Er führte den Barock und das Rokoko zu ihren Höhepunkten, indem er dort Weltarchitektur schuf, und er steht in Deutschland am Anfang der Entwicklung des formalen Gartens zu einer größeren Naturnähe.
Gewöhnlich zählt man Neumann nicht zu den großen Gartenkünstlern seiner Zeit. Man weiß gar nicht, dass er zukunftweisende Gärten entworfen hat. Andererseits ist allgemein bekannt, dass die Architekten des Barocks auch für den Entwurf der Außenanlagen ihrer jeweiligen Bauten zuständig waren. Dies galt auch für Neumann. Über sein Leben weiß man zwar relativ viel, doch wird es je nach Interessenlage oft tendenziell so dargestellt, dass seine Bedeutung zeitweise auch umstritten war.
- 1687
- in ärmlichen Verhältnissen in Eger (Böhmen) geboren (als 7. von 9 Kindern eines Tuchmachers),
- 1700
- Lehre als Geschütz- und Glockengießer bei seinem Paten,
- 1711
- geht als Geselle auf Wanderschaft und kommt so als solcher nach Würzburg (Hier blühte damals das Geschützgießerhandwerk, weil der Fürstbischof sich gegenüber dem Kaiser verpflichtet hatte, für dessen Kriege Geschütze und Truppen zu stellen),
- 1712
- Erwerb des Lehrbriefes der "Büchsenmeister, Ernst- und Lustfeuerwerkerey",
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- Eintritt als gemeiner Soldat in die fränkische Kreis-Artillerie. Sein Hauptmann riet ihm, sich im "Festungswesen und der Architektur" weiterzubilden und wurde sein Lehrer.
Auf eigene Kosten (mit einem Kredit seiner Heimatstadt Eger) lernte er Geometrie, Feldmesserei und Architektur. Sein neues Berufsziel war es, "Ingenieur und Architekt" zu werden (d.h., ein "Baumeister für Festungsanlagen und für das zivile Bauwesen"),
- 1714
- Fähnrich in der Leibkompanie des Fürstbischofs und Adjutant seines Ausbilders,
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- der Fürstbischof finanziert ihm auf seine Bitte eine Ausbildung in der lateinischen, französischen und italienischen Sprache,
- 1715
- Zeichnung eines Stadtplans von Würzburg zur Verschönerung der Stadt,
- 1717
- Teilnahme am Türkenfeldzug (im fränkischen Kontingent, Teilnahme an der Eroberung von Belgrad durch Prinz Eugen),
lernt nach seiner Rückkehr Wien kennen (u.a. die Arbeiten von Fischer von Erlach und Hildebrandt),
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- Ernennung zum Würzburgischen Ingenieur-Hauptmann (= Hauptmann für den Festungsbau),
- 1718
- Reise nach Italien (u.a. für zwei Wochen nach Mailand zur Lösung dortiger Bauprobleme; lernt dabei die norditalienische Architektur kennen und Guarino Guarini, der sein zukünftiges Raumverständnis entscheidend beeinflussen wird),
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- Übernahme in den fürstbischöflichen Dienst,
- 1719
- Neumanns Schicksalsjahr:
Er erhält vom Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau ein Baugrundstück in Würzburg und ein Baudarlehen.
Philipp Franz von Schönborn wird neuer Fürstbischof. Er beschließt, sich in der Stadt eine neue Residenz errichten zu lassen und stellt Neumann an die Spitze des Würzburger Bauwesens. Dieser wird mit Plänen nach Pommersfelden geschickt und gewinnt dort das Wohlwollen von Lothar Franz und Friedrich Karl von Schönborn. Die Würzburger Residenz soll jetzt vereint zum Familiendenkmal der Schönborns werden. Ihre beiden Hausarchitekten Welsch und Hildebrandt sollen dabei helfen.
Neumann fertigt erste Pläne für die Residenz und deren Garten.
- 1721
- Übernahme der Planungen für die Schönbornkapelle am Würzburger Dom,
- 1722
- Rückzahlung seines Egerschen Ausbildungskredits,
Bau eines neuen Wohnhauses für sich in Würzburg (1724 wird es bereits an den neuen Fürstbischof verkauft).
Er zeichnet seine Pläne immer weniger selber (es wird ihm deshalb oft unterstellt, er selber sei ein schlechter Zeichner gewesen),
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- Übernahme der Überwachung des gesamten bürgerlichen Bauwesens in Würzburg,
- 1723
- Reise nach Paris (ca. 3 Monate, er ist jetzt bereits ein Architekt mit einer eigenen Architektursprache).
Im Mittelpunkt seines Parisbesuches steht seine Begegnung mit den dort führenden Architekten Robert de Cotte und Germain Boffrand. Man ist höflich zueinander, doch haben die Stellungnahmen beider kaum Folgen (evtl. die Verwendung von Kolonnaden im Ehrenhof und an den Außenpavillons, doch waren diese seit Bernini als Architekturelemente bereits in Italien bekannt gewesen). Bei seinen Gartenbesuchen interessierten ihn hauptsächlich wassertechnische Konstruktionen. Vielleicht hat er dort die zunehmende Tendenz der Gärten zu einer größeren Schlichtheit registriert.
Insgesamt schulte er hier seinen Blick für die Qualität von Innenausstat- tungen und kaufte dafür Musterstücke. Seine Darstellungen aus Paris waren nur flüchtige Skizzen.
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- Mitglied der städtischen Baukommission (ab 1725 deren Leiter),
- 1724
- Ernennung zum würzburgischen Artillerie- und Ingenieurmajor,
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- Heirat von Maria Eva Engelberta Schild (damit Aufstieg in die Würzburger Oberschicht; mit ihr hatte er 3 Söhne und 5 Töchter),
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- Kauf eines neuen Wohnhauses vom Fürstbischof (in ihm richtete er auch sein Architekturbüro ein),
- 1728
- Beginn der Mitarbeit am Schloss von Bruchsal,
- 1729
- Friedrich Karl von Schönborn wird Fürstbischof von Bamberg und Würzburg,
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- Ernennung zum Obristleutnant der fränkischen Artillerie,
Ernennung zum Baudirektor von Bamberg,
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- Plan für die Erweiterung und Veränderung des Gartens von Schloss Weissenstein in Pommersfelden,
- 1731
- Planung und Baubeginn der Wallfahrtskirche von Gößweinstein,
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- Lehrstuhl an der Universität Würzburg für die Zivil- und Militärbaukunst,
- 1732
- Entwurf der Hofkirche für die Würzburger Residenz,
- 1733
- Beginn der Planungen für Schloss Werneck (Baubeginn 1734, vollendet 1745),
- 1740
- Reise nach Holland (Zwischenaufenthalt in Bonn und Brühl. In Holland ist er allein von den Gärten begeistert),
- 1741
- Ernennung zum Obersten der Fränkischen Artillerie
(Damit wird er nach 29 Jahren zum Obersten befördert, ohne "im Feld gedient" zu haben. Er war an seiner militärischen Karriere immer stark interessiert gewesen. So ließ er auch den Eingang seines Hauses mit Kriegstrophäen schmücken),
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- Modell für das Treppenhaus in Schloss Augustusburg (Brühl),
- 1742
- erste Planungen für Vierzehnheiligen (Baubeginn 1743, Weihe 1772),
- 1744
- Richtfest der Würzburger Residenz,
- 1745
- Baubeginn der Abteikirche von Neresheim,
- 1746
- Planfolge für das Jagdschloss Guttenberg und seinen Garten (bei Würzburg),
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- Tod von Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn,
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- Entlassung durch den Nachfolger als Oberbaudirektor,
- 1749
- Wiedereinstellung als Oberbaudirektor durch den neuen Fürstbischof Carl Philipp von Greiffenclau,
- 1751
- Baubeginn von Maria Limbach,
- 1753
- Tod in Würzburg (gestorben an seinen Magengeschwüren, begraben in der Marienkapelle am Markt).
Balthasar Neumann gilt als einer der Großen der Weltarchitektur. Es gelang ihm, Wiener, italienische und französische Anregungen in seinem eigenen Stil zu vereinen. Er wurde so zum Schöpfer eleganter, großartiger Raumgestaltungen. Seine große Privatbibliothek zeigte seine breit angelegten Interessen, u.a. für kriegstechnische, architektonische, naturwissenschaftliche, medizinische, juristische und philosophische Belange. Neben seinen Arbeiten für die Schönborns und den Kölner Kurfürsten wurde er von vielen Fürsten und Institutionen um Hilfe gebeten, Entwürfe anzufertigen, solche anderer zu verbessern oder bei der Lösung von Problemen zu helfen, so dass es eine Vielzahl von Werken gibt, die sich mehr oder weniger berechtigt auf ihn berufen können. Im Schlossbau liegen seine Hauptleistungen im Entwurf von Treppenhäusern und im Kirchenbau in der des geschwungenen Raumes und der gewölbten Rotunde (Bauwerk auf kreisförmigem Grundriss, überdacht mit einer Kuppel. Er soll sie erfunden haben, angeregt von Guarino Guarini (1624 - 1683)). Er ließ sich zwar jeweils von vielen Vorbildern anregen, ruhte dann aber nicht, bevor er für sich eine eigene ideale Lösung gefunden hatte (man kann bei ihm fast nie nachweisen, von wo er Anregungen bezogen hat). Gegenüber anderen Architekten zeichneten ihn seine Erfahrungen und sein Sinn für das Praktische aus. Eine seiner Stärken waren deshalb seine konstruktiven Problemlösungen (z.B. im Treppenbau).
Neumanns Lebenswerk bezieht sich auf
Schlossbauten:
- Würzburger Residenz
(hier auch Einflüsse von Hildebrandt erkennbar). Die Besonderheit hier und die der Schönborns allgemein war deren ständiger Erfahrungsaustausch über ihre Bauabsichten untereinander. Sie bezogen Stellung, korrigierten sich gegenseitig und ließen sich Gegenentwürfe machen. Eine von Neumanns Fähigkeiten bestand darin, zwischen ihren Ansichten zu vermitteln. Einen großen Teil seines Lebens verbrachte er deshalb damit, zwischen ihren Höfen zu reisen. In dieser Residenz kommt Neumanns Raumempfinden besonders zum Tragen.
- Werneck
(Sommerresidenz des Fürstbischofs; Gesamtkonzeption von Neumann, danach Schlossplanung von Hildebrandt und Kapellen- und Gartenplanung von Neumann),
- Guttenberg
(Jagdschloss, nur Entwurf; wird wegen des Todes von Friedrich Karl nicht ausgeführt),
- nur projektierte Anlagen:
- Wiener Hofburg (1746 - 1747),
- Stuttgarter Residenz (1747),
- Karlsruher Residenz (1750 - 1751),
- Schwetzingen (1752).
Treppenhäuser:
Ihre Bedeutung ist nur zu verstehen, wenn man von ihrer Rolle im Empfangszeremoniell des Barocks ausgeht. Sie waren der Ort, in dem beim Betreten des Gebäudes der Status eines Besuchers zu dem des Besitzers mit Hilfe des Zeremoniells deutlich gemacht wurde.
- Würzburger Residenz
(Treppenhaus zum Kaisersaal),
- Brühl
(gilt als das Prächtigste des Barocks: Das gesamte dekorative Bildprogramm läuft in einem Erlebnisnacheinander auf die Büste des Kurfürsten zu),
- Bruchsal,
- nur projektierte Treppenhäuser:
- Wiener Hofburg,
- Stuttgarter Residenz.
Kirchen
(unterschieden werden hier seine frühen und seine späten Bauten):
Zu den frühen gehören etwa 15 größere Kirchen, Kirchen mit Teilen von Vorgängerbauten und mehrere kleinere Bauten, u.a.:
- Schönbornkapelle (1722, Würzburg),
- Wallfahrtskirche Gößweinstein (1730, Weihe 1739),
- Hofkirche der Würzburger Residenz (1731),
- Schlosskapelle Werneck (1731).
Zu den späten 4 Kirchen: Sie gehören zu den bedeutendsten Rokoko- bauten überhaupt. Mit ihnen führte er den Kirchenbau des Rokokos zu seinem Höhepunkt.
Dehio:
"Seine kühnen Konstruktionen und phantasievollen Raumbilder in Vierzehnheiligen und Neresheim hat in seinem Jahrhundert niemand erreicht".
- Vierzehnheiligen (1742):
Kühnste Kirche des Rokokos, wirkt durch ihre bewusste Leichtigkeit gegenüber der nahen, erdverbundenen Klosterkirche von Banz. Sollte bei Sonnenschein besucht und möglichst aus den Mittelräumen betrachtet werden. Das Ineinandergreifen unterschiedlich großer Ovale im Grundriss und im Gewölbebereich schafft eine fast überirdische Raumatmosphäre, die noch durch die überschwängliche Dekoration gesteigert wird.
- Abteikirche von Neresheim (beg. 1745):
Sie wirkt einfacher als Vierzehnheiligen, ihre Kuppel völlig schwerelos. Sie gilt als Neumanns Meisterwerk. Er vereinigte in ihr Basilika-, Wandpfeiler- und Freistützelemente zu einem grandiosen Raumerlebnis.
- Wallfahrtskirche Maria-Limbach (1751 - 1755):
Hier ist neben dem Innenraum auch die Außenansicht besonders kunstvoll gestaltet.
Altäre (häufig plante Neumann sie für seine Kirchen selber) u.a. für die
- Schlosskirche in Brühl,
- St. Peter in Bruchsal,
- Dom in Worms,
- St Paulin (Trier).
Heilige Stiege auf dem Kreuzberg (1746 - 1751, Bonn-Endenich):
Sie ist eine Nachbildung der Scala Santa in Rom (und diese wiederum eine Nachbildung der Treppe vom Palast des Pilatus, auf der Jesus hinaufsteigen musste (28 Stufen). Ein Pilgerort der Kartage).
Klosterbauten:
An- und Erweiterungsbauten.
Bebauungspläne für Würzburg, Bamberg und Bad Kissingen
(die Planung ganzer Straßenzüge),
Festungsbauten
(z.B. Maschikuliturm, Würzburg-Marienburg),
Ingenieurbauten
(z.B. Tauberbrücke in Tauberrettersheim, Verlegung der Fränkischen Saale),
Maschinenkonstruktionen
(z.B. Pumpwerke),
Organisierte Feuerwerke:
So z.B. für die Erzherzogin Elisabeth von Österreich in Würzburg in vier Akten mit jeweils mehreren Bildern:
- Akt:
Begrüßung der Erzherzogin durch die Niederländer als Statthalterin,
- Akt:
Ernennung der Erzherzogin zur Statthalterin ,
- Akt:
Freude der Niederländer über die neue Statthalterin,
- Akt:
Glückwunsch der Würzburger zur Ernennung.
Daneben leitete er als eigenständiger Unternehmer
- die Schleichacher Glashütte (Steigerwald),
- eine Spiegelschleiferei in Würzburg.
Im Bereich der Gartenkunst sind von ihm Pläne für vier Gartenanlagen erhalten geblieben. An ihnen lässt sich beispielhaft die Entwicklung des Barockgartens zur größeren Schlichtheit des Rokokogartens verfolgen:
- Hofgarten Würzburg
(kennzeichnend ist hier seine optimale Geländenutzung),
- Garten von Schloss Weißenstein
(kennzeichnend ist hier seine räumliche Hinwendung zur optischen Einheit des Gartens),
- Garten von Schloss Werneck
(kennzeichnend ist hier das neue Naturverständnis in einem noch formalen Rahmen),
- Garten von Schloss Guttenberg
(kennzeichnend ist hier die Reduzierung des formalen Rahmens auf eine Reststruktur; dabei verfiel Neumann nicht der üblichen formalen Kleinteiligkeit des Rokokos).
Er kümmerte sich dabei kaum um französische Gestaltungsprinzipien, sondern vereinte in seinen Gärten regionales Stilempfinden mit einem aufkommenden neuen Naturverständnis. Damit zeigte er beispielhaft dem formalen Garten seine zukünftigen Entwicklungstendenzen. In Würzburg und Pommersfelden war er noch ganz der repräsentativen Funktion des Barockgartens verpflichtet, während er sich in Werneck und Guttenberg davon befreien konnte (weitgehend bedingt durch die persönlichen Interessen seines Auftraggebers und der anderen Funktion von Guttenberg). Hier schuf er revolutionär innerhalb der Gartenkunst etwas völlig Neues. Es gelang ihm, das neue Naturgefühl mit den Mitteln des Barocks zum Ausdruck zu bringen.
Hofgarten der Würzburger Residenz
Die Planungen für den Hofgarten begannen mit denen der Residenz 1719 und beschäftigten Neumann sein ganzes späteres Leben. Es wurden immer wieder neue Pläne entworfen. Die Probleme entstanden durch das knappe und schwierige Gelände, das zur Verfügung stand. Dies erzwang eine weitgehende Beschränkung auf den Broderiebereich. Ab 1730 wurden die Wallanlagen in die Planungen einbezogen (wahrscheinlich auf Neumanns Vorschlag). Dies ermöglichte auch Ausblicke in die Umgebung. Durch den Fortfall einer zunächst geplanten Orangerie konnte er für den Garten einen gewissen Tiefenzug erreichen, indem er im Ostbereich das Gelände langsam vom Parterre mit Hilfe von Rampen bis zur oberen Terrasse erschloss und damit auch mehr Raum für die Endkaskade schuf. Anstelle zusätzlicher Broderien verlegte er das Orangenparterre in den Südgarten und machte dadurch die Gesamtanlage in sich abwechslungsreicher. Der Garten wurde zunehmend größer gestaltet, bis auch die zweite Bastion in ihm völlig integriert worden war. Er sollte im Sinne eines Giardino secreto einen intimeren Charakter erhalten.
Neumanns Leistung war, dass er den Ostgarten als den eigentlichen Repräsentationsgarten sah und es ihm gelang, diesem eine gewisse Mittelachse zu geben. Im Südgarten sah er das private Refugium des Bauherrn. Was von diesen Plänen ausgeführt wurde, weiß man heute nicht mehr. Geblieben von ihnen ist seine Ausformung über zwei Bastionen und seine Niveaustaffelungen im Ostgarten.
Garten von Schloss Weißenstein (Pommersfelden)
Nachdem Friedrich Karl von Schönborn das Schloss und den Garten von seinem Onkel Lothar Franz geerbt hatte, beauftragte er 1729 Neumann mit der Erweiterung des Gartens und gewissen Veränderungen. Das dortige Problem waren die ungünstigen Maßverhältnisse der Terrassen, durch die es zu optischen Überschneidungen kam. Man konnte den Garten vom Piano nobile (Repräsentationsraum auf der ersten Etage) nicht als Ganzes überblicken (z.B. die 3. Terrasse nur zur Hälfte).
Neumann ersetzte auf der 2. Terrasse im inneren Bereich die Broderien durch ein Orangerieboskett und im äußeren die Boulingrins durch Quinkunx-Bosketts. Die 3. Terrasse beließ er wie sie war und umstellte die Zierbeete nur zusätzlich mit Kübelpflanzen.
Anstelle der ursprünglich von Welsch geplanten Kaskade zwischen den beiden Terrassen sah er einen Rundtempel vor, von dem aus der gesamte Garten hätte überblickt werden können. Durch diese Ausstattungsarchitektur wäre die Einheit von Schloss und Garten aber erheblich gestört gewesen. Zur Betonung der Mittelachse ließ er die Kastanienpflanzung auf der 4. Terrasse entfernen und sah an ihrem Ende eine prächtige Kaskade als Gegenüber zum Schloss vor. Die bisherigen Wasserbecken wollte er zu einem aufwendigen Wasserparterre umwandeln.
Die Erweiterung erfolgte durch zwei seitliche Fasanengärten (gestalterisch orientiert an Hildebrandts Plänen für Göllersdorf, das auch dem Fürstbischof gehörte und dessen Garten von 1711 - 1718 angelegt wurde). Neumann gliederte die Neuanlagen mit Hilfe dreier querliegender Andreaskreuze, in deren Mitte jeweils ein kreisrunder Platz war. Im Mittleren von ihnen befand sich ein Brunnen. Der Zugang zum Fasanengarten führte durch Tore an den Enden der Querachsen des mittleren Gartens.
Die Arbeiten für die Neuanlagen begannen bereits 1729/30. Doch war der Aufwand für die Umbauten zu groß, so dass kaum etwas verändert wurde. Bereits an ihrem Anfang wurden die bestehenden Teichanlagen für Pflanzungen zugeschüttet.
Garten der Sommerresidenz in Werneck
Er gilt als die wichtigste Gartenschöpfung Neumanns. 1731 entstanden die ersten Vorzeichnungen. 1733 war er dann endgültig konzipiert gewesen. Der Fürstbischof wollte sich hier einen Bereich schaffen, in dem er sich nicht den "täglichen ceremonialpossen" unterwerfen musste, "nicht in ewiger Unterwürfigkeit gegen (seinen) Sinn", bzw. "wie ein Narr oder Strafgefangener leben". Er wollte hier "frische Luft" und die seine Gesundheit fördernde Bewegung suchen (dabei sollte Werneck nicht nur ein privater Lebensbereich sein, sondern auch den höfischen Residenzzeremonien gerecht werden können).
Neumanns Garten verzichtete auf alle aufwendigen Wasserspiele und Skulpturenprogramme. Der Garten bestand in einem geometrisch erschlossenen Gelände aus Nutzgärten, Wiesen und Feldern. Ein über Eck gestelltes Kernviereck bildete sein Zentrum, nur geteilt durch eine Mittelachse, an deren Ende ein Jagdschlösschen stehen sollte. Von den Seiten dieses Kernvierecks führten je drei Alleen, gesäumt von Buschwerk, bis an die Grenzen des quadratischen Gartens. In dessen Innenbereichen befanden sich Felder und Wiesen, optisch aufgewertet durch einige als Akzente gesetzte Bäume. An den Seiten des Schlosses waren zwei Küchengärten (Potagers), gestaltet als giardini secreti, im Halbkreis umgeben von je drei Blumengärten (?).
Insgesamt stellt dieser Garten eine einmalig gelungene Interpretation von ländlichen Kulturflächen in einem barocken Rahmen dar. Neumann schuf hier einen völlig neuen Gartentyp, in dem der Natur ein völlig anderer Stellenwert eingeräumt wird als es bisher der Fall war. Es scheint in ganz Europa dafür bereits eine neue Grundstimmung geherrscht zu haben.
Garten des Jagdschlosses Guttenberg ( südwestlich von Würzburg)
Dieses Jagdschloss sollte, an der Stelle eines bereits bestehenden Gebäudes, im Kontrast zur Pracht des Würzburger Residenzschlosses, nur ein einfaches Landhaus mit einem dazu gehörenden Garten werden. Von den dafür angefertigten 7 Entwürfen stellen 4 die Gesamtanlange einschließlich des Gartens dar, und diese vier wiederum zwei verschiedene Entwurfsphasen.
- 1. Planungsphase: Der Garten besteht hier aus zwei Teilen:
Zunächst aus zwei Boskettriegeln, zwischen denen sich das Schlösschen befand. Die Bosketts lagen auf verschiedenen Ebenen und öffneten sich einmal zur Hauptachse und das andere Mal zum Schlosshof. Ihre äußeren Zugänge waren besonders durch Einzelbäume hervorgehoben. Mit Hilfe der Bosketthecken schuf Neumann hier geschickt plastisch gegliederte Räume. Diesen ganzen Gartenteil bestimmten fein ausgewogene proportionale und formale Beziehungen. Es lag ihm ein quadratisches Planungsmodul zugrunde, das sich ständig im Schloss und Garten wiederholte, bzw. variiert wurde;
dann aus einen hinteren Gartenteil, der sich an den hinteren Boskettriegel anlehnte und optisch seine natürliche Umgebung völlig in sich einbezog. Von einer Terrasse aus öffnete sich der Garten vollständig zur Landschaft. Er bestand nur aus zwei langen Rasenstreifen, die in einem exedraförmigen Halbkreis endeten und von Alleen eingefasst wurden. Die Mittelachse führte blickmäßig in die Weite, wurde aber als Weg außerhalb des Gartens in beiden Richtungen durch Wasserbecken unterbrochen.
Dieser Garten bestach durch seine kaum noch zu überbietende Schlichtheit.
- 2. Planungsphase:
Hier zeigen die Pläne den Garten in Terrassen den Hang ansteigend, die Längsrichtung betonend. Im unteren Bereich rahmten zwei Bosketts das Schloss bis zur ersten Querachse ein und bildeten so einen vorderen Gartenraum, der sich zur Gartenmitte hin öffnete. Der weitere Garten war aufwendiger als in der 1. Planungsphase. Um die Mittelachse waren Rasenparterres, denen zur Seite, in der Verlängerung der Bosketts, Quinkunx-Bosketts als optischer Rahmen folgten. Im Kreuzungsbereich der 1. Querachse befand sich ein Wasserbecken. Gegenüber dem 1. Entwurf war jetzt das Rasenparterre in zwei ansteigende, terrassierte Abschnitte untergliedert, und die Kabinette der Bosketts waren räumlich stark vereinfacht. Den exedraartigen Abschluss um die Mittelachse bildeten zwei Rasenstücke. Die Höhenunterschiede wurden durch Böschungsmauern aufgefangen, die im Achsenbereich zurückspringend die Längstendenz des Gartens betonten. Die anfängliche zweigeteilte Gestaltung wurde hier von einer längsorientierten abgelöst. Aber auch dieser Entwurf war ohne jeden zusätzlichen Dekor, wenn man optisch von einem Springbrunnen und den drei strukturierenden Querachsen absieht.
Durch den Tod des Bauherrn im Planungsjahr wurden die Pläne danach nicht weiter umgesetzt.
Gegenüber den bisherigen Barockgärten zeichnen die beiden letzten Gärten Neumanns Einfachheit und eine größere Naturnähe aus. In ihrer Großräumigkeit gehen sie weit über die kleinräumigen Rokokogärten hinaus, und man kann sie deshalb, trotz aller in ihnen verbliebenen formalen Bindungen, als revolutionär bezeichnen.
Quellen
- Dehio, Georg "Geschichte der deutschen Kunst", Bd. II, Berlin u. Leipzig 1931
- Hansmann, Wilfried "Balthasar Neumann als Gartenarchitekt", in "Die Gartenkunst" Heft 1/1989, Worms 1989
- Hansmann, Wilfried "Balthasar Neumann'", Köln 1999
- Hasekamp, Uta "Die Gartenplanungen Balthasar Neumanns", in "Die Gartenkunst" Heft 1/1992, Worms 1992
- Hennebo, Dieter / Hofmann, Alfred "Geschichte der deutschen Gartenkunst", Bd. II, Hamburg 1965
- Pevsner / Honour / Fleming "Lexikon der Weltarchitektur" München 1992