Er steht am Ende des deutschen Spätbarocks und am Anfang einer neuen Epoche der Gartenkunst, dem Landschaftsgarten.
Die Bedeutung von Pigage für die deutsche Gartenkunst wird oft verkannt, weil seine Leistungen im Schwetzinger Schlossgarten in der Regel Sckell zugesprochen werden (der dort aber erst 1792 Hofgärtner geworden war). Noch die Gothein spricht von ihm als "keinem großen Geist". Aber er ist der Schöpfer dieses Gartens, von dem Voltaire vor seinem Tode sagte, es sei einer seiner letzten Wünsche, ihn noch einmal zu sehen. Für Loudon war es der schönste Garten in Deutschland überhaupt.
Über Pigages Leben wissen wir:
- 1723
- geboren in Lunéville (Lothringen)
(als 3. Kind von Anselme Pigage und Anna Marguerite Mathieu. Der Vater war ausgebildeter Steinmetz und Maurer und arbeitete als Architekt. U.a. baute er mehrere Brücken. Seine Familie war wahrscheinlich aus Deutschland eingewandert (Pie(d)gache). Die Mutter kam aus einer angesehenen Goldschmiedefamilie),
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- über die berufliche Ausbildung ist nichts bekannt (wahrscheinlich erlernte er als ältester Sohn beim Vater einen Bauberuf),
- 1743
- Schüler an der Ecole Militaire (Paris), im Zentrum der Ausbildung stand das Festungsbauwesen,
- 1744 - 1746
- Studium an der Académie Royale d'Architecture (Paris)
(Lehrer: Abbé Charles Etienne Camus; eine Tätigkeit bei Jacques-Francois Blondel lässt sich nicht nachweisen,
gewinnt dort einen Preis für den Entwurf eines repräsentativen Stadthauses),
- 1746 - 1747
- unbekannte Tätigkeit
(vermutet wird eine Rückkehr in seine Heimatstadt Lunéville und dort eine Tätigkeit für den polnischen Exilkönig Stanislaus J. Leszcynski),
- 1749
- Eintritt in den Dienst des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz (Ernennung zum "Intendanten der Gärten und Wasserkünste". Damit waren keine Gartenarbeiten verbunden, sondern nur Bauarbeiten am Mannheimer Schloss und der Auftrag, den Neubau des Schwetzinger Schlosses zu planen. Pigage entwarf dafür eine Vierflügelanlage, die in der Mitte des heutigen "Zirkels" stehen sollte),
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- Bau einer viertelkreisförmigen Orangerie in Schwetzingen,
- 1750 - 1770
- Innenausstattung des Mannheimer Schlosses,
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- Entwurf einer Eremitage in München
(sie gilt heute als eine Vorstudie für Schloss Benrath),
- 1751
- Auftrag, den Ostflügel des Mannheimer Schlosses zu errichten,
- 1752
- Auftrag zur Errichtung eines Residenztheaters in Schwetzingen
(des Rokoko-Theaters im nördlichen Zirkelgebäude),
- ----- - 1753
- Aufgabe der Neubaupläne in Schwetzingen
(Verwendung des bereits bearbeiteten Steinmaterials für das zweite Zirkelhaus),
- ----- - 1754
- Bau des Hauptgebäudes von Schloss Oggersheim (vor den Toren Mannheims) für den Pfalzgrafen Friedrich Michael von Zweibrücken (Schwager des Kurfürsten),
(1794 von französischen Revolutionstruppen zerstört),
- 1752
- Ernennung zum "Pfälzischen Oberbaudirektor",
- 1753 - 1757
- Errichtung des südlichen Zirkelhauses,
- 1755 - 1773
- Schaffung von Schloss Benrath und seinem Garten (Düsseldorf),
- ----- - 1769
- Pigage ist jährlich einmal in Benrath zur Überwachung der dortigen Arbeiten
(ab 1764 Unterstützung durch seinen Vater, der ab jetzt auch im kurpfälzischem Dienst war;
ab 1769, nach dem Tod des Vaters, Unterstützung durch seinen Bruder Louis),
- 1756
- Ernennung zum "Wirklichen Rat" (mit Stimme in der kurpfälzischen Hofkammer),
- 1759
- Heirat von Maria Cordula Pimpel
(Kammerfrau der Kurfürstin Elisabeth Auguste; die Ehe blieb kinderlos),
- 1761
- Errichtung einer Orangerie im Norden des Gartens von Schwetzingen und eines Naturtheaters (noch ohne den Apollotempel),
- 1762
- Ernennung zum Gartendirektor
(Neue Aufgabe: Erweiterung und Ausgestaltung des Schlossgartens von Schwetzingen),
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- Vorlage eines "Idealplans" für den weiteren Ausbau des Schwetzinger Schlossgartens
(Er enthält den eigentlichen Garten und einen mit Hilfe einer Allee verbundenen Jagdpark),
- 1763
- Mitglied der Académie Royale d'Architecture (Paris),
- ----- - 1765
- Erweiterung des Langhauses von St. Pankratius (Schwetzingen),
- 1765
- Errichtung einer (eigenen) Ziegelei in Mannheim,
- ----- - 1766
- Errichtung des Apollotempels,
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- Vorlage eines Plans für den Stuttgarter Schlossgarten,
- 1766 - 1773
- Errichtung des Badhauses (Schwetzingen),
- 1767 - 1768
- Studienreise nach Italien mit dem Maler Verschaffelt und dem Historiker Haeffelin. Besuchte dabei u.a. Rom und die Ausgrabungsstätten von Pompeji und Herculaneum.
- 1768
- Aufnahme in die "Accademia di San Lucca" (Rom),
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- Erhebung in den erblichen Reichsadelsstand durch Kaiser Joseph II.
(mit seinem Vater),
- ----- - 1771
- Errichtung des Minervatempels (Schwetzingen),
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- Überarbeitung der Pläne für den Jägerhof in Düsseldorf,
- 1769
- Gestaltung des Hofgartens ("Promenade") in Düsseldorf (= 1. öffentlicher Park in Deutschland),
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- Beendigung der Benrather und Mannheimer Schlossarbeiten,
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- Möbelentwürfe für das Mannheimer Schloss,
- 1771
- Vorlage eines Plans für den Ludwigsburger Schlossgarten,
- 1772
- Errichtung des Karlstores in Heidelberg,
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- Errichtung des Speyerer Tors in Frankenthal (Pfalz),
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- Errichtung eines Anwesens in der "Pflege Schönau",
- 1774 - 1775
- Wettbewerbsentwurf für das Rathaus in Groningen,
- 1776
- längere Studienreise nach Frankreich und England
(in London Zusammenkunft mit Sckell, der dort Pflanzen für den Kurfürsten einkaufen sollte),
- 1777
- Tod des bayrischen Kurfürsten; Carl Theodor wird Thronerbe und verlegt seine Residenz nach München. Vor der Abreise Aufträge zur Errichtung
- der Moschee (Bauzeit 1778 - 1787),
- des Römischen Kastells (Baubeginn 1779),
- des Tempels der Botanik (Baubeginn 1780),
- des Merkurtempels (Bauzeit 1784 - 1787),
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- mehrere kirchliche Aufträge,
- 1778
- Herausgabe eines der ersten bedeutenden Museumskataloge in Deutschland über die Düsseldorfer Gemäldegalerie,
- 1779 - 1792
- Errichtung der "Moschee" und des gegenüberliegenden Merkurtempels (Schwetzingen),
- 1782
- Verkauf seines Wohnhauses in Mannheim, Bezug einer Wohnung im Gesandtenhaus in Schwetzingen,
- 1782
- Bau eines eigenen Hauses in Schwetzingen,
- 1783
- Vorlage eines Bestandsplans vom Schwetzinger Schlossgarten,
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- Verkauf seiner wertvollen Gemäldesammlung an den Herzog von Saarbrücken gegen eine hohe Leibrente,
- 1794
- Tod der Ehefrau,
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- gestorben in Schwetzingen (Erben sind der Bruder und dessen Kinder).
Pigage war der Architekt des Kurfürsten Carl Theodor (1724 - 1799) in Mannheim gewesen. Seine beiden bedeutendsten Arbeiten sind
- Schloss Benrath und sein Garten,
- Schloss- und Garten in Schwetzingen.
Darüber hinaus hat er im Gartenbereich noch geschaffen
- einen Plan für den Stuttgarter Schlossgarten (1765),
- den Düsseldorfer Hofgarten ("Promenade", 1. öffentlicher Park in Deutschland, 1770),
- einen Plan für den Ludwigsburger Schlossgarten (1771).
Schloss Benrath und sein Garten
Ursprünglich war Schloss Benrath ein unbequemes Wasserschloss gewesen. Als der Kurfürst Carl Theodor 1755 Düsseldorf besuchte, wünschte er sich dort die Errichtung eines standesgemäßen Lust- und Jagdschlosses (eines "Maison de Plaisance"; hier wollte sich der Kurfürst von der höfischen Etikette und seinen politischen Pflichten zurückziehen können) und beauftragte Pigage mit dessen Bau. Dieser schuf dann hier sein Meisterwerk. Von außen ein eingeschossiger Pavillon (innen dreigeschossig), ähnelt es in manchem Schloss Sanssouci (Potsdam). Im Mittelbereich des Gebäudes befinden sich Vestibül und Kuppelsaal. Sie trennen die Wohnbereiche der Kurfürstin von denen des Kurfürsten. Jeder von ihnen öffnet sich nach draußen in die Natur. Das Schlösschen ist in einem Übergangsstil von Rokoko und Klassizismus gestaltet und grenzt an den Louis-seize-Stil in Frankreich. Für Dehio ist es "einer der besten Bauten Deutschlands" in diesem Stil.
"Mit Gärten und Gewässern ist das Gebäudeensemble in nie wieder erreichter Vollendung "zu einer formalen, funktionalen und thematischen Einheit gestaltet. Bauformen, Raumdisposi-tionen, sanfte und entschiedene Terrassierungen und Bodenprofile, geschnittene Bäume und Sträucher und Bäume im freien Wuchs, Gewässer, als spiegelnde Wasserflächen von Bassinmauern gefasst, welche in Maßen und Linien der Architektur folgen, oder Wasser, das in Kaskaden fällt, als Kanal oder Bach, gerade, doppelläufige Alleen und schmale Schlängelwege, sie alle dienen im unlösbaren Zusammenspiel diesem Ziel". (Irene Markowitz 1987 nach Hansmann / Walter).
Das Schloss ist etwas in den Garten hineingeschoben. Neben ihm befinden sich die Kavalierhäuser. Vor den Schlafräumen des Kurfürsten und der Kurfürstin liegen jeweils ihre Privatgärten:
- im Osten der der Kurfürstin: eine Kaskade, ein Rasenparterre mit Blumenrabatten und ursprünglich Laubengängen an den Längsseiten.
- der Garten des Kurfürsten war architektonisch formal gestaltet (heute von Weyhe und Lenné als Landschaftsgarten überformt).
Die Schlossgebäude liegen zur Stadtseite im Halbkreis um den Schlossweiher.
Der Park steht für das Traumland "Arkadien". Wassergräben trennen ihn von dem Umland. Die Innenräume des Schlosses korrespondieren mit den Gartenräumen. Aussichtspunkte ermöglichten den Blick in die vormals noch bäuerliche Landschaft. Vom Schloss ausgehend nimmt der Variantenreichtum der Gartenelemente und die Kleinteiligkeit der Anlage ab. Das Skulpturenprogramm orientierte sich an der kosmischen Ordnung und den Naturgöttern der antiken Mythologie. In der ganzen Anlage wird die Natur in die Kultur hinübergeführt. Schloss und Park bilden ein Gesamtkunstwerk. Sie folgen einer übergeordneten Gestaltungsidee.
Das Gesamtkonzept wirkte ausgesprochen ausgewogen (es wurde im 19. Jh. durch Weyhe und Lenné zerstört, als diese den Garten landschaftlich umgestalteten). Die ganze Anlage baut sich auf einem klaren Maßsystem auf. Vermutet wird, dass in der ursprünglichen Gesamtkonzeption der jetzt quadratische Waldpark sich auf der anderen Seite des Kanals spiegelbildlich wiederholen sollte.
Der Garten besteht aus folgenden Elementen:
Die Gartenachse bilden Schlossweiher - Vorplatz - Terrasse - Spiegelweiher - Ulmenplatz:
Schlossweiher:
Zur Schlossseite mit einer Ufermauer eingefasst, die in ihrer Linienführung den Schlossbauten folgt; zur Nordseite mit einem natürlichen Ufer versehen.
Schlossvorplatz:
Repräsentativer Empfangsraum (6800qm): vor dem Schloss ein Rasenbeet; die einstigen Kübelpflanzen mit Orangenbäumen an der Ufermauer wurden inzwischen durch Lorbeerpflanzen ersetzt.
Schlossterrasse:
Ursprünglicher Standort der Kübelpflanzen aus dem nördlichen Flügelbau ("Orangerie" genannt) auf einer "Sandfläche" (daher auch "Sandplatz" genannt).
Spiegelweiher:
Er bezieht sich auf den Kuppelsaal des Schlosses; ist ca. 500 m lang und bildet die Mittelbahn eines patte d'oie (dreistrahligen Schneisensystems); der westliche Schenkel bildet die Hauptallee im Boskettbereich; der östliche führte zum Domänenhof. Ursprünglich säumten auf jeder Seite zwei Lindenreihen den Kanal.
Ulmenkopf:
Abschluss der Hauptachse. Ursprünglich war hier eine Ulmenpflanzung in Quincunx-Anordnung. Von einem Aussichtsplatz ("Kurzweil" genannt) konnte man zum Schloss, in den Jagdstern und die Landschaft blicken.
Die kurfürstlichen Privatgärten:
Im Gegensatz zum sonst öffentlich zugänglichen Park waren sie abschließbar und reicher ausgestattet.
Der Garten des Kurfürsten ("Englischer Garten")
präsentiert sich heute wie ihn Weyhe und Lenné landschaftlich gestaltet haben.
Der Garten der Kurfürstin ("Französischer Garten")
entspricht der Anlage von Pigage. Über Kaskaden wird hier das Wasser in den Park geführt. Ein abgesenktes Rasenparterre bildet den Mittelbereich, der von Blumenpflanzungen umrahmt ist.
Weitere Gartenelemente:
Quincunx hinter dem östlichen Flügelbau (von Pigage als Obstbaumwiesen gepflanzt),
Fächeralleen (Hochhecken): 1759/60 aus 240 Holländischen Linden gepflanzt,
Boskett (Jagdstern):
Hervorgegangen aus einem Waldpark aus Eichen und Buchen. Pigage legte da hinein ein sternförmiges Schneisensystem, um dessen Mitte sich zunächst ein kreisförmiger Rundweg und dann geschwungene "Schlangenwege" befanden.
Reitbahn:
Ein hippodromartiger Gartenraum (170 x 60 m) am Ende der Nord-Süd-Allee, umgeben von geschnittenen holländischen Linden.
Alleensystem
(aus Wegekreuz und Diagonalalleen bestehend) führt zum mittleren "Sternplatz". Früher grenzten es hohe Eibenhecken vom Waldbereich ab.
Trompet:
"Wasserwerk" innerhalb des Bosketts (benannt nach der Grundrissform). Regulierte u.a. den Wasserstand im Spiegelweiher.
Rheinkopf:
Bastionartiger Belvedere-Platz am äußersten Ende des Bosketts mit Blick auf den Rhein,
Umfassungsgraben:
Von Pigage einst als "Aha" geplant, umgibt er das Boskett.
Nachdem Schloss und Park fertig geworden waren, haben der Kurfürst und die Kurfürstin hier nur wenige Stunden verbracht. 1771 zeigte Pigage der Kurfürstin die Anlagen.
Schlossgarten von Schwetzingen
Im Schwetzinger Schlossgarten müssen drei Entwicklungsphasen unterschieden werden:
- 1753 - 1758:
die Gestaltungszeit Petris (1714 - 1794, auf kurfürstlicher Order ihm ausdrücklich als persönliche Leistung zugesprochen),
- 1761 - 1794:
die Gestaltungszeit von Pigage,
- ab 1792:
die Zeit von Friedrich Ludwig von Sckell (1750 - 1823),
(1773 - 1777 - Ausbildung und Arbeit in England,
1792 - Ernennung zum Hofgärtner (als Nachfolger seines Vaters; zwischen 1777 - 1792 Gestaltung und Schaffung von ca. 20 Gärten: u.a. Schönbusch und die ersten Arbeiten am Englischen Garten und Nymphenburg in München. Während Schwetzingen mit seinen vielen Staffagenbauten der frühen Phase des Landschaftsgartens zuzurechnen ist, ist Sckell der erste große deutsche Vertreter des klassischen Landschaftsgartens).
Der Ausbau der Schwetzinger Schlossanlagen begann 1748/49 mit der Errichtung des nördlichen Zirkelhauses (bereits vorher vom verstorbenen Allessandro Galli entworfen). Pigage fügte 1752 da hinein sein berühmtes Rokoko-Theater. 1753 wurde von Raballiati das südliche Zirkelhaus errichtet, und Petri legte gleichzeitig seinen Plan für den neuen Garten vor, in dem er das angefangene Kreismotiv aufgriff und den Kreis nach hinten durch Laubengänge schloss. Damit schuf er eine in Europa einmalige Grundkonzeption. Nachdem Petri 1758 wieder nach Zweibrücken zurückgekehrt war (die Arbeiten waren bereits weitgehend abgeschlossen) und sein Schwager Koellner 1761 entlassen worden war, übernahm Pigage die Verantwortung für die weiteren Gartenarbeiten (er hatte zwar schon vorher den Titel eines kurfürstlichen Gartenintendanten geführt, aber bis zu diesem Zeitpunkt nur Bauarbeiten betreut. Ab jetzt nannte er sich Gartendirektor).
Pigage verdoppelte den bisherigen Gartendurchmesser nach hinten und schuf so über die Verlängerung der Tiefenachse eine großartige Mittelperspektive, deren Blick bis zum Kalmit (Berg im Pfälzer Wald) reichte. Die Gesamtanlage wurde dadurch monumentaler. Er erweiterte darüber hinaus den Garten nach allen Seiten für die Anlage von Nutzflächen und verzahnte die Neuanlagen mit dem bestehenden Kreisparterre (was nur im Bereich der Tiefenachse gelang). Weiter schuf er
- an der Nordgrenze die Orangerie
(Orangerien waren die wichtigsten Statussymbole der höfischen Gartenkultur (bereits lange vor Versailles) und bestanden aus einem Überwinterungsgebäude und einem Aufstellungsort, dem Orangerieparterre. 1795 hatte man in Schwetzingen über 1000 Kübelpflanzen besessen),
- dahinter eine Menagerie (zum Halten von Vögeln),
- am Ende der Hauptachse ein Querbecken als Gartenabschluss,
- einen Kanal als Umgrenzung des gesamten Gartenbereichs.
Neben diesen Aspekten, die hauptsächlich der Monumentalität, der standesgemäßen Repräsentation dienten, deckte er auch Zeitbedürfnisse des Rokokos ab. Dazu gehörten ein umfassendes Programm für die Abwechslung (im Sinne von Unterhaltung) und das Spielbedürfnis der Gesellschaft einerseits und ein Rückzugsbereich des Kurfürsten andererseits.
Für das Spielbedürfnis wurde im Norden ein Naturtheater (1761) angelegt. Über eine große Querachse ist es mit dem Orangeriegarten verbunden. Sein Bild wird nicht, wie bisher üblich, von Heckenkulissen bestimmt, sondern von einem Berg dahinter, gekrönt von einem Apollotempel (1765 - 1766). Mit der Skulptur des Gottes als Beschützer der Musen identifizierte sich der Kurfürst, - allerdings nicht wie in Versailles, sondern hier im Sinne des "Lichts" der Aufklärung. Die Kunst erhebt sich hier symbolisch über die Natur.
Neben dem Naturtheater liegt das "Badhaus" (errichtet 1766 -73 von Pigage). Es ist eine Art Eremitage, umgeben von mehreren verspielten Kleinelementen. Dies sind
- die "Wasserglocke" (das Wasser fällt hier über einen Felsen),
- der "Wildschweinbrunnen",
- Büsten und Putten.
in der Achse zum nördlichen Eingang in einer Spalieranlage
- die "wasserspeienden Vögel" (1776 aus dem Park von Lunéville erworben),
daneben
Hinter den Bogengängen des Zirkels, rechts und links von der Hauptachse, befanden sich die Bosketts, - das südliche gestalterisch auf Quadraten aufbauend, das nördliche auf zwei Ellipsen.
Bis 1774 gestaltete Pigage den Garten nach monumentalen Gesichtspunkten. Danach bevorzugte er kleinere, ineinander übergehende Gartenräume. Er beginnt jetzt in seinen Randbereichen sie landschaftlich anzulegen. Er folgt jetzt dem Geist der Aufklärung und beginnt damit im Arboretum ("Arborium Theodoricum"). Die "Moschee" (1778 -1787) steht für die religiöse Toleranz und der "Tempel des Merkur" (1784 - 1787) für die Errungenschaften der Zivilisation. Die Wege führt er jetzt in den Landschaftsbereichen bis nahe an die Gartengrenzen heran und lässt sie von Gehölzgruppen begleiten.
In seinem zweiten großen Gesamtplan von 1783 hatte Pigage fast alle seine Parkbauten bereits eingezeichnet. Vor der Abreise des Kurfürsten nach München (1777) hatte dieser deren Errichtung bereits angeordnet gehabt.
Der ganze Park steht unter dem Leitgedanken einer "Wiederkehr des Goldenen Zeitalters", das der Kurfürst hier in seinen Garten gebracht hat. Das beginnt mit
- den vier Urnen der vier Weltalter auf der Schlossterrasse,
- dem Arionbrunnen im Zentrum des Parterre,
- den wasserspeienden Hirschen vor dem Boskettbereich (dem Bereich Dianas),
- den Bosketts als der Welt des Elementaren,
- den Flussgöttern "Donau" und "Rhein", die für das Reich des Kurfürsten stehen.
Diese Grundhaltung wird in der zweiten, landschaftlichen Ausbauphase fortgesetzt durch
- den Tempel der Waldbotanik,
- die Moschee,
- den Merkurtempel
(Merkur steht dabei für den Anfang und das Ende der Welt, für die Natur als Ganzes. Damit wiederholt sich eines seiner Symbole. Er galt auch als der Erfinder der Geometrie, deren ureigenes Symbol der Kreis beim Eintritt in den Garten war),
die für ein anderes, neu erwachtes Naturinteresse stehen, für das Humanitätsideal der Toleranz und für die Veränderungen durch den Landesherrn.
Der Übergang vom formalen Garten zum nichtformalen entsprach der Entwicklung vom Wandel der traditionellen Barocksymbole zu solch einer modernen, aufgeklärten Herrschaft.
1781 führte Pigage den Kaiser Joseph II. durch den Park und erläuterte ihm dessen Inhalte und Bilder.
Heute gilt Schwetzingen als einer der originellsten Gärten Europas im Spätbarock. Einerseits findet man dort völlig neuartige Lösungen für einen spätbarocken Garten, und andererseits integriert er in seinen Randbereichen gelungen landschaftliche Partien.
Düsseldorfer Hofgarten
Ursprünglich war dessen Anlage als "Arbeitsbeschaffungsmaßnahme" vom Statthalter Graf Goltstein angeregt worden. Sie war die erste öffentliche Gartenanlage in Deutschland gewesen. 1769 begannen für sie die Arbeiten nach Plänen von Pigage.
Dieser Hofgarten entstand vor den Toren der Stadt auf dem Gelände des bisherigen "auswärtigen Hofgartens" und sollte als "Promenade" für die Bevölkerung offen sein.
Das Grundstück wurde von einer Diagonalallee durchquert, die als point de vue das Schloss Jägerhof hatte. An der Westseite befand sich ein rechteckiger Platz mit einem großen, rechteckigen Becken. Alle geraden Wege wurden von Treillagen begrenzt, die Wege in den Boskettbereichen bestanden dagegen aus Schlängelwegen.
(Diese Anlage wurde während der napoleonischen Kriege durch Schanzarbeiten zerstört und später von Weyhe zu einem Landschaftsgarten umgebaut).
Entwurf des Stuttgarter Schlossgartens
1762 war der Gartenflügel des Stuttgarter Schlosses abgebrannt. Er lag an der Stelle des heutigen Schlossgartens. 1763 lieferte Pigage für seine Erneuerung seinen Entwurf.
Der Garten bestand entlang seiner Längsachse aus sieben Abschnitten:
- Zunächst aus einem Wasserparterre mit zwei Becken,
- danach folgten ein mittleres Beet (vor einer hufeisenförmigen Springbrunnen- anlage), seitliche Treillagenanlagen und zwei langgestreckte Becken. Auf der rechten Seite stand außerdem ein kleines Lusthaus, umgeben von Kaskaden.
- Hinter der Springbrunnenanlage kamen zwei "cabinetts de verdure" mit seitlichen Treillagen.
- Ihnen folgte hinter einer als tapis verts (Rasenfläche) bepflanzten Querachse zwei identische Bosketts. Auf ihrer Höhe begann ein kreuzförmiger Kanal, begleitet von Rasenbeeten.
- Den Abschluss bildete hinter dem langen Kanalarm eine quadratische Boskettanlage mit einem achteckigen Belvedere in ihrer Mitte und zwei seitlichen Zirkelgebäuden.
In diesen Garten flossen geschickt Motive aus der gesamten europäischen Gartenkultur ein.
Quellen
- Gothein, Marie Luise "Geschichte der Gartenkunst", Jena 1926
- Hansmann, Wilfried "Gartenkunst der Renaissance und des Barocks", Köln 1983
- Hansmann, Wilfried / Walter, Kerstin "Dumonts Geschichte der Gartenkunst", Köln 2006
- Hennebo, Dieter / Hofmann, Walter "Geschichte der deutschen Gartenkunst", Bd. II, Hamburg 1956
- Mosser, M. /Teyssot, G. "Die Gartenkunst des Abendlandes", Stuttgart 1993
- Pevsner / Honour / Fleming "Lexikon der Weltarchitektur", München 1992
- Stadtmuseum Düsseldorf (Hrsg.) "Nicolas de Pigage" (zum 200. Geburtstag), Düsseldorf 1996
- Thacker, Christopher "Die Geschichte der Gärten", Zürich 1979