Er war einer der bedeutendsten Barockarchitekten im deutschsprachigen Raum und brachte in den Wiener Barock dessen Leichtigkeit und plastischen Reichtum.
Hildebrandt ist der Welt allgemein nur als Architekt bekannt und dort besonders nur als der Schöpfer des Wiener Belvedere-Schlosses. Von seiner Tätigkeit als Gartengestalter weiß man dagegen wenig, evtl. nur etwas am Rande. Dabei ist davon auszugehen, dass er auch alle Gärten für die von ihm entworfenen Schlösser entworfen hat, d.h. alle Gärten, die in seiner Tätigkeitszeit als Architekt geschaffen wurden für
- den Prinzen Eugen von Savoyen
(u.a. Schloss Belvedere, Schloss Hof im Marchfeld),
- die Grafen Harrach
(u.a. Schloss Prugg in Bruch an der Leitha, Gartenpalais Harrach),
- die Grafen Schönborn (in Österreich)
(u.a. Gartenpalais Schönborn, Schloss Göllersdorf).
Über sein Leben wissen wir:
- 1668
- geboren in Genua
(italienische Mutter, deutscher Vater, Hauptmann im österreichischen Dienst),
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- Architekturausbildung in Rom (bei Carlo Fontana), was sein gesamtes Werk prägte,
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- besonderes Interesse am Festungsbau. Deshalb Eintritt in den kaiserlichen Dienst. Teilnahme an drei Feldzügen des Prinzen Eugen im Piemont, der dabei auf ihn aufmerksam wurde.
- 1697
- Prinz Eugen kauft die ersten Grundstücke zur Errichtung seines Sommerschlosses Belvedere. Hildebrandt wird mit der Planung von Schloss und Garten beauftragt.
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- Baubeginn des Palais Schwarzenberg (Wien, bis 1723),
- 1699
- Bau der Kirche St Laurentius (Nordböhmen; er übernahm hier die dreidimensional bewegten Bögen von Guarino Guarini),
- 1700 - 1706
- Errichtung des Palais Schönborn,
- 1701
- Eintritt in den kaiserlichen Dienst als Hofingenieur,
- 1706 - 1714
- Errichtung des Gartenpalais Schönborn (Wien),
- 1708 - 1711
- Errichtung von Schloss Prugg (Bruck an der Leitha),
- 1711
- Entwurf der Treppengalerie von Schloss Pommersfelden,
- 1712 - 1717
- Errichtung von Schloss Schönborn (Niederösterreich),
- 1714 - 1715
- Das Wohnschloss "Unteres Belvedere" ist weitgehend fertiggestellt
(Hildebrandt war hier bei dessen plastischer Ausformung von Francesco Borromini beeinflusst gewesen).
- 1720
- Erhebung in den Adelsstand,
- ----- - 1723 und 1729 - 1744
- Teilarbeiten an der Würzburger Residenz
(gemeinsam mit Neumann; Entwürfe für die Gart3enfassade und die Innenraumdekoration des Kaisersaals und der Kapelle. Neumann arbeitete in Würzburg seit seiner Rückkehr von seiner Studienreise (1718). Für seine Entwürfe dort ließ er sich von Hildebrandt, Cotte, Boffrand und Welsch beraten. Abschluss der Rohbauarbeiten um 1744).
- 1721
- Baubeginn des "Oberen Belvedere" (1723 fertiggestellt),
- ----- - 1727
- Umbau von Schloss Mirabell (Salzburg),
- 1723
- Ernennung zum "Ersten Hofbaumeister" (nach dem Tod Fischer von Erlachs),
- 1725
- Beauftragung mit dem Umbau von Schloss Hof (im Marchfeld) und der Schaffung der dortigen Gartenanlagen,
- 1727 - 1735
- Errichtung des Palais Harrach (Wien),
- 1745
- gestorben in Wien.
Neben seinen vielen Profanbauten, die seinen Ruhm begründeten, errichtete er auch eine Reihe von Kirchen. In ihnen wird seine italienische Beeinflussung besonders deutlich: u.a.
- 1704 - 1709
- Lorettokapelle (Rumburg),
- 1714 - 1717
- Pfarrkirche Pottendorf,
- 1717
- Piaristenkirche Maria Treu (Wien),
- 1718 - 1725
- Deutschordenskirche Hl. Kreuz (Linz),
- 1730
- Pfarrkirche Aspersdorf,
- 1740 - 1741
- Pfarrkirche Göllersdorf,
- 1743
- Festungskirche St. Anna (Brod).
Hildebrandts Arbeiten, in die er französische Elemente einbaute, sind, entsprechend seiner Ausbildung, zunächst italienisch beeinflusst. Dadurch entstanden einerseits sehr kraftvolle, körperliche Arbeiten, die andererseits eine gewisse Leichtigkeit und Eleganz besaßen. Indem er die Fassaden seiner Gebäude in Einzelteile auflöste, sie kunstvoll mit Hilfe von verschlungenen Linienführungen durchformte, wirkten sie nicht statisch (im Gegensatz zu denen von Fischer von Erlach), sondern bewegt. Sie haben entscheidend zum "Charme" des Wiener Barocks beigetragen. Fischer und Erlach und er machten aus der bisherigen abendländischen Grenzfestung eine Metropole von europäischem Rang.
Seine wichtigsten Gärten waren an den Schlössern
- für Prinz Eugen:
Belvedere (Wien, 1693 -1723),
Schloss Hof im Marchfeld (nach 1725),
- für Graf Harrach:
Schloss Prugg (Bruck an der Leitha, 1708 - 1733),
Stadtpalais Harrach (Wien, 1729 - 1731),
- für Graf Schönborn:
Gartenpalais Schönborn (Wien, 1700 - 1706),
Schloss Göllersdorf (1710 - 1719).
Garten des Schlosses Belvedere
Das Schloss Belvedere In Wien gilt als eine der schönsten Barockanlagen in Europa. Einst hat sie sich Prinz Eugen von Savoyen in den Weinbergen vor der Stadt als Sommerresidenz errichten lassen. Nachdem die Türken 1683 geschlagen worden waren, versuchte der Wiener Adel, sich aus der Enge der Stadt zu befreien und baute in kurzer Zeit vor deren Toren eine Fülle von Sommerpalais. Schloss Belvedere war ein solches.
- 1693
- Kauf der ersten Grundstücke im Weinbergbereich an der Ausfallstraße nach Ungarn,
Beauftragung von Hildebrandt mit der Planung von Schloss und Garten (eine siebenjährige Planungsphase begann),
- 1702
- der untere Gartenteil ist fertig terrassiert, Baubeginn der Trennmauer zum oberen Gartenteil,
- 1706
- Fertigstellung eines ersten 6-teiligen Parterres, der Bosketts hinter der Mauer und eines quergelegten Wasserbeckens auf der Höhe (evtl. als Wasserreservoir), im Anschluss daran befand sich eine Mauer mit Eckpavillons, ein kleines Parterre und ein Abschlussgebäude.
- 1714
- Baubeginn des unteren Schlosses (es werden bis zu 1300 Tagelöhner beschäftigt),
- 1716
- Beendigung der Arbeiten für das "Untere Belvedere" (= Wohngebäude des Prinzen),
- 1717
- Abschluss der Planungsarbeiten für das "Obere Belvedere". Bestimmt wurden dafür
- ein ikonologisches Programm mit dem oberen Lustschloss als Höhepunkt, als einem neuen Olymp,
- eine Orangerie (als ein Bezugspunkt zum Programm und Rückzugsbereich des Prinzen; als Statussymbol ein absolutes Muss für den damaligen Hochadel),
- eine pflanzliche und tierische Wunderkammer
(hier als große Pflanzensammlung im Orangeriebereich, zum Schluss waren etwa 2000 Pflanzenarten vorhanden und eine große Menagerie (besonders mit Hühnervögeln wie Fasanen u.ä.).
Beides hatte seit der Renaissance bei den Habsburgern eine alte Tradition.
Für Spezialaufgaben wurden anschließend Fachleute herangezogen. So der in München lebende französische Wasserbauingenieur Dominique Girard für die Heranführung des Wassers aus dem Wiener Wald und Fragen in Verbindung mit der Anlage des Wasserreservoirs, der Kaskaden und Fontänen.
Für die Ausführung der Gartenarbeiten war der Garteninspektor des Prinzen Anton Zinner zuständig.
Dieser Garten erschloss sich einst ikonologisch über einen Aufstieg vom Wohnschloss zum Lustschloss. Der untere Teil stand für das Erdnahe mit seinen lebensspendenden Elementen Samen, Wasser und Sonne, der obere Teil für das Götternahe. Verdeutlicht wurde dies hauptsächlich durch Skulpturen mit Inhalten aus der Mythologie und der Antike. Dabei überlagerten sich zwei Bezugskreise, die Verherrlichung des Bauherrn als dem Vertreter höchster Tugenden und die Versinnbildlichung einer idealen Natur.
Der ikonologische Erschließungsweg begann im Parterre des "Unteren Belvedere":
- An seinen Begrenzungsmauern befanden sich zwei Fontänen mit Sirenen (Mädchen mit Vogelkörpern), die symbolisch für das Wasser standen.
- Die Boskettzone stand hier symbolisch für die Natur und die Jahreszeiten.
- Im Quergang wurde dann das Wasserthema vertieft:
links: Die Entführung der Proserpina durch Pluto
(Proserpina für den Samen, die Lebenskraft stehend, Pluto für die Sonne),
rechts: Pluto und Thetis
(symbolisch für Wasser und Erde stehend; Thetis befindet sich darin gleichzeitig als Mutter des Achills und damit auch als Urmutter des Helden Eugen).
- Untere Kaskade (in der Quermauer hinter den Bosketts): Vertiefung des Wasserthemas durch einen grottenartigen Aufbau und Meeresgötter.
- Den Übergang zur höheren Terrasse bildeten seitliche Freitreppen mit Putti (Monatsfiguren). Sie stellten zwischen den beiden Gartenteilen die Beziehungen her.
- Der obere Garten war in sich unterteilt. Ein mit Hilfe einer Rasenböschung abgesenkter Teil mit der Hauptkaskade am oberen Ende verwies auf seinen fürstlichen Besitzer. Diese Kaskade stellte die Verbindung zum "Oberen Belvedere" dar. Ihr oberer Teil stand für den Parnass (unterstrichen durch den Kampf Apollos mit dem Pythondrachen). Im linken Rasenstück befand sich eine Fontäne mit einem Herkules, der den Antäus überwand, im rechten ein Apollo, der den Marsyas für seine Überheblichkeit strafte. Beide waren hier stellvertretend für den Prinzen als Tugendvertreter gedacht (zugleich symbolisierten hier Antäus die Erde und Marsyas das Wasser).
- Die linke Gartenseite bildete in diesem oberen Gartenteil die "herkulinische Achse" und die rechte die "apollinische". Auf der linken Seite kämpfte Herkules mit einem Flussgott Achelos und einem Drachen und auf der rechten Seite Apollo mit dem Pythondrachen (hier als Greif dargestellt). (Auch diese Skulpturengruppen standen für die Tugenden des Prinzen).
- An den Zugängen zum obersten Gartenteil waren auf der linken Seite einst ein Bacchus (wahrscheinlich elementar als Gott der Weingärten gedacht. Das Belvedere befand sich in einem solchen) und ein Herkules, hier als Ausdruck des Triumphes des Hausherrn.
- Auf der apollinischen Seite standen Merkur und Venus (Merkur als Friedenssymbol und Erfinder der Künste, Venus als Vertreterin der irdischen und himmlischen Liebe).
- Zwischen den Broderien befanden sich die "Fontänen der Flusspferde".
- Neben der Haupttreppe zur Sala terrena standen einst Jupiter und Juno, bzw. Neptun und Aphrodite als Symbole für den Olymp, den die Besucher nun erreicht hatten.
- Außerdem gab es noch einen Orangeriegarten in dem die Musen den Ruhm Apollos, der hier wieder für den Bauherrn stand, verkündeten.
In der gesamten Ikonographie dieses Gartens ließen sich mehrere Bereiche unterscheiden. Er ließ sich als eine Wanderung vom Elementaren zum Göttlichen verstehen. Die Idee des oberen Schlosses und der Garten ließen sich deshalb nicht ohne deren Kenntnis verstehen. Ihre Ausführung war erst so nach deren Festlegung möglich gewesen (im Unterschied zu Versailles war hier nicht das Wohnschloss des Königs das Bezugszentrum, sondern nur der Ausgangspunkt auf der Wanderung zum Olymp (nach Hans Aurenhammer, dargestellt im Hennebo).
Formal bestand der ganze Garten aus fünf Teilen:
- Dem "Großen Garten" (= Hauptgarten), der wiederum aus einem unteren und einem oberen Teil bestand.
- Der "untere" befand sich vor dem unteren Schloss. Zunächst ein schmales, brunnengeschmücktes Parterre, dann vier Bosketts, je eines mit einem runden und einem quadratischem Zentrum auf jeder Seite.
- Die Verbindung zum oberen Gartenteil bildete eine prächtige Kaskade. Zu ihm führten seitliche Treppenanlagen in der Verlängerung einer Kastanienallee.
- Der obere, gehölzfreie Gartenteil war als Erweiterung des Festsaales gedacht (es wurden bis zu 6000 Menschen zu den Festen geladen). Zu ihm müssen sich die festlich gekleideten Menschen vorgestellt werden. Er besaß zwei Ebenen, eine prächtige, unmittelbar vor dem Schloss gelegene und eine abgesenkte, einfachere. Verbunden wurden beide durch eine aufwendige Kaskade in der Mittelachse und großzügige Treppenanlagen in den Seitenbereichen.
Dieser Gartenteil zeichnete seine Rhythmik zwischen seinen Teilen, sein Spiel mit offenen und geschlossenen Räumen aus. Er wurde formal bestimmt von seinen Terrassen, seiner strengen Axialität, den Kaskaden in der Mittelache und den Broderien in Palastnähe. Damit stand er den italienischen Gärten näher als den französischen.
(Räumlich ist der "Große Garten" heute noch erhalten, doch wurden seine Skulpturen von seiner Erbin an den Dresdener Hof verkauft, so dass seine gedankliche Konzeption verloren gegangen ist. Nachdem Maria Theresia ihn 1752 gegen eine Leibrente erworben hatte, wurde er kaum noch benutzt. Die erste große Feier danach war die Hochzeit von Marie Antoinette mit dem französischen Kronprinzen.1850/52 wurde er dann umgestaltet und in sein heutiges Bild gebracht).
- Westlich vom "unteren Belvedere" befand sich der "Kleine Garten", der Orangeriegarten. Er stellte den Rückzugsbereich des Prinzen dar, sein "Paradiesgärtlein". Zunächst bestand er aus einem vierteiligen, abgesenkten "Parterre à l'angloise" mit einem Springbrunnen in seiner Mitte, seitlich begleitet von einem Orangenhain, der im Winter überbaut werden konnte. Dieser Gartenteil war mit seinen Skulpturen als Musenhain gestaltet gewesen. Danach kam ein höher gelegenes Parterre mit einer Pavillongruppe, deren Einzelbauten durch Lattenwerk miteinander verbunden waren. Ihr folgte nach hinten ein von Hecken umgebenes Boulingrin mit einem Vogelhaus als Abschluss. Zu diesem Gartenteil gehörte ein Glashaus, in dem der Prinz exotische Pflanzen (mehr als 2000) sammelte, bzw. im Winter schützte.
(1764 wurde die Orangerie nach Schönbrunn verlegt und an deren Stelle der heutige Alpengarten für die österreichische Flora angelegt).
- Östlich vom "Oberen Belvedere" befand sich eine halbkreisförmige Menagerie. Strahlenförmig führten die Wege von einem Vorplatz an deren Stirnseite. Man folgte hier einem Vorbild von Versailles (dort 1663 von Louis Le Vau errichtet), nur dass hier die Tiersammlungen viel umfangreicher waren. (in ihrer Artenvielfalt in ihrer Zeit unübertroffen). Die Menagerie konnte aus den Privaträumen des Prinzen überblickt werden. Nach dessen Tod wurde sie von der Erbin aufgelöst.
- Hinter dem "Oberen Belvedere" war der "Große Wasserspiegel", das Wasserreservoir für die Fontänen und Kaskaden.
- Zwischen der Menagerie und dem "Großen Wasserspiegel" befand sich der Gemüsegarten.
Anders als in der französischen Gartenkunst baute sich hier der Garten in seinem Erleben von einem unteren, intimen Hauptbereich zu einem oberen großartigen, sozialen Treffpunkt (einem Olymp) auf. Dessen Vorplatz mit seinen Broderien kann man zwar als französisch beeinflusst ansehen, aber auch, bei der Fülle der dort erwarteten Menschen, als einen einfach pragmatisch angelegten Versammlungsort, einen erweiterten Festsaal. Der Hauptgarten entfaltete sich völlig unfranzösisch zwischen zwei Gebäuden. Spezifisch wienerisch war sein Parterreschmuck mit seinen Topiarys. Besonders die Broderien im unteren Gartenteil entsprachen den Wiener Blandelmustern (entsprechend den Raumdekorationen der Schlösser; Blandelwerk = Flächenornamente des Rokokos. Die blattähnlichen Ranken der Arabesken werden hier durch geschwungene Bänder (= Blandeln) ersetzt und mit Blüten geschmückt. In Frankreich Ornamentform der Regence, in Deutschland besonders durch die Augsburger Stichvorlagen verbreitet).
Schloss Hof im Marchfeld (= Jagdschloss)
1725 erwarb Prinz Eugen die festungsartige Vierflügelanlage als Rückzugsbereich für sich und seine Freunde. Sie sollte keinen repräsentativen Funktionen dienen. Hildebrandt begann bald danach mit den Umbauarbeiten und der Gestaltung des dazu gehörenden Gartens. Seine Hauptaufgabe bestand darin, ihn als zur Kunst stilisierte Natur in seine Umgebung einzupassen. Er folgte dabei der italienischen Terrassenarchitektur. Das Schloss befand sich auf der Anhöhe. Darunter befanden sich vier (fünf ?) Terrassen, die durch Treppen und Kaskaden miteinander verbunden und durch verschiedene Parterres und Bassins geschmückt waren. Das Gelände war ca. 550 x 200 m groß, fiel zur March hin ab und wurde von einer Mauer umgeben. 1730 arbeiteten 200 Maurer und 400 Tagelöhner an den Terrassen. An den Seiten des Schlosses befanden sich "giardini segreti".
Vor dem Schloss befand sich eine schmale Übersichtsterrasse. Von ihr führten drei Treppen zu einer bastionsartigen Terrasse (als Erinnerungsdetail an die ehemalige Festungs-vergangenheit), auf der sich ein Parterre, eine Fontäne und Skulpturen befanden. Im Bereich der Mittelachse sprang die Terrasse als Spitze vor. Von hier konnte man über eine zweiarmige Treppenanlage um eine Grotte zu einer tiefer gelegenen Terrasse gelangen. Von dieser führten dann wiederum drei Freitreppen auf eine dritte Terrasse. In ihrer Mitte befand sich ein Broderieparterre, an den Seiten eine Doppelreihe von Bäumen und als Abschluss kunstvolle Bosketts. Mit ihren Laubengängen ähnelte sie den Anlagen des "Kleinen Gartens" des Belvederes.
Die vierte Terrasse ähnelte der vorangegangenen und wurde von vier Bosketts bestimmt, mit je einem Architekturspiel aus geschnittenen Baumkronen und Hecken, Gängen und Räumen. In ihrer Mitte befand sich ein achteckiges Becken mit einer Fontäne. In ihm sammelte sich das Wasser der beiden Kaskaden der Mittelachse. In der unteren Abschlussmauer befand sich ein Gittertor, das den Blick nach außen freigab.
(In der Terrassenabfolge kam man von der schmalen Übersichtsterrasse auf die bastionsartige Terrasse, von dort auf zwei aufeinander bezogene Parterreterrassen mit seitlichen Bosketts, die nur durch eine Mauer und eine mittlere Kaskade voneinander getrennt waren und eine Boskett-Terrasse. Anders als in französischen Gärten wurde hier die Betonung der Mittelachse durch die Vielzahl seiner Gartenelemente abgeschwächt, anders als in vielen anderen österreichisch-deutschen Gärten bildete hier kein Bauwerk seinen Abschluss (wie z.B. beim Belvedere).
(Nach 1750 gingen Schloss und Garten in den Besitz Maria Theresias über).
Schloss Prugg (Bruck an der Leitha)
(südöstlich von Wien, nördlich vom Neusiedler See)
Die Grafen Harrach gehörten während der Barockzeit zu den einflussreichsten Familien Österreichs und besaßen außer ihrem Stadt- und ihrem Gartenpalais in Wien noch mehrere Landschlösser. Der bedeutendste Bauherr während dieser Zeit war Alois Thomas Raimond Graf Harrach (1669 - 1742, u.a. Vizekönig des Hauses Habsburg in Neapel). Schloss Prugg in Bruck an der Leitha (Niederösterreich) war ihr Stammsitz, Hildebrandt ihr Hausarchitekt.
1708 begann Hildebrandt mit den Umbauten des mittelalterlichen Schlosses und des Gartens (noch umgeben von einem Schlossgraben. Der alte Garten bestand aus vier Parterrekompartimenten mit einem Brunnen in ihrer Mitte).
- 1708
- Hinzuziehung von Trehet (für welche Tätigkeiten ist unbekannt),
- 1713
- Abschluss der ersten Umbauphase,
- 1717 - 1721
- Errichtung der Glashäuser am Schloss,
- 1719
- Errichtung des Lusthauses am Ende des Leithagartens,
- 1723
- Friedrich August Gervais (Sohn von Alois Thomas) ist in Paris, schickt dem Vater Literatur zur Gartenkunst und große Mengen Samen und Blumenzwiebeln (Anemonen, Ranunkeln, Tulpen, Hyazinthen und Narzissen),
- 1729 - 1733
- zweite Ausbauphase (u.a. Schaffung eines neuen Blumen- und Fasanengartens).
Die Gesamtanlage bestand aus einer Folge lockerer Gärten:
- Das prächtige Hauptparterre lag zwischen dem Schloss (getrennt von diesem durch einen Graben und einen Zaun) und dem Fluss. Es umfasste die ganze Gartenfassade des Palastes.
Seine Mittelachse hatte vor dem Fluss eine Skulptur als "Point de vue" und dahinter eine abschließende Balustrade.
- Seitlich dahinter befanden sich der Nutzgarten und dahinter die Bosketts.
- Hinter dem Fluss war ein von streng gepflanzten Gehölzreihen eingefasster Festplatz (Hennebo: Zierteich), hinter dem eine lange Allee durch die Leitha-Auen zu einem Lusthaus führte und dieses mit dem Schloss verband (nicht optisch, da der Hauptgarten am Schloss einen Durchblick verhinderte). Neben ihr lag der von Schneisen durchzogene Jagdpark.
- Zwischen den Schlosstrakten befand sich ein "Giardino segreto".
Das wichtigste Gestaltungselement war das Wasser. Herausgestellt u.a. durch drei große Springbrunnen (je einer im Hauptparterre, im Boskettbereich und im "Leitha-Garten" (im Schnittpunkt der Alleen im Jagdpark)).
Außerdem besaß dieser Garten große Obst- und Gemüsepflanzungen und diente damit auch ökonomischen Zielen (dem Eigenbedarf und dem Verkauf).
Gartenpalais Harrach
(diesen Garten gibt es heute nicht mehr)
Beim Wiener Adel stand dieser Garten einst vor dem der Prinzen Eugen und Schwarzenberg.
- 1729 - 1731
war seine wichtigste Bauphase. Bauherr war Alois Thomas Raimund.
- 1730 -
Bau des großen Orangeriegebäudes,
- 1734 -
Erweiterung des Schlosses durch einen Anbau (Verdoppelung des Baukörpers) und Verschönerung des Gartens.
Das Broderieparterre lag vor dem älteren Schlossteil mit seiner Sala terrena und dem darüber sich befindenden Festsaal. Hinter diesem Gartenteil befanden sich halbrunde Treillagearchitekturen, danach Bosketts, ein Boulingrin und ein ovaler Berceau (Bogengang).
Vor dem neuen Schlossteil befand sich ein großer Obstgarten (vom Broderieparterre durch eine hohe Mauer getrennt). Er endete vor einer Querachse, die links von einem mächtigen Glashaus (ca. 50 m lang, es hatte Platz für 250 Bäume) ausging, vor dem sich das Orangerieparterre befand (das Lusthaus an der Orangerie ist später errichtet worden). Hinter der Querachse war ein Rasenparterre mit Formgehölzen und Skulpturen.
Dieser Garten besaß zwei Hauptachsen:
- Einmal von der Sala terrena ausgehend und durch das Broderieparterre bis zu dem ovalen Berceau führend,
- das andere Mal vom Orangeriepartere durch ein Rasenparterre führend.
Die Querachse des Orangerieparterres führte zu einem achteckigen Parterre, neben dem, an eine Mauer gelehnt, sich ein Lusthaus befand (und hinter diesem der Gemüsegarten) und danach zu einem größeren quadratischen Boskett, durch 4 Achsen aufgeteilt in 8 Segmente mit einem Hl. Nepomuk außerhalb ihres Zentrums.
(Später wurde die ganze Gartenfront zu einem einzigen großen Rasenparterre zusammen-gefasst und dadurch optisch zu einem einheitliches Bild vereint).
Die Bepflanzung bestand hauptsächlich aus:
- Hainbuchen in den Spalieren,
- Eiben im Hauptparterre,
- Rosskastanien, Linden, Fichten und Eschen in den Bosketts.
- Besonders wichtig waren die Obstbäume
(die neben wirtschaftlichen Zwecken auch zur Repräsentation dienten. Kultiviert wurden hauptsächlich Äpfel, Birnen, Pflaumen, Aprikosen und Pfirsiche).
Gartenpalais Schönborn
Zwischen 1706 - 1711 ließ sich der Reichsvizekanzler (seit 1705) Friedrich Karl Graf Schönborn (ab 1739 auch Fürstbischof von Bamberg und Würzburg) von Hildebrandt sein Sommerpalais errichten. Der Garten lag hinter einer skulpturengeschmückten Mauer oberhalb des Schlosses. Er bestand aus
- einem Parterregarten ("Jardin en Parterre"):
Bestehend aus zwei vorderen größeren, mit üppigen Broderien versehenen und zwei hinteren mit ornamentierten Rasenbeeten versehenen Teilstücken, die in ihrer Mitte einen stark geschwungenen Brunnen umgaben,
- einem höher gelegenen Parterre ("Parterre de la Comédie", Komödienparterre):
Dies war ein Gartenteil mit Kübelpflanzen, eingefasst von seitlichen Hecken. In seiner Mitte befand sich ein abgesenktes, ovales Rasenstück, umgeben von acht Figuren der "Commedia dell' arte",
- zwei seitlichen, durch Mauern abgegrenzte Nutzgärten:
Der kleinere von ihnen war mit einer Orangerie verbunden.
Auf den Randstreifen der Parterrefelder und an den Wegachsen stand eine Überfülle von Topiarys und Skulpturen, die dem Garten insgesamt einen unruhigen Charakter gaben. Den Abschluss bildeten eine illusionistisch bemalte Arkadenwand und eine Grotte am Ende der Mittelachse.
Typisch für die "Schönborn-Gärten war auch hier deren Breitlagerung und Parallel-schichtung.
Schloss Göllersdorf
Dies war der bevorzugte Landsitz der Schönborns in Österreich.
- 1710
- kaufte sich der Reichsvizekanzler Karl Friedrich eine "Mühlburg", die er sich durch Hildebrandt zu einem Lustschloss umbauen ließ
(zu einer Dreiflügelanlage mit einer Ausrichtung nach Göllersdorf, - nur wenige km von Wien entfernt),
- 1714
- Hinzuziehung von Welsch (besonders für den Gartenbereich),
- 1715
- Beendigung der Planungsarbeiten,
- 1716 - 1718
- Bau der Orangerie (sie hatte im Umfang fast die Größe eines Schlosses),
- 1719
- Abschluss der Bauarbeiten.
Die Kennzeichen dieses Gartens waren:
- seine Breitlagerung,
- eine langgestreckte Folge von Parterrestücken:
- vor dem Schloss ein trapezförmiger Vorhof mit einer Fontäne und dann einem "Cour d'honneur",
- daneben, auf jeder Seite ein giardino segreto.
- Der selbständige Hauptgarten bestand aus einem
- zweiteiligen Broderieparterre,
- schmalen, skulpturengeschmückten Bassin,
- Orangerieparterre,
- der Orangerie,
- einem Bassin dahinter.
(Dieser in sich isolierte Gartenteil wurde seitlich von acht, durch Diagonalalleen gegliederte Felder eines Fasanengartens eingefasst).
- Neben der Orangerie befanden sich Bosketts, ein Gartentheater und ein Blumengarten.
Eine besondere Rolle kam der Orangerie zu. Sie war in ihrer Zeit neben der in der "Mainzer Favorita" die bedeutendste im deutschsprachigen Raum. Um einen rechteckigen Platz waren in dessen Ecken vier Orangeriepavillons platziert. Nach hinten schlossen sie zwei Galeriearkaden, die sich zur Mitte hin zu einer Triumpfpforte öffneten. An den Schmalseiten waren sie durch Glashäuser verbunden, die zur Überwinterung der Kübelpflanzen dienten. Zur Schlossseite öffnete sich die Anlage. In ihrer Mitte befand sich ein vertiefter Rasenplatz mit einer Springbrunnenanlage. Hinter dieser Anlage, angebaut an die Orangeriegebäude befanden sich die eingeschossigen Wirtschaftsgebäude (Gärtnerwohnungen und Stallungen).
Durch ihren dreiseitigen Schutz erhielten die Orangenbäume hier einen idealen Standort. Im Zentrum dieser Baulichkeiten befand sich ein "Teatro" (ein Ort, der die halbrunden Architekturformen seiner Umgebung in seinem Grundriss aufgriff und diese so in eine Wechselbeziehung zu der ihn umgebenden Architektur brachte. Im Barock war ein solcher sehr beliebt gewesen). Der Reichsvizekanzler bezeichnete seine Orangerie in Göllersdorf als sein "Paradies".
Der Einfluss der Gartenkunst Hildebrandts, d.h. der Wiener Gartenkunst besonders auf den süddeutschen Raum, kann nicht hoch genug angesetzt werden. Wahrscheinlich ist er dort sogar größer als der französische Einfluss. Man braucht dabei nur an die Gärten der Schönborns und deren Ausstrahlung zu denken.
Quellen
- Clifford, Derek "Gartenkunst", Reutlingen 1966
- Gothein, Marie Luise "Geschichte der Gartenkunst", Jena 1926
- Hansmann, Wilfried "Gartenkunst der Renaissance und des Barocks", Köln 1983
- Hansmann, Wilfried / Walter, Kerstin "Dumont Geschichte der Gartenkunst", Köln 2006 Hennebo, Dieter / Hofmann, Alfred "Geschichte der deutschen Gartenkunst", Bd. II, Hamburg 1965
- Mayr, Vincent "Beobachtungen an Lucas von Hildebrandts Gartenpavillon in Obersiebenbrunn", in "Die Gartenkunst", Heft 1992/2
- Mosser, M./ Teyssot, ,G. "Die Gartenkunst des Abendlandes", Stuttgart 1993
- Paulus, Helmut-Eberhard "Die Orangerie von Schloss Schönborn in Göttersdorf und ihre ikonologische Bedeutung", in "Die Gartenkunst", Heft 2003/1
- Pevsner / Honour / Fleming "Lexikon der Weltarchitektur", München 1992
- Schmidt, Stefan "Parkpflegewerk Belvedere-Garten in Wien", in "Die Gartenkunst", Heft 1992/2
- Skamperls, Dora "Neue Forschungen zu den Gärten der Grafen Harrach in Wien und Niederösterreich", in "Die Gartenkunst", Heft 2004/2