, oft ohne ihren Bezug zum Gebäude oder ihren Gesamtaufbau zu zeigen.
Seine Gartenentwürfe werden von der Grundhaltung einer (nur schwer erkennbaren) Übertragung der vitruvschen Säulenlehre auf das heimatliche Stilempfinden getragen. So schreibt er 1577 in seiner "Architectura":
Dass es darum gehe, das "ingenium der Architektur wissen zu accomodieren nach der gelegenhayt dess landts artt und Gebrauch".
Durch seine Überlegungen sieht er sich berechtigt, nordische Ornamente auf die antiken Säulenordnungen zu bringen.
"Denn es schickt sich nicht ubel, wenn man das alte mit dem newen maeßiglich schmucket" (Zitate nach Kruft).
Damit legt er die wesentlichen Grundlagen für den holländischen Garten (verbunden mit einer Ablehnung des klassischen italienischen Grundaufbaus und des französischen Parterres).
Der französische Garten war darauf angelegt, von oben oder aus der Distanz passiv betrachtet zu werden. Er bot ein in sich zusammenhängendes Bild. Der holländische dagegen wollte aktiv durch eine innere Teilnahme (z.B. die Bewunderung der einzelnen Pflanzen) oder Bewegung (z.B. dem Spazierengehen oder Spielen) in ihm erlebt werden. Kleinere Räume boten dafür eine größere Abwechslung. Den einzelnen Pflanzen kam auf diese Weise eine viel größere Bedeutung zu. Nur in Holland konnte z.B. die Bewunderung der Tulpe solche Ausmaße erreichen. In der französischen Gartengestaltung wäre dies undenkbar gewesen. Diese holländische Betrachtungsweise, wie sie auch Vredeman vertrat, war weitgehend auch für den deutschen Raum kennzeichnend, zumal die Stiche Vredemans dieses Empfinden und Denken noch zusätzlich förderten. (Dieses Denken wird heute gerne als damals bereits veraltet, konservativ diffamiert. Doch ist es gerade dieses Denken, das in seinen modernen Formen seit der Reformbewegung vom Ende des 19. Jhs. bis heute unser Gartendenken wieder bestimmt. Über Lichtwark und den "Bauerngarten" hat es uns wieder erreicht. Der Garten Vredemans ist, zugespitzt formuliert, abgewandelt der moderne Garten von heute)
Sein bedeutendes Musterbuch für Gartenanlagen war das Stichwerk "Hortorum viridariorumque elegantes et multiplices". Er orientierte sich darin an den Gärten seiner Heimat (wie es sie damals auch in Deutschland gab). Es war die erste Druckserie in Europa gewesen, die nur Gartenentwürfe zeigte (zwei frühere Gartenbücher waren kurz zuvor (1563 und 1575) von Thomas Hill in England erschienen; evtl. kannte sie Vredeman). Das Erscheinungsjahr ist unklar. Allgemein wird für die Erstausgabe das Jahr 1583 angegeben (nach Auguste Schoy war dies aber das Jahr der zweiten Auflage gewesen und die Erstauflage soll bereits 1565 erschienen sein). Da sie lateinisch betitelt ist, wendete sie sich vorrangig an ein gelehrtes Publikum. Die einzelnen Blätter tragen lateinische Titel (z.B. Dorica, Jonica und Composita, so dass sie auf die klassische Säulenordnung bezogen scheinen, was nur schwer nachzuvollziehen ist:
- Das dorische Parterre scheint eine quadratische Grundorientierung zu besitzen,
- das korinthische dagegen eher labyrinthische Formen aufzuweisen (Es ist teilweise von den ionischen Formen nicht zu unterscheiden; vielleicht in einer größeren Mannigfaltigkeit).
Den Mittelpunkt dieser Gärten bildeten Brunnen, Pavillons oder ein Baum. Sie sind auf der Basis rechteckiger Felder angelegt und bilden mit ihrer architektonischen Umgebung eine Einheit. Als jeweiliger Übergang diente eine Galerie oder Loggia. Ihre Achse (nicht vorrangig betont) ist auf den Zugang des Hauptgebäudes bezogen. Wasser wir verhältnismäßig wenig eingesetzt (z.B. nie als Kanal). Auch gibt es so gut wie keine Skulpturen in seinen Anlagen.
Dieses Buch hatte bei seinem Erscheinen einen großen Eindruck gemacht, weil
- seine Darstellungen perspektivisch ausgerichtet waren,
- seine Beete in geometrischen Mustern so zusammengestellt waren, dass sie zur Betrachtung von Pflanzensammlungen anregten (z.B. von exotischen Pflanzen).
Die Gesamtanlagen setzten sich aus einer Reihe von Einzelgärten zusammen, die durch Laubengänge oder Balustraden voneinander getrennt waren.
Um 1587 ergänzte Vredeman seine Gartenserie um 8 Anschlussblätter. Diese waren jetzt komplexer als die vorangegangenen Radierungen. Auf 6 von ihnen kommt dem Labyrinth eine größere Rolle zu (ausgeführt in Parterreform als Rasenlabyrinthe). Sie sind von Laubengängen umgeben und besitzen einen architektonischen Hintergrund. (z.B. Galerien). Die beiden anderen Blätter bauten sich um einen zentralen Brunnen auf (damit ging Vredeman auf Wünsche der Auftraggeber ein (zuvor bevorzugte man in der Gartenliteratur Küchen-, Kräuter und Baumgärten).
Außer in diesen Gartenserien gibt es noch einzelne Gartendarstellungen in folgenden Serien:
- "Scenographiae" (1560),
- "Artis perspectivae" (1568)
und auf verschiedenen Gemälden: z.B.
Der Einfluss seiner Gartenstichserie auf die mittel- und nordeuropäische Gartenkunst war sehr groß. Seine Darstellungen lassen sich in vielen Entwürfen wiederfinden: Z. B. in
- Theobald's Park (bei London),
- Hortus Palatinus (Heidelberg),
- Buitenhof von Prinz Maurits (Den Haag).
Darüber hinaus haben Vredemans Gartenentwürfe die nachfolgende Entwicklung des formalen niederländischen und norddeutschen Gartens wesentlich beeinflusst.
Seine szenographischen Darstellungen (nonverbale Vermittlungen von Architekturräumen, die für eine leseunkundige Bevölkerung einen besonderen Orientierungswert besaßen) beeinflussten die gesamte mittel- und nordeuropäische Architektur des 17. Und 18. Jahrhunderts. Ohne ihn gäbe es z.B. keine Weserrenaissance wie wir sie heute kennen.
Will man Vredeman etwas Negatives nachsagen, dann kann es sein Verhaftetbleiben am Kleinräumigen sein. Italien kannte bereits den als Einheit gestalteten Garten mit seiner Hauptachse und dem Schmuckbereich (Compartiment) vor dem Schloss. Du Perac brachte diese Gedanken nach Frankreich und sie erreichten hier ihre spezifische Blüte. Im restlichen Europa blieb man noch weitgehend seinen eigenen Traditionen verhaftet, denen dann u.a. Vredeman einen eigenen Ausdruck zu verleihen suchte. Die damit verbundene Kleinräumigkeit macht zwar seine Gärten, bezogen auf die Fürstengärten, nicht mehr zeitgemäß, bezogen auf unsere heutigen Bürgergärten aber hochaktuell.
Quellen
- Borgrefe / Lüpkes / van Beneden (Hrsg.) "Hans Vredeman de Vries und die Renaissance im Norden", München 2002
- Clifford, Derek "Gartenkunst", Reutlingen 1966
- Gothein, Marie Luise "Geschichte der Gartenkunst", Jena 1926
- Hennebo, Dieter / Hoffmann, Alfred "Geschichte der deutschen Gartenkunst", Bd. II, Hamburg 1965
- Kruft, Hanno-Walter "Geschichte der Architekturtheorie", München 1985
- Mosser, M. /Teyssot, G. "Die Gartenkunst des Abendlandes", Stuttgart 1993
- Pevsner / Honour / Fleming "Lexikon der Weltarchitektur", München 1992
- Zimmermann, Petra Sophia "Die Architectura von Hans Vredemann de Vries", München 2002