Er brachte den französischen Barockgarten nach Deutschland.
(Godeau unterschrieb selbst mit "Godo". Später wurde sein Name auf "Godeau" modernisiert).
Über Simon Godeau erfährt man in Büchern über die Gartenkunst kaum etwas, obwohl er es war, der als erster wichtige Gedanken der französischen Gartenkunst nach Deutschland gebracht hat. Vor seiner Zeit (1697) dominierten in der süddeutschen Gartenkunst italienische Einflüsse und in Norddeutschland holländische. Letztere waren gekennzeichnet durch ihre am Quadrat orientierten, additiven Grundkonzeptionen, das Umschlossensein der Erlebnisräume und eine starke Beachtung der Details (die besonders den Pflanzensammlern entgegen kam). In den französischen barocken Gärten, für die besonders der Name Le Nôtre steht, ordneten sich dagegen alle Elemente einer tragenden Grundidee unter (z.B. der Hauptachse), an die Stelle des Quadratischen trat das Langgestreckte, das Rechteck (besonders im Parterre), und als Ebenengarten öffnete er sich jetzt auch wie die Hanggärten Italiens in die Landschaft.
Von Simon Godeau wissen wir:
- 1732
- geboren in Paris (evtl. auch 1630, 1631, ?),
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- Arbeit für Liselotte von der Pfalz in St. Cloud
(= Herzogin von Orléans, Schwägerin Ludwig XIV., Kusine und Patin der Königin Sophie Charlotte von Brandenburg.
Godeau hatte nicht für Ludwig XIV. gearbeitet und damit auch nicht unter Le Nôtre. Er war in Frankreich dessen Zeitgenosse, nicht aber dessen Schüler gewesen. Bezahlt wurde er dort von den "principles Maisons de la France").
- 1694
- Auf Empfehlung von Liselotte von der Pfalz (wegen "seiner Erfahrung, seiner Fähigkeit und seiner Sorgfalt") Berufung nach Brandenburg zur Anlage eines Gartens für die Kurfürstin
(Um ihm den Umzug schmackhaft zu machen, bot man ihm ein für damalige Zeit sehr hohes Gehalt (500 Taler).
Zuständig wurde er für den Lust-, Obst- und Gemüsegarten, die Blumen und die Orangenbäume).
- 1695
- (?) Evtl. Arbeit am Rasenparterre des Berliner Lustgartens,
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- Die Kurfürstin erhält von ihrem Gemahl für die Errichtung eines Lustschlosses in Stadtnähe ein Gelände in einem Spreebogen.
- 1696
- Ernennung zum "Designateur et Conducteur des nos dits Jardins de Lützenbourg". Noch im gleichen Jahr legt er Pläne für den Garten vor, die Le Nôtre zur Begutachtung nach Paris geschickt wurden.
(Die Kurfürstin, die gerade in Holland in Het Loo weilte, lehnte Le Nôtres Vorschläge wegen zu großer "Einfachheit" ab. Ob dies Korrekturen oder Gegenentwürfe waren, ist unbekannt. Sie sind nicht erhalten geblieben. Le Nôtres Einfluss auf diesen Garten dürfte damit, wenn überhaupt, sehr gering gewesen sein).
- 1697 - 1698
- Beginn der Arbeiten für den Schlossgarten von Lietzenburg,
- 1698
- Wusterhausen:
Geschenk von Friedrich III./I. für den zehnjährigen Kronprinzen;
Godeau legt danach den dazu gehörenden Garten an,
- 1701
- wahrscheinliche Beteiligung an der Modernisierung des Potsdamer Lustgartens,
- 1705
- Unerwarteter Tod der Königin.
Ihr Gemahl übernahm Godeau in seinen Dienst (unterstellt unter die Aufsicht seines Gartenintendanten Johann Christian Kracko),
- 1706 - 1707
- Ruhleben: Der König erwarb hier ein Gelände (heutige Trabrennbahn), auf dem Godeau einen Garten schuf,
- 1709
- Heirat von Anna Catharina Eberhart (im Januar, Charlottenburger Bürgertochter),
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- Geburt der Tochter Luisa Charlotta (September),
- 1710
- persönlicher Tadel durch den König wegen eines zu starken Rückschnitts der Linden;
im April schriftlicher Gnadengesuch Godeaus (er hätte die Bäume nur so beschnitten, wie es in Frankreich üblich sei),
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- Ende Mai übernimmt ein anderer Gärtner Godeaus Arbeitsplatz,
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- in einem Rechtfertigungsprozess wendet sich der Intendant Kracko gegen Godeau,
- 1711
- Entlassung "wegen ungebührlichen Verhaltens.
Godeaus Name ist mit dem Schloss Charlottenburg verbunden, heute ein Wahrzeichen der Stadt Berlin und die einzige erhaltene, städtische Residenz der preußischen Könige.
Schloss und Garten von Charlottenburg
Der damalige Kurfürst Friedrich III. hatte 1694 das Gelände in einem Spreebogen in der Nähe des Dorfes Lietze seiner Gemahlin für die Errichtung eines Lustschlosses zur Verfügung gestellt. Noch im gleichen Jahr plante Sophie Charlotte mit Johann Arnold Nering das Schloss (genannt "Schloss Lietzenburg"):
- 1696
- Baubeginn des Schlosses,
- 1697 - 1698
- Hinzuziehung des schwedischen Hofarchitekten Nicodemus Tessin d.J. bei der Bauplanung
(die Kurfürstin wünschte sich ihre Privaträume im Erdgeschoss, in Gartennähe. Dafür musste das bisher vorgesehene Treppenhaus geändert werden. Nering war gestorben, Tessins Pläne wurden beim Weiterbau nicht berücksichtigt),
- 1700 - 1701
- Errichtung der Seitenflügel
(wahrscheinlich nach Entwürfen von Andreas Schlüter, unter der Aufsicht von Johann Friedrich Eosander (von Göthe), einem Schüler Tessins),
- 1702 - 1708
- Umgestaltung zu einer monumentalen Dreiflügelanlage nach Plänen von Eosander,
- 1705
- nach dem Tod der Königin benannte der König das Schloss "Charlottenburg" und machte es zu seiner Sommerresidenz,
- 1708 - 1713
- Erweiterung des Schlosses um Turm und Orangerie.
In Charlottenburg schuf Godeau den ersten französischen Garten in Deutschland (allerding noch mit stark holländischen Einflüssen, die dem Geschmack der Königin entsprachen:
Sophie Charlotte schrieb 1696 an ihre Mutter, nachdem sie die Korrekturen, bzw. Pläne von Le Nôtre erhalten hatte und gerade in Holland im Garten von Het Loo weilte:
"Ich sah dort (Het Loo) einen Garten, der als vollendet gelten darf, und ich müsste viel Zeit haben, um eine Beschreibung davon zu geben. Er hat mich so entzückt, dass ich von den elf Stunden meines Aufenthalts neun zum Umgehen verwandte und mich nur bei den Mahlzeiten niedersetzte. ….. Es ist die große Abwechslung, die dem Besucher Freude macht"
(zitiert nach Wimmer /Schaefer in "Sophie Charlotte und ihr Schloss").
Godeau
- legte im Garten drei verschiedene Höhenebenen an
(die Terrasse vor dem Schloss war z.B. fünf Stufen höher als das übrige Gelände),
- schuf das Parterre nach französischen Maßstäben (2 ½ x so lang wie breit; ein Rasenkreuz aus Rasenbahnen),
- schuf das Wasserbecken als Hafen für die von der Spree eintreffenden Schiffe.
In Godeaus erstem Entwurf (Original verschollen, nach einem neu entdeckten Entwurf aus dieser Zeit) waren bereits vorgesehen gewesen:
- das Parterre (in anderen Proportionen als später ausgeführt),
- zwei symmetrische Bosketts (sie bezogen sich auf halbkreisförmige Treillagegebäude an den Schlossseiten),
- der "Karpfenteich" (ca. 1/3 kürzer als das später ausgeführte Wasserbecken),
- Lindenalleen von den Endpunkten der Galerieflügel,
- Alleen als Zwischenstücke der Enfiladen (Raumfolgen im Schloss),
Holländisch orientiert waren:
- das Skulpturenangebot,
- die Treillagegebäude,
- die seitlichen "jardins secrets".
Einmalig war bis dahin das Rückgrat des Entwurfs, die drei Sichtachsen (patte d'oie), die sich im ovalen Saal des Schlosses trafen (das hatte es bis dahin auch in Frankreich nicht gegeben):
- Die Längsachse stieß im rechten Winkel auf die Berliner Ost-West-Achse (= Kaiserdamm - Unter den Linden - Berliner Schloss),
- die rechte Schrägachse führte zum Schloss Niederschönhausen,
- die linke zur Festung Spandau (später ergänzt).
Nach dem Tod der Königin ließ der König Godeau
- in der Verlängerung der Boskettachse ein Orangerie errichten,
- auf einer vierten Ebene (im Bereich des zuvor vorgesehenen Küchengartens) eine Reihe von Spielstätten anlegen:
- 3 chinesische Angelhäuser (erste chinoise Bauten in Deutschland),
- 1 Fasanengarten,
- 1 Menagerie,
- 1 Marstall (Gebäude für Pferde, Kutschen und Geschirr).
Die Kurfürstin und spätere Königin Sophie Charlotte lebte in ihrem Schloss von 1699 bis 1704 und machte es in dieser kurzen Zeit zu ihrem "Musenhof". Durch sie stand das Schloss Charlottenburg für die aufklärerische Seite des preußischen Staatsgebildes (während der Aufbau der preußischen Militärmacht durch ihren Sohn für eine andere Seite steht). Sie pflegte dort ihre Eigenständigkeit, indem sie sich neben der Ausrichtung von Festlichkeiten besonders für Musik, Theater, Philosophie und Gartenkunst interessierte.
Neben einer barocken Hofhaltung gestattete ihr der Kurfürst den Aufbau ihres Kulturmittelpunktes (d.h. Tätigkeiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit, die machtpolitisch funktionslos waren). Eine besondere Bedeutung hatte dabei ihre persönliche Beziehung zu Leibniz, mit dem sie die Berliner "Akademie der Wissenschaften" gründete. Sie hatte ihn bereits aus ihrer Zeit in Hannover gekannt (als Tochter der dortigen Kurfürstin Sophie), ihn nach Berlin eingeladen und später einen intensiven Briefwechsel mit ihm unterhalten, u.a. über Themen wie: "Fragen der Freiheit", die "Determination menschlichen Handelns" und die "Rechtfertigung Gottes". Dabei bewahrte sie immer ihre geistige Unabhängigkeit. Sie pflegte an ihrem Hof eine philosophische Streitkultur, zu der sie sowohl Freidenker wie auch den jesuitischen Beichtvater des polnischen Königs einlud. In Lietzenburg herrschte eine intellektuell geprägte Geselligkeit auf einem anspruchsvollen Niveau. Umgeben von einer "türkischen Dienerschaft" (es herrschte gerade die Türkenmode), orientierte man sich hier nicht, entgegen der allgemeinen Meinung, am französischen Zeremoniell, sondern an dem kaiserlich-habsburgischen (wie es bei den Bestattungsfeierlichkeiten für sie besonders deutlich wurde).
Wusterhausen
Geschenk des Kurfürsten Friedrich III. für den zehnjährigen Kurprinzen Friedrich Wilhelm 1698. Den dazu gehörenden Garten legte Godeau an:
"Der barocke Garten war mit Parterre, Fontäne, Skulptur und Orangerie reich ausgestattet. Wusterhausen war nichts weniger als ein Modell-Königreich für den Thronfolger und musste deshalb einem hohen Standard entsprechen. Obwohl nicht vollständig rekonstruierbar, wird die besondere künstlerische Qualität des Gartens durch Achsbezüge und Wiederholungen Charlottenburger Motive deutlich. Die Zuschreibung an Godeau darf als gesichert gelten. Godeau hat, bei im Vergleich zu Charlottenburg sehr eingeschränkten Möglichkeiten, das Optimale aus der Wusterhausener Situation gemacht" (Wimmer / Schaefer 1999).
Garten von Ruhleben
Der König erwarb das Gelände um 1706/1707 (heute das Gelände der Trabrennbahn Ruhleben). Der Garten wurde nachweisbar von Godeau gestaltet, doch lässt sich heute über sein Aussehen nichts Genaueres sagen.
Darüber hinaus wird eine unbekannte Beteiligung Godeaus an den königlichen Gärten von Friedrichsfelde, Fürstenwalde und Altlandsberg vermutet.
Der Einfluss Godeaus auf die deutsche Gartenkunst wird deutlich, wenn man die Vielzahl der Übernahmen aus seinen Gärten betrachtet: z. B.
Die Parterrelösung mit zwei Paar gestreckten Feldern um ein quadratisches Mittelteil Man findet sie u.a. in Ansbach, Eutin, Pillnitz, Salzburg, Schwetzingen und einem Idealentwurf Diesels.
Quellen
- Hansmann, Wilfried "Gartenkunst der Renaissance und des Barocks", Köln 1983
- Hennebo, Dieter / Hofmann, Walter "Geschichte der deutschen Gartenkunst", Bd. II. Hamburg 1956
- Mosser, M. / Teyssot, G. Die Gartenkunst des Abendlandes", Stuttgart 1993
- Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten (Hrsg.) "Sophie Charlotte und ihr Schloss - Ein Musenhof des Barocks in Brandenburg-Preußen", Berlin 1999