35. Johann Balthasar Lauterbach (1663 - 1694) | ||||
Er entwarf Schloss und Garten von Salzdahlum, der vielleicht prächtigsten und einflussreichsten Schlossanlage in Norddeutschland (u.a. Vorbild für den "Großen Garten" in Hannover). Salzdahlum steht für das wichtigste Barockschloss in den welfischen Ländern (d.h. dem Bereich Hannover - Lüneburg - Braunschweig - Harz). Das bereits vor 200 Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen wurde und heute kaum noch etwas daran erinnert, ist es fast völlig in Vergessenheit geraten und wird nur noch gelegentlich in Verbindung mit seiner Pracht und seinem Vorbildcharakter für andere Anlagen genannt. Auch sein Schöpfer J.B. Lauterbach ist so gut wie vergessen, und die von ihm entworfenen Bauten werden Hermann Korb zugesprochen. Über Johann Balthasar Lauterbach wissen wir
Darüber hinaus plante er die Verstärkung der Befestigungen der Stadt Wolfenbüttel. Lauterbach gehörte zu den wenigen Architekturtheoretikern, die ihre Überlegungen, wie er sie in seinen Traktaten darstellte, auch in der Praxis umsetzen konnte. In ihrem Mittelpunkt standen die Säulenordnungen. Zunächst hatte er die ionischen bevorzugt, sich dann aber verstärkt der toskanischen und dorischen zugewendet. Er gründete ihre Proportionierung auf der musikalischen Harmonielehre. "Lauterbachs erste Fassung der Zivilarchitektur ist ein ganz und gar eigenes Werk, das zwar aus den verschiedenen Strömungen der zeitgenössischen Architekturtheorie manche wertvollen Anregungen und Erkenntnisse übernommen hat, aber niemals einer einzelnen Richtung vollkommen folgt. So wie im architekturpraktischen Werk, ----, in dem diese hier aufgestellten Erkenntnisse Anwendung finden, bleibt er in Theorie und Praxis ein souverän Handelnder" (Grote 1995). Das Hauptwerk von Lauterbach sind Schloss und Garten von Salzdahlum. Schloss Salzdahlum
(Name nach dem Dorf Salzdahlum; es liegt zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel; bis 1853 befand sich hier ein Salzbergwerk)
Insgesamt wurde das Schloss von Salzdahlum in drei Bauphasen errichtet:
"Zusammenfassend lässt sich feststellen, ----, dass die Planungen zum Schlossbau von Salzdahlum auf J.B. Lauterbach zurückgehen, dass innerhalb der Vorplanungen Wünsche und Ideen des Herzogs berücksichtigt wurden und dass die Bauausführung durch den Bauvogt Hermann Korb vollzogen wurde, wobei es unklar bleibt, welchen Anteil dieser an den Planungen hatte" (Grote 1995).
Fürst Anton Ulrich zu Braunschweig-Wolfenbüttel (1633, reg. 1685 - 1714): Agierte politisch nicht sehr glücklich. Unterlag im Streit um den Vorrang unter den Welfenlinien gegenüber den Hannoveranern. Feierte opulente Feste und führte einen luxuriösen Lebensstil. Förderte die Künste: Erweiterte die von seinem Vater gegründete Bibliothek in Wolfenbüttel (damals die größte in Deutschland) und errichtete in Braunschweig eines der damals größten Opernhäuser, besaß eine große Gemäldesammlung (um 1800 gehörten zum Schloss ca. 1050 Gemälde), war selber einer der bedeutendsten Schriftsteller des Barocks (religiöse Lyrik, 14 Libretti für Opern, Singspiele und Ballette, 2 Romane: u.a. "Die römische Octavia" mit ca. 7000 Seiten. Er gilt als der Begründer des deutschen historischen Romans, weitschweifiger, pedantischer Stil. kaum jemand hat ihn gelesen). Er war ein großer Italienliebhaber (6 Reisen). Die dort empfangenen Eindrücke verarbeitete er in seinem Roman und in seinem Schloss (hier besonders Scamozzis Villa Verlato) und teils auch in seinem Garten.
Hermann Korb (1656 - 1735, gelernter Tischler), zunächst Bauleiter ("Bauvogt") unter Lauterbach, 1704 sein Nachfolger, beendete viele seiner Bauentwürfe; prägte durch seine 40jährige Schaffenszeit das Bauwesen im Herzogtum Braunschweig- Wolfenbüttel. Viele Entwürfe Lauterbachs wurden ihm lange zugesprochen. Er konnte nicht zeichnen, sondern arbeitete mit Modellen. Die Kernbauten des Schlosses umfassten eine Fläche von 70 x 140 m. Sie wurden von einem 13 m breiten Wassergraben umgeben. Ihr Herzstück bildete eine Grottenanlage als "sala terrena" zwischen den Mittelrisaliten (ca. 31,5 x 17 m groß. Sie erstreckte ich über 2 bzw. 3 Etagen. Wahrscheinlich orientierte man sich bei deren Bau an antiken Vorbildern (dem Pantheon auf der Akropolis). Sie war an ihren Enden im Osten (zum Hof) mit einem Treppenhaus und nach Westen (zum Garten) mit einer Gartenhalle verbunden. Von hier erreichte man über eine Gartentreppe die Terrasse. Das ikonographische Programm dieses Schlosszentrums ist heute nicht mehr bekannt. Da das Schloss aus Fachwerk auf einem nassen Gelände errichtet worden war (aus Stein war nur das Untergeschoss des Mittelrisaliten des Corps de Logis (hervorgehobene Hauptgebäude), erforderte seine Unterhaltung einen großen Aufwand, den nachfolgende Generationen nicht mehr zu leisten bereit waren, so dass es schnell baufällig wurde. Napoleons Bruder Jérôme schenkte es der Stadt Braunschweig, damit sie damit ihre Schulden, die sie seinetwegen aufgenommen hatte, teilweise abtragen konnte. Sie ließ es 1813 abreißen. Heute ist von dem Schloss (außer einem Torhaus und der ehemaligen Reitbahn (jetzt Lagerschuppen)) nichts mehr erhalten. (Die Unterstellung, dass Salzdahlum sich mit Versailles verglichen hätte, ist falsch (richtiger wäre dies beim Braunschweiger Residenzschloss, dessen Bau dann aber nicht den ersten Planungsvorstellungen folgte)). Garten Salzdahlum
(ca. 14 ha groß bei einer maximalen Länge von 400 m; Im Vergleich: der "Große Garten" von Hannover umfasst 50,2 ha und ist 905 x 555 m groß. Der Salzdahlumer Garten umfasste danach nur etwas mehr als ¼ des hannoverschen Gartens. Er muss eine intimere Ausstrahlung besessen haben).
Der Fürst hatte hier seine Garteneindrücke, die er besonders auf seinen Reisen in Italien und Holland gewonnen hatte, in seinem Garten zu vereinen gesucht. Die Kurfürstin Sophie von Hannover hatte diesen Garten bewundernd ein "Paradies auf Erden" genannt. Das Schloss und der Garten bildeten eine Einheit. Wenn man durch den Mittelrisaliten in den Garten trat, gelangte man zunächst auf eine hofartige Terrasse (57 x 31,5 m). An ihren Ecken zum Garten standen je ein zweistöckiger Pavillon. An den Seiten befanden sich einstöckige Galerien, deren Dächer begehbar waren. Zur Gartenseite waren sie als offene Erdgeschossarkaden ausgeführt worden. Wegen ihrer Skulpturen wurden sie Flussgalerien genannt. Auf der Terrasse selber befanden sich zwei achteckige Rasenstücke mit je 8 Vasen an ihren Ecken und einer Sonnenuhr im Zentrum. Die Flussgalerien waren 26,5 m lang. In ihren mittleren Nischen befanden sich halbrunde Brunnenbecken, die als Quellgrotten gestaltet waren. Die Gartenterrasse öffnete sich in voller Länge zum Parterre (eine ursprünglich vorgesehene Balustrade als Abschluss wurde nicht errichtet). Es war von hufeisenförmigen Erdwällen umgeben (später wurden sie durch steinerne Stützmauern gefasst, in die zwei Grottengebäude eingefügt wurden) und beinhaltete 12 aufwendige Broderiebeete. In den Schnittpunkten der 3 Längs- und 3 Querwege befanden sich 5 Fontänen, von denen die mittlere höher als die sie umgebenden war und durch eine Figurengruppe betont wurde (Amphion auf dem Walfisch). An den Ecken der Broderiequadrate waren Puttifiguren und um den mittleren Fontänenbrunnen 8 Großskulpturen. Die Einfassungswege des Parterres wurden mit Vasen auf Podesten (dorisch gestaltet) akzentuiert. Den Abschluss des Parterres bildeten zwei quergestellte Teiche. Der anschließende Boskettbereich wurde an der Hauptachse, ihrem Hauptzugang, von zwei Fechterfiguren bewacht. Das Boskett selber bestand aus vier rechteckigen, relativ identischen Quartieren mit einem achtsternigen Wegesystem und einem zentralen, mittleren Platz, auf dem sich je ein Obelisk befand. Die alleenartig gestaltete Hauptachse besaß in ihrer Mitte eine runde Vertiefung, die mit den Büsten antiker Dichter und Philosophen auf Stelen umstellt war. Am Ende der mittleren Querachse des Boskettbereichs lag eine Eremitage (im "style rustique" wie die "sala terrena" im Schloss und der Parnass). Sie bestand aus mehreren Räumen (einem Schlafraum, einer Höhle mit einer Eremitenattrappe u.a.). Hier wurden Visionen umgesetzt, wie sie der Herzog in seiner "Römischen Octavia" geschildert hat. Als ihr Gegenüber am anderen Ende der Querachse befand sich das Gartentheater. Auch dieses mit vielen Skulpturen versehen. Hinter der Boskettzone befand sich in der Hauptachse als Musenberg der Parnass, hinter dem sich der Garten apsidenförmig schloss. Diese Hauptachse wurde hinter dem Garten wieder aufgegriffen und führte als Allee über den Bergrücken des Lechtumer Holzes bis nach Wolfenbüttel. Das Ende des Gartens bildete eine von ionischen Doppelsäulen gerahmte Toranlage, die zum Schloss hin den Durchblick über die zentrale Hauptachse auf das Corps de Logis des Schlosses ermöglichte. In den verbleibenden seitlichen Gartenflächen befanden sich Obstquartiere und Nutzgärten. An der westlichen Schmalseite und der nördlichen Längsseite waren Grotten, die auf die Wegeachsen bezogen waren. Insgesamt standen im Garten 160 Skulpturen. Der ganze Garten war von einer Lindenallee umgeben. Dieser ganze Garten gliederte sich deutlich in zwei Hälften, die durch die gemeinsame Hauptachse und den gemeinsamen Umgangsweg um Parterre und Boskett miteinander verbunden wurden. Jede dieser Hälften besaß ein eigenes Zentralmotiv (Fontänen) und einen eigenen dominierenden Abschluss (das Schloss und den Parnass). Dieser Garten war von Anfang an ein Werk Lauterbachs gewesen. Er schuf ihn in drei Planungsphasen (1688, 1688-1690, 1690 - 1694; in der letzten erhielt er seinen stark niederländischen Gesamteindruck). Sein Grundkonzept erhielt der Garten wahrscheinlich in der 2. Planungsphase (vor Mai 1690). Im Verlauf seiner weiteren Ausführungen änderte man nur (1691/92):
Quellen
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Balthasar_Lauterbach (5.11.2012)
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Salzdahlum (5.11.2012) http://de.wikipedia.org/wiki/ Anton_Ulrich_(Braunschweig-Wolfenbüttel) (10.2.2014) http://de.wikipedia.org/wiki/Römische_Octavia (10.2.2014) http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Korb (11.2.2014) http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/salzdahlum.html |