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Er ist der Großmeister des deutschen Rokokos. In seiner Eleganz, Fantasie und seinem Geistreichtum ist er unübertroffen und beeinflusste mit seinen Büchern das ganze Lebensgefühl seiner Zeit.
Vielleicht ist es nicht richtig, Cuvilliés unter den bedeutendsten Schaffenden des formalen Gartens aufzuführen, doch wäre dieser ohne ihn als Rokokogarten nicht so geworden, wie wir ihn kennen. Es waren seine Bücher, die das damalige räumliche Lebensgefühl entscheidend geprägt haben, und im Verständnisrahmen des Gesamtkunstwerkes versuchte er auch immer, in einem gewissen Umfang darauf Einfluss zu nehmen (z.B. in Augustusburg und Wilhelmsthal).
Über seine Biographie weiß man:
- 1695
- geboren in Soignies-en-Hainaut (Belgien),
- 1708
- Eintritt in den Dienst von Kurfürst Max Emanuel von Bayern als Hofzwerg,
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- Reisen im Gefolge des Kurfürsten durch Frankreich,
- 1714
- München (mit der Rückkehr des Kurfürsten),
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- erste Ausbildung bei Joseph Effner (nachdem man sein zeichnerisches Talent entdeckt hatte),
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- Arbeit zunächst als Militärarchitekt,
- 1720 - 1724
- Ausbildung an der Pariser Académie royale d'architecture bei Francois Blondel,
- 1725
- Ernennung zum Hofbaumeister am kurfürstlichen Hof in München,
- 1726
- Arbeit am Palais Piosasque de Non (München), (erster Privatauftrag des Grafen Piosasque de Non, eine Dreiflügelanlage mit italienischem Raumempfinden und in ihrer Fantasiefülle und Sinnlichkeit die französische Régence bereits überwindend; der Auftraggeber war zunächst Hauptmann der Leibgarde gewesen und dann später Generalwachtmeister),
- 1728 - 1729
- Beteiligung am Bau des Schlosses Augustusburg in Brühl (Ablösung von Schlaun), Das Schloss war zu diesem Zeitpunkt bereits als Rohbau fertig gewesen. Cuvilliés ließ die vorhandenen Schlossgräben zuschütten und machte aus der bisherigen Wasserburg ein Lustschloss. Der Palast sollte jetzt auf einem Terrassensockel stehen und von einem Gartennetz umgeben sein (inwieweit er sich dabei an älteren Plänen orientierte, ist unbekannt). Er verlegte die Staatsgemächer in den Südflügel und erzwang dadurch eine völlig neue Gartenplanung:
- Die Hauptgartenachse ging jetzt vom Südflügel aus.
- Die Verbindung von Schloss und Garten erfolgte über Treppen.
- Um das Parterre errichtete er eine große, u-förmige Übersichts- terrasse.
- Es begann mit einem abgesenkten, zweiteiligen Broderieparterre, dem ein Spiegelweiher und am Ende, vor der Baumwand des Parks, eine große Fontäne folgte.
- Zur Seite wurde das Parterre durch kastenförmig geschnittene Lindengänge begrenzt.
- Von der großen Fontäne führte die Hauptachse weiter quer durch den Park.
- Seitlich vom Parterre befanden sich auf der Westseite ein von einem Kanal umgebener Nutzgarten und auf der Ostseite ein von einem Kanal umgebenes Boskett.
- 1729
- Entwurf von Schloss Falkenlust (Grundsteinlegung, 1734 Einweihung). (Dieses Schloss wurde eigens zur Reiherjagd mit Falken errichtet. Einerseits ein Gebäude der Selbstinszenierung des Kurfürsten vor ausgewählten Gästen, andererseits eine intime Stätte seines Privatlebens. Alles in einem Rausch farbenreicher Illusionswelten. Cuviliés folgte hier besonders den Forderungen Blondels, wie sie dieser später in seinem Buch "De la Distribution des Maisons de Plaisance et de la Décoration des Edifices en général" (Paris 1737) ausgeführt hatte. Das Schlösschen ist mit dem Brühler Schloss durch eine Allee verbunden, die dort von einem Parkstern ausgeht. Weiterhin gehörte zu ihm ein kleiner Park).
- 1730 - 1737
- Arbeit an den "Reichen Zimmern" in der Münchener Residenz (1726 von Effner begonnen, dann durch einen Brand teilweise zerstört),
- 1731 - 1777
- Herausgabe des Werkes "Ecole d'Architecture bavaroise" (nach dem Tod des Vaters von seinem Sohn weiter herausgegeben und zu drei Werken zusammengefasst),
- 1733
- Errichtung des Palais Holnstein (München, heute Erzbischöfliches Palais) (Graf von Holstein = Sohn des Kurfürsten mit seiner Geliebten Caroline von Ingelheim),
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- Entwurf der Abteikirche von Schäftlarn (Kam nicht zur Ausführung),
- 1734 - 1739
- Errichtung der Amalienburg (Park von Nymphenburg) (für die Kurfürstin Maria Amalia als Jagdschlösschen. Sie gilt als die "vollendetste Schöpfung des deutschen Rokokos" und ist ein Hauptwerk des profanen Rokokos überhaupt. Cuvilliés geht darin in der gestalterischen Lebendigkeit und dem dekorativen Reichtum über das französische Rokoko hinaus. Sie besteht aus einem Spiegelsaal (= Hauptraum ), milchblau gehalten mit silbernen Ausschmückungen auf weißem Grund und den beiden Nebenräumen in zwei verschiedenen Gelbtönen. Ihre Farbgebung ist auf- einander abgestimmt und von größter Zartheit. Das konvexe Herausschwingen des Spiegelsaales wiederholt sich in der eleganten Linienführung der Gartenfassade. Einst war das Schlösschen von einem formalen Garten umgeben, in dem sich seine Innenräume fortsetzten. Heute ist es nur noch eine Staffage in dem später geschaffenen Landschaftspark.
- 1738 - 1742
- Veröffentlichung seines ersten Stichwerkes zur Innenausstattung von Räumen und über die zu verwendenden Elemente ("Morceaux de caprices, á divers usages"). Dies war ein reines Vorlagewerk zur Schaffung von Wandgestaltungen, Möbeln, Kaminen und verschiedenen Gegenständen. Es beeinflusste den Rokokogeschmack von ganz Europa. Fortsetzungswerke erschienen 1741 - 1754 und 1756 -1757. (Die verschiedenen bekannten Exemplare wurden unterschiedlich zusammengestellt. Seine Stiche wurden später von seinem Sohn zu einem Werk zusammengefasst ("Livre de cartouches").
- 1743 - 1749
- Errichtung des Schlosses Haimhausen,
- 1747 - 1753
- "Indianisches Haus" in Brühl (wahrscheinlich von Cuvilliés geplant und errichtet, evtl. auch von Michael Leveilly). Als Nachbau des Kaiserpalastes in Peking gedacht. 1822 wegen Bauschäden abgerissen.
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- Pläne für Schloss und Garten von Wilhelmsthal (bei Kassel) (später von Du Ry gebaut) Seine Pläne für Wilhelmsthal beweisen, dass er auch eigene Gedanken für die Gestaltung der Gärten seiner Schlösser eingebracht hat. Der Garten war symmetrisch angelegt und durch klare Sichtachsen gekennzeichnet. Von dem einstigen Rokokogarten (der nie vollständig fertig geworden war) sind heute nur noch die südliche Achse mit dem Kanal, die Grotte und der sogenannte Ententeich erhalten geblieben. Ob die einstige Hauptkaskade am Ende des Kanals, die wegen technischer Probleme auch nicht fertig wurde, auch von Cuvilliés entworfen wurde, ist umstritten, aber wahrscheinlich.
- 1750 - 1753
- Schaffung des Residenz-Theaters ("Cuvilliés-Theaters"). Sein letztes großes Werk. Ungezwungen wird der Saal von Girlanden, Putten, Darstellungen von Musikinstrumenten und Karyatiden (Frauengestalten, die das Gebälk tragen) beherrscht.
- 1751
- Entwurf eines achteckigen Vogelhauses für den südlichen Kabinettgarten (Nymphenburg, 1757 wahrscheinlich vollendet),
- 1755 - 1756
- zweiter Parisaufenthalt Besuch u.a. der Architektenschule von Jacques-Francois Blondel (Kennenlernen verschiedener neuer Ornamentformen der Régence und aus Italien. Er beeinflusste die Wanddekorationen im Gartensaal und im Emporensaal des Nymphenburger Schlosses),
- 1760 - 1764
- Umbau des Schlosses Neuberghausen (nicht mehr erhalten),
- 1763 - 1764
- Umgestaltung der beiden Eckkabinette des Mittelbaues im Nymphenburger Schloss,
- 1764
- Entwurf der "Kleinen Kaskade" und einer Wasserglocke im südlichen Kabinettgarten,
- 1765 - 1768
- Ausgestaltung der Fassade der Theatinerkirche (gemeinsam mit seinem Sohn),
- 1768
- Tod in München.
(Francois de Cuivilliés d.J. war sein Sohn. Er führte die noch nicht abgeschlossenen Arbeiten seines Vaters nach dessen Tod weiter und setzte die Herausgabe seiner Stichwerke fort).
Von Cuvilliés sind (dem Autor) drei Gärten, Gartenentwürfe, bzw. Gartenkonzeptionen bekannt:
Garten der Amalienburg
Früher bildete das Jagdschlösschen das Zentrum eines Bosketts, von dem sternförmig 8 Wege fortführten. Dabei war die östliche Zuwegung als Fontänenallee ausgestaltet gewesen
Augustusburg (Brühl)
(siehe auch Beitmann "Geschichte der Gartenkunst", Bd. II, "Brühl")
Hier ließ Cuvilliés zunächst die vorhandenen Burggräben zuschütten, die bisherigen Rundtürme abbrechen und die Außenfassade zu repräsentativen Fronten umgestalten. Indem er die Repräsentationsräume des Schlosses in den Südflügel verlegte, musste auch eine Umorientierung in der bisherigen Gartenplanung erfolgen (Schlauns Vorplanungen sahen den Hauptgarten im Osten des Schlosses vor). An Stelle des ursprünglich geplanten Parterres entstand jetzt ein Vorplatz, und ein zuvor vorgesehener Kreuzkanal kam nicht zur Ausführung. Gesichert vom jetzigen Garten geht auf Cuvilliés die Übersichtsterrasse zurück, die das Parterre u-förmig umschließt.
Wilhelmsthal (Calden bei Kassel
Benannt wurde das Schloss nach seinem Bauherrn Landgraf Wilhelm VIII. (1682 - 1760). Wahrscheinlich hat er Cuvilliés beim Besuch des Kaisers Karl VIII. (und Kurfürst von Bayern) in Philippsruhe (bei Hanau) 1742 kennengelernt. Er beauftragte ihn 1747 mit einem Alternativ-Entwurf für ein Lustschloss und dem Vorschlag für einen dazu gehörenden Garten. Zu diesem Zeitpunkt gab es dafür bereits einen vorhandenen "Plan General Amalienthal" von S.L. Du Ry (vor 1746 konzipiert; von ihm - 21-jährig - wahrscheinlich unter Aufsicht seines Vaters angefertigt). Dieser Plan zeigt bereits die spätere Dreiachsenkonzeption des späteren Gesamtparks und relativ detailliert den rechten Achsenbereich. Ein Plan von 1749 eines unbekannten Entwerfers zeigt bereits genau die Gestaltungsschwerpunkte der Mittelachse, wie man sie auch in den Plänen von Fülck (1752) und dem Holzmodell (1755) wiederfindet. Cuvilliérs Gartenplänen wurde später nicht gefolgt.
Trotzdem hat der jetzige Park drei Bezugspunkte zu ihm:
- die Alternativpläne für den Garten:
Heute wahrscheinlich am umfangreichsten erhalten in der Stichmappe Cuvlliés d.Ä. in der Ornamentstich- sammlung der Kunstbibliothek in Berlin. Sie zeigen u.a. einen Ausschnitt aus einem bisher unbekannten Gesamtplan. Zu erkennen auf ihm sind die Hauptachse, endend in einer großen Kaskade. Sie wird von zwei langen - einmal durch einen rechteckigen Platz unterbrochenen - Springbrunnenreihen betont. Dieser Platz steht im Mittelpunkt dieses Planausschnitts. Er zeigt in seiner Mitte ein großes, in seiner Grundform ovales, achteckiges Bassin mit konkaven Seiten und je einem kleinen Wasserbecken mit einem Springbrunnen in seinen Ecken. In ihm kreuzen sich die Haupt- und eine große Querachse. Aus den Ecken führen Diagonalwege. In den angrenzenden Wegezirkeln befinden sich verschieden gestaltete Bosketts.
(Manche Autoren sehen in diesem Bassin ein Belvedere, doch hätte ein solches an dieser Stelle die räumliche Bedeutung der Hauptachse völlig zerstört. Sollte ein solches vorgesehen gewesen sein, so muss es an einem anderen Ort geplant gewesen sein).
Nach diesem Plan ist in Wilhelmsthal nie gearbeitet worden, da Cuvilliés auf die topographische Situation des Planungsgeländes keine Rücksicht genommen hatte, sie wahrscheinlich gar nicht kannte und eine direkte Umsetzung dieses Plans deshalb viel zu teuer geworden wäre.
- die Verbindungen zwischen Simon Louis du Ry (1726 - 1799) und Cuvilliés:
Während der Errichtung des Schlosses unter der Leitung von DU Ry konsultierte dieser bezüglich des Schlosses Cuvilliés und besuchte ihn zur Besprechung von Baudetails sogar in München.
- Die Konzeption des ausgeführten Gartens durch Johann Georg Fünck.
Er war ein Schüler (Mitarbeiter) Cuvilliés gewesen. Um 1752 legte er seine Pläne für die Anlage des Gartens vor, an denen man sich dann in der Folgezeit orientierte (dem Autor sind keine anderen in einer so umfassenden Rokokoornamentik (Rocaille-Stil) für einen Garten bekannt). Evtl. ist er von Cuvilliés dem Landgrafen für diese Aufgabe direkt vermittelt worden. Mit Füncks Eintreffen in Wilhelmsthal begannen dort die eigentlichen Gartenarbeiten.
Es ist sehr schwer von der Person Cuvilliés eine Vorstellung zu gewinnen. So gibt es kein einziges Bild von ihm. Er konnte, obwohl er fast 50 Jahre mitten in München gelebt hat, kein Deutsch (in der Bildungsschicht, in der er sich bewegte, sprach man französisch; auf den Baustellen war er auf einen Dolmetscher angewiesen). In verschiedenen Kreisen soll er unbeliebt gewesen sein. Seine besondere Bedeutung liegt in seiner Ausformung des Rokoko-Ornaments. Trotz seiner Ausbildung in Frankreich ist er zu einem der wichtigsten Väter des bayrischen Rokokos geworden.
Quellen
- Beitmann, Bert "Geschichte der Gartenkunst", Bd. II (Internet),
- Gothein, Marie Luise "Geschichte der Gartenkunst", Jena 1925
- Hansmann, Wilfried "Gartenkunst der Renaissance und des Barocks", Köln 1983
- Hennebo, Dieter / Hofmann, Alfred "Geschichte der deutschen Gartenkunst", Bd. II, Hamburg 1965
- Hojer, Gerhard / Schmid Elmar D. "Nymphenburg - Schloss, Park und Burgen", München 1997
- Pevsner / Honour / Fleming Lexikon der Weltarchitektur", München 1992
- "Jahrbuch der Denkmalpflege im Reg.-Bez. Kassel", Melsungen 1932
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