34. Matthäus Daniel Pöppelmann (1662 - 1736) | ||||
Er ist der Schöpfer des Dresdener Zwingers (einer Orangerie und des dazu gehörenden Gartens !) und gilt als der Vater des Dresdener Barocks. Kaum jemand dürfte Pöppelmann zu den Gartenkünstlern zählen, wie auch kaum jemand den Zwinger, entstellt wie er sich jetzt darbietet, zu den barocken Gartenkunstwerken zählen wird. Nach Pöppelmanns Intentionen war er aber als ein solches gedacht gewesen. Über Pöppelmanns Biographie ist bekannt:
Um Pöppelmanns Arbeitssituation in Dresden besser zu verstehen, muss man zwei seiner Arbeitsbedingungen kennen:
Die ersten Pläne für die neue Residenz waren bereits vor 1710 fertig gewesen. Zum Studium bereits fertiger Anlagen wurde Pöppelmann nach Wien, Salzburg und Italien geschickt und dann fünf Jahre später auch nach Paris, Belgien und Holland. Sein Auftrag war
"itzige Art des Bauens so wohl an Palästen als Gärten zu ersehen, absonderlich aber die ihm mitgegebenen Risse zu hiesigen Schloß-Bau mit den vornehmsten Bau- Meistern und Künstlern zu überlegen".
Durch die wechselnden politischen Verhältnisse um die polnische Krone und immer neue Überlegungen des Königs kam es dann nicht zu der zunächst geplanten Residenz.
Pöppelmanns Hauptwerke sind: Der "Zwinger" Er ist ein Gartengebäude, stellt das prächtigste Festgebäude des Barocks dar und ist "eines der bedeutendsten Zeugnisse der europäischen Kultur" (Stephan). Seinen Namen erhielt er nach einem Zwinger, der hier zuvor stand. Den Auftrag für seine Planung erhielt Pöppelmann 1709 mit dem Ziel, für die Pomeranzensammlung des Königs neben der Festungsmauer eine Orangerie und einen Stellplatz zu errichten.
Als eine Kulturleistung der Gartenkunst wird die Anlage heute kaum noch wahrgenommen, weil ihr die einstigen Pöppelmannschen Gartenbeziehungen fehlen. Sie wurde ursprünglich als reine Orangerie konzipiert. Pöppelmann verstand sie als einen Garten (verbunden mit einer symbolischen Darstellung der imperialen Ansprüche des Königs). Deshalb die großen Glasfenster und Satyrhermen als traditionelle Motive für Gartenskulpturen. In den Bogengängen trugen die Satyrn die Pflanzkübel als Ausdruck der Überwindung der Natur durch die Kunst. Pflanzen und Bauwerk sollten sich durchdringen (sie standen u.a. auch auf den umlaufenden Galerien."Die Sphären des Architektonischen und des Vegetablen verschmelzen (sich hier) zu einer kaum noch zu überbietenden Einheit" (Hennebo).
"Frucht=Schnüre, Blumen=Gehänge; Sieben=röhrige Pans=Pfeiffen, Laubwerke, Blumen=Sträuße, Frucht=Körbe und so mannicherley nach der Art der Alten ausgehauene Töpfe und Gefäße; wie auch …. Jahres=Zeiten, Wasser=Nymphen, Fluß=Götter, Meer=Pferde, Zephiren, Liebes=Götter, Faunen, Satyrn".
Er sah als Vorbild für seinen Entwurf römische Anlagen:
"darinnen man zu öffentlichen Siegs = Lust = und Pracht = Aufzügen auch zu Vollziehung aller Ritterlichen Leibes = Übungen zu Fusse, zu Pferde oder zu Wagen die vollkommenste Beqvemlichkeit hatte. Eben so ist auch dieses Gebäude des Königl. genannten Zwinger = Gartens dermaßen kunstreich angelegt, daß es alles dasjenige in sich begreifft, was in jetzt erzehlten Römischen Erfindungen prächtiges oder nützliches vorgekommen, daß man die heutige Bau = Arth genau dabey beobachtet.
Denn, außer den verschiedenen großen Speiß = Spiel = oder Tantz = Sälen, kleinern Zimmern, Bädern, Grotten, Boden = Stellungen, Lust = und Spatzier = Gängen, Baum und Säulen = Reihen, Graß = Blumen = Beeten, Wasser = Fällen, Wasser = Strahlen und andern Kunst = Wassern, Lust = Plätzen, Ruhe = Bänken, Brust = Geländern und den anstoßenden prächtigen Opern = und Comoedoen = Hause; beschliesset das gantze Gebäu zusammen, wie aus dem Haupt = Grund = Riß auf dem Kupffer = Titel zu ersehen, einen so ansehnlich länglicht = runden Platz, daß in demselben nicht nur die fast unzehlbare des Winters in den Gallerien verwahrte Bäume zur Sommer = Zeit beqvemlich in schönster Ordnung ausgesetzt; sondern auch alle Arthen öffenlicher Ritter = Spiele, Gepränge und andere Lustbarkeiten des Hofes angestellet worden". "Die sämtlichen Gebäude sind durch eine rings herum geführte Gallerie miteinander vereinigt, darauf findet man nicht nur die schönsten Spatzier-Gänge, nach der Ordnung gesetzte Linden-Reihen, grüne Wälle, anmuthige Gebüsche, Wasser = Fälle, Spring = Brunnen, Bild = Säulen, Blumen = Töpfe, Graß = Bänke und dergleichen, sondern es pflegen auch in diesem mitten in der Stadt und gantz nahe am Schlosse liegenden Garten, bey angenehmer Jahres = Zeit, bis in den späten Abend die vornehmsten Dames und Cavaliers vom Hofe und viele Einwohner der Stadt spatzieren zu gehen, welche sich an den lustigen Aussichten nach allen vier Himmels = Gegenden daselbst ergötzen" (Pöppelmann). Zu diesen formalen Bezügen treten symbolische. Das ganze Werk ist ein Hohelied auf den König. Hier als ein zweiter Herkules dargestellt, dem Beschützer der Musen und der Künste. Das gesamte Gebäude ist nur als ein ikonographisch durchsetztes Symbol fürstlicher Selbstdarstellung zu verstehen. Der ganze Garten diente der Vergöttlichung des Herrschers. Ursprünglich sollte der Herkules mit der Weltkugel nicht auf dem Wallpavillon, sondern oberhalb der vier Adler auf dem Kronentor stehen (die Adler hier als höchste Hoheitszeichen und Wappenvögel des Heiligen Römischen Reiches; dies auch aus der Rivalität zur brandenburgischen Rangerhöhung durch den preußischen Königstitel zu verstehen). Das Bildprogramm des Wallpavillons stellt hauptsächlich die Verdienste des Herkules in den Vordergrund, das Kronentor seinen Triumph:
"Da nun unter den güldenen Aepfeln, welche der Welt = Träger Atlas, als Ober = Aufseher der Hesperiden, durch einen Drachen, dem Vorgeben der Dichter gemäß, bewachen lassen, von vielen eigentlich nichts als wahrhaftige Pomerantzen = Aepfel verstanden werden; Herkules aber, an des Atlas Stelle, nachmals die Welt selbst unterstützt, auch mit diesem Zierath, welchen er aus den Hesperischen Gärten entwendet, numehro die hiesige königliche Orangerie ausschmücket: So hat man seine Bild = Säule theils eines Ober = Aufsehers desselben, theils als eines Welt = Unterstützers, wie der die Himmels = Kugel auf seinen Schultern träget, in Abzielung auf die damahlige Reichs = Statthalterschaft unsers Heldenmüthigsten Königs, in der Höhe über der grossen Treppe aufgestellet" (Pöppelmann). Der ganze Zwingerentwurf baut sich inhaltlich und formal auf einem Gartengedanken auf. Die gesamte Anlage bezieht sich in Verbindung mit einem herrschaftsbezogenen Figurenprogramm symbolisch auf den Hesperidengarten, - hier in der Form einer Orangerie und des dazu gehörenden Gartens. Von daher wäre wahrscheinlich eine vollständige Rekonstruktion der Idealanlage im Sinne Pöppelmanns zum besseren Verständnis dieses Kunstwerks notwendig. Jetzt ist es nur ein amputiertes Relikt, dessen eigentliche Bedeutung als Garten kaum noch nachempfunden werden kann. (siehe dazu auch Peter Stephan "Neuschöpfung oder Ergänzung"). Die Vorbilder für diesen Garten kamen weitgehend aus Italien:
Garten des "Japanischen (Holländischen) Palais" 1715 ließ sich der Premierminister Graf von Flemming am Elbufer ein Landhaus errichten. Weil er es an den holländischen Gesandten vermietete, wurde es zunächst "Holländisches Palais" genannt. 1717 kaufte es sich der König für die bevorstehenden Hochzeitsfeierlichkeiten des Kronprinzen und ließ dafür Schloss und Garten von Pöppelmann verändern und erweitern. 1719 wurde hier dann die Hochzeit der Kaisertochter gefeiert, die einen ihrer Höhepunkte in der berühmten Feuerwerkspantomime "Die Eroberung des Goldenen Vlies" hatte. 1727 wurde dann das Schloss noch einmal erheblich erweitert, weil es die chinesische, japanische und Meißner Porzellansammlung des Königs aufnehmen sollte. Pöppelmann schuf im Garten
Von diesem Garten gibt es eine Fülle an Plänen und Ansichten in vielen Bearbeitungszuständen. Erhalten geblieben sind nur vom Schloss der Elbflügel und der Arkadenhof. Garten von Großsedlitz Dieser Garten gilt als der großartigste August des Starken und nach Hennebo als der eigenwilligste in der deutschen Gartenkunst. 1723 erwarb der König das einstige Rittergut Groß-Sedlitz als dreiflügelige Schlossanlage mit einer Orangerie und einem Gewächshaus (an der Stelle der heutigen "Unteren Orangerie"). Er veranlasste den Abbruch der vorhandenen Gebäude und beauftragte Pöppelmann mit den baukünstlerischen Arbeiten und Longuelune mit den gartenkünstlerischen. 1726 war für die Gesamtkonzeption ein Idealplan erstelllt worden (von Pöppelmann ?, gesichert nicht von Longuelune). Das Schloss sollte an der Talkannte errichtet und von Pavillons und Bosketts umgeben werden. Die Symmetrieachse war aufwendig ausgeformt vorgesehen und sollte sich als Kaskade auf dem Gegenhang fortsetzen.. An beiden Seiten des Schlosses waren Orangerien geplant worden und die zu ihnen gehörenden Gärten parallel zueinander ausgerichtet. Von diesem Entwurf kam aus Kostengründen zunächst nur ein Bruchteil zur Ausführung. 1727 vereinigte man bereits Vorhandenes, den Idealplan und Überlegungen aus verschiedenen Entwurfsunterlagen für die weiteren Arbeiten. Man verzichtete danach auf den Palast und setzte an dessen Stelle die "Obere Orangerie". Sie wurde damit für den ganzen Garten zum ordnenden Orientierungsgebäude. Vor ihr befand sich ein Broderieparterre. Eine beidseitig von Treppen begleitete Kaskade führte ins Tal. Vom Gegenhang sollte eine Gegenkaskade sich auf sie beziehen (sie wurde wahrscheinlich nie gebaut). Nördlich von der "Oberen Orangerie" und ihrem Parterre war eine Rasenfläche. An deren Talkante befand sich die "Untere Orangerie" und unterhalb von dieser das Orangerieparterre (ihre Mittelachse wurde durch 2 Kanäle mit zahlreichen Springbrunnen betont). Sie endete in einer Treppenanlage von Pöppelmann (der "Stillen Musik", benannt nach den musizierenden Putten auf den Podesten). Neben diesen beiden Hauptgärten befanden sich Boskettgärten:
Kennzeichnend für den bereits fertiggestellten Gartenteil wurde, dass er aus zwei Parallelanlagen in einer Talsenke besteht, einem südwestlichen und einem nordöstlichen Teil. Vieles an ihm erinnert an die italienischen Gärten von Frascati. Die Erschließung der Gartenräume durch seine Treppenanlagen galten als ein Meisterwerk Pöppelmanns. Bewundert wurden an diesem Garten auch die Geländemodellierungen für die Wege und die Standorte der Skulpturen (insgesamt sollen hier einst 360 gestanden haben, weitgehend aus der Schule Balthasar Permosers), die jährlich gegen die Witterung mit weißer Farbe übergestrichen wurden und so den Anblick wie aus Porzellan boten Heute fehlen darüber hinaus die Latten- und Eisenwerke, die früher die Boulingreens und Figuren umgaben oder als Pavillons dienten. Ihre Pflege war kostenmäßig zu aufwendig geworden. Garten von Pillnitz
("maison dans gêne", "Haus gegen Sorgen")
Um 1712 hatte sich die Gräfin Cosel an dieem Ort einen Heckengarten zum Spielen anlegen lassen. 1720 übernahm ihn der König und ließ ihn durch Pöppelmann ausbauen (1724 kam Longuelune hinzu).
Flankiert wurden beide Schlösschen von Gewächshäusern für die Kübelpflanzen. Dazwischen befand sich ein Gartenhof, der dem des Zwingers ähnelte. Um diesen Kern befanden sich die Spielanlagen:
Insgesamt gab es 44 verschiedene, zeitgemäße Spielanlagen für "vielerley die Zeit verkürzende Lust-Spiele, ein nettes Comedienhaus, ein wohlangelegter Platz zum Carusel- und Ringelrennen, zum Scheiben-, Bogen- und Schnepperschießen; ferner allerhand lusterweckende Kunstmaschinen, Schwungsäulen, Drehräder" (J.H. Dielhelm nach Hennebo). Zwischen den vorderen Heckenquartieren befanden sich 10 Schaukeln. Dieser Garten sollte völlig frei von einem höfischen Zwang sein, nur allein einer spielenden Abwechslung dienen. Moritzburg Moritzburg war das Jagdschloss der sächsischen Fürsten gewesen. Durch seine Allen und Schneisen war es mit dem umliegenden Wald, der als "grand parc" diente, verbunden. Bereits 1691 hatte man ihn für die Schaffung eines Schneisensystems vermessen. Von Dresden führte eine Allee über eine Zugbrücke und ein skulpturengeschmücktes Terrassensystem über eine weitere Brücke zur Schlossinsel. In Moritzburg wurden glanzvolle Jagden veranstaltet (u.a. mit mehreren 100 Stück Hochwild), Masken- und Wasserfeste gefeiert und Aufzüge und pyrotechnische Spiele abgehalten. Der Ausbau von Schloss und Garten gehörten zu Pöppelmanns Aufgaben (ab 1722 wurde ihm der Gärtner Georg Meister zur Seite gestellt). Ab 1728 wurde seitlich vom Schloss ein Fasanengehege angelegt. Pöppelmann war der erste bedeutende Architekt in Deutschland, der nicht, wie besonders in Italien, zunächst als Künstler oder wie in Deutschland als Militäringenieur (Welsch, Neumann, Schlaun) gearbeitet hatte, sondern sich innerhalb einer Behörde hocearbeitete. Dabei fällt es schwer, seine jeweils persönlichen künstlerischen Leistungen von denen seiner Mitarbeiter abzugrenzen. Quellen
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